439/AB

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat ANSCH0BER, Freundinnen und

 

Freunde haben am 18. April 1996 unter der Nr. 4O7/J an den Bun-

 

desminister für Inneres eine schriftliche parlamentarische Anfra-

 

ge betreffend "Geheimdienste in Österreich" gerichtet, die fol-

 

genden Wortlaut hat :

 

 

"1. Profil Nr. 16 vom 15. April 1996 zitiert den Innenminister

mit einer hochinteressanten Beantwortung einer brisanten Fra-

ge: Frage profil: "Kann heute eine Firma, Siemens etwa, bei

der Staatspolizei Erkundigungen über einen Mitarbeiter ein-

ziehen?" - Antwort des Innenministers: "Da und dort , wenn es

um konkrete Personen geht , gibt es durchaus die Möglichkeit ,

sich miteinander zu verständigen. So wie es auch die Überwa-

chung privater Anlagen gibt , wenn sie gefährdet sind."

Diese Antwort läßt den Schluß zu, daß es, so wie im Umfeld

des Noricum-Skandals aufgedeckt , weiterhin auf Urgenz von

Firmen die Bespitzelung von Firmenangestellten gibt.

Ist der Innenminister mit dem oben angeführten Wortlaut kor-

rekt zitiert? In welchem Sinn und in welchem Umfang kommt es

derzeit durch die Staatspolizei zu Überwachungen von Firmen-

angehörigen? Existiert ein konkreter Anlaßfall im Bereich der

Firma Siemens? Auf welcher gesetzlichen Basis steht eine Be-

spitzelung von Werksangehörigen im Auftrag der Firma?

In welchen konkreten Fällen hat es in den Jahren 1990 bis

1995 jeweils Anträge von Firmen auf Personalüberwachung und

Sicherheitskontrolle von Firmenangehörigen gegeben? Wieviele

dieser Fälle wurden jeweils realisiert?

 

2. In der Öffentlichkeit wird mehrfach bereits über detaillierte

Reformpläne des Innenministeriums für die Staatspolizei be-

richtet.

Welche Detailplanungen für diese Reform liegen derzeit vor?

Welche sind die politischen und organisatorischen Hauptstoß-

richtungen dieser Reform? Wie beurteilen Sie die Notwendig-

keit der Schaffung einer eigenen Analysestelle im Bereich der

Staatspolizei? Ist die Schaffung von regionalen Mitarbeitern

der Staatspolizei im Bereich der Bezirksgendarmeriekommanden

ein Reformbestandteil?

 

3. Welche Informationen besitzen Sie über die Tätigkeit der bei-

den österreichischen Heeresgeheimdienste? Wie beurteilen Sie

die gesetzliche Legitimation dieser beiden Geheimdienste? In

wievielen Fällen hat es in den Jahren 1990 bis 1995 jeweils

direkte Kooperationen zwischen den Heeresgeheimdiensten und

der Staatspolizei gegeben? Welche Informationen besitzen Sie

über das Anlegen von Personenakten über zivile Personen sei-

tens der beiden Heeresgeheimdienste?

 

4. Wie hoch war die Zahl der jährlich bearbeiteten Personenakten

in den Jahren 1990 bis 1995 jeweils durch die Staatspolizei?

 

5. Der Kurier vom 14. Jänner 1996 berichtet darüber, daß ein

NEWS-Bericht unter dem Titel "Achtung , Schützen" eine Fehlin-

formation über angebliche Waffenlager von Südtiroler Schüt-

zenverbänden in Nordtirol angelegt worden seien. Die Abtei-

lung II , 7 im Innenministerium schreibt dazu in einem Be-

richt : "Es besteht der begründete Verdacht , daß der nicht

existente Bericht der Tiroler Sicherheitsbehörden von Kreisen

lanciert wurde , die eine europäische Region Tirol im Sinne

der Europäischen Union zu boykottieren beabsichtigen. Die Er-

mittlungen in diese Richtung wurden eingeleitet. " Vor Gericht

versicherte der befragte Verfasser des NEWS-Berichtes , daß er

ein gefälschtes Papier über die angeblichen Waffenlager der

Südtiroler Schützen in Nordtirol beim HNA bekommen habe.

Ist Ihnen dieser Sachverhalt bekannt? Wenn ja , welche konkre-

ten Detailinformationen besitzen Sie über diesen Sachverhalt?

Wurde in diesem Zusammenhang eine interne Untersuchung ange-

stellt? Wenn ja , mit welchen konkreten Ergebnis?"

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt :

 

 

Zu Frage 1 :

 

 

Der im "Profil" abgedruckte Wortlaut dieser Frage und der darauf

 

erteilten Antwort entspricht nach meiner Erinnerung dem Ablauf

 

des Gespräches. Ich weise allerdings darauf hin, daß eine Bezug-

 

nahme auf die Firma SIEMENS zwar in der Frage, nicht aber in der

Antwort erfolgt ist. Letztere ist vielmehr ausschließlich an der

abstrakten Rechtslage orientiert und hat daher keinen konkreten

Anlaßfall im Blick.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes dürfen Sicher-

heitsbehörden für Zwecke einer im öffentlichen Interesse gelege-

nen Sicherung von Tatsachen , die unter strafrechtlichem Geheim-

haltungsschutz stehen, .Sicherheitsüberprüfungen vornehmen. Eine

Sicherheitsüberprüfung ermächtigt nicht zu einer "Überwachung"

des Betroffenen , also zur Ermittlung personenbezogener Daten,

sondern lediglich zur Durchsicht (=Verarbeitung) der ihn betref-

fenden personenbezogenen Daten, die bis dahin von der Behörde in

Vollziehung von Bundes- oder Landesgesetzen ermittelt worden

sind.

 

Im Sinne dieser Gesetzbestimmung ist meine damalige Antwort zu

verstehen. Es ist evident, daß Firmen in deren Produktions- oder

Vertriebsbereich Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse mit Bezug auf

Hochtechnologie bestehen, insoweit unter strafrechtlichem Geheim-

haltungsschutz stehen. Dementsprechend halte ich eine Vorgangs-

weise einer Sicherheitsbehörde sowohl für legitim als auch für

rechtmäßig, die in Kenntnis des bevorstehenden oder bereits er-

folgten Eintritts eines Mitarbeiters in diesen geheimnisgesicher-

ten Bereich eines Unternehmens ihre Unterlagen (-Daten , die sie

in Vollziehung von Bundes- oder Landesgesetzen ermittelt hat)

präventiv durchsieht , um abzuklären, ob bei dem Betroffenen

strafbare Handlungen wahrscheinlich sind (§ 22 Abs. 2 SPG) . Dies

bedeutet freilich nicht , daß in solchen Fällen das Ergebnis einer

Sicherheitsüberprüfung dem betreffenden Unternehmen mitgeteilt

wird; dies wäre nur zulässig, wenn eine Erklärung des Betroffenen

vorliegt , daß er mit der Übermittlung der im Rahmen der Sicher-

 

heitsüberprüfung verarbeiteten Daten an einen Dritten, etwa sei-

nen Dienstgeber, einverstanden ist.

 

Ich kann folglich bei bestehender Rechtslage keine Ansatzpunkte

für "Bespitzelung" von Mitarbeitern erkennen und weise im übrigen

darauf hin, daß der zuständigen Abteilung meines Ministeriums in

den Jahren 1990 bis 1995 keine Ersuchen um Durchführung einer Si-

cherheitskontrolle von Firmen zugegangen sind.

Im übrigen verweise ich auf meine Beantwortung dieser Frage in

der 16. Nationalratssitzung vom 17. April 1996.

 

Zu Frage 2:

 

Die Reformmaßnahmen befinden sich in Teilbereichen wie innere 0r-

ganisation, EDV-Ausstattung, Arbeitsabläufe usw. bereits in Um-

setzung, in anderen Bereichen sind noch weitere Abstimmungen not-

wendig. Ich kann daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine nähere

Auskunft hiezu geben.

 

Zu Frage 3:

 

Als Bundesminister für Inneres obliegt es mir nicht, die Tätig-

keit von Dienststellen eines anderen Ressorts zu beurteilen. Über

Anzahl der Kontakte zu den Heeresdienststellen werden keine Auf-

zeichnungen geführt. Eine weitergehende Beantwortung dieser Frage

fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich.

 

Zu Frage 4:

 

Darüber werden keine statistischen Aufzeichnungen geführt.

 

 

Zu Fraqe 5:

 

Der Sachverhalt und die bezughabenden Medienberichte im In- und

 

 

Ausland sind meinem Ressort bekannt. Die Ermittlungen hiezu sind

 

noch nicht abgeschlossen. Es ist mir daher nicht möglich, Detail-

 

informationen darüber zu geben.