4517/AB XX.GP

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 4809/J betreffend

österreichische Positionen und Ziele in wirtschaftspolitischer Hinsicht im Rahmen der EU-

Präsidentschaft, welche die Abgeordneten Dr. Gredler und PartnerInnen am 1 7.7. 1998 an mich

richteten, stelle ich fest:

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Eine koordinierte europäische Wachstums - und Beschäftigungspolitik sollte sich an dem

Konzept der best - practice orientieren. Insbesondere im Bereich der Beschäftigungspolitik

sollten die Gelegenheiten genutzt werden, die sich im Rahmen der EU ergeben, um von

anderen Mitgliedstaaten zu lernen. Dabei sollen allerdings nicht undifferenziert Maßnahmen,

die in einem Mitgliedstaat Erfolg haben, auf andere übertragen werden, sondern entsprechend

der Situation im jeweiligen Mitgliedstaat angepaßt werden.

Antwort zu den Punkten 2 und 21 der Anfrage:

 

Generell ist festzuhalten, daß das hohe Qualifikationsniveau einen entscheidenden

Wettbewerbsvorteil des Wirtschaftsstandortes Europa darstellt. Wiewohl Maßnahmen zur

Aus - und Weiterbildung in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, ist für ganz Europa ein

Bedarf nach praxisnäherer Erstausbildung, nach stärkerer Förderung des Unternehmensgeistes

sowie nach Verbesserung der Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung festzustellen.

Aufgabe einer auf die Bedürfnisse der KMU ausgerichteten Politik ist es, eine stärkere

Kohärenz zwischen den verschiedenen Initiativen zur Förderung der Forschung und Innovation

einerseits und den Aus - und Weiterbildungsmaßnahmen andererseits herzustellen.

 

Als eines der Kernthemen der KMU - Konferenz der österreichischen Präsidentschaft, die das

Wirtschaftsministerium im September in Baden zum Thema "KMU in der Wachstumsphase -

Schlüsselfaktoren zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit" veranstaltet, ist die

Unternehmensweiterbildung vorgesehen. Über die Erkenntnisse dieser Konferenz werde ich

auch beim Industrie - Ministerrat berichten.

 

Ein weiterer Tagesordnungspunkt bei diesem Rat wird die Diskussion der Ergebnisse eines

europäischen Benchmarking - Projektes über Aus - und Weiterbildungspolitiken sein.

Angesichts der bereits erwähnten Zuständigkeit auf Ebene der Mitgliedstaaten halte ich einen

solchen “best practice” - Ansatz für die geeignetste Vorgangsweise.

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Neue Arbeitsorganisationsformen und Arbeitszeitflexibilisierung können zweifellos dazu

beitragen, die Beschäftigungsproblematik zu lindern. Ein Blick in andere Mitgliedstaaten,

insbesondere in die Niederlande, bestätigt dies. Allerdings scheint es wenig sinnvoll neue

Organisationsformen der Arbeitszeitflexibilisierung seitens der EU "verordnen" zu lassen. Im

Sinne der Subsidiarität sollten die Mitgliedstaaten, im optimalen Fall - wie in Österreich - die

Sozialpartner selbst über diese Maßnahmen entscheiden. Natürlich kann die EU - auch wie im

Grünbuch “Eine neue Arbeitsorganisation im Geiste der Partnerschaft" Anstöße für die

Mitgliedstaaten geben. Aber gerade diese Instrumente sind dann erfolgreich, wenn sie auf die

individuelle Situation der Branche oder des Betriebs zugeschnitten sind. Aus diesem Grund

sollten diese Instrumente primär von den Mitgliedstaaten eingesetzt werden. In den

beschäftigungspolitischen Leitlinien 1998 ist das Thema der Arbeitsorganisation enthalten.

 

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

 

Die positive Korrelation zwischen Beschäftigung und Unternehmensgründungen ist

unbestritten. Ebenso steht zweifelsfrei fest, daß Unternehmensgründungen Wachstumseffekte

veranlassen und den Strukturwandel positiv beeinflussen.

 

Insbesondere geht es darum, bürokratische Hemmnisse abzubauen und den Zugang zu

Startkapital zu erleichtern. Die beschäftigungspolitischen Leitlinien sollen in diesen Bereichen

stärkere Akzente setzen.

 

Da die KMU überdurchschnittliche Beschäftigungszuwächse verzeichnen, wird aus der

Entwicklung heraus unter der österreichischen Ratspräsidentschaft, gemeinsam mit der

Europäischen Kommission, Wirtschaftsvertretern, Forschern und politischen

Entscheidungsträgern im September 1998 ein Forum zum Thema "KMU in der

Wachstumsphase - Schlüsselfaktoren zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit” lanciert.

