4203/AB XX.GP
GZ: 10131/2 - Z.4/1998
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4466/J - NR/1998, betreffend Verfall der Ghega -
Bahn über den Semmering, die die Abgeordneten Petrovic, Freundinnen und Freunde am 26.
Mai 1998 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
1. |
Wieviel wurde in den letzten zehn Jahren in die Erhaltung, Sicherung und Moderni - sierung der Ghega – Bahnstrecke zwischen Gloggnitz und Mürzzuschlag investiert? (Bitte nach Jahren und Art der jeweiligen Investitionsprojekte aufschlüsseln.) |
Antwort:
Der jährliche Aufwand für die Erhaltung der Semmeringbahn im Streckenabschnitt Gloggnitz -
Mürzzuschlag beträgt im Jahresdurchschnitt zwischen 1980 und 1997 rund 90 Mio. S (gerechnet
auf Preisbasis 1997).
Hiezu sind noch die Kosten für die Erneuerung bestehender Anlagen hinzuzurechnen, für die
seit 1980 (exklusive Tunnels und Viadukte) im Durchschnitt ca. 25 Mio. S pro Jahr aufzuwen -
den waren (gerechnet auf Preisbasis 1997). Aufgrund der schweren Verkehrsbelastung und des
Alters der Viadukte fallen hinkünftig allerdings verstärkt Arbeiten zur Erneuerung von Viaduk -
ten an. In den nächsten Jahren sind hiefür. durchschnittlich ca. 50 Mio. S pro Jahr zusätzlich zu
veranschlagen.
2. |
Ist es zutreffend, daß die Viadukte nach oben hin nicht gegen Sickerwasser abgedich - tet sind? |
Antwort:
Ja. Die Viadukte sind altersbedingt (Baujahre 1849 - 1854) in der Abdichtung schadhaft.
3. |
Ist es zutreffend, daß Sickerwässer, die im Gemäuer frieren und wieder auftauen, den Bauten bereits stark zugesetzt haben? |
Antwort:
Jedes Eindringen von Oberflächenwasser führt naturgemäß, speziell bei Ziegelmauerwerk,
längerfristig zu Folgeschäden. Sämtliche Viadukte wurden in den Jahren 1936 bis 1968 saniert.
Seit dieser Zeit wurden bei fünf der fünfzehn großen Viadukte weitere umfangreiche
Erneuerungs - und Sanierungsmaßnahmen gesetzt, die eine Durchfeuchtung verhindern sollen.
Mittelfristig ist, um den Betrieb ohne Einschränkung weiterführen zu können, abermals eine
Sanierung erforderlich.
4. |
Ist es zutreffend, daß Expert/inn/en eine Abstützung der Viadukte an der Außenseite von Kurven dringend empfohlen haben? |
Antwort:
Eine Abstützung der Viadukte an der Bogenaußenseite ist nur bei niedrigen Objekten möglich.
Keineswegs wäre jedoch damit das Problem des undichten und für die derzeitige Betriebs -
belastung zu schwach dimensionierten Fahrbahntroges gelöst. Darüberhinaus würde eine
derartige Maßnahme zu einer optischen Beeinträchtigung der denkmalgeschützten Objekte
führen (siehe Unterer Adlitzgraben - Viadukt, Sanierung 1937 mit Stützpfeiler).
5. Wenn ja, welche Veranlassungen haben Sie bzw. die ÖBB getroffen?
Antwort:
Der Einbau einer lastverteilenden abdichtenden Fahrbahnplatte führt zu einer Behebung des
Großteils der derzeit auftretenden Probleme und stellt in Kombination mit weiteren Sanierungs -
maßnahmen, die in Abhängigkeit mit den jeweils vorhandenen Schäden ergriffen werden, eine
den Bestand sichernde Maßnahme dar.
6., 7., 8.
und 9. |
Wann fand zuletzt eine umfassende Sicherheitsüberprüfung sämtlicher Abschnitte der Ghega - Bahntrasse, insbesondere der Brücken und Viadukte, statt? Was war das Ergebnis dieser Überprüfung bzw. sind Sie bereit, dem Parla - ment den Prüfbericht zur Verfügung zu stellen? Wenn nein, warum nicht? In welchen Abständen werden Brücken und Viadukte auf ihre Betriebs - sicherheit überprüft und ist es zutreffend, daß in den letzten Jahren perma - nente Verschlechterungen konstatiert worden sind? |
Antwort:
Brücken und Viadukte werden - entsprechend den Vorschriften - bei den ÖBB alle 4 Jahre
überprüft. Die diesbezüglichen Prüfberichte dienen zur Festlegung der internen Erhaltungsmaß -
nahmen und können - auf Velangen - der Eisenbahnaufsichtsbehörde zur Verfügung gestellt
werden.
10. und 11. |
Ist es zutreffend, daß in den letzten Jahren keine nennenswerten Investitio - nen in die Signal - und Betriebstechnik, getätigt worden sind? Wenn ja, wie rechtfertigen Sie dies? |
Antwort:
Zur Erhaltung der Sicherungsanlagen der Ghega - Strecke zwischen Gloggnitz und Mürzzuschlag
wurden von den ÖBB in den letzten Jahren durchschnittlich rd. 12 Mio. S pro Jahr aufgewendet.
