4182/AB XX.GP
Wien, 24. Juli 1998
GZ. 11 0502/176 - Pr.4/98
An den
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Parlament
1017 Wien
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche
parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen vom
26. Mai 1998, Nr. 4469/J, betreffend aufsichtsbehördliche Genehmigung von
Liegenschaftskäufen durch eine Versicherung, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Einleitend möchte ich darauf hinweisen, daß derartige Liegenschaftsankäufe seit Ende des
Jahres 1990 nicht mehr der Genehmigung durch die Versicherungsaufsichtsbehörde
bedürfen und daher seit Jahren andere als in der Anfrage behandelte Gegebenheiten
vorliegen.
Zu 1.:
Der zum Genehmigungszeitpunkt (27. Dezember 1989) gültige Text des § 75 Abs. 1
Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) lautete:
“Der Erwerb einer Liegenschaft bedarf der Genehmigung durch die Versicherungsaufsichts -
behörde. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn der Erwerb geeignet ist, die Interessen der
Versicherten zu gefährden.”
Zu 2. und 3.:
Die Kaufpreissteigerung war dem Bundesministerium für Finanzen nicht bekannt.
Bei der Genehmigung der von den Versicherungsgesellschaften vorgenommenen
Liegenschaftsankäufe wurde der Kaufpreis, den der jeweilige Voreigentümer bezahlt hat, von
der Versicherungsaufsichtsbehörde nicht überprüft, da in einem derartigen Verfahren die in
der Sphäre des Voreigentümers auftretenden Wertschwankungen der Liegenschaften nicht
zu den Entscheidungsgrundlagen zählten.
Zu 4. und 5.:
Dem Bundesministerium für Finanzen war diese Tatsache nicht bekannt.
Zu 6.:
Von den Versicherungsgesellschaften konnten die Liegenschaftstransaktionen bereits vor
einer entsprechenden Genehmigung durch die Versicherungsaufsichtsbehörde durchgeführt
werden, sofern im Kaufvertrag als aufschiebende Bedingung die Genehmigung durch das
Bundesministerium für Finanzen vorgesehen war. Bei diesen Genehmigungen hat das
Bundesministerium für Finanzen regelmäßig eine Abschrift des Kaufvertrages und einen
Nachweis über die Eintragung des Eigentumsrechtes der Versicherungsgesellschaft verlangt.
Da es sich bei den Kaufverträgen meist um Standardverträge gehandelt hat, war deren
vorherige Vorlage ebenso nicht zwingend vorgesehen wie die vorherige Vorlage von
Schätzgutachten oder Wirtschaftlichkeitsberechnungen.
Im vorliegenden Fall hat es sich lediglich um Transaktionen im Gesamtwert von 67,9 Mio. S
gehandelt, die einem Satz von 1,2 % der seinerzeitigen Bilanzsumme des betreffenden
Unternehmens, welches zwischenzeitlich mit einem anderen Unternehmen verschmolzen
wurde, entsprachen. Das Kaufpreisvolumen konnte daher als geringfügig bezeichnet werden
und die Vorlage eines Schätzgutachtens bzw. einer Wirtschaftlichkeitsberechnung war nicht
zwingend erforderlich. Da das Versicherungsunternehmen den Antrag ausreichend begründet
hat, war es daher auch in diesem Fall ausreichend, die Unterlagen erst im nachhinein zu
verlangen, um die Angaben im Antrag einer Kontrolle zu unterziehen.
Zu 7.:
Diese Unterlagen wurden nachträglich vorgelegt und vom Bundesministerium für Finanzen
einer Kontrolle unterzogen, die zu keinen Beanstandungen führte.
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ergab eine Gesamtrentabilität für beide Objekte von
rd. 5,5 % vor AfA (Absetzung für Abnutzung), die unter Bedachtnahme auf die seinerzeitige
Situation am Immobilienmarkt als ausreichend erachtet wurde. Eine aktuelle Berechnung des
Versicherungsunternehmens ergibt nach dessen Angabe eine nachhaltig erzielbare
Gesamtrentabilität für beide Objekte von 5,91 %.
Zu 8.:
Im Jahre 1989 war die Liberalisierung der Kapitalanlagevorschriften noch nicht so weit
gediehen wie zum jetzigen Zeitpunkt, sodaß eine Vielzahl von Investitionen von Versiche -
rungsunternehmen genehmigungspflichtig waren. Die
Versicherungsaufsichtsbehörde war
dabei stets bemüht, im Sinne einer effizienten und schnellen Verwaltung Anträge von
Versicherungsunternehmen auf Genehmigung von Kapitalanlagen (Beteiligungen,
Wertpapiere, Immobilien) möglichst schnell zu bearbeiten und zu erledigen, wobei der
genannte Zeitraum von 13 Tagen durchaus üblich war. Viele Erledigungen, besonders wenn
es sich um solche beim Jahresultimo handelte, mußten sogar in einer kürzeren Zeitspanne
erledigt werden.
