4477/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde haben am
17. Juli 1998 unter der Nr. 4807/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend "Datenklau und Datenmißbrauch/FPÖ” gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1). Die Tageszeitung “Die Presse” zitiert in ihrer Ausgabe vom 17. Juli 98 den FPÖ -
Generalsekretär Westenthaler im Zusammenhang mit der Benutzerstatistik des Porno -
Anbieters "Austrian Erotic Centers”, daß die dokumentierten Zugriffe durch den Nutzer
FPÖ gar nicht erfaßt werden könnten, weil es nicht möglich sei, einen Zugriff durch die FPÖ
zurückzuverfolgen. Westenthaler: "Wir haben einen Proxyserver - eine Art Schutz -
dazwischen geschaltet. Wenn wir im Internet irgendwo hineingehen, scheinen wir mit
unserer Adresse gar nicht auf”.
Diese Behauptung ist insoferne falsch, als es jedenfalls Zugriffe von FPÖ - zugehörigen
Personen auf die Homepage der Grünen gab. Diese Zugriffe wurden von unserem Server
dokumentiert und zeigen als User - Adresse (Adresse des Anfragenden) “www.fpoe.at”, die
Internet Adresse der Freiheitlichen.
FPÖ Generalsekretär Westenthaler hat gegenüber der “Presse” behauptet, die durch
“Austria Erotic Centers” festgestellten Zugriffe auf den Porno - Anbieter durch “fpoe.at”
könnten so nicht stattgefunden haben, sondern seien von einem Spaßvogel erfunden
worden. Damit stellt der FPÖ - Generalsekretär die schwerwiegende Behauptung auf, daß
irgend jemand den Namen “fpoe.at” gefälscht habe, um so der FPÖ Schaden zuzfügen.
Zum zweiten behauptet der freiheitliche Generalsekretär, daß die FPÖ bei Benutzung des
Internet zum Schutz bzw. zum Verdecken ihrer Adresse prinzipiell Proxyserver benutze
a) Ist es möglich, durch die Verwendung von Proxyservern auch den Zugriff auf
pornoraphische bzw. kinderpornographische Anbieter im Internet zu verdecken?
b) Stellt die Fälschung oder die Unkenntlichmachung von Absenderadressen im
Zusammenhang mit dem Zugriff auf Pornographie - bzw. Kinderpornographieanbieter oder
mit dem Zugriff auf geschützte Daten einen strafbaren Tatbestand dar? Wurden von den
Sicherheitsbebörden in der Vergangenheit diesbezüglich Erkenntnisse gemacht?
2). FPÖ - Chef Haider hat in einer Pressekonferenz im Dezember 1997 Dokumente aus dem
zentralen Fahndungscomputer der
Sicherheitsbehörden präsentiert, die er nur erhalten
konnte, weil sich ein Polizist, Paul W., aus Salzburg unbefugt Zugang zum
Informationssystems des Innenministeriums (EKIS) verschafft hat.
Beim Salzburger Landesparteitag der FPÖ hat der Vorsitzende der FPÖ außerdem den
Polizisten Paul W. für seine Haltung ausdrücklich belobigt und auch damit möglicherweise
das Strafgesetz verletzt, indem er dadurch die Mißachtung eines Gesetzes gutgeheißen hat.
a) Entspricht es den Tatsachen, daß Paul W., wie “profil” berichtet, schon im März des
vergangenen Jahres Amtsgeheimnisse an die “Krone” weitergegeben hat und deshalb wegen
des Verdachts auf Amtsmißbrauch und Verrat von Amtsgeheimnissen angezeigt wurde?
b) Wurde gegen Paul W. auch eine Anzeige wegen des Verdachtes des Amtsmißbrauchs in
der Causa Weitergabe von Daten aus dem Fahndungscomputer gestellt?
c) Wurde von Ihrem Ministerium auch geprüft, ob gegen den FPÖ - Vorsitzenden Jörg
Haider eine Anzeige wegen Beihilfe zum Amtsmißbrauch bzw. wegen Gutheißung von mit
Strafe bedrohten Handlungen einzuleiten ist. Wenn ja, mit welchem Ergebnis bzw. wenn
nein, warum nicht?