Die Themenbereiche "Unternehmensweiterbildung", "Zugang zu Finanzmittel" und

"Transnationale Kooperationen" werden in diesem Forum behandelt und die Ergebnisse,

gemeinsam mit den Empfehlungen der von der Kommission eingerichteten Task Force BEST

(Business Simplification Task Force), bestehend aus Unternehmen, Vertretern des öffentlichen

Dienstes und Sachverständigen von Mitgliedstaaten, im Industrie - Ministerrat diskutiert. In

Folge soll auch ein mittelfristiges Aktionsprogramm zur Verbesserung der

Wettbewerbsfähigkeit erstellt werden. Auf Verwaltungsebene zur Forderung von

Unternehmensgründungen ist die Etablierung von "One - stop - shops" geplant, d.h. in der

Bezirksverwaltungsbehörde ist ein Ansprechpartner für alle notwendigen Anträge zuständig,

sowie der Ausbau der Informations - und Beratungsdienstleistungen für junge Unternehmen,

eine Zugangserleichterung für WU zum Kapitalmarkt, Vereinfachung und Beschleunigung

von Genehmigungsverfahren zur Produktionsaufnahme aber auch die rasche und gezielte

Beratung und Vermittlung im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

 

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

Der vielleicht wichtigste Schritt ergibt sich aus der Einführung des EURO: ähnlich wie bei den

Produktkosten werden dadurch auch die Arbeitskosten europaweit besser vergleichbar, was

zusammen mit den Begleitmaßnahmen der Einführung (Stabilitätskriterien, etc.) einen

harmonisierenden Effekt nach sich ziehen wird. Denn die erhöhte Transparenz und der höhere

Wettbewerbsdruck werden zweifellos zur Angleichung der Arbeitskosten führen.

Die für die Einführung des EURO festgelegten Kriterien ("Maastrichtkriterien") haben schon in

den letzten Jahren eine zweifache Wirkung auf die Arbeitskosten gehabt: zum einen haben sich

die Inflationsraten der Mitgliedsländer, eine für die nationale Lohnfindung maßgebliche

Kennzahl, europaweit deutlich angenähert und befinden sich derzeit auf einem historischen

Tiefstand; zum anderen hat die Festlegung einer Obergrenze für die budgetäre Verschuldung in

allen Mitgliedstaaten dazu geführt, daß die Arbeitskosten im öffentlichen Dienst einheitlich nur

sehr schwach angehoben wurden und diese Entwicklung auch eine Signalwirkung für die

anderen Sektoren gehabt hat.

 

Als dritte Maßnahme zur Harmonisierung der Arbeitskosten dient der Europäische

Strukturfonds bzw. alle anderen von der EU eingesetzten Regionalmittel: auf diesem Weg wird

die Verbreitung z.B. neuer Technologien und Arbeitsmethoden unterstützt, was zur Folge hat,

daß in den bisher unterentwickelten Regionen die Produktivität zunimmt und die dort bisher

unterdurchschnittlichen Arbeitskosten auf das gesamteuropäische Niveau angehoben werden.

 

In diesem Zusammenhang sollte auch festgehalten werden, daß die Arbeitskosten nur in

Verbindung mit der Produktivität als "Lohnstückkosten" eine sinnvolle Maßgröße ergeben und

diese - aufgrund der Tatsache, daß Länder mit hohen Arbeitskosten zumeist eine hohe

Produktivität und Länder mit niedrigen Arbeitskosten eine geringere Produktivität aufweisen  -

europaweit viel einheitlicher sind als die bloßen Arbeitskosten.

Solange es allerdings Produktivitätsunterschiede gibt, ist eine vollkommene Harmonisierung

der Arbeitskosten wenig sinnvoll bzw. ohnedies nicht zu erreichen. Die unterschiedliche Höhe

der nicht - lohnbezogenen Arbeitskosten resultiert natürlich auch aus nationalen Präferenzen

(z.B. im Bereich Gesundheitsschutz, Altersversorgung).

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Technische Standortinfrastruktur im weitesten Sinne (d.h. betreffend Telekommunikation,

Zugang für KMU zu F&E - Ergebnissen, Vernetzung der technologischen Zentren...) stellt

zweifellos eine Schlüsselfunktion für Wachstum und Beschäftigung dar. Aus diesem Grund

wird angeregt, eine Leitlinie zur Beschäftigung in diesem Bereich aufzunehmen. Deshalb

sollten sich die Nationalen Aktionspläne für Beschäftigung 999 stärker mit diesem Thema

befassen.

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Für den Bereich des Europäischen Sozialfonds ist grundsätzlich die Bundesministerin für

Arbeit, Gesundheit und Soziales zuständig.

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

 

Die verstärkte Globalisierung der Weltwirtschaft hat sich auch im Bereiche des

Umweltschutzes ausgewirkt. Auch in Umweltschutzfragen ist ein Nord - Süd - Konflikt zwischen

Industrie - und Entwicklungsländern festzustellen, welcher einerseits durch hohe

Umweltnormen der Industriestaaten sowie andererseits auch durch niedrigere Standards für die

in Entwicklung befindlichen Staaten geprägt ist. Hiedurch kann es zu bedeutenden

Wettbewerbsverzerrungen kommen.

 

Schwerpunkt im zweiten Halbjahr 1998 wird neben einer entsprechenden Vorbereitung der

unter österreichischer EU - Präsidentschaft stattfindenden 4. Vertragsstaatenkonferenz

betreffend Klimaänderungen in Buenos Aires im November 1998 auch die Umsetzung des

Kyoto - Protokolls, insbesondere durch nationale Maßnahmen sein, wobei im Hinblick auf die

Bedachtnahme auf die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft der Umsetzung

durch marktkonforme Mechanismen ein hoher Stellenwert zukommen sollte.

