4374/AB XX.GP

 

Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche

parlamentarische Anfrage Nr.4613/J der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen

vom 7. Juli 1998, betreffend die Finanzprokuratur, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:

Zu 1.:

Die KPMG Management Consulting Österreich hat eine Organisationsuntersuchung der

Finanzprokuratur vorgenommen.

Als Projektziele waren

• die Überprüfung der Finanzprokuratur auf Optimierungspotentiale (Effektivitäts - und

Effizienzbetrachtung),

• das Aufzeigen von Varianten für die zukünftige Positionierung,

• eine Prüfung der Voraussetzungen für eine Ausgliederung aus dem annexen Hoheits -

bereich und

• eine Umsetzungsempfehlung unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen

vorgegeben.

Diese Untersuchung hat im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 1997 stattgefunden,

der Schlußbericht datiert vom 15. Jänner 1998.

Die Empfehlung der KPMG lautet auf “grundsätzliche Beibehaltung der Finanzprokuratur,

unter Abgabe ausgewählter obligatorisch und fakultativ vertretener Mandanten”.

Zur Begründung führt die KPMG insbesondere an: “Die Finanzprokuratur ist eine Einrichtung

der Rechtspflege, wie Verfassungsdienst, Justiz sowie Staatsanwaltschaft”. Ihre Beibe -

haltung wird empfohlen wegen ihrer Stellung als "Vertrauensanwalt des Bundes”, und der

durch ihre Existenz gewährleisteten “objektiven Vertretung des Bundes durch eine von den

einzelnen Ministerien und Dienststellen unabhängige Institution.” Die KPMG hat überdies

festgehalten, daß auch “viele andere kontinentaleuropäische und angelsächsische Staaten

über der Finanzprokuratur ähnliche Einrichtungen verfügen”. Die KPMG hat allerdings

empfohlen, daß die Finanzprokuratur für “privatrechtlich organisierte Unternehmen künftig

nur noch in Ausnahmsfällen rechtsberatend bzw. prozeßführend tätig werden” soll. Solche

Ausnahmen werden bei “überwiegendem öffentlichen Interesse”, insbesondere bei Vergabe

öffentlicher Förderungsmittel oder Tätigwerden im Rahmen der Hoheitsverwaltung mit

daraus resultierenden Amtshaftungs - oder Staatshaftungsansprüchen gegen den Bund, als

berechtigt gesehen.

Eine Ausgliederung der Finanzprokuratur hat die KPMG derzeit vor allem aus rechtlichen

Überlegungen nicht empfohlen. Eine Auslagerung der Aufgabenerfüllung für den Bund wäre

mit erheblichen Mehrkosten verbunden, was ein Vergleich der zu marktüblichen Konditionen

bewerteten Anwaltsleistungen der Finanzprokuratur mit ihren kosten ergeben hat. Diesen

Schlußfolgerungen liegen aus Anlaß der Untersuchung durch die Finanzprokuratur geführte

detaillierte Abrechnungen der anwaltlichen Tätigkeit unter Zugrundelegung des Rechts -

anwaltstarifgesetzes (RATG) bzw. der Autonomen Honorarrichtlinie (AHR) zugrunde, die für

das Jahr 1998 eine “anwaltliche Wertschöpfung” in Höhe von 135,2 Mio. S ergeben haben.

Die KPMG hat diesen Betrag durch Abrechnung “marktüblicher Rabatte” auf fiktive Ein -

nahmen (= jener Betrag, der bei Befassung von Rechtsanwälten aufzuwenden gewesen

wäre) auf 102,3 Mio. S reduziert. Diesen fiktiven Einnahmen stehen nach der Untersuchung

der KPMG für 1998 Ausgaben (Personal - und Sachaufwand, fiktive Mietkosten und anteilige

fiktive Pensionslast) in Höhe von 86,3 Mio. S gegenüber.

Zu 2.:

Die Personalkosten der Finanzprokuratur betrugen nach dem jeweiligen Bundesfinanzgesetz

(BFG)

im Jahr 1995        54.103.110,00 S

im Jahr 1996        56.590.039,00 S

im Jahr 1997        55.493.903,17 S.

Zu 3.:

Laut Bundesvoranschlag 1998 sind Personalkosten in Höhe von 56.132.000,00 S budgetiert.

Zu 4.:

Der Sachaufwand der Finanzprokuratur betrug

im Jahr 1995         5.542.184,25 S

im Jahr 1996         5.541.401,47 S

im Jahr 1997         5.545.592,96 S.