12. und 13. |
Wäre es möglich, durch verbesserte Antriebsaggregate und eine leistungs - fähigere Betriebstechnik die Fahrzeit über den Semmering zu verkürzen? Wie lange wäre die Fahrzeit unter der Annahme der modernsten Traktions - maschinen und der aktuellsten Betriebs - und Signaltechnik? |
Antwort:
Praktisch ist die Fahrzeit über die Semmeringbergstrecke (Nordrampe) auch mit modernster
Technik nicht verkürzbar, da die Geschwindigkeiten (zwischen 50 und 70 km/h) durch die
engen Bogenradien festgelegt sind und diese von den
Reisezügen bereits derzeit voll ausgefah -
ren werden. Auch das System der Wagenkastenneigung ist bei Geschwindigkeiten unter 70
km/h nicht einsetzbar und stellt daher keine Alternative zum Semmeringbasistunnel dar.
14., 15. |
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und 16. |
Halten Sie den zeitgemäßen Fortbestand der Ghega - Bahntrasse für wichtig zur Wahrung der Interessen der Region? Wenn ja, welche Konsequenzen ziehen Sie daraus? Wenn nein, wie begründen Sie dies? |
Antwort:
Der Fortbestand der Ghega - Strecke wurde in einem Übereinkommen zwischen dem Bund und
dem Land Niederösterreich geregelt, welches bereits im Jahre 1991 vom damaligen Bundes -
minister Dr. Rudolf Streicher und vom damaligen Landeshauptmann - Stellvertreter von Nieder -
Österreich Dr. Erwin Pröll unterzeichnet wurde.
17. |
Die Ghega - Bahntrasse gehört zu den von der UNESCO gewürdigten Kul - turdenkmälern. Sollte ein derart hervorragendes Beispiel für die Pionier - zeit der Eisenbahnen und für die Erschließung der Bergregionen Ihrer Meinung nach nicht von den österreichischen Bundesbahnen angemessen gewürdigt, erhalten und modernisiert werden? |
Antwort:
Die Ghegabahntrasse steht unter Denkmalschutz. Aus diesem Grund wird bei sämtlichen
Sanierungsmaßnahmen das Einvernehmen mit dem Bundesdenkmalamt hergestellt.
Die Ghegabahn wird von den ÖBB jederzeit in betriebssicherem Zustand erhalten. Die betriebs -
sichere Erhaltung der Strecke wird jedeoch zunehmend schwieriger und kostenaufwendiger.
Die Eigenschaft der Trasse als Kulturdenkmal steht allerdings im Widerspruch zu der in der
ggstdl. Anfrage geforderten Modernisierung der Bahnstrecke. Außerdem zeigen alle bisherigen
Untersuchungen, daß eine zeitgemäße Modernisierung unwirtschaftlicher als die Errichtung des
Basistunnel wäre.
18. |
Wenn ja, werden Sie diesbezüglich mit den Leitungsgremien der ÖBB in Kontakt treten, um die Verwahrlosung dieses Kulturdenkmales mit einer nach wie vor aktuellen Verkehrsfunktion zu stoppen? |
Antwort:
Von einer Verwahrlosung der Semmeringstrecke kann nicht gesprochen werden.
Sämtliche bisher durchgeführten Maßnahmen lassen ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen
der planenden Techniker der ÖBB erkennen. Nur durch den Einsatz von speziellem “Ingenieur -
Know - How” und einer zielgerichteten Erhaltungs - und Erneuerungsstrategie ist es möglich,
eines der ältesten in Betrieb befindlichen Verkehrsbauwerke Europas - trotz extremster Trassie -
rungsparameter und wesentlicher Erhöhung der Betriebsbelastung - bis heute in einem Zustand
zu halten, der ein risikoloses Befahren ermöglicht.
19. bis 27. |
Auch die sonstigen Bahnanlagen, Gebäude und die an die Gleise angrenzen - Den Zonen befinden sich teilweise in erschreckendem Zustand. Auch wenn hier teilweise keine akute Gefährdung der Betriebssicherheit gegeben ist, kann es zu einer massiven Schädigung der touristischen Interessen der Region kommen. Rat das Verkehrsministerium in diesem Zusammenhang je die Bedeutung der Ghega - Bahn für den regionalen Tourismus evaluiert? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Falls Sie den Fortbestand der Ghega - Bahn für erforderlich halten, sollte sie Ihrer Meinung nach in Zukunft als Museumsbahn oder als modernes Beför - derungsmittel betrieben werden (bitte Begründung) Sind seitens der Bahn - Gemeinden, von Vereinen oder Einzelpersonen Anregewünsche oder Beschwerden betreffend die Ghega - Bahn in den letzten Jahren an Sie herangetragen worden? Wenn ja, um welche Anregungen etc. handelte es sich und in welcher Art und Weise sind Sie darauf eingegangen? Haben Sie eine Evaluierung der Bedeutung der Bahn für die angrenzenden Gemeinden durchführen lassen? |
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Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? |
Antwort:
In dem bereits erwähnten Übereinkommen zwischen dem Bund und dem Land Niederösterreich
aus dem Jahre 1991 werden insbesondere die regionale und touristische Bedeutung der beste -
henden Strecke hervorgehoben und Möglichkeiten einer diesbezüglichen Nutzung nach Er -
richtung des Semmeringbasistunnels aufgezeigt.