3). Mehrere Medien berichteten Anfang Jänner 1998 darüber, daß der Wiener Polizei -
Revierinspektor Leopold M., Personalvertreter der FPÖ - nahen AUF und Bezirksobmann
der FPÖ in Niederösterreich, über EMS regelmäßig” (NEWS 2/98) Computeranfragen
“über Beitrittswerber und Mitglieder der FPÖ sowie über politische Gegner aus SPÖ und
ÖVP” gemacht haben soll. Eine erste Überprüfung des Generalinspektorats der
Sicherheitswache hat laut “Kurier” vom 10.1.98 ergeben, daß den Anfragen zwar
Eintragungen in den jeweiligen “Tagesberichten” gegenüberstehen, eine Uberprüfung, ob die
betroffenen Personen tatsächlich “beamtshandelt” wurden, aber (noch) nicht stattgefunden
habe.
a) Entsprechen die von uns geschilderten Vorgänge den Tatsachen?
b) Beziehen sich die Computeranfragen von Leopold M. tatsächlich auf politische
FunktionsträgerInnen?
c) Werden über EMS Daten zu politischen Funktionen erfaßt?
d) Finden sich die in den Zeitungen erwähnten Angaben über politische Funktionen in den
jeweiligen Tagesberichten oder worauf sonst beziehen sich die entsprechenden
Zeitungsmeldungen?
e) Hat inzwischen eine Überprüfung stattgetunden, ob den EMS - Anfragen auch
entsprechende Amtshandlungen bzw. Verdachtsmomente zugrunde lagen? Wenn nein,
warum nicht?
4). Im Mai 1996 präsentierte FPÖ - Obmann Haider in einer Pressekonferenz in Klagenfurt
Auszüge aus einem Telefonat, das der Pressesprecher des Nationalratspräsidenten, Bruno
Aigner geführt hat. Nach Angaben Haiders stammt die Aufzeichnung des Telefongesprächs
von Bruno Aigner von der Staatspolizei.
a) Ist das Telefon des Pressesprechers des Nationalratspräsidenten jemals staatspolizeilich
überwacht worden?
b) Ist es richtig, daß die Aufzeichnung dieses Telefongesprächs von Bruno Aigner, Jörg
Haider von der Staatspolizei zugespielt wurde?
c) Hat es jemals eine Untersuchung dieses Vorgangs gegeben, mit welchem Ergebnis und
mit welchen Konsequenzen?
5). In einem Bericht des “Standard” vom 23.11.95 wurde eine Stellungnahme des
Sozialministeriums bzw. der Pensionsversicherung der Arbeiter (PVArb) zitiert, mit der die
irreführenden Vorwürfe des Abgeordneten Dr. Haider gegen einen aus Ex - Jugoslawien
stammenden Staatsbürger widerlegt wurden. Interessant sind in diesem Zusammenhang
weniger die irreführenden Behauptungen des Abgeordneten Haider, von denen es ja noch
einige mehr gibt, sondern der in dem Bericht enthaltene Hinweis, daß die Fremdenpolizei bei
der PVArb angefragt habe, warum der von Abgeordnetem Haider angeführte Milbe P.
erwerbsunfähig sei. Die PVArb hat damals laut “Standard” die Auskunft verweigert, weil
dies dem Datenschutz widerspricht. Diese Antwort der PVArb wurde "im Wahlkampf -
Journal der FPÖ abgedruckt versehen mit dem Eingangsstempel der Polizei” (Standard,
23.11.95).
a) Wurden wegen der dem Datenschutz widersprechenden Anfrage der Fremdenpolizei über
die Ursache der Erwerbsunfähigkeit von Milbe P. dienstrechtliche Konsequenzen gezogen
bzw. Ermittlungen geführt?
b) Sind derartige Anfragen an Sozialversicherungsanstalten durch Ihre Behörden auch in
anderen Fällen erfolgt bzw. dokumentiert?
c) Wurde damals wegen der Veröffentlichung des Briefes der PVArb im Wahlkampfjournal
der FPÖ eine Untersuchung eingeleitet? Wenn ja, mit welchen Konsequenzen? Wenn nein,
warum nicht?
