4151/AB XX.GP
An den
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Heinz FISCHER
Parlament
1017 Wien
Wien, 10. Juli 1998
Die Abgeordneten Kier, Partnerinnen und Partner haben an mich am
15.05.1998 die schriftliche Anfrage Nr. 4435/J, betreffend “Knüp -
fung der Erteilung der Niederlassungsbewilligung eines Kindes an
den Aufenthaltstitel der Mutter” mit folgendem Wortlaut ge -
richtet:
1. Weshalb wird bei der Abwägung, ob einem in Österreich ge -
borenen Kind eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen ist,
ausschließlich auf den Aufenthaltstitel der Mutter abgestellt?
2. Aus welchem Grund muß ein Kind, das in Österreich geboren
wurde, seinen Antrag auf Niederlassungsbewilligung aus dem
Ausland stellen, obwohl dessen Vater unbefristet aufenthalts -
berechtigt ist?
3. Wieso wird dem Aufenthaltstitel der Mutter in einem solchen
Fall eine größere Bedeutung beigemessen als jenem des Vaters?
Ist dafür auch heute noch die überkommene traditionelle Rol -
lenverteilung in der Gesellschaft (Mutter sorgt für
Kinder,
Vater ist erwerbstätig) ausschlaggebend?
4. Halten Sie die Ausnahmebestimmung des S 28 Abs. 2 FrG, welcher
auf das Aufenthaltsrecht der Mutter abstellt, mit Art. 8
Abs. 2 EMRK für vereinbar, obwohl das Kind auch ein Recht auf
Familienleben mit dem Vater hat? Wenn ja, warum? Wenn nein,
werden Sie eine Gesetzesnovelle vorschlagen?
5. Halten Sie die Tatsache, daß das Kind eines Ausländers mit
unbefristeter Niederlassungsbewilligung kein Aufenthaltsrecht
erhält, wenn der nicht aufenthaltsberechtigten Mutter etwas
im Sinne der in der Begründung angeführten Beispiele zustößt,
für gerechtfertigt? Wenn ja, warum?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
zu Frage 1:
S 28 FrG 97 normiert, daß in Österreich geborene Kinder während
ihrer ersten drei Lebensmonate von der Sichtvermerkspflicht be -
freit sind, sofern die Mutter über einen Aufenthaltstitel verfügt
oder Sichtvermerks - und Niederlassungsfreiheit genießt.
Das ausschließliche Abstellen auf den Aufenthaltstitel der Mutter
ergibt sich somit aus dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes.
zu Frage 2:
S 14 Abs. 2 FrG 1997 normiert den Grundsatz der Erstantragstel -
lung vom Ausland aus.
Eine Inlandsantragstellung kommt nur in Betracht, wenn die Vor -
aussetzungen des S 28 Abs. 2 leg. cit. - nämlich
daß die Mutter
im Besitz eines Aufenthaltsrechtes ist und daher das in Öster-
reich geborene Kind für die ersten drei Lebensmonate für die
Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigt
- erfüllt sind.
Andernfalls, wenn nur der Vater aufenthaltsberechtigt ist, hat
die Erstantragstellung vom Ausland aus zu erfolgen. Diese Konse -
quenz ergibt sich wiederum aus dem Wortlaut des Gesetzes.
zu Frage 3:
In Österreich geborene Kinder sollen sich nicht a priori "ille -
gal" im Bundesgebiet aufhalten. Daher wurde eine befristete Be -
freiung von der Sichtvermerkspflicht vorgesehen, die der Gesetz -
geber jedoch untrennbar mit dem Aufenthaltsrecht der Mutter ver -
bunden wissen wollte. Dies ergibt sich eindeutig aus den EB zur
RV zum S 28 FrG 1997.
zu Frage 4:
Die gewählte rechtliche Konstruktion ist entsprechend der EKM mit
Art. 8 Abs. 2 EMRK insofern vereinbar, als diese Bestimmung le -
diglich ein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf Ach -
tung eines bereits bestehenden Familienlebens normiert und daraus
keineswegs ein Rechtsanspruch auf Familiennachzug abzuleiten ist.
Dennoch wird die in dieser Anfrage angesprochene Problematik in
einer bis zum Jahresende zu führenden Diskussion, wie bereits
mehrfach von mir angekündigt, Berücksichtigung
finden.
zu Frage 5:
Da für diesen Fall keine expliziten gesetzlichen Bestimmungen
vorliegen, handelt es sich offensichtlich um eine planwidrige
Lücke, die im Wege der Analogie zu schließen sein wird. Im übri -
gen verweise ich auf die Antwort zur Frage 4 letzter Satz.