4177/AB XX.GP
Zahl: 30.141/163 - III/16/98
Herrn
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Heinz FISCHER
Parlament
1017 WIEN
Wien, am 22. Juli 1998
Die Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde haben an mich
am 28.5.1998 die schriftliche Anfrage Nr. 4500/J betreffend "Grenzkontrollstempel in
Reisepässen österreichischer Staatsbürger" mit folgendem Wortlaut gerichtet:
“1. Kannten Sie bereits die o.a. Auskunft der Sicherheitsdirektion für
Niederösterreich?
1 .a. Wenn nein, warum nicht?
2. Wie beurteilen Sie diese Auskunft, die im klaren Gegensatz zu Ihrer
Anfragebeantwortung und der darin erwähnten Weisung vom Dezember 1997
steht?
3. Wie konnte es - trotz Ihrer ausdrücklich gegenteiligen Weisung vom Dezember
1997 - zu dieser Auskunft kommen bzw. dazu, daß nach wie vor - zumindest im
Bundesland NÖ - derartige Stempelabdrücke in österreichischen Reisepässen
angebracht werden und diese - gesetzlose - Praxis behördlicherseits auch noch
offiziell verteidigt wird?
3.a. Hat Ihre Weisung vom Dezember 97 nicht den Weg zu den nö
Sicherheitsbehörden gefunden oder haben diese Ihre ausdrückliche Weisung
ignoriert?
4. Welche Konsequenzen werden Sie aus dieser - Ihrer Weisung eklatant
widersprechenden - Verwaltungspraxis der nö Sicherheitsbehörden ziehen?
5. Werden Sie gegen die verantwortlichen Organwalter/innen dienstrechtliche
Schritte einleiten?
5.a. Wenn ja welche?
5.b. Wenn nein, warum nicht?
6. Wie stellen Sie im allgemeinen und im konkreten Fall sicher, daß Ihre
Weisungen von den Sicherheitsbehörden auch befolgt werden?
7. Wie reagieren Sie im allgemeinen, wenn nachgeordnete Behörden und Organe
Ihre Weisung(en) mißachten? Welche Konsequenzen haben solche
Organwalter/innen zu gegenwärtigen?
8. Wie kann sich ein/e betroffene/r Staatsbürger/in gegen die Anbringung eines
solchen Stempelabdrucks in seinen/ihren österreichischen Reisepaß konkret
wehren?
8.a. Was raten Sie betroffenen Staatsbürger/innen, wie
sie sich im konkreten Fall
gegenüber einem Grenzkontrollorgan verhalten sollen, das - rechtswidrig und
entgegen Ihrer ausdrücklichen Weisung - in ihrem österreichischen Reisepaß
einen solchen Stempelabdruck anbringen will, um zu verhindern, daß ein
solcher Stempel angebracht wird?”
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Nein.
Die Auskunft der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich erging am
14.5.1998 und konnte daher zum Zeitpunkt der am 23. April 1998 erfolgten
Anfragebeantwortung auch noch nicht vorliegen.
Zu den Fragen 2 - 3a:
Die von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich erteilten
Auskunft ist, vergleicht man sie mit dem Inhalt des anläßlich der Inkraftsetzung der
Schengener Verträge verfaßten und am 19. November 1997 an alle
Sicherheitsdirektionen und die Bundespolizeidirektion Wien ergangenen
Rundschreibens, tatsächlich geeignet, Anlaß für Mißverständnisse zu geben. Sie ist
ihrem Inhalt nach nicht auf österreichische Staatsbürger bezogen und insoweit
richtig. Sie erging aber an einen Österreicher und insoweit unvollständig: So hat die
Sicherheitsdirektion - in offenkundiger Außerachtlassung des Umstandes, daß die
anfragende Person österreichischer Staatsbürger ist - zwar grundsätzlich zur
Thematik der Anbringung von Grenzkontrollstempeln Stellung bezogen, bei der
Beantwortung der Anfrage aber bedauerlicherweise nicht ausdrücklich darauf Bezug
genommen, daß es eben diese mittels Rundschreiben bekanntgemachten
Sonderregeln für EU - Bürger (und somit auch für österr. Staatsbürger) hinsichtlich
des Anbringens von Grenzkontrollstempeln gibt, wonach Grenzübertrittspapiere von
EU - Bürgern nicht mit einem Stempelabdruck zu versehen sind.
