4322/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat POLLET - KAMMERLANDER, ÖLLINGER,
Freundinnen und Freunde haben am 8. Juli 1998 unter der Zahl Nr. 4656/J -
NR/1998 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
"Leiharbeitsverhältnisse im Bereich des Öffentlichen Dienstes” gerichtet, die
folgenden Wortlaut hat:
Österreich wird - auf massives Betreiben der Bundesregierung - bei der
Gruppe jener Staaten sein, die als erste den Euro einführen. Die Vorteile der
Währungsunion werden von Regierungsseite seit Jahren gepriesen. Dazu
müssen in Österreich aber sehr strenge Konvergenzkriterien erfüllt sein.
Eine Konsequenz daraus ist ein nun bereits mehrere Jahre währender Auf -
nahmestop im Öffentlichen Dienst zwecks Einsparung von Personalkosten.
Für die dort inzwischen - teilweise massiv - auftretende Personalknappheit
hat sich seit einiger Zeit eine Notlösung eingebürgert, die bereits in großem
Umfang angewendet wird. Und zwar werden über das Personalbereitstel -
lungsunternehmen “manpower” im Öffentlichen Dienst Leiharbeitneh -
mer/innen eingesetzt.
Zum Thema Leiharbeitsverhältnis meint Univ. - Prof. MAYER - MALY in Band 1
"Individualrecht” des Lehrbuches “Österreichisches Arbeitsrecht”: “Für mehre -
re Arbeitnehmergruppen haben sich (...) florierende Unternehmen entwickelt,
die Arbeitnehmer überhaupt nicht zum Dienst im eigenen Betrieb, sondern
nur zur Überlassung an andere Arbeitgeber einstellen.” Die Problematik die -
ser sog. “unechten Arbeitsüberlassung” beschreibt MAYER - MALY folgen -
dermaßen: “(Es) besteht die Gefahr, daß dem Arbeitnehmer wichtige Schutz -
vorschriften des Arbeitsrechts wie z.B. der Kündigungsschutz nicht voll zu -
gute kommen.” Das heißt, solche Arbeitsverhältnisse sind nicht nur in Bezug
auf ihre Dauer sehr unsicher (meist nur kurz befristete Verträge), sondern die
LeiharbeitnehmerIinnen sind auch bei sonstigen
Arbeitsbedingungen gegen -
über regulär im Öffentlichen Dienst tätigen Personen benachteiligt, beispiels -
weise bei der Anrechnung von Vordienstzeiten. Außerdem kommt es zu einer
Aufspaltung bzw. Verdopplung der Arbeitgeberfunktion, was große Unklar-
heiten schafft - etwa darüber, welcher Dienstgeber in bestimmten Situationen
weisungsbefugt ist oder die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften
zu garantieren hat. D.h. es entsteht eine Gruppe von sehr schlecht abgesi -
cherten, gleichwohl oft höchstqualifizierten Mitarbeiter/innen im Öffentlichen
Dienst, eine Art "Randbelegschaft". Gegen solche unsicheren Arbeitsplätze
spricht sich die Regierung ansonsten gerne und vehement aus.
MAYER - MALY weiter; “Die Nachfrage nach auf solche Art überlassenen Ar -
beitnehmern wird zum einen durch zeitweiligen Ausfall von Arbeitskräften
(Krankheit, Schwangerschaft), zum anderen durch kurzfristiges Ansteigen
des Arbeitsbedarfes ausgelöst.” Hier handelt es sich allerdings weder um das
eine noch das andere, da es größtenteils um Arbeitskräfte geht, an denen
langfristig Bedarf besteht, der aber - aus Bilanzverschönerungsgründen -
nicht auf die reguläre Art gedeckt wird.
Überdies kommen diese Arbeitsplätze dem Bund teilweise sogar teurer als
Stellen im Öffentlichen Dienst, da die Personalbereitstellungsfirma für die
Zurverfügungstellung der Dienstnehmer/innen bei jedem einzelnen Vertrag
einen Anteil kassiert.
Wenn die von der Bundesregierung so vielgerühmten Einsparungen im Öf -
fentlichen Dienst nun so aussehen, daß zwar die offizielle Posten - Statistik
“schön”, d.h. niedrig ist, gleichzeitig aber eine steigende Anzahl von Perso -
nen unter den oben geschilderten, schlechten Bedingungen - noch dazu un -
ter “Sachaufwand” rangierend - im Bereich des Öffentlichen Dienstes be -
schäftigt ist, dann haben diese Einsparungen ihr Ziel mehr als verfehlt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wieviele der beschriebenen Leiharbeitnehmer/innen gibt es im Bereich
Ihres Ministeriums?
2. Was sind Ihre Gründe dafür, diese Personen nicht regulär im Öffentlichen
Dienst - als Vertragsbedienstete - anzustellen?
3. Wieviele dieser Stellen sind von Frauen und wieviele von Männern be -
kleidet?