 

Das Wirtschaftsministerium ist nicht nur bemüht, Maßnahmen im Bereiche des

Umweltschutzes unter Bedachtnahme auf die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen

Industrie in Österreich zu fördern, sondern auch die wachstumsintensive österreichische

Umwelttechnologie auf den Weltmarkt zu exportieren. Dies vor allem auch im Hinblick darauf,

daß die Umweltsituation insbesondere in den osteuropäischen Reformstaaten äußerst

bedenklich ist und hohe Investitionen zur Hebung ihres Umweltniveaus erforderlich sind. Auch

seitens der Entwicklungsländer, insbesondere auch im Hinblick auf die Verminderung der

C0² - Emissionen in diesen Staaten, besteht ein großer Wunsch nach erneuerbaren Energien.

Diesem Wunsch wurde insbesondere auch im Rahmen des sogenannten "Kyoto -Protokolls"

durch die Einrichtung eines sogenannten "Clean Development Mechanismus" nachgekommen.

 

Es wird österreichischer und gemeinsamer europäischer Initiativen bedürfen, um die Chancen

aus technologischer Entwicklung auf Zukunftsmärkten wahrzunehmen. Das

Wirtschaftsministerium ist an verstärkten österreichischen bzw. europäischen Initiativen

hinsichtlich einer Förderung des Exportes von Umwelttechnologie sehr interessiert.

Ansatzpunkte hiefür bestehen bereits durch die Einrichtung einer Arbeitsgruppe betreffend

Umweltschutz und Umwelttechnologie im Rahmen der Großen Gemischten Kommission

Österreich - Russische Förderation sowie durch die künftige österreichische Mitarbeit an den

Arbeiten eines Umwelttechnologie - Institutes in Bangkok, wobei letzteres auch als

Brückenschlag für den Export von Umwelttechnologie in den südostasiatischen Raum

angesehen werden kann. Für die Realisierung konkreter Projekte in diesen schwierigen

Märkten werden jedoch umfangreiche finanzielle Ressourcen erforderlich sein, wobei auch auf

eine Unterstützung seitens internationaler Finanzierungsorganisationen zurückgegriffen werden

müßte.

Antwort zu den Punkten 9 und 10 der Anfrage:

 

Eine Zieldefinition im Sinne von einer Vorgabe in Prozent für Zinssätze oder Inflationsraten ist

wenig zielführend. Vorrangiges Ziel der EZB ist die Preisstabilität. Da diese nicht nur vom

Verhalten der EZB abhängt, sondern auch von Fiskalpolitik, Lohnpolitik, Wettbewerbspolitik

usw. beeinflußt wird, ist von einer Zielvorgabe abzusehen. Außerdem sind die "optimale"

Inflationsrate und der "optimale" Zinssatz auch von der Situation der Gesamtwirtschaft bzw.

der Entwicklung der sonstigen wirtschaftlichen Indikatoren (Wachstumsrate, Wechselkurs,

Arbeitslosenquote) abhängig.

Ohne zentrale definierte Geldpolitik wäre die einheitliche Währung sinnlos, die Vorteile des

EURO sind hinlänglich bekannt. Eine Zentralisierung in anderen Bereichen wurde allerdings

dazu führen, daß nationale Präferenzen nicht mehr berücksichtigt werden. Da die

geldpolitischen Entscheidungen zentral getroffen werden und die Fiskalpolitik aufgrund der

Verschuldensquoten bzw. der potentiellen Gefährdung der geldpolitischen Ziele wenig

Spielraum übrig ist, sollten die übrigen Politikfelder der “Freiheitsgrade” dezentral bestimmt

werden.

 

Antwort zu Punkt 11 der  Anfrage:

 

Aufgrund der historisch unterschiedlich gewachsenen Steuersysteme ist eine gemeinsame

Steuerpolitik kaum realisierbar. Eine Mischung, wie die einzelnen Faktoren Arbeit, Kapital,

Boden und Ressourcen belastet werden, sollte nationale Kompetenz bleiben. Eine

Koordinierung der Steuersysteme wird allerdings als sinnvoll erachtet, um

Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden:

In den letzten 15 Jahren hat in der EU die Besteuerung von Kapital, Selbständige, Energie,

natürliche Ressourcen um ein Zehntel abgenommen, während die Steuern auf unselbständige

Arbeit um 7% zunahmen. Innerhalb des Faktors Arbeit verlagert sich die Steuerlast auf die am

wenigsten qualifizierten und weniger mobilen Arbeitnehmer, während hochqualifizierte

Angestellte immer mobiler werden und auf Steuerunterschiede reagieren. Die

Steuerkoordinierung in der EU ist daher auch zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit notwendig

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

 

Der nationalen Lohn - und Einkommenspolitik kommt bei Entfall des Wechselkursmechanismus

erhöhte Bedeutung zu. Wie schon bei den Fragen zur Geldpolitik erläutert, sind dezentrale

Politikfelder besonders notwendig. Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit und

Produktivität der Mitgliedstaaten können nicht länger über den Wechselkurs ausgeglichen

werden, sondern müssen sich verstärkt in der Lohnpolitik widerspiegeln.