Zu den Fragen 4 - 6:
Als Minister gehe ich im allgemeinen, wie auch meine Erfahrung bisher gezeigt hat,
davon aus, daß von Beamten meines Ressorts ergehende Weisungen in
Angelegenheiten des Grenzkontroll - und Fremdenrechtes befolgt werden, halten sich
derartige Mißverständnisse - vergleicht man insbesondere den österreichischen
Grenzkontrollstandard mit dem schengenweit üblichen - doch in einem erfreulich
geringen Ausmaß. Zusätzlich zu den Weisungen versuchen meine Mitarbeiter
selbstverständlich, derartig komplexe Themen auch in Form von Schulungen den
Betroffenen nahezubringen, um so Fehlhandlungen möglichst auszuschließen.
Gesonderte dienstrechtliche Konsequenzen halte ich daher im Lichte des
vorstehenden und unter Berücksichtigung des Grades des Mißverständnisses für
nicht erforderlich. Nach meiner Einschätzung des Sachverhalts besteht auch eine
vollständige Kenntnis der Anweisungen bei der
Sicherheitsdirektion für das
Bundesland Niederösterreich. Weisungen werden auch nicht mißachtet. Lediglich
der Text des zitierten Antwortschreibens ist mißverständlich abgefaßt.
Zur Frage 7:
Eine generelle Antwort zu dieser Frage ist praktisch unmöglich, weil bei derartigen
Vorfällen wohl auch die konkreten Umstände des Falles und das effektiv vorliegende
Fehlverhalten der Betroffenen zu beurteilen und zu bewerten sein wird, bevor
allfällige Konsequenzen (von Schulungen bis hin zu den Möglichkeiten des
Dienstrechtes) gezogen werden können.
Zu den Fragen 8 und 8a:
Wie bereits in den bisherigen Antworten dargestellt, wurden anläßlich der
Inkraftsetzung der Schengener Verträge für Österreich alle mit der Anwendung
befaßten Beamten meines Ressorts in mehreren Rundschreiben auf die ab diesem
Zeitpunkt einzuhaltenden Vorschriften hingewiesen.
Diese Umstellung hat für viele Beamte - aber auch für große Teile der Öffentlichkeit -
große Änderungen - einerseits Erleichterungen entlang der Binnengrenze,
andererseits aber auch Erschwernisse in Form strenger Kontrollen an der
Außengrenze - gebracht, bei deren Umsetzung es naturgemäß zu
Anpassungsproblemen kommen kann.
Nachdem die Beamten meines Ressorts aber gerade jetzt im Sommerreiseverkehr
genau beobachten, wie die Umsetzung dieser Vorschriften in der Praxis funktioniert,
wobei auf allfällige Probleme umgehend zu reagieren sein wird, wird gerade die
Anfrage selbstverständlich Anlaß sein, auch der Frage der Stempelung neuerlich die
gebührende Aufmerksamkeit zuzuwenden, um auch hier die letzten
Mißverständnisse auszuräumen.
Da es sich bei der Anbringung eines Grenzkontrollstempels in einem Reisedokument
allerdings um keine Maßnahme der verwaltungsbehördlichen Befehls - und
Zwangsgewalt handelt und auch sonst keine Mittel explizit normiert sind, mit denen
sich ein Betroffener gegen die Anbringung eines Stempelabdruckes in seinem
Reisepaß wehren kann, sind naturgemäß auch die Rechtsschutzmöglichkeiten
gegen eine solche Erteilung limitiert. Sollten allerdings neuerlich Mißverständnisse in
diesem Zusammenhang auftreten oder Unklarheiten bezüglich der Anwendung
bestimmter Vorschriften bestehen, kann ich alle Betroffenen nur ersuchen, direkt an
die Beamten meines Ressorts heranzutreten. Es wird unsere Aufgabe sein, diese
Mißverständnisse oder Unklarheiten rasch auszuräumen und entsprechend
klarzustellen.