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Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 386/J-NR/1996

betreffend den Ankauf eines Gemäldes des bekannten Nazi-Malers

Adolf Reich durch den Direktor des Kunsthistorischen Museums

Wilfried Seipel um 500.000,--, die die Abgeordneten Dr. Stippel

und GenossInnen am 16. April 1996 an mich richteten, wird wie

folgt beantwortet:

 

1. Ist es richtig, daß Generaldirektor Dr. Seipel ein Bild von

Adolf Reich um 500.000,-- angekauft hat?

 

Antwort:

Es ist richtig, daß Generaldirektor Dr. Seipel ein Bild von

Adolf Reich um S 500.000,-- angekauft hat.

 

2. Ist es richtig, daß dieser Ankauf ohne Einholung eines

Schätzgutachtens erfolgte?

 

Antwort:

Mir liegt eine Expertise eines allgemein beeideten gericht-

lichen Kunst- und Gemäldesachverständigen vor, die einen

 

Schätzwert von S 450.000,-- und einen Verkehrs- und Wieder-

beschaffungswert von S 500.000,-- gemäß der derzeitigen Markt-

lage beinhaltet. Dies ist genau jene Summe, die dem Ankaufs-

preis durch den Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums

entspricht.

 

 

3. Ist es richtig, daß dieses Bild für die Sammlungen des

Kunsthistorischen Museums nicht von Bedeutung war, sondern im

Arbeitszimmer des Herrn Generaldirektors aufgehängt wurde?

 

Antwort:

Das Bild stellt eine wichtige dokumentarische und historische

Erweiterung des Archivbestandes des Kunsthistorischen Museums

dar. Dr. Seipel, der in seiner Eigenschaft als Generaldirektor

auch für das von ihm aufgebaute Museumsarchiv zuständig ist,

sieht es zu Recht als seine Aufgabe an, sämtliche Dokumente,

die mit der Geschichte des Hauses im Zusammenhang stehen und

verfügbar sind, für das Museumsarchiv zu erwerben. Es war seit

seinem Dienstantritt sein besonderes Anliegen, die Geschichte

des Hauses aufzuarbeiten. Aus diesem Grunde erschien auch

anläßlich des 100jährigen Jubiläums des Hauses im Jahre 1991

die von Herbert Haupt verfaßte ''Geschichte des Hauses am Ring'',

die den Zeitraum von 1891 bis 1991 umfaßt. Im Zusammenhang mit

der 50. Wiederkehr des Gründungstages der Republik wurde von

Dr. Seipel eine Geschichte des Hauses der ''Jahre der Gefähr-

dung'' beauftragt, die 1995 ebenfalls aus der Feder des Archi-

vars des Hauses, Herrn Dr. Herbert Haupt, erschienen ist. Sie

umfaßt den Zeitraum 1938 bis 1945 und setzt sich ausführlich

mit der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und

ihres verhängnisvollen Einflusses auf die Geschicke des Kunst-

historischen Museums auseinander.

 

Als Umschlag dieser den Antragstellern offensichtlich nicht

bekannten Publikation fungiert nun das erwähnte Bild von Adolf

Reich, die einzige künstlerische Darstellung des Interieurs des

Kunsthistorischen Museums, die in den letzten 100 Jahren

angefertigt wurde. Sie stellt die sogenannte ''Nothängung'' in

den Räumen der Gemäldegalerie dar und bekommt ihre besondere

dokumentarische Bedeutung durch die auf diese Weise ermöglichte

Rekonstruktion des damaligen Aussehens der Ausstellungsräume,

die bekanntlich im Jahr 1945 durch einen Bombentreffer zum Teil

schwer beschädigt wurden.

 

Das gegenständliche Bild wurde übrigens der Öffentlichkeit

erstmals bei einer Gedenkfeier anläßlich des 50 . Jahrestages

der Rettung der Kunstschätze des Kunsthistorischen Museums bzw.

ihrer Bergung und Rückführung nach Wien aus den Salzbergwerk-

Stollen in Bad Ischl-Lauffen vorgestellt, um auf die damalige

historische Situation, in der sich das bedrohte Museum befand,

hinzuweisen. Diese auch in der Presse gewürdigte Gedenkveran-

staltung fand bereits im Dezember des Vorj ahres statt .

 

Da das Bild aus den oben erwähnten Gründen nicht in den Gemälde-

bestand des Kunsthistorischen Museums einzugliedern war, lag es

nahe, es als Dokument der Geschichte des Hauses zwar nicht im

Bereich des Museums, aber doch im öffentlichen Bereich der

Verwaltungsdirektion zu hängen bzw. es in dem im Aufbau

befindlichen Archiv zur Geschichte des Museums auszustellen. Da

die Archivräume j edoch einstweilen für die Öffentlichkeit nicht

zugänglich sind, hängt dieses Bild nach wie vor in der General-

direktion.

