4338/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Ewald Stadler und Kollegen haben

an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend das Vorgehen von “News” und Herrn

Rechtsanwalt Dr. Zanger im Zusammenhang mit der Causa “Rosenstingl”, gerichtet

und folgende Fragen gestellt:

“1. Ist es nach den Standesregeln der Rechtsanwälte zulässig, als ständiger

Rechtsanwalt eines Magazins mit einem Dritten einen Exklusivvertrag zu ver -

handeln und gleichzeitig dessen Vertretung auch in den Verhandlungen mit

dem Magazin zu übernehmen?

2. Wie sehen Sie die Rolle der Medien angesichts dessen, daß für die exklusive

Vermarktung von Skandalfällen Zahlungen geleistet werden, die meist nicht

den Opfern der Straftaten, sondern den Rechtsanwälten der Beschuldigten zu -

gutekommen?

3. Werden Sie sich dafür einsetzen, derartige Entlohnungen zugunsten der Opfer

der Straftaten sicherzustellen?

4. können Sie das Gerücht bestätigen oder verneinen, daß Mitarbeiter des Ma -

gazins “News” oder Rechtsanwalt Dr. Zanger schon vor der Verhaftung Peter

Rosenstingls seinen Aufenthaltsort kannten?

5. Ist es richtig, daß Mitarbeiter des Magazins “News” oder der genannte Rechts -

anwalt bei der Verhaftung von Peter Rosenstingl anwesend waren?

6. Wurde das Justizressort von “News” in irgendeiner Wiese von der Veröffentli -

chung des Verdachts, auf einem konto in Deutschland könnten noch größere

Beträge liegen, vorinformiert?”

Zu 1:

Ich ersuche um Verständnis, daß es grundsätzlich nicht Sache des Bundesministers

für Justiz ist, das Verhalten eines Rechtsanwalts in disziplinärer Hinsicht zu beurtei -

len. Gemäß § 23 Rechtsanwaltsordnung und § 1 Disziplinarstatut 1990 obliegt es

dem Ausschuß bzw. dem Disziplinarrat einer Rechtsanwaltskammer, die standes -

rechtliche Aufsicht auszuüben bzw. Berufspflichtverletzungen von Rechtsanwälten

zu ahnden. Das im § 78 Disziplinarstatut 1990 normierte Aufsichtsrecht des Bundes -

ministers für Justiz auf dem Gebiet des Disziplinarverfahrens erstreckt sich nicht auf

Entscheidungen und Verfügungen im Einzelfall, sondern umfaßt nur das Recht zur

Erteilung von allgemeinen Weisungen und Belehrungen insbesondere bei Wahrneh -

mung einer verfehlten Praxis oder einer dem Gesetz nicht entsprechenden Ge -

schäftsführung.

Ganz allgemein kann daher lediglich darauf hingewiesen werden, daß ein Rechtsan -

walt gemäß § 10 Abs. 1 Rechtsanwaltsordnung verpflichtet ist, die Vertretung einer

Partei abzulehnen, wenn er die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zu -

sammenhängenden Sache vertreten hat. Ebenso darf er nicht beiden Teilen im sel -

ben Rechtsstreit dienen oder Rat erteilen. Jedenfalls unzulässig ist eine Doppelver -

tretung im Fall von Interessenskollisionen.

Zu 2:

Kritik an manchen Praktiken des sogenannten “Scheckbuch - Journalismus” ist si -

cherlich berechtigt. Nicht zu billigenden Entwicklungen im Medienwesen ist aber zu -

nächst vor allem mit den Mitteln der Selbstkontrolle der Medien zu begegnen. Eine

Besinnung auf die ethischen Grundwerte journalistischer Arbeit - wie dies vom öster -

reichischen Presserat gegenüber seinen Mitgliedern stets eingemahnt wird - sowie

eine sorgfältige Beachtung der Bestimmungen des Ehrenkodizes der österreichi -

schen Presse könnten viel dazu beitragen, mitunter an den Gesetzgeber erhobene

Forderungen nach besonderen Verbotsbestimmungen zu entkräften.

Zu 3:

Opfer von Straftaten haben die Möglichkeit, ihre Forderungen gegen Täter sowohl

im Strafverfahren als auch am Zivilrechtsweg geltend zu machen. Zur Sicherstellung

zuerkannter Entschädigungen dienen verschiedene exekutionsrechtliche Mittel. Eine

strafrechtliche Sicherstellung von Vermögenswerten ist nur in Form der Abschöp -

fung der Bereicherung des Täters oder des durch den Täter Bereicherten oder in

Form des Verfalls von Vermögenswerten krimineller Organisationen zulässig. An ei -

ne Ausdehnung dieser Bestimmungen ist nicht gedacht.

Zu 4 und 5:

Vom Bundesministerium für Inneres nach Brasilien entsandte Beamte haben am

5. Juni 1998 aus Fortaleza berichtet, daß sie am späten Nachmittag dieses Tages

den genannten Rechtsanwalt in der Eingangshalle des dortigen Polizeigebäudes ge -

sehen und in Erfahrung gebracht haben, daß der Rechtsanwalt im Auftrag der Zeit -

schrift “News” in Fortaleza aufhältig sei. Wörtlich wird in dem Bericht ausgeführt:

"Jedenfalls wurde seitens der lokalen Behörden dem Dr. Zanger kei -

ne Kontaktaufnahme mit Rosenstingl persönlich gewährt, worauf er

die Polizeidienststelle verließ.”

Näheres ist mir dazu nicht bekannt.

Zu 6:

Eine Vorinformation der zuständigen Justizbehörden durch Mitarbeiter der Zeitschrift

“News” über das in dieser Zeitschrift veröffentlichte Konto bei der Dresdner Bank in

Stuttgart ist nicht erfolgt. Die Staatsanwaltschaft Wien hatte jedoch bereits vor die -

ser Veröffentlichung Kenntnis von diesem Konto.