4140/AB XX.GP
An den
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Heinz Fischer
Parlament
1017 Wien
Wien, 9. Juli 1998
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4401/J - NR/1998, betreffend Hochgeschwindig -
keitsbahnstrecke Berlin - Wien, die die Abgeordneten Dr. König und Kollegen am 12. Mai 1998
an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Vorweg ist festzuhalten, daß die in der Anfrage angeführte trilaterale Vereinbarung der
Verkehrsminister der Bundesrepublik Deutschland, der Tschechischen Republik und der
Republik Österreich auf dem Ergebnis einer umfassenden gemeinsamen Studie über den
Ausbau der Eisenbahnverbindung Berlin Prag - Wien beruht. An der Umsetzung der Ergeb -
nisse wird derzeit gearbeitet, damit ein Hochleistungsverkehr zwischen Berlin, Prag und Wien
möglichst rasch verwirklicht wird.
Die erarbeitete Studie hat gezeigt, daß für einen Hochgeschwindigkeitsverkehr mit mehr als
200 km/h derzeit keine ausreichende Verkehrsnachfrage gegeben ist, da die betroffenen
Wirtschaftsräume in Mitteleuropa noch nicht mit jenen z.B. in Deutschland oder Frankreich
vergleichbar sind. Daher ist auch die Errichtung einer entsprechenden Neubaustrecke wirt -
schaftlich nicht gerechtfertigt, der Ausbau der bestehenden Trasse zur Hochleistungsstrecke
dagegen schon, deshalb wird auch daran gearbeitet.
Nach den vorliegenden Informationen werden daher Überlegungen über eine Neubaustrecke für
Hochgeschwindigkeitsverkehr sowohl in der Tschechischen Republik als auch in der Bundesre -
publik Deutschland (zwischen Berlin, Dresden und der tschechischen Grenze) als unrealistisch
betrachtet, weil die Infrastrukturerfordernisse wirtschaftlich nicht vertretbar wären. Naturge -
mäß gilt dies auch für den kurzen österreichischen Abschnitt.
Zu 1: Teilen Sie die Auffassung, daß eine Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen
Berlin, Dresden, Prag, Brünn und Wien ein wesentlich höheres Verkehrsauf -
kommen erwarten läßt, als eine Streckenführung über Preßburg nach Budapest?
Antwort:
Bekanntlich ergibt sich im Entfernungsbereich zwischen 100 und 400 km ein für die Eisenbahn
besonders interessantes Marktsegment im Personenverkehr. Auf der gegenständlichen Eisen -
bahnachse wird daher der Verkehr in Teilrelationen, wie z.B. Berlin - Dresden, Berlin - Prag,
Prag - Wien stets in Summe wesentlich stärker sein als der Verkehr über die Gesamtrelation
Berlin - Wien. Dies trifft analog auch für Relationen, wie z.B. zwischen Berlin bzw. Prag und
Budapest zu. Ferner wäre zu beachten, daß Preßburg bedeutend kleiner ist als Wien und daher
weniger Verkehrsnachfrage erzeugt.
Daher wird davon ausgegangen, daß den bilateralen Verbindungen - wie insbesondere Wien -
Brünn - Prag, Wien - Preßburg und Wien - Budapest - aus Gründen der Verkehrsnachfrage eine
weitaus höhere Bedeutung zukommt, als Verkehrsrelationen über wesentlich weitere Strecken.
Unter diesem Gesichtspunkt ist die Auffassung gerechtfertigt, daß durch die Einbeziehung
Wiens in eine Fernreiseverbindung Berlin - Prag - Budapest ein höheres Verkehrsaufkommen
generiert wird, als im Falle einer Streckenführung, die
Wien nicht einbezieht.
Zu 2, 3, 4 und 6:
Werden Sie dem Wunsch der Wiener Landesregierung, die sich auf einen klaren
Landtagsbeschluß stützt, eine Umfahrung Wiens zu vermeiden, durch ein Ein -
treten für eine Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin - Wien im Rahmen der TEN
unterstützen?
Wenn ja, welche Maßnahmen sind Sie bereit umgehend zu ergreifen?
Ist Ihnen bekannt, daß auch der Berliner Bürgermeister Dr. Diepgen und der
Ministerpräsident von Sachsen Prof. Dr. Biedenkopf eine Hochgeschwindigkeits -
strecke Berlin - Wien favorisieren?
Werden Sie im Rahmen des österreichischen EU - Vorsitzes Ihrer Koordinations -
funktion entsprechen, damit es nicht vor einer endgültigen Entscheidung über die
Streckenführung zu einem Einsatz von EU - Mitteln für das ungarische Alternativ -
projekt kommt?
Antwort:
Wie aus der Beantwortung des allgemeinen Teils hervorgeht, wurden bereits die aus derzeitiger
Sicht erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der gegenständlichen Eisenbahnverbindung
gesetzt und dieses Ziel insbesondere in internationalen Kontakten stets forciert.
Wien ist Ausgangs - und Endpunkt zahlreicher Eisenbahnachsen und daher in das Schienen -
infrastrukturnetz bestens eingebunden.
Zu 5: Teilen Sie die Auffassung, daß sich im Hinblick auf die relativ kurze Strecke von
Wien bis zu tschechischen Grenze und dem relativ guten Zustand dieser Bahn -
strecke das Mittelerfordernis für den Ausbau des österreichischen Teilstückes in
Grenzen hält?
Antwort:
Die Investitionserfordernisse für den Ausbau des Österreichischen Teilstückes für eine Höchst -
geschwindigkeit bis zu 160 km/h für konventionelle Züge (ohne Neigetechnik) hält sich in
Grenzen. Die Errichtung einer Hochgeschwindigkeitsstrecke (Ausbaugeschwindigkeit 250
km/h) würde jedoch beträchtliche Investitionen erfordern.