4132/AB XX.GP
An den
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Heinz FISCHER
Parlament
1017 Wien
Wien, am 10. Juli 1998
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Pollet - Kammerlander, Freundinnen
und Freunde haben am 12. Mai 1998 unter der Nr. 4379/J an mich eine schrift -
liche parlamentarische Anfrage betreffend Schaffung eines Neuen Transatlanti -
schen Marktes (NTM) gerichtet, deren Wortlaut in der Beilage A
angeschlossen ist.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Um die Handels - und Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und den USA
nach Verabschiedung der “Neuen Transatlantischen Agenda” im Jahr 1995 auf
eine neue Ebene zu heben, verabschiedete die Kommission am 11.3.1998
einen Vorschlag für den Abschluß eines Abkommens zur Schaffung eines
“Neuen Transatlantischen Marktes”. Dieser Vorschlag enthält folgende
wesentliche Elemente:
- Beseitigung der technischen Hemmnisse im Warenverkehr
- Beseitigung der Zölle für gewerbliche Waren auf der Grundlage der
Meistbegünstigung bis zum Jahr 2010;
- Schaffung einer Freihandelszone für den Dienstleistungsverkehr;
- Liberalisierung des öffentlichen Vergabewesens, der Rechte an geistigem
Eigentum und der Investitionen über den bestehenden multilateralen und
plurilateralen Rahmen hinaus.
Österreich hat sich im Sinne einer weiteren Vertiefung der Beziehungen
grundsätzlich positiv zu diesem Vorschlag geäußert, gleichzeitig jedoch
klargemacht, daß dabei auf andere Handelspartner, wie insbesondere Kanada
und Mexiko Rücksicht zu nehmen ist und die WTO - Kompatibilität, ins -
besondere hinsichtlich der Dienstleistungsaspekte, gesichert sein muß.
Schließlich müßten die europäischen Interessen definiert und durch ein
entsprechendes Verhandlungsmandat abgesichert sein.
Zu Frage 2:
Im Verlauf der EU - internen Diskussion zeigte sich, zuletzt bei der Tagung des
Rates Allgemeine Angelegenheiten am 27./28.4.1998, daß zum “Neuen
Transatlantischen Markt” unter den Mitgliedstaaten kein Konsens über den
Kommissionsvorschlag zu erzielen war. In der Folge wurde von der britischen
Präsidentschaft und der Kommission ein alternativer Vorschlag für eine
transatlantische Wirtschaftspartnerschaft (,,Transatlantic Economic
Partnership” - TEP) ausgearbeitet, der beim Gipfeltreffen EU - USA am
18.5.1998 angenommen wurde (siehe Beilage B). Wesentlich ist, daß im
Rahmen der TEP der Abschluß eines Freihandelsabkommens im
Dienstleistungsbereich nicht mehr vorgesehen ist. Die Kommission erarbeitet
zur Zeit einen Entwurf für einen entsprechenden Aktionsplan der
Gemeinschaft.
Zu Frage 3:
Zu dieser Frage kann, was die TEP betrifft, im gegenwärtigen Zeitpunkt keine
konkrete Aussage gemacht werden, da die Kommission zur Zeit einen ent -
sprechenden Aktionsplan ausarbeitet und noch kein Verhandlungsmandat
vorliegt. Was das NTM betrifft, erscheint die Frage aufgrund der geänderten
Strategie als gegenstandslos.
Zu Frage 4 und 5:
Beim letzten OECD - Ministerrat am 27./28. April 1998 entschieden sich die
Minister für folgende weitere Vorgangsweise hinsichtlich der MAI - Verhand -
lungen:
- Die kommenden Monate werden für eine Bestandsaufnahme und für weitere
Konsultationen zwischen den Verhandlungspartnern und interessierten
Gruppen in den einzelnen Ländern genützt.
- Die nächste Sitzung der Verhandlungsgruppe wird im Oktober 1998
stattfinden.