6). Im Zusammenhang mit dem Gesamttiroler Festkommers der Burschenschaften haben die
Abgeordneten Öllinger, Anschober, Freundinnen und Freunde unter der Nr.859 / J am
28.3.1995 unter dem Titel “Mißbrauch von Daten der Sicherheitsbehörden” eine Anfrage an
den damaligen Innenminister gerichtet, in der unter anderem darauf Bezug genommen
wurde, daß in der rechtsextremen Zeitschrift “Aula”, die von den freiheitlichen
Akademikerverbanden herausgegeben wird, ein Auszug aus dem vertraulichen
“Tagesbericht der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit vom 24.10.1994
veröffentlicht worden ist. Im Zusammenhang mit dieser Veröffentlichung hat der damalige
Innennnnister in der Anfragebeantwortung von “Überprüfungen” gesprochen, die noch “im
Gang” seien. Sind diese Uberprüfungen mittlerweile abgeschlossen bzw. was ist ihr
Ergebnis?
7). In der parlamentarischen Anfrage Nr.3240/ J der Abgeordneten Mag. Pollet -
Kammerlander, Freundinnen und Freunde vom 5.11.97 wurde darauf Bezug genommen,
daß in der Zeitschrift TOP 7 - 9/97 des früheren FPÖ - Abgeordneten Pretterebner das
Faksimile eines Kriminalpolizeilichen Aktenindex veröffentlicht worden ist. Sie haben in ihrer
Beantwortung die Auffassung geteilt, daß dadurch das Tatbild der Verletzung des
Amtsgeheimnisses gegeben ist und daß entsprechende Ermittlungen eingeleitet worden sind.
a) Haben diese Ermittlungen mittlerweile ein Ergebnis gebracht?
b) Gibt es beim Zugriff auf den kriminalpolizeilichen Aktenindex keine ähnlichen
Sicherheitsmaßnahmen wie beim Zugriff auf EMS?
c) Wurde diesbezüglich auch geprüft?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Von den Experten meines Ministeriums wurde mir folgender Sachverhalt für die
Beantwortung dieser Frage mitgeteilt:
a) Durch die Verwendung von Proxy - Servern kann lediglich der Zugriff eines einzelnen
Benutzers innerhalb einer Organisation auf die Anbieter im Internet verdeckt werden. Der
Proxy - Server selbst ist nämlich immer für eine Organisation adressiert, sodaß man zwar
nicht mehr feststellen kann, wer innerhalb der Organisation eine Internet - Page aufgerufen
hat, sehr wohl aber, daß vom Proxy - Server dieser Organisation zugegriffen worden ist.
Innerhalb eines Proxy - Servers kann wieder beliebig aufgezeichnet werden, wer innerhalb der
Organisation welche Homepage abgerufen hat.
b) Die Verwendung einer anderen als der eigenen Absenderadresse könnte allenfalls den
Tatbestand einer Täuschung gemäß § 108 StGB verwirklichen. Hierzu wäre aber die
Erfüllung aller in dieser Bestimmung normierten Tatbestandsmerkmale (absichtliche
Schadenszufügung, Verleitung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung) erforderlich,
wofür es im vorliegenden Zusammenhang keinen Hinweis gibt. Eine Täuschung von
Behörden wäre aber nicht strafbar, weil Hoheitsrechte gemäß § 108 Abs 2 leg cit keine
“täuschungsfähigen” Rechte sind.
Hinsichtlich des Besitzes und der Verbreitung von Pornographie oder Kinderpornographie
unter Zuhilfenahme des Internet besteht Strafbarkeit nach § 207a StGB; damit
zusammenhängende Verschleierungshandlungen bilden sogenannte straflose Nachtaten.
Zu Frage 2:
a) In dieser Angelegenheit wurde wegen Verdachtes der Verletzung des Amtsgeheimnisses
Anzeige erstattet.
b) Ja.
c) Ich gehe davon aus, daß die Staatsanwaltschaft Salzburg den von der
Bundespolizeidirektion Salzburg erhobenen und angezeigten Sachverhalt in Beachtung des
in der Bestimmung des § 34 StPO zum Ausdruck gebrachten Legalitätsprinzips nach allen
Richtungen untersucht und die
erforderlichen Veranlassungen trifft.