Im vorliegenden Fall konnten alle erforderlichen Prüfungen durchgeführt werden.
Wie die unter Punkt 1 beschriebene Textierung des § 75 erkennen läßt, war die Versagung
einer Liegenschaftstransaktion nur bei einer Gefährdung der Interessen der Versicherten
möglich, wobei die Beweislast beim Bundesministerium für Finanzen lag. Aufgrund der im
Antrag genannten Rentabilität und des primären Investitionsvolumens hat die Behörde eine
Gefährdung nicht erblicken können, die, wie die weitere Entwicklung gezeigt hat, auch nie
eingetreten ist.
Zu 9.:
Nach den mir vorliegenden Informationen gab es keine derartigen Interventionen.
Zu 10.:
Der § 75 VAG in der damals geltenden Fassung normierte lediglich die Genehmigungspflicht
von Immobilientransaktionen. Eine Pflicht zur Einholung einer Verkehrswertschätzung eines
gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Immobilienwesen bestand damals und auch
jetzt nicht. Die Versicherungsaufsichtsbehörde hat, zumal der Immobilienbesitz von Versiche -
rungsgesellschaften zur Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen herange -
zogen wird, die Beurteilung auf den Aspekt der Wirtschaftlichkeit zu richten.
Vom Wirtschaftlichkeitsstandpunkt, der nach den Angaben im Genehmigungsantrag eine
Rentabilität von jeweils rd. 5,5 % ergab und im Jahre 1991 anläßlich einer ähnlichen Anfrage
auf 5,42 % bzw. 5,52 % präzisiert wurde, konnte die Transaktion aus behördlicher Sicht nicht
beanstandet werden. Da zu diesem Zeitpunkt in Salzburg derartige Stadtgebäude nur sehr
selten angeboten wurden und die Verwertbarkeit der Objekte aufgrund der ausgezeichneten
Lage als nachhaltig gut einzuschätzen war, wäre, auch im nachhinein gesehen, ein Ein -
schreiten der Behörde nicht gerechtfertigt gewesen. Außerdem ist zu bedenken, daß der
Kaufpreis nicht nur den Gegenwert der Immobilien, sondern auch ein fertiges Umbaukonzept
inklusive Einreichplanung und Baubewilligung beinhaltet hat und ein entwickeltes Projekt
naturgemäß anders zu bewerten ist als der Kauf einer unbebauten oder abgewohnten
Liegenschaft.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, daß Investitionen am Immobilienmarkt den
langfristigen Kapitalanlageüberlegungen der Versicherungen in Bezug auf Sicherheit und
Werterhaltung entgegenkommen und vorwiegend zur Abdeckung langfristiger
Verbindlichkeiten - vor allem in der Lebensversicherung - verwendet werden. Aus diesem
Grund investieren Versicherungen auch in Immobilien, deren Anfangsrentabilität unter
Umständen unter den Werten liegt, die im vorliegenden Fall genannt wurden. Dies trifft
verstärkt auf die Jahre 1989 und 1990 zu, in denen die Liegenschaftspreise in ganz
Österreich stark angestiegen sind.
Zu 11. und 12.:
Dem Bundesministerium für Finanzen ist nicht bekannt, ob von der aufsichtsbehördlichen
Genehmigung der von den Versicherungsgesellschaften vorgenommenen
Liegenschaftsankäufe weitere Objekte aus dem WEB - Imperium betroffen waren und ob
gegebenenfalls derartige Preissteigerungen vorlagen.
Zu 13. a:
Wie bereits unter Punkt 8 dargelegt, kann in dieser Liegenschaftstransaktion keine
Gefährdung der Interessen der Versicherten erblickt werden.
Bezüglich der Bewertung, ob es einen Schaden für die Gläubiger und Anleger des WEB -
IMMAG - Bautreuhand - Imperiums gegeben hat, möchte ich, unabhängig von diesbezüglichen
Kompetenzüberlegungen, darauf hinweisen, daß die vorliegende Anfrage davon ausgeht, daß
es im Vorfeld des Kaufes durch die Versicherungsgesellschaft eine “exorbitante Steigerung
des Kaufpreises innerhalb eines einzigen Monats” gegeben hat. Für das Bundesministerium
für Finanzen ist daher bereits aus diesem Grund keine Schädigung der Gläubiger und
Anleger des WEB - IMMAG - Bautreuhand - Imperiums erkennbar, die aus dem Erwerb der
beiden genannten Immobilienobjekte durch eine Versicherungsgesellschaft resultiert.
Zu 13. b:
Über eventuell in diesem Zusammenhang erfolgte Parteienfinanzierungen liegen mir keine
Informationen vor.