4511/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Ofner und Kollegen haben am 17. Juli
1998 unter der Nr.4811/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend die “fragwürdige Auslegung des Volksgruppengesetzes bei der
Bestellung von Volksgruppenbeiräten durch die Bundesregierung” gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Der Anteil der österreichischen Staatsbürger in Wien, der bei der Volkszählung
1991 slowakisch bzw. die Kombination slowakisch/deutsch als Umgangs -
sprache angegeben hat, beträgt 619 Personen (das sind rund 0,05 % der in
Wien wohnhaften österreichischen Staatsbürger). Obwohl die Ergebnisse der
Volkszählung 1991 nicht die tatsächliche Größe der Volksgruppe widerspie -
geln, läßt sich daraus ableiten, daß die slowakische Volksgruppe die kleinste in
Österreich ist. Die Bundesregierung hat bei der Bestellung der Mitglieder der
Volksgruppenbeiräte darauf Bedacht zu nehmen, daß die in der Volksgruppe
wesentlichen politischen und weltanschaulichen
Meinungen entsprechend
vertreten sind, wobei die repräsentativen Volksgruppenorganisationen im
Verfahren zur Bestellung von Mitgliedern der Volksgruppenbeiräte zu hören
sind. Da zur Zeit im autochthonen Siedlungsgebiet Wien nur eine einzige
repräsentative slowakische Volksgruppenorganisation besteht, die auch die
Hälfte der Beiratsmitglieder vorgeschlagen hat, erschien es nicht unzulässig,
als Teil des Ermittlungsverfahrens diese der repräsentativen Volksgruppen -
Organisation angehörenden Beiratsmitglieder bereits im Vorfeld der Neu -
konstituierung zur Lage der wesentlichen politischen und weltanschaulichen
Meinungen in der Volksgruppe zu befragen.
Zu den Fragen 2 und 3:
Im Hinblick auf die - gemessen an der gesamten Einwohnerzahl Wiens -
niedrige Zahl von Personen, die der slowakischen Volksgruppe angehören,
wurde anläßlich der letzten Sitzung des auslaufenden Beirates die Ein -
schätzung der Mitglieder des Beirates zur Sprache gebracht, um eine
einigermaßen verläßliche Aussage über die "wesentlichen politischen und
weltanschaulichen Meinungen‘ innerhalb der Volksgruppe zu erlangen.
Hinzugefügt sei, daß nach dem AVG die Mittel, durch die der Sachverhalt zu
erheben ist, in keiner Weise beschränkt werden. Die Befragung war daher
zulässig.
Zu Frage 4:
Im Jahre 1992 hat die Bundesregierung beschlossen, daß die Zahl der Mit -
glieder des Volksgruppenbeirates von 8 auf 16 Mitglieder aufzustocken sei, um
die vom Volksgruppengesetz geforderte angemessene Vertretung der poli -
tischen und weltanschaulichen Meinungen in der Volksgruppe zu ermöglichen.
Eine Aufstockung des Volksgruppenbeirates
erschien im Hinblick darauf ange -
zeigt, daß in Wien zumindest einige Vereine eine nahezu 100 jährige
kontinuierliche und aktive Vereinsarbeit nachweisen konnten.
Zu den Fragen 5, 6 und 7:
§ 4 Abs. 1 des Volksgruppengesetzes sieht nicht vor, daß ein Schlüssel von
Vereinssitzen zwischen den burgenländischen und den Wiener Ungarn aufzu -
stellen sei. Vielmehr liegt den gegenständlichen Bestimmungen des Volks -
gruppengesetzes eine Gesamtbetrachtung zugrunde, in die die verschiedenen
möglichen Wahlergebnisse einfließen. § 4 Abs. 1 des Volksgruppengesetzes
spricht lediglich von einer Bedachtnahme darauf, daß die wesentlichen politi -
schen und weltanschaulichen Meinungen im Beirat “entsprechend” vertreten
sind. Auch bei den Vertretern der Parteien und Kirchen geht das Volksgruppen -
gesetz nicht von einem Verteilungsschlüssel aus.
Zu Frage 8, 10, 11 und 12:
Im Hinblick auf die Dichte der im Burgenland ansässigen autochthonen unga -
rischen Volksgruppe erscheint es zulässig, Rückschlüsse auch auf die in Wien
ansässigen Mitglieder dieser Volksgruppe zu ziehen, was die in der Volks -
gruppe vertretenen politischen und weltanschaulichen Meinungen betrifft,
weshalb es - unvorgreiflich der von der Bundesregierung zu treffenden Ent -
scheidung - gerechtfertigt erscheint, bei der Bestellung der Mitglieder des
neuen Beirates den Status quo beizubehalten.
§ 4 Abs. 2 des Volksgruppengesetzes geht in seinem einleitenden Satz davon
aus, daß die Mitglieder der Volksgruppenbeiräte gewisse subjektive Kriterien
erfüllen müssen. Der Text der Z 1 leg.cit. wird in der Praxis des Volksgruppen -
rechts so interpretiert, daß sich diese Bestimmung am Grundsatz der Freiheit
des Bekenntnisses zu einer Volksgruppe
orientiert. Alle Mitglieder eines allge -
meinen Vertretungskörpers, die etwa im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zur
betreffenden Volksgruppe gewählt wurden oder nach einem Selbstbekenntnis
dieser Volksgruppe angehören, fallen abstrakt unter den in Betracht kommen -
den Personenkreis der Mitglieder eines Volksgruppenbeirates.
Zu Frage 9:
Ja.
Zu den Fragen 13 und 14:
Mit der Neukonstituierung des Volksgruppenbeirates für die ungarische Volks -
gruppe ist nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens, das in Kürze beendet
sein wird, zu rechnen. Gründe für die Verzögerung bei der Besetzung dieses
Beirats waren der Umstand, daß die burgenländischen Gemeinderatswahlen im
Oktober 1997 abgewartet wurden sowie die Tatsache, daß aufgrund der erfolg -
ten Nominierungen die zu treffende Entscheidung, welche Volksgruppenorgani -
sationen als repräsentative Vereinigungen im Sinn des § 4 Abs. 2 Z 2 des
Volksgruppengesetzes zu berücksichtigen sind, weitere Ermittlungen
notwendig machte.