Zu 5.:

a) Laut Auskunft der Bundesbaudirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgen -

land hat die Finanzprokuratur im bundeseigenen Gebäude Wien 1, Singerstraße 17 - 19 ins -

gesamt 5.657m², das sind 64,37% der Gesamtfläche, in Nutzung. Der Rest des Gebäudes

wird von der Volksanwaltschaft benötigt.

b) Die laufenden Betriebskosten werden von der Bundesbaudirektion getragen, sie be -

trugen für den gesamten Gebäudekomplex 1996 189.923,05 S und 1997 207.192,90 S. Die

Heizkosten, die Kosten für Strom und für Schneeräumung sind im Sachaufwand der Finanz -

prokuratur enthalten, die Kosten für das Reinigungspersonal im Personalaufwand.

c) Die von der Baudirektion getragenen Kosten zur Erhaltung der Baulichkeit (gesamter

Gebäudekomplex) betrugen 1996 584.067,25 S und 1997 720.684,88 S.

d) Eine genaue Ermittlung des für die von der Finanzprokuratur genutzten Räumlich -

keiten am freien Markt erzielbaren Mietzinses hätte die Einholung eines Sachverständigen -

gutachtens zur Voraussetzung. Die Bundesbaudirektion beziffert den Wert der Eigennutzung

für den gesamten Gebäudekomplex in der Hauptmietzinsabrechnung für 1997 mit

4.546.882,20 S. Das Bundesministerium für Finanzen geht für Räumlichkeiten in derartigen

Objekten von nachstehenden Beträgen als Richtwerten aus:

• Untergeschoß S 20 bis 40 pro m²

• Erdgeschoß S 100 bis 120 pro m²

• Obergeschoß S 100 bis 200 pro m².

Die KPMG ist bei ihrer Untersuchung bei Ermittlung fiktiver Mietkosten ohne jede Diffe -

renzierung von einem weit höheren Wert (240 S pro m²) ausgegangen. Eine nähere Unter -

suchung müßte jedenfalls ins Gewicht fallende Abstriche wegen umfangreicher, nicht unmit -

telbarer nutzbarer Flächen (Gänge usw.) und unter Berücksichtigung von Denkmalschutz -

vorschriften machen.

Zu 6.:

         a) Nach den von der Finanzprokuratur geführten Statistiken waren

im Jahr 1995          2.915

im Jahr 1996          3.357

im Jahr 1997          3.073 Prozesse zu bearbeiten.

Als “Prozesse” werden in dieser Statistik Zivilprozesse, Außerstreitverfahren und Verfahren

vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes geführt. Nicht darunter fallen etwa Insol -

venzverfahren, in denen die Finanzprokuratur Gläubigerinteressen zu vertreten hat, oder

Verfahren zur Geltendmachung des Heimfallsrechtes des Bundes bei erblosen Nachlässen.

Da auch diese Verfahren als gerichtliche Verfahren im Sinne der Anfrage zu qualifizieren

sind, wurde als Gesamtzahl gerichtlicher Verfahren (ohne Mahnverfahren in Einbringungs -

sachen) für

das Jahr 1995          5.238

das Jahr 1996          5.923

das Jahr 1997          5.687 ermittelt.

        b) Von den im angeführten Jahr anhängigen Prozessen (ohne lnsolvenzverfahren und

Verfahren zur Einbringung erbloser Nachlässe) wurden

im Jahr 1995            1.378

im Jahr 1996            2.003

im Jahr 1997            1.664 rechtskräftig abgeschlossen.

        c) In diesem Punkt kann eine Aussage nur zu den im angeführten Jahr neu ange -

fallenen Akten gemacht werden. Neben diesen sind in jedem Geschäftsjahr selbstver -

ständlich auch eine Vielzahl von früher angefallenen, aber noch nicht abgeschlossenen

Akten zu bearbeiten. Eine Statistik darüber, wieviele Aktenvorgänge über nicht gerichts -

anhängige Angelegenheiten nicht im Anfallsjahr abgeschlossen werden können und deshalb

auch in Folgejahren noch in Behandlung stehen, wird nicht geführt.

Es wurden

im Jahr 1995             9.508

im Jahr 1996             10.717

im Jahr 1997             10.925 Akten neu angelegt.

Die Anzahl der protokollierten Einlaufstücke betrug

im Jahr 1995            99.294

im Jahr 1996            103.974

im Jahr 1997            101.676 Stück.

Werden von der Anzahl der neu angelegten Akten die Anzahl der im selben Jahr neu ange -

fallenen gerichtlichen Verfahren im oben angeführten Sinn abgezogen, so ergibt dies für

das Jahr 1995           4.270

das Jahr 1996           4.794

das Jahr 1997           5.238 neu angelegte Akten, die keine gerichtlichen Verfahren im an -

geführten Sinn betrafen.

Diese Zahlen können allerdings nur als Näherungswerte aufgefaßt werden, weil einerseits

häufig Rechtsgutachten auch in Prozeßakten zu erstatten sind, andererseits durchaus auch

mehrere Prozesse in einem Akt geführt werden. Eine detailliertere Aussage hätte eine

Sichtung jedes einzelnen der in den von der Anfrage betroffenen Jahren angefallenen Akten

zur Voraussetzung und ist ohne ernstliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebes bei der

Finanzprokuratur nicht möglich. Ich ersuche hierfür um Verständnis.