 

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

 

Der Beitrag der Steuerpolitiken zur Verwirklichung von Gemeinschaftszielen ist zunehmend im

Zusammenhang mit der Entwicklung des Binnenmarktes zu sehen. Binnenmarkt und WWU

sind für Wachstum und Wohlstand von wesentlicher Bedeutung, führen jedoch auch dazu, daß

die Steuern als Wettbewerbsfaktor immer wichtiger werden. Mit dem Fortfall der rechtlichen

Schranken im Binnenmarkt erweisen sich die Steuern zunehmend als Schlüsselfaktor bei

wirtschaftlichen Entscheidungen. Da nach Einführung der einheitlichen Währung keine

Wechselkursrisiken mehr bestehen und die Transaktionskosten sinken werden, treten die

Unterschiede zwischen den nationalen Steuersystemen umso deutlicher hervor und beeinflussen

die Entscheidungen über Kapitalallokation und die Effizienz dieser Entscheidungen noch

starker.

 

In den europäischen Modellen der sozialen Marktwirtschaft können die Elemente “sozial” und

“Markt” durchaus unterschiedlich gewichtet sein. Ohne eine gewisse Koordinierung im

steuerlichen Bereich drohen jedoch wachsende Gefahren, und zwar sowohl für die soziale

Dimension - wegen des Umverteilungseffektes der zunehmenden Besteuerung des Faktors

Arbeit, vor allem in bezug weniger qualifizierte Arbeitskräfte - als auch für die

marktwirtschaftliche Dimension, wegen der Konsequenzen der steuerlichen Verzerrungen für

den Binnenmarkt.

 

Selbstverständlich muß die Steuerpolitik auch der Wettbewerbsfähigkeit der Union im

Weltmaßstab sowie den internationalen Verpflichtungen im Rahmen der

Welthandelsorganisation, Rechnung tragen. Aufgrund der Globalisierung sowie der enormen

Ausweitung der Handels - und Kapitalströme wachsen die Risiken des schädlichen

Steuerwettbewerbs. Zugleich führen technologische Innovationen und die Entwicklung des

elektronischen Geschäftsverkehrs zu einer größeren Mobilität bei bestimmten wirtschaftlichen

Tätigkeiten, insbesondere im Dienstleistungssektor und beim Kapitalverkehr, und können die

Auswirkungen des Steuergefälles auf Unternehmensentscheidungen noch verstärken.

 

Antwort zu Punkt 14 der Anfrage:

 

Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Maßnahmenpaket zur Bekämpfung

des schädlichen Steuerwettbewerbs ist als wichtiger Schritt der Koordinierung der

europäischen Steuersysteme zu sehen:

Der Verhaltenskodex (Grundstein wurde beim ECOFIN im Dezember 1997 gelegt) zielt auf

drei Bereiche: Unternehmensbesteuerung, Besteuerung von Zinserträgen und Abschaffung der

Quellensteuer auf die grenzübergreifende Zahlung von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen

Unternehmen. Die Mitgliedstaaten verpflichten sich dabei, keine neuen Maßnahmen zu treffen,

die im Sinne dieses Kodex als “schädlich” gelten würden und entsprechende bestehende

Gesetze innerhalb von zwei Jahren zu revidieren (Sanktionen sind nicht vorgesehen; der Rat

erhält einen jährlichen Bericht).

 

Besteuerung von Zinserträgen: Die Europäische Kommission hat im Juni (ECOFIN vom 5.

Juni 1998) eine Mindeststeuer (20%) für Zinserträge aus ausländischen Sparguthaben

vorgeschlagen. Staaten, die keine Quellensteuer einführen wollen, sollen die EU - Partner über

ausländische Sparer informieren (d. h. Kontrollmitteilungen an die Steuerbehörden jener

Sparer, die im Ausland ansässig sind). Dieses "Koexistenzmodell" stellt es den Mitgliedstaaten

aber auch frei, beide Verfahren anzuwenden.

 

Antwort zu Punkt 15 der Anfrage:

 

Die Einbehaltung von Quellensteuern auf Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen

Unternehmen bei grenzübergreifend tätigen Wirtschaftsbeteiligten bewirkt Schwierigkeiten, die

mit zeitraubenden Formalitäten, Cash - flow - Verlusten und manchmal auch mit

Doppelbesteuerung verbunden sein können. Der Abschaffung derartiger Steuern sollte daher

Vorrang eingeräumt werden.

 

Antwort zu Punkt 16 der Anfrage:

Mit der Maßgabe, daß die Frage auf den Umsatzsteuerbereich abzielt, wäre folgendes

anzuführen:

Die österreichische Haltung zum Ursprungslandprinzip ist grundsätzlich positiv. Da konkrete

Vorschläge der Kommission im Detail jedoch noch nicht vorliegen, ist eine endgültige

Beurteilung noch nicht möglich. Bereits vorliegende Vorschläge betreffen die 8. Richtlinie

(Mehrwertsteuererstattung über die Grenze zwischen den Mitgliedstaaten, Einschränkung des

Vorsteuerabzuges für PKW) sowie Änderung des Status des Mehrwertsteuerausschusses;

hinsichtlich der Fiskalvertreter sind ebenfalls Änderungen geplant.