Zu den Fragen 3a) b) d) und e):
Die gegen den Beamten geführten Ermittlungen ergaben, daß einigen der von ihm
vorgenommenen Anfragen kein dienstlicher Bezug zugrunde lag, weshalb Strafanzeige
wegen Verdachtes der Begehung gerichtlich strafbarer Handlungen nach den §§ 302
(Mißbrauch der Amtsgewalt) und 310 (Verletzung des Amtsgeheimnisses) erstattet worden
ist. Die Staatsanwaltschaft Wien legte diese Strafanzeige jedoch “mangels ausreichender
Beweislage” gemäß § 90 Abs 1 StpO zurück. Das gegen RevInsp. M. eingeleitete
Disziplinarverfahren wurde nach Ablauf des kraft gesetzlicher Bestimmung eingetretenen
Hemmungszeitraumes fortgesetzt. Eine Entscheidung steht noch aus.
Zu Frage 3c):
Über das EKIS werden keine Daten zu politischen Funktionen erfaßt.
Zu Frage4:
a) Mir liegen darüber keine Informationen vor. Von seiten der Staatspolizei wurde dies klar
verneint.
b) Nein.
c) Die EBT des Bundesministeriums für Inneres wurde am 3. Juni 1996 von der
Staatsanwaltschaft Wien im Gegenstand mit Erhebungen beauftragt. Die in diesem
Zusammenhang geplante Befragung des Dr. HAIDER wurde unter Berufung auf § 31
Mediengesetz mit der Begründung abgelehnt, daß Dr. HAIDER als Obmann der FPÖ
zugleich auch Herausgeber der Wochenzeitung “Neue Freie Zeitung” wäre. Der ermittelnde
Sachverhalt wurde am 29. September 1996 der Staatsanwaltschaft Wien zur Zahl 15 a UT -
70048/96 zur strafrechtlichen Beurteilung vorgelegt.
Zur Frage 5:
Die Bundespolizeidirektion Wien, in deren Zuständigkeitsbereich sich der im
angesprochenen Zeitungsartikel beschriebene Sachverhalt zufolge der darin enthaltenen
Hinweise zugetragen haben soll, vermochte den Sachverhalt keinem konkreten
Aktenvorgang zuzuordnen; einerseits konnte die Person des Mile P. mangels hinreichender,
eine Identitätsfeststellung ermöglichender persönlicher Daten nicht eruiert und andererseits
auch das angebliche "Wahlkampfjournal der FPÖ” nicht ausfindig gemacht werden.
Demgemäß wurde auch keine
weitere Untersuchung eingeleitet.
Personenbezogene Daten wurden bis Ende des Jahres 1997 nach Maßgabe des § 27 des
Fremdengesetzes 1992 und werden nunmehr nach Maßgabe des § 45 des Fremdengesetzes
1997 im Zusammenhang mit der Durchführung fremdenrechtlicher Verfahren im Wege der
in den zitierten Bestimmungen genannten Behörden und Sozialversicherungsträgern
ermittelt.
Zu Frage 6:
Wie bereits der optische Vergleich vermuten ließ, handelte es sich bei dem “Auszug” nicht
um ein Originaldokument. Vielmehr wurde ein für den Tagesbericht des
Bundesministeriums für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit,
verwendetes Formblatt nachgemacht und mit einem - mit großer Wahrscheinlichkeit einem
Gerichtsakt entnommenen - Text versehen. Im Zusammenhang mit dem “Gesamttiroler
Festkommers” waren in Innsbruck Straf - und Zivilrechtsverfahren anhängig. Die
Gewährung der großzügigen Akteneinsicht bei Gericht im Zuge der zitierten Verfahren war
im September 1997 in Tirol Gegenstand von Medienberichten. Die weiteren Überprüfungen
erbrachten jedoch keinen Hinweis darauf, daß jemand durch Handlungen im Rahmen des
geschilderten Sachverhaltes, gerichtlich strafbare Tatbestände verwirklicht hätte.
Zu Frage 7:
Festgestellte Retuschierungen an dem veröffentlichten kriminalpolizeilichen Aktenindex
machen umfangreiche und zeitautwendige Erhebungen notwendig, die noch nicht
abgeschlossen sind. Das Ermittlungsergebnis wird nach Vorliegen der Staatsanwaltschatt
Wien zur strafrechtlichen Beurteilung vorgelegt werden.
Zu Frage 7b):
Beim Zugriff auf den kriminalpolizeilichen Aktenindex gelten dieselben
Sicherheitsmaßnahmen wie beim Zugriff auf die anderen EKIS - Daten, da der Aktenindex
ein Teil des EKIS ist.