 

 

4 . Ist es richtig, daß die Finanzierung dieses Bildes aus Spen-

den des Vereines "Gesellschaft der Freunde der bildenden

Künste" erfolgte?

 

5 . Ist der Vorstand dieses Vereines ausreichend über den Zweck

und die Umstände dieses Ankaufes , insbesondere auch über die

Tatsache, daß ein Schätzgutachten über den Wert des Bildes

nicht eingeholt wurde und über den Maler selbst informiert

worden?

 

6 . Welche Vorkehrungen wurden getroffen , daß Wilfried Seipel

durch solche Entscheidungen dem Kunsthistorischen Museum und

dem Verein "Gesellschaft der Freunde der bildenden Künste"

nicht länger Schaden zufügt?

 

Antwort :

Es ist richtig, daß der Ankauf dieses Bildes von der Gesell-

schaft der Freunde der bildenden Künste finanziert wurde . Von

seiten dieser Gesellschaft wurden mit Ausnahme des ermöglichten

Erwerbes des Reich-Gemäldes keine Zuwendungen oder Spenden an

das Kunsthistorische Museum überwiesen. Da das Kunsthistorische

Museum für den Erwerb dieses Bildes keine eigenen Budgetmittel

zur Verfügung stellen konnte bzw. eben aufgrund des nicht samm-

lungsspezifischen Charakters des Bildes auch ein Erwerb aus

Budgetmitteln des Hauses nicht sinnvoll erschien, hat sich der

Generaldirektor an die Gesellschaft der Freunde der bildenden

Künste um Unterstützung gewandt und dort auch kurzfristig eine

Zusage bekommen. Ein entsprechendes Schreiben wurde auch an den

Präsidenten dieser Gesellschaft gerichtet .Da nachweisbar meh-

rere Interessenten das Bild erwerben wollten, war allerdings

Eile geboten, sodaß eine kurzfristige Kaufentscheidung notwen-

dig war .

 

 

7 . Welche sonstigen Ankäufe wurden von Dr. Seipel seit seinem

Amtsantritt als Generaldirektor des Kunsthistorischen

Museums getätigt?

a) Wie hoch waren die Anschaffungskosten im Einzelnen?

 

b) Wie lauteten im Einzelnen die zugehörigen Schätzgutachten?

c) Welche dieser Ankäufe wurde aus Mitteln des Vereines

"Gesellschaft der Freunde der bildenden Künste" finanziert?

 

8 . Wie hoch waren allfällige sonstige Zuwendungen des Vereines

"Gesellschaft der Freunde der bildenden Künste" an das

Kunsthistorische Museum, bzw. an Generaldirektor

Dr. Wilfried Seipel?

 

Antwort :

Das Kunsthistorische Museum hat laut beiliegender Liste in den

letzten Jahren zahlreiche Kunstobj ekte angekauft . Die Kunst-

obj ekte, sofern sie sich auf Sammlungen beziehen, werden aus-

schließlich auf Vorschlag der Sammlungsdirektoren vom General-

direktor bewilligt und bedürfen außerdem ab einer Wertgrenze

von S 500.000, -- auch der Genehmigung durch das Bundesministe-

rium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten.

 

Da das gegenständliche Bild somit ausschließlich aus Mitteln,

die dem Kunsthistorischen Museum von dritter Seite zugewendet

wurden, angekauft wurde, unterliegt dieser Ankauf nicht der

finanziellen Kontrolle und Gebarung des Bundesministeriums für

Unterricht und kulturelle Angelegenheiten.

 

 

9 . Wie lange ist Dr. Wilfried Seipel als Generaldirektor des

Kunsthistorischen Museums noch tragbar?

 

Antwort :

Generaldirektor Dr . Seipel genießt mein volles Vertrauen. Die

gegen ihn erhobenen Vorwürfe sind unrichtig und entbehren jeg-

licher Grundlage . Wie haltlos die Vorwürfe insbesondere bezüg-

lich des Verhältnisses von Dr . Seipel und der Republik Ägypten

sind, ergibt sich schon allein daraus, daß Dr . Seipel während

 

seiner bisherigen Dienstzeit mehrfach auf Einladung der ägyp-

tischen Regierung in Ägypten gewesen ist, im Jänner 1995 eine

Gastprofessur an der Universität Alexandria innegehabt hat,

seit Mitte 1995 im Besitz einer Grabungserlaubnis der ägyp-

tischen Altertümerverwaltung über den mittelägyptischen Bereich

Menya verfügt und von der ägyptischen Altertümerverwaltung über

die ägyptische Botschaft dazu eingeladen wurde, eine Ausstel-

lung über das Gold der Pharaonen im Kunsthistorischen Museum

alsbald zu realisieren.