 

Antwort zu Punkt 17 der Anfrage:

 

Die Bedeutung des 5. Rahmenprogrammes für Forschung und technologische Entwicklung,

das voraussichtlich während der österreichischen Präsidentschaft verabschiedet werden wird,

liegt vor allem

 

a)  in einer erheblichen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie, in der

     damit verbundenen qualitativen Verbesserung der industriellen Basis Europas und in engem

     Zusammenhang zu den Bemühungen um eine verbesserte Beschäftigungsentwicklung in

     ganz Europa,

b) aus österreichischer Sicht wird das 5. Rahmenprogramm als ein Instrument zur

    Unterstützung auch anderer Politikbereiche der EU, insbesondere der Energie -, Verkehrs -

    und Bildungspolitik im Sinne des Subsidiaritätsprinzips gesehen,

c) die Bedeutung des 5. Rahmenprogrammes für die österreichische Wirtschaft liegt

    grundsätzlich in einer wesentlichen Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit und

    Innovationskraft der heimischen Unternehmen, da ihnen durch eine Teilnahme an den

    Spezifischen Programmen des 5. Rahmenprogramms die Möglichkeit geboten wird, an

    technologieorientierten Problemlösungen in internationalen Forschungs - und

    Entwicklungsteams unter maßgeblicher finanzieller Förderung der Projektkosten

    mitzuwirken.

 

    Insbesondere die Teilnahme heimischer Unternehmen an den industrieorientierten

    spezifischen Programmen “Benutzerfreundliche Informationsgesellschaft”,

    “Energie/Umwelt und nachhaltige Entwicklung" sowie “Förderung der Innovation unter

    Einbeziehung von KMU” ist aus österreichischer Sicht sehr hoch einzuschätzen.

 

Antwort zu Punkt 18 der Anfrage:

 

Nach erfolgter zweiter Lesung des Europäischen Parlaments vom 15. - 19. Juni 1998 betreffen

die wichtigsten unterschiedlichsten Vorstellungen zwischen Europäischen Parlament und Rat

vor allem die finanzielle Ausstattung des 5. Rahmenprogramms.

 

Weiters legte das Europäische Parlament eine Reihe von Vorschlägen zu Änderungen

hinsichtlich der Durchführung des Rahmenprogrammes vor, die die Transparenz bei der

Verwaltung und Durchführung verbessern soll und dabei das Recht des Parlamentes auf

Einblick in diese Prozesse stärken wird.

 

Darüber hinaus schlägt das Parlament noch Änderungen bezüglich der Ziele des

Rahmenprogrammes, Beteiligung der KMU, der sozialen und ethischen Dimension der

Forschung vor.

Der österreichische Vorsitz wird sich um einen Kompromiß zwischen den unterschiedlichen

Vorstellungen des Rates und des Parlamentes bemühen.

Antwort zu Punkt 19 der Anfrage:

 

Von der Konzeption her ist das 5. Rahmenprogramm stärker auf Umsetzung und Verwertung

der Ergebnisse ausgerichtet. Betrachtet man die klein - und mittelbetriebliche Struktur in

Europa und die Notwendigkeit für die Unternehmen, verstärkt auf globalen Märkten agieren

zu müssen, ist eine Ausweitung der F&E - und innovationsfördernden Maßnahmen auch auf

europäischer Ebene angebracht und zweckmäßig. Aus diesem Grund und da mit der Erhöhung

der Ausgaben für europäische Forschungsaktivitäten auch eine Stärkung der technologischen

Grundlagen der österreichischen Industrie verbunden ist, erscheint mir eine Aufstockung der

Mittel für das 5. Rahmenprogramm sinnvoll.

 

Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:

 

Das 5. Rahmenprogramm sieht eine Reihe von Erleichterungen (gegenüber dem 4.

Rahmenprogramm) für Klein - und Mittelbetriebe vor:

 

• Innovation und Maßnahmen zur verstärkten Teilnahme von KMU am Rahmenprogramm

  werden in einem Programm “Innovation und Participation of SMEs” zusammengefaßt.

 

• Für KMU wird seitens der EU - Kommission ein sogenannter “Single entry point”

   geschaffen, der einerseits eine Anlaufstelle für KMU-Anträge andererseits eine

   Koordinierungsstelle für KMU  -Angelegenheiten innerhalb der EU - Kommission im

   Zusammenhang mit dem 5. Rahmenprogramm darstellt.

 

• Bei den sogenannten CRAFT - Projekten wird gegenüber dem 4. Rahmenprogramm die

  Mindestanzahl von teilnehmenden KMU von 4 auf 3 reduziert (seitens des

  Wirtschaftsministeriums wird die Forderung des Europäischen Parlaments unterstützt,

   diese Mindestanforderung auf 2 KMU zu reduzieren).

.  In den sogenannten thematischen Programmen wird es programmintern sogenannte

    “Innovation Units” geben, deren Aufgabe darin besteht, zusammen mit dem

   Innovationsprogramm für verstärkte Umsetzungs - und Innovationsmaßnahmen in den

   Forschungs - und Entwicklungsprogrammen zu sorgen. Damit soll auch ein Beitrag

geleistet werden, daß KMU, die einen starken Bedarf an der Anwendung von F&E -

Ergebnissen bzw. neuen Technologien haben, dazu verstärkt zugreifen können.

 

Antwort zu Punkt 22 der Anfrage:

 

Ja.