4. Welche Qualifikationen besitzen die als Leiharbeitnehmer/innen in Ihrem
Ministerium tätigen Personen und in welchen Bereichen sind sie einge -
setzt (getrennt nach Geschlechtern)?
5. Planen Sie, Leiharbeitnehmer/innen in den Öffentlichen Dienst zu über -
nehmen ? Wenn ja: wieviele und in welchem Zeitraum ? Wieviele der
LeiharbeitnehmerIinnen werden nach Auslaufen ihres jetzigen befristeten
Vertrages weiter über ein Leiharbeitsverhältnis in Ihrem Ministerium tätig
sein ? Wieviele der Leiharbeitnehmer/innen werden Sie nach Auslaufen ih -
res jetzigen befristeten Vertrages nicht mehr weiter in Anspruch nehmen?
6. Welchen Betrag erhält das Personalbereitstellungsunternehmen “man -
power” für die Zurverfügungstellung der Leiharbeitnehmer/innen monatlich
pro Person?
7. Wieviele zusätzliche Personen planen Sie in Ihrem Ministerium in näherer
Zukunft über “manpower” anzustellen?
8. Werden bei Leiharbeitnehmer/innen Vordienstzeiten in gleichem Umfang
und Ausmaß angerechnet wie bei anderen Bediensteten im Bereich des
Bundes?
9. Wird bei einem späteren Dienstverhältnis zum Bund die Zeit, die der/die
Betreffende im Leiharbeitsverhältnis beim Bund tätig war, als Vordienstzeit
angerechnet?
10. Sind die Personalvertreter/innen des Öffentlichen Dienstes auch für die
über "manpower" in Ihrem Ministerium tätigen Personen zuständig?
11. Legen Sie dieser Anfragebeantwortung bitte ein anonymes Exemplar
eines Vertrages zwischen Ihrem Ministerium und “manpower” bei.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1
Im Bereich der Zentralstelle meines Ressorts standen zum Stichtag 1. Juli
1998 16 Leiharbeitnehmer aufgrund entsprechender Arbeitskräfteüberlas -
sungsverträge in Form einer “unechten Arbeitnehmerüberlassung” in Ver -
wendung. Daneben werden gelegentlich kurzfrist (stunden - oder tageweise)
Arbeitskräfte im handwerklichen Bereich
beschäftigt.
Zu Frage 2:
Die angesprochenen Leiharbeitsverhältnisse dienen einerseits der Abdek -
kung von Kapazitätsengpässen auf dem Personalsektor, andererseits dem
Zukauf von externem Spezialwissen, welches im Rahmen von Neuaufnah -
men regel -
mäßig nicht verfügtbar ist.
Zu Frage 3:
Derzeit ist eine Stelle mit einer Frau, 15 Stellen sind mit Männern besetzt.
Zu Frage 4:
Sämtliche Leiharbeitnehmer sind im ADV - Bereich beschäftigt, wobei sich die
Tätigkeitsbereiche folgendermaßen aufgliedern:
1 Programmierer weiblich
13 Programmierer männlich
1 Projekt - Controller männlich
1 Controller männlich
Die formale Qualifikation der Beschäftigten entspricht der Art der von ihnen
ausgeübten Tätigkeit.
Zu Frage 5:
An eine Übernahme der angesprochenen Leiharbeitsverhältnisse in ein öf -
fentliches Dienstverhältnis ist in Ermangelung freier Planstellenkapazitäten
derzeit nicht gedacht. Wieviele der angesprochenen Leiharbeitsverhältnisse
nach Ablauf der Vertragsdauer auf Basis eines weiteren Leiharbeitsverhält -
nisses beschäftigt werden bzw. ob ein weiteres Leiharbeitsverhältnis nicht
eingegangen wird, kann gegenwärtig nicht abgeschätzt werden, zumal diese
Arbeitsverhältnisse der Abdeckung saisonaler bzw. projektbezogener Spitzen
dienen und sich daher die Anzahl der betreffenden Verträge an den jeweili -
gen Erfordernissen orientiert.
Zu den Fragen 6. 7 und 11:
Für den Bereich meines Ministeriums bestehen keine Vertragsverhältnisse
mit der Firma “manpower”.
Zu Frage 8:
Da die inhaltliche Ausgestaltung des Arbeitsvertrages jeweils auf dem Ver -
tragsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Überlasser der Arbeits -
kraft und den damit im Zusammenhang stehenden Rechtsvorschriften beruht,
auf die das Bundesministerium für Inneres keinen Einfluß hat, können seitens
meines Ressorts keine Aussagen darüber getroffen werden, inwieweit im
Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses nach den einschlägigen Normen eine
"Vordienstzeitenanrechnung” analog dem Vertragsbedienstetengesetz 1945
erfolgt.
Zu Frage 9:
Dazu verweise ich auf die Beantwortung des Herrn Bundesministers für Fi -
nanzen zu Frage 9 der gleichlautend an ihn gerichteten parlamentarischen
Anfrage Nr. 4655/J.
Zu Frage 10:
Ja