4301/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

haben am 7. Juli 1998 unter der ZI. 4632/J - NR/1998 an mich eine schriftliche Anfrage

betreffend das Verbot der Prostitution in Schweden gerichtet, welche den folgenden

Wortlaut hat:

1. “Halten Sie die oben genannten Medienberichte für zutreffend, und wie stellt sich Ihnen

der Sachverhalt dar?

2. Wie lautet die verabschiedete Strafbestimmung genau?

3. Haben Sie bzw. die Bundesregierung oder die österreichische Vertretungsbehörde in

Schweden bei der schwedischen Regierung gegen die menschenrechtswidrige

Kriminalisierung einverständiger sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen Protest

eingelegt?

4. Wenn ja, wie ist der Wortlaut des Protestschreibens?

5. Wenn nein, warum nicht?”

Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:

Die Schwedische Gesetzgebung ist nicht Gegenstand der Vollziehung des Bundes.

Dennoch sind folgende Informationen bekannt.

Zu den Fragen 1 und 2:

Am 5. Februar 1998 hat die schwedische Regierung dem Reichstag den Vorschlag für ein

Maßnahmenpaket zur parlamentarischen Behandlung zugeleitet, mit dem der Gewalt

gegen Frauen, der Prostitution und der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz

entgegengewirkt werden soll.

Eine dieser Maßnahmen ist die Erlassung eines Gesetzes über das Verbot des Kaufs

sexueller Dienste, dessen wesentlicher Text lautet:

“Wer sich gegen Entgelt eine vorübergehende sexuelle Beziehung verschafft, ist -

falls die Tat nicht gemäß Strafgesetzbuch strafbar ist - wegen Kauf von sexuellen

Dienstleistungen mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs

Monaten zu bestrafen.

Die Strafbarkeit des Versuchs richtet sich nach Para. 23 des Strafgesetzbuchs.

Dieses Gesetz tritt am 1. Jänner 1999 in Kraft."

Das Gesetz wurde am 29. Mai 1998 vom Reichstag angenommen.

Die Regierung begründete ihren Vorschlag u.a. damit, daß ein Verbot der Prostitution

normbildende Funktion habe und deutlich mache, daß die Prostitution sozial inakzeptabel

sei. Eine Kriminalisierung würde sowohl auf der Nachfrage - als auch auf der

Angebotsseite einen “abhaltenden Effekt" haben.

In den Erläuterungen zum Regierungsvorschlag wird u.a. folgendes ausgeführt

(Arbeitsübersetzung)

“Ein gegen eine Kriminalisierung vorgebrachtes Argument ist, daß diese zu einer

Abdrängung der Prostitution in den Untergrund‘ führen und es dadurch schwieriger

werden würde, die Prostituierten mit sozialen Maßnahmen zu erreichen. Die Prostitution

ist jedoch bereits jetzt zum größten Teil unsichtbar. Da kein Verbot des Anbietens

sexueller Dienste vorgeschlagen wird, sollte dies daher auch in Zukunft kein größeres

Problem werden als es schon heute ist. Die sozialen Maßnahmen werden auch künftig

mindestens genauso wichtig sein, um die Prostituierten zu motivieren, Hilfe zu suchen und

von dem zerstörerischen Leben wegzukommen, das sie führen. Eine Kriminalisierung

kann lediglich eine Ergänzung der Arbeit zur Verminderung der Prostitution sein und die

sozialen Maßnahmen in keiner Weise ersetzen.

Weiters folgte der Justizausschuß des Parlaments mehrheitlich der Begründung, daß die

Prostitution schwere Schäden für die beteiligten Individuen und die Gesellschaft zur Folge

habe. Im Zusammenhang mit Prostitutionshandlungen würde in der Regel umfassende

Kriminalität vorkommen. Wenn es auch Gründe gebe, die gegen eine Kriminalisierung

sexueller Dienstleistungen sprechen würden, würden die für eine Einführung des Verbots

des Kaufs sexueller Dienste sprechenden Argumente wesentlich schwerer wiegen.

Gleichzeitig müßten auch die sozialen Maßnahmen zur Zurückdrängung der Prostitution

verstärkt werden.

Zu Frage 3 bis 5:

Nein. Bemühungen zum Schutz der Menschenrechte im Ausland werden in der Regel

davon abhängig gemacht, daß kein den internationalen menschenrechtlichen Normen

entsprechender nationaler oder internationaler Rechtsschutz zur Verfügung steht. Ein

aufgrund dieses Gesetzes Angeklagter könnte aber bei den schwedischen Gerichten und

- nach Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtszugs - bei der Europäischen Kommission

für Menschenrechte bzw. beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine

Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und

Grundfreiheiten geltend machen und damit, wenn eine Menschenrechtsverletzung

festgestellt würde, rechtliche Abhilfe erlangen.