 

Antwort zu Punkt 23 der Anfrage:

 

Konkret werde ich am 21. September 1998 einen Runden Tisch über “die Zukunft der

europäischen Politik zugunsten der KMU und des Handwerks” in Baden bei Wien veranstalten.

Weiters bereitet das Wirtschaftsministerium den Entwurf für das Arbeitsprogramm 1999 über

die "Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie" vor, in den erstmals ein Abschnitt über

diesbezügliche Maßnahmen für KMU enthalten sein wird. Ich erwarte die Annahme dieses

Programmes im Rahmen des Industrie - Ministerrates.

 

Antwort zu Punkt 24 der Anfrage:

 

In diesem Zusammenhang ist aus KMU - politischer Sicht die Entscheidung bedeutsam, eine

dritte und vierte Phase der SLIM - Initiative (Simpler Legislation for the Single Market)

vorzusehen, die der Europäische Rat von Amsterdam im Juni 1997 im Rahmen seines

Beschlusses über den “Aktionsplan zur Verwirklichung des Binnenmarktes” getroffen hat.

In Phase III werden folgende Bereiche untersucht:

 

• Vereinfachung der Regeln zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit

 

• Richtlinie “elektromagnetische Verträglichkeit”

 

• Versicherungsrecht

   Eine Kommissionsmitteilung über die Ergebnisse der Phase III wird gegen Jahresende

   erwartet; SLIM IV wird demnächst starten.

Im Zusammenhang mit der gestellten Frage ist auch das ebenfalls im Binnenmarkt - Aktionsplan

vorgesehene Projekt “Unternehmenstestpanel” zu nennen, welches das Ziel verfolgt, bei der

Erarbeitung von neuen Binnenmarkt - Richtlinien zu einem möglichst frühen Zeitpunkt die

betroffenen Unternehmen einzubinden, um sicherzustellen, daß die Kommission bereits in der

Vorbereitungsphase Informationen über die Auswirkungen von geplanten Maßnahmen

beziehungsweise praxisnahe Alternativvorschläge erhält.

 

Österreich wird sich als einer von acht EU - Staaten bereits in der Pilotphase des Projektes

beteiligen; die Vorbereitungsarbeiten für die Einrichtung des Testpanels, der via Internet

befaßt werden wird, sind bereits angelaufen; die erste Befassung der österreichischen

Unternehmen wird für September/Oktober 998 erwartet.

 

Antwort zu Punkt 25 der Anfrage:

 

Ja. Ich gehe davon aus, daß bestehende und geplante neue Regulierungen nach folgenden

Kriterien zu evaluieren sind:

 

• Berücksichtigen die Regeln den “think small first - Ansatz”?

 

• Welche Auswirkungen haben Regelungen auf KMU?

 

• Wurden die "compliance costs” ausreichend evaluiert?

 

• Ist ein angemessener Anpassungszeitraum für KMU sichergestellt?

 

Antwort zu Punkt 26 der Anfrage:

 

Die Beteiligung an Forschungsprogrammen der EU kann in vielen Fällen eine wertvolle

Unterstützung der KMU sein, die allerdings noch zu oft an den administrativ zu aufwendigen

Antragsprozeduren scheitert. Diese Hemmschwelle muß abgebaut werden. Erforderlich ist,

 

a) eine stärkere Unterstützung der KMU (Organisationshilfen, Zurverfügungstellung von

    Know - How) für Antragstellung, Berichtswesen und Abwicklung,

b) ein verbesserter und zeitgerechter Zugang zu relevanten Informationen; mit dem EU - Info

    Broker hat das Wirtschaftsministerium einen europaweit einzigartigen “Internet gestützten”

    Zugang zu Informationen über EU-Förderungsprogramme geschaffen. Im Zentrum der

    ersten Ausbaustufe steht das 5. F&E-Rahmenprogramm weil hier die Intransparenz am

    größten ist.

 

Im übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Punkt 20 der Anfrage.

 

Antwort zu Punkt 27 der Anfrage:

 

Für den in das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten ressortierenden Bereich

der Bundesstraßen kann ich festhalten, daß durch das Inkrafttreten des

Infrastrukturfinanzierungsgesetzes und der damit verbundenen Übertragung des hochrangigen

Straßennetzes an die ASFINAG die Erhaltung und Finanzierung im Straßenbereich auch über

die Dauer der österreichischen EU - Präsidentschaft hinaus geregelt ist.

 

Was die Verwirklichung des Transeuropäischen Wegenetzes anlangt ist festzustellen, daß die

Finanzierung fast zur Gänze in die Kompetenz des jeweiligen Mitgliedstaates fällt, da Zuschüsse

zum Ausbau seitens der EU nur in sehr geringem Umfang gewährt werden.

 

Erwähnen möchte ich auch das Projekt “IMONET” (Inter - Modales Güterverkehrsknoten

Netzwerk Zentraleuropa) hervorzuheben, das über INTERREG IIC kofinanziert wird. Für die

erforderlichen Investitionen werden öffentliche und private Finanzierungsvarianten (z.B.