- Die Minister weisen die Verhandlungsgruppe an, ihre Arbeit mit dem Ziel
fortzusetzen, das MAI erfolgreich und in absehbarer Zeit abzuschließen und
dabei auf eine breite Beteiligung interessierter Gruppen zu achten (zeitlich
unbestimmte Verlängerung des Verhandlungsmandates, vorerst keine
Verlagerung der Verhandlungen auf WTO - Ebene).
- Das WTO - Arbeitsprogramm über Investitionen, das weitere Schritte im
Hinblick auf die Entwicklung von lnvestitionsregeln in der WTO erwarten
läßt wird unterstützt.
Österreich hat diesen Beschluß aktiv unterstützt und im übrigen seine Haltung
bekräftigt, daß in dieses Abkommen eine verbindliche Klausel zur
Verhinderung von Sozial - und Umweltdumping aufgenommen werden müsse.
Ich habe gemeinsam mit Bundesminister Farnleitner alle Ressorts, die Bundes -
länder, die OeNB, die Sozialpartner und den Beirat für Wirtschafts - und
Sozialfragen eingeladen, auf Basis des vorliegenden unvollständigen MAI -
Vertragsentwurfes zusätzlich zum bisherigen innerstaatlichen Koordinations -
prozeß eine vertiefte Analyse allfälliger Auswirkungen auf die österreichische
Interessenslage durchzuführen. Parallel dazu werden Gespräche mit NGOs
geführt. Im Laufe dieses Sommers werden die Stellungnahmen vorliegen und
in das weitere Verhandlungsmadat einfließen.
Anläßlich des EU - USA - Gipfels am 18. Mai 1998 einigten sich die EU und die
USA nach mehr als einjährigen Verhandlungen unter anderem auf Regelungen
zur Stärkung des Investitionsschutzes. Damit sollen die Differenzen über US -
Gesetze, mit extraterritorialen Rechtswirkungen für ausländische Investoren in
Drittstaaten (v.a. das sogenannte ,,Helms - Burton - Gesetz” und ,,d´Amato -
Gesetz”) beigelegt werden. Die beiden Seiten kamen überein, diesen
Vorschlag gemeinsam in die MAI - Verhandlungen einzubringen, in deren
Rahmen auch noch offene Umsetzungsfragen der Vereinbarung geklärt werden
sollen.
Zu Frage 6:
Inhaltlich lassen sich zu dieser Frage noch keine Detailaussagen machen, es
gilt dieselbe Begründung wie bei Frage 3.
Zu Frage 7 bis 9:
Auch hier liegt außer der grundsätzlichen Übereinkunft, daß entsprechende
Regelungen angestrebt werden sollen, noch keine konkrete inhaltliche
Spezifizierung vor, daher läßt sich derzeit in Bezug auf TEP auch nicht im
Detail auf die Fragen eingehen. Die - noch zu formulierende - österreichische
Position wird diese Fragen aber zweifellos berücksichtigen.
Zu Frage 10:
Die Dokumente zum Neuen Transatlantischen Markt sind, wie alle Angelegen -
heiten, die den Ausschuß gemäß Artikel 113 betreffen, routinemäßig auch der
Parlamentsdirektion zugegangen. Da der ursprüngliche Gedanke der
Schaffung eines Neuen Transatlantischen Marktes nicht weiterverfolgt wird,
besteht diesbezüglich auch keine Notwendigkeit einer besonderen
Informationsoffensive.
Was die Transatlantische Wirtschaftspartnerschaft (TEP) betrifft, so gilt auch
für die diesbezüglichen Dokumentenvorlagen der Standardverteiler für den
Artikel 113 - Ausschuß, d.h. automatische Einbeziehung der
Parlamentsdirektion in den Dokumentenfluß. Weitergehende
lnformationserfordernisse können erst nach Vorliegen erster Detailentwürfe
beurteilt werden.