Zu 7.:

       a) Der Republik Österreich wurden nach rechtskräftigem Verfahrensabschluß Kosten

zugesprochen, die zu einer Kostenvorschreibung (Einnahme) in der Buchhaltung der

Finanzprokuratur geführt haben. Insgesamt wurden

im Jahr 1995                14.567.903,00 S

im Jahr 1996                16.544.979,00 S

im Jahr 1997                15.510.098,00 S

an rechtskräftig bestimmten Kosten vorgeschrieben. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen,

daß regelmäßig etwa ein Viertel aller von der Finanzprokuratur geführten Gerichtsverfahren

durch Vergleich enden, wobei die Kosten nicht gerichtlich bestimmt werden, sondern die

Kostenfrage Bestandteil der Parteienvereinbarung ist.

Gerichts - und Sachverständigengebühren werden dabei nicht gesondert erfaßt. Gerichts -

gebühren können allerdings vernachlässigt werden, weil die Mehrzahl der von der Prokuratur

vertretenen Rechtsträger solche nicht zu entrichten hat.

b) Im Gegensatz zu den von der Prokuratur zu betreibenden Kostenzusprüchen an den

Bund werden Kostenersatzverpflichtungen des Bundes von der Finanzprokuratur nicht

statistisch in einer Gesamtsumme erfaßt, sondern in jedem Einzelfall der zuständigen Ver -

waltungsdienststelle zur fristgerechten Berichtigung mitgeteilt. Das Bundesministerium für

Finanzen ist aus diesem Grunde nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten.

c) Die Anwaltskosten für Leistungen, die infolge gänzlichen oder teilweisen (§ 43 ZPO)

Prozeßverlustes, Vergleiches oder, weil ein Kostenersatz nach der Verfahrensregelung nicht

vorgesehen ist oder aus welchen Gründen auch immer nicht zu einem Kostenzuspruch an

den Bund führen, werden statistisch nicht erfaßt. Ihre nunmehrige nachträgliche Erfassung

hätte eine Sichtung (und allenfalls auch Durchrechnung) aller in den von der Anfrage betrof -

fenen Jahren abgeschlossenen Akten zur Voraussetzung. Dieser Arbeitsaufwand kann von

der Prokuratur neben dem laufenden Dienstbetrieb nicht erbracht werden. Ich ersuche

hierfür um Verständnis.

Ich möchte deshalb auf die bereits bei der Beantwortung der Frage 1 angeführte Erhebung

der “anwaltlichen Wertschöpfung” durch die Prokuratur anläßlich der von der KPMG durch -

geführten Organisationsuntersuchung verweisen. Nach dieser im zweiten Halbjahr 1997

durchgeführten (und im ersten Halbjahr 1998 fortgesetzten) Aufzeichnung und Bewertung

jeder einzelnen von Prokuratursanwälten erbrachten anwaltlichen Leistung ergibt sich unter

Zugrundelegung der Tarifsätze nach RATG und AHR für 1997 ein Gesamtwert der anwalt -

lichen Leistungen von rund 135 Mio. S. Davon entfallen etwa 57% auf Vertretungsleistungen

und 43% auf Beratungsleistungen. Diesen Betrag (zuzüglich Ust) hätten Bund und die

anderen von der Finanzprokuratur zu vertretenden und zu beratenden Rechtsträger zu ent -

richten, würden diese Vertretungs - und Beratungsleistungen nicht von der Finanzprokuratur,

sondern von Rechtsanwälten erbracht.

Zu 8.:

Die Finanzprokuratur führt keine nach dem Aufbau der Fragestellung (Gliederung nach den

in § 2 Abs. 1 ProkG angeführten Einrichtungen und Rechtsträgern als Mandanten) geord -

nete Statistik. Generell kann nur festgehalten werden, daß Rechtsträger (Parteien in Ge -

richtsverfahren) auch hinsichtlich der in § 2 Abs. 1 Z 1 ProkG angeführten Einrichtungen

ebenfalls die Republik Österreich ist, und eine Unterscheidung somit nicht sinnvoll wäre

(Punkt 8.b der Anfrage). Eine Befassung durch die in § 2 Abs. 1 Z 4 ProkG genannten

Rechtsträger - das sind öffentliche Pfarrarmeninstitute - (Punkt 8.e der Anfrage) kommt de

facto nicht vor.

Bei den von der Republik Österreich verschiedenen Einrichtungen mit eigener Rechts -

persönlichkeit (§ 2 Abs. 1 Z 2 ProkG) handelt es sich faktisch ausschließlich um Teilrechts -

personen nach dem Universitätsorganisationsgesetz (UOG) oder dem Forschungsorgani -

sationsgesetz (FOG). Aufgrund dieser Bestimmungen kommt es gelegentlich zu einer Be -

fassung der Finanzprokuratur durch einzelne Universitätsinstitute im Rahmen ihrer Teil -

rechtsfähigkeit. Diese Befassung fällt allerdings zahlenmäßig nicht ins Gewicht. Dies gilt

inhaltlich auch für die Vertretung und Beratung zu konstituierender Stiftungen (§ 2 Abs. 1 Z 3

ProkG)