Private Public Partnership) erarbeitet und mögliche Partner identifiziert. Das Projekt ist auf

24 Monate konzipiert. Von österreichischer Seite sind an dem Projekt unter anderem das

BMwA, die Häfen Wien und Enns, die ÖBB, die Raab - Ödenburger - Bahn, die ÖKOMBI und

das BMWV, auf dessen Kompetenz im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ich hinweisen darf,

beteiligt.

Antwort zu Punkt 28 der Anfrage:

 

Die Verwirklichung des Binnenmarktes im Energiebereich wird durch die zwingend gebotene

Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie und der Gasbinnenmarktrichtlinie

gewährleistet.

 

Antwort zu Punkt 29 der Anfrage:

 

Über das kürzlich beschlossene BIWOG hinaus ist in Österreich die Erlassung der

Durchführungsverordnungen - insbesondere jene zum Netzsystemnutzungstarif zu erwarten.

Weiters ist die Vorlage eines Gaswirtschaftsgesetzes in Durchführung der EU -

Gasbinnenmarktrichtlinie geplant.

Antwort zu Punkt 30 der Anfrage:

 

Betreffend Übernahmerecht wird am Binnenmarkt - Ministerrat im November der geänderte

Vorschlag für eine dreizehnte Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates auf dem

Gebiet des Gesellschaftsrechts über Übernahmeangebote behandelt werden.

 

Antwort zu Punkt 31 der Anfrage:

 

1997 hat die Kornmission ein Grünbuch zum Thema vertikale Wettbewerbsbeschränkungen

angenommen. Darin sieht die Kommission vor, nunmehr eine einzige, breite Verordnung zu

erlassen, die die Freistellung sämtlicher Arten vertikaler Bindungen bei Zwischen - und

Enderzeugnissen sowie Dienstleistungen vom allgemeinen Kartellverbot des Art. 85 Abs I EG -

Vertrag erfassen soll. Ausgenommen sollen Vereinbarungen sein, die in einer schwarze Liste

enthaltene Beschränkungen, die besonders gravierende Auswirkungen auf den Wettbewerb

haben, beinhalten. Ausgehend von einem stärker wirtschaftlich und weniger legistisch

ausgerichteten Ansatz sollen Marktanteilsschwellen in das System eingeführt werden, um den

unterschiedlich starken Auswirkungen der einzelnen Vertriebsformen auf den Wettbewerb

Rechnung zu tragen. Außerdem ist eine zunehmende Dezentralisierung der Anwendung des

Gemeinschaftsrechts, d.h. eine stärkere Einbeziehung der nationalen Behörden in die

Vollziehung, in dem Grünbuch geplant.

Um diese Änderungen durchführen zu können, wird eine Novelle zweier Ratsverordnungen

vorzunehmen sein.

Die Kommission beabsichtigt, ein policy paper zu veröffentlichen. Die Änderung der beiden

Verordnungen wird dann ab Ende Oktober in den Ratsarbeitsgruppen diskutiert. Während der

österreichischen Präsidentschaft ist also zu erwarten, daß die Arbeit zu dem Thema in den

Ratsarbeitsgruppen begonnen wird. Ein Beschluß des Ministerrats wird wohl erst im nächsten

Halbjahr erfolgen können.

Hinsichtlich des heimischen Kartellrechts sind während der österreichischen Präsidentschaft

keine Änderungen zu erwarten.

 

Antwort zu Punkt 32 der Anfrage:

 

Zum öffentlichen Vergabewesen ist festzuhalten, daß der Bundesminister für wirtschaftliche

Angelegenheiten mit dem Vergabewesen nur insoweit befaßt ist, als er einerseits öffentlicher

Auftraggeber ist und andererseits für die Geschäftsführung der Organe der nachprüfenden

Kontrolle des öffentlichen Auftragswesens verantwortlich ist. Die Vorbereitung der

Rechtssetzung auf dem Gebiet des öffentlichen Vergabewesens fällt, soweit sie Bundessache

ist, in die legistische Kompetenz des BKA.

 

Antwort zu Punkt 33 der Anfrage:

 

Prinzipiell ist es begrüßenswert, wenn der einzelne Rechtsunterworfene zum Zeitpunkt einer

relevanten Entscheidung von sämtlichen - diese Entscheidung beeinflussenden - Normen

Kenntnis haben kann und diese klar ersichtlich sind. Wesentlich ist, daß durch entsprechende

Übergangsfristen die Interessen einer vorausschauenden Planung eines Investors gewahrt

bleiben und wettbewerbsverzerrende unterschiedliche Regelungen vermieden werden.

Antwort zu Punkt 34 der Anfrage:

 

Österreichische Positionen

Die österreichische Präsidentschaft wird alles daransetzen, um den Integrationsprozeß so rasch

wie möglich voranzutreiben.

 

Aus technischer Sicht wird dabei das Hauptaugenmerk auf den zügigen Fortgang des im April

1998 eingeleiteten sogenannten “Acquis – screening” gelegt werden. Dieses Acquis screening ist

eine Prüfung, inwieweit die beitrittswerbenden Länder den Rechtsbesitzstand der EU bereits

übernommen haben und in welchen Bereichen Schwierigkeiten zu erwarten sind. Nach

bisherigem Stand der Dinge soll dieser Prozeß bis Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein.

Vom politischen Standpunkt wird die österreichische Präsidentschaft vor allem die

“zögernden” EU - Mitgliedstaaten von der Notwendigkeit überzeugen müssen, die eigentlichen

Beitrittsverhandlungen möglichst rasch aufzunehmen. Diese Verhandlungen sollen aus

österreichischer Sicht in jenen Bereichen begonnen werden, wo auf Grund der Ergebnisse des

Acquis screening keine wesentlichen Probleme zu erwarten sind.

Grundvoraussetzung für einen EU - Beitritt ist jedenfalls die völlige Übernahme des EU -

Rechtsbesitzstandes durch die Beitrittswerber. Das Integrationstempo wird daher in großem

Maße von diesen Ländern selbst bestimmt. Österreich hat die Beitrittswerber schon bisher in

ihren Integrationsbemühungen nach Kräften unterstützt und wird diese Politik während seiner

Präsidentschaft in verstärkten Maße fortführen.

 

Parallel zu diesen Zielsetzungen wird die österreichische Präsidentschaft auch die eng mit der

Osterweiterung verbundene Diskussion über institutionelle Reformen innerhalb der EU selbst,

sowie auch über die finanziellen Fragen so weit wie möglich weiterführen.

Wirtschaftliche Chancen für Österreich aus der Osterweiterung

 

Der Beitritt der mittel - und osteuropäischen Länder zur Europäischen Union und die damit

verbundenen Finanzhilfen werden das Fundament für ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum in

diesen Ländern bilden (voraussichtlich 3 % bis 4 % jährlich). Das absolute Wachstumspotential

alleine in den Nachbarstaaten Österreichs wird auf 750 Mrd US $ geschätzt. Der starke

Verflechtungsgrad des österreichischen Außenhandels mit diesen Ländern und die große

Anzahl von Unternehmensbeteiligungen bieten daher immense Chancen für die österreichische

Wirtschaft.

 

Schon die Vorbereitungen auf einen EU - Beitritt lösen einen enormen Bedarf an Investitionen

im gesamten Infrastrukturbereich (Umwelt, Verkehr, Energie) aus. Auch die Modernisierung

und Vorbereitung der Unternehmen sowie der Verwaltung auf die Erfüllung von EU - Standards

erfordern Investitionen in vielfältigen Bereichen.

 

Besondere Chancen aus einem raschen EU - Beitritt ergeben sich zum Beispiel im Bereich der

Lebensmittelindustrie durch verbesserten Zugriff auf kostengünstige Rohstoffe und durch den

ungehinderten Zugang zu den dynamischen Märkten dieser Region. Bisher bestehende

Wettbewerbsnachteile infolge höherer Umwelt -, Sicherheits - und Sozialstandards in Österreich

werden nach dem Beitritt dieser Länder wegfallen. Weiters werden durch den Wegfall von

Abfertigungs - und Wartezeiten an den derzeitigen Ostgrenzen generell der Warenverkehr und

grenzüberschreitende Kooperationen begünstigt.

 

Die Übernahme und Umsetzung des Acquis communautaire wird ferner die Rechtssicherheit

der Investoren verbessern - dies betrifft vor allem den Eigentumsschutz, aber auch Grundbuch,

Handelsregister, Gesellschaftsrecht und dergleichen mehr.

Antwort zu Punkt 35 der Anfrage:

Die Notwendigkeit einer Reform der Institutionen der Europäischen Union wird von den

Mitgliedsstaaten, so auch Österreich, schon seit geraumer Zeit anerkannt. Ausschlaggebend

dafür sind insbesondere zwei Grunde, nämlich das Erfordernis einer Straffung der

Rechtsetzungsverfahren und adäquate Vorkehrungen für eine zukünftige Osterweiterung.

 

Während der letztgenannte Aspekt eine faktische Voraussetzung für die tatsächliche

Durchführbarkeit einer nicht unerheblichen Vergrößerung der Union darstellt, ist der

erstgenannte davon unabhängig und soll sicherstellen, daß die Gemeinschaft ihrer

Verantwortung zur Gestaltung zentraler Politikbereiche wie etwa der Harmonisierung

wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen in effizienterer Weise als bisher gerecht werden

kann.

 

Aus diesem Grund war auch die Thematik der Institutionenreform ein bedeutender Punkt auf

der Agenda der letzten Regierungskonferenz. Obwohl eine grundlegende Neugestaltung der

Organe und Verfahren nicht in den Vertrag von Amsterdam Eingang gefunden haben, wurden

doch der Weg für tiefgreifende Reformen vorgezeichnet und erste Reformschritte gesetzt.

 

Aus wirtschaftspolitischer Sicht besonders erwähnenswert erscheinen hier die Reduzierung und

Straffung der Rechtsetzungsverfahren, die Ausweitung des Mitentscheidungsrechts des

Europäischen Parlaments und die Stärkung des Wirtschafts - und Sozialausschusses.

Diese Schritte können nur der Beginn einer Entwicklung sein, deren Richtung sie jedoch

bereits andeuten. Aus wirtschaftspolitischer Sicht wird es insbesondere darum gehen, die

Harmonisierung binnenmarktrelevanter Vorschriften rasch und effizient zu komplettieren. Dazu

gehört ein Streamlining der Entscheidungsprozesse ebenso wie eine gestärkte demokratische

Legitimation der Rechtsetzungsvorhaben mit adäquater Beteiligung der