4473/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Diskriminierung von Auslän -

der/innen und insbesondere Personen nicht weißer Hautfarbe, gerichtet und folgen -

de Fragen gestellt:

 

”1. Ist von Ihrem Ressort geplant, gegen die zunehmenden Vorfälle von Diskrimi -

nierung, wie oben beispielhaft dargestellt, etwas zu unternehmen, insbesonde -

re in Hinblick auf das Jahr der Menschenrechte 1998?

 

2. Wenn ja, in welcher Form?

 

3. In vielen EU - Ländern gibt es zur Bekämpfung des Rassismus Antidiskriminie -

rungsbestimmungen, entweder als zivil - oder strafrechtliche Regelung. Werden

Sie angesichts der zunehmenden Vorfälle, wie sie oben beispielhaft aufgezählt

werden, einen Gesetzesentwurf für Antidiskriminierungsbestimmungen ausar -

beiten lassen?

 

4. Halten Sie es für sinnvoll, zu diesem Zweck ein Hearing durchzuführen, um un-

ter Beurteilung der Praxis in den einzelnen europäischen Ländern die für

Österreich vorteilhafteste Form einer Antidiskriminierungsregelung zu finden?

 

5. Wenn ja, bis wann ist mit einem derartigen Hearing zu rechnen?”

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

 

Zu 1 und 2:

Zunächst möchte ich vorausschicken, daß ich mich im Rahmen meiner Zuständig-

keiten immer vehement für den Kampf gegen Rassismus, Intoleranz und Fremden -

feindlichkeit eingesetzt habe. Aufgrund des zunehmend grenzüberschreitenden

Charakters dieser Phänomene habe ich mich im Rahmen der 3. Säule der Europäi -

schen Union um die Ausarbeitung und den Abschluß einer Gemeinsamen Maßnah -

me zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie um die Einrich -

tung und Ansiedlung der Europäischen Beobachtungsstelle für Rassismus und

Fremdenfeindlichkeit in Wien bemüht. Weitere Aktivitäten im Zusammenhang mit

dem Europäischen Jahr gegen Rassismus 1997 waren u.a. die Mitarbeit meines Mi -

nisteriums in verschiedenen Arbeitsgruppen des österreichischen Koordinationsaus -

schusses, deren Ergebnisse in einem Forderungspapier zusammengefaßt sind, und

die Ausrichtung von wissenschaftlichen und Fortbildungsveranstaltungen. In dem

genannten Forderungspapier wird auch die Frage nach der Ausarbeitung eines Anti -

diskriminierungsgesetzes behandelt, für das aber wegen dessen Kompetenzüber -

schreitender Natur primär das Bundeskanzleramt zuständig wäre. Auch in einer Stu -

die des Ludwig - Boltzmann - Instituts für Menschenrechte zur Umsetzung der UN -

Konvention zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, die von mei -

nem Ministerium mitfinanziert wurde und demnächst veröffentlicht werden soll, wird

die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Antidiskriminierungsgesetzes untersucht.

 

Die Ergebnisse all dieser Überlegungen stimmen darin überein, daß die Erlassung

eines allgemeinen Antidiskriminierungsgesetzes als programmatische Staatszielbe -

stimmung ein nur wenig effektives Mittel wäre, um rassistische Tendenzen in der

Gesellschaft wirksam zu bekämpfen. Ohne Ergänzung durch einfachgesetzliche Re -

gelungen und ein wirksames Rechtsschutzsystem bliebe ein Antidiskriminierungsge -

setz lediglich auf seinen Symbolwert beschränkt. Das Menschenrechtsjahr 1998 gibt

jedenfalls den beteiligten Ressorts sowie den Vertretern von Nichtregierungsorgani -

sationen erneut die Gelegenheit, ihre Vorstellungen auf diesem Gebiet auszutau -

schen. Leider war, wie mir berichtet wurde, die Bereitschaft der Nichtregierungsor -

ganisationen zur kontinuierlichen Mitarbeit insbesondere in den Arbeitsgruppen zum

Europäischen Jahr gegen Rassismus 1997 nur in sehr beschränktem Ausmaß vor -

handen.

Zu dem in der Anfragebegründung beispielhaft zitierten Wohnungsinserat ist zu sa -

gen, daß das österreichische Wohnrecht keine Bestimmungen enthält, die Personen

aufgrund ihrer Rasse, Hautfarbe, Staatsangehörigkeit, ethnischen Zugehörigkeit,

Religion oder Überzeugung in irgendeiner Weise diskriminieren würden. Im Gegen -

teil gilt für das österreichische Wohnrecht, das ja in das allgemeine Zivilrecht einge -

bettet ist, eine Gesetzesbestimmung, die eine Diskriminierung von ”Fremden” aus -

drücklich untersagt: Gemäß § 33 ABGB kommen den ”Fremden” überhaupt gleiche

bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten wie den ”Einheimischen” zu, wenn nicht

nach der jeweiligen Rechtsvorschrift ausdrücklich die inländische Staatsangehörig -

keit verlangt wird. Unabhängig von dieser nicht diskriminierenden Rechtslage kann

es freilich aufgrund gesellschaftlich vorhandener Vorurteile praktisch dazu kommen,

daß beispielsweise private Wohnungsvermieter ”Einheimische” gegenüber Angehö -

rigen fremder Ethnien und ausländischen Staatsangehörigen als Mieter bevorzugen.

Dagegen kann jedoch in einem demokratischen Rechtsstaat nicht mit gesetzlichen

Zwangsmitteln vorgegangen werden, weil in einer demokratischen Grund - und Pri -

vatrechtsordnung einem Bürger grundsätzlich nicht vorgeschrieben werden kann,

mit wem er in vertragsrechtliche Beziehungen tritt. Ein solch zwangswirtschaftlicher

Ansatz wäre schon im Hinblick auf die in Österreich im Verfassungsrang stehenden

Grund - und Freiheitsrechte verfehlt.

 

Hinzuweisen ist ferner auf die Bestimmung des Art. IX Abs. 1 Z 3 EGVG, die diskri -

minierende Handlungen aus rassischen Gründen verbietet und Verstöße dagegen

mit Verwaltungsstrafsanktionen belegt. Diese Bestimmung kann auch für das Zivil -

recht Bedeutung haben, zumal ein gegen dieses Verbot verstoßender Vertrag ex le -

ge (§ 879 Abs. 1 ABGB) nichtig sein kann. Rassischer Diskriminierung kann auch

über den Schutz der Persönlichkeitsrechte im Sinn des § 16 ABGB und über die

”Gute - Sitten - Klausel” des § 879 Abs. 1 ABGB entgegengetreten werden. Darüber

hinaus kann in Einzelfällen (etwa bei Verweigerung des Zutritts zu einem Lokal)

auch die in gewissen Konstellationen zum Tragen kommende Einrichtung des ”Kon -

trahierungszwangs” bei bestimmten Formen der rassischen Diskriminierung Abhilfe

bieten.

 

 

Zu 3:

In allen EU - Mitgliedstaaten gibt es Bestimmungen, die im weitesten Sinn als Antidis -

kriminierungsgesetze verstanden werden können, auch wenn sie nicht ausdrücklich

als solche bezeichnet werden. Ich ersuche aber um Verständnis dafür, daß ich an

dieser Stelle keinen auch nur gerafften Überblick über die verschiedenen Antidiskri -

minierungsbestimmungen in den EU - Mitgliedstaaten gebe. Stellvertretend für Län -

der mit einer sehr weitreichenden Antidiskriminierungsgesetzgebung ist jedenfalls

Großbritannien zu nennen. Das britische Gesetz gegen Rassendiskriminierung aus

dem Jahr 1976 verbietet sowohl direkte als auch indirekte Diskriminierung und setz -

te eine Kommission für Rassengleichheit ein, deren Mitglieder vom Innenministeri -

um ernannt werden. Diese Kommission kann Beschwerden entgegennehmen und

Beschwerdeführern Unterstützung gewähren. Sie kann weiters auf eigene Initiative

Untersuchungen anstellen und Verhaltensregeln aufstellen. Zu ihren Pflichten ge -

hört auch die Förderung von Chancengleichheit und von guten Beziehungen zwi -

schen Personen aus verschiedenen rassischen Gruppen auf genereller Ebene.

Inwieweit Regelungssysteme anderer EU - Staaten als Vorbild für eine österreichi -

sche Gesetzgebungsinitiative dienen können, bedürfte noch einer eingehenden Prü -

fung.

 

 

Zu 4 und 5:

Österreich wird die mit dem Europäischen Jahr gegen Rassismus 1997 begonnene

Tradition fortsetzen und ebenfalls eine EU - weite Antidiskriminierungs - Konferenz be -

herbergen, die Regierungsvertretern und Vertretern von Nichtregierungsorganisatio -

nen die Möglichkeit bieten wird, die Regelungsansätze und die Praxis in den einzel -

nen europäischen Ländern zu vergleichen und die geeignetste Form der Umsetzung

des Art. 13 des Vertrags der Europäischen Gemeinschaften in der Fassung des

Vertrags von Amsterdam zu finden. Diese österreichische Konferenz wird am 3. und

4. Dezember 1998 in Wien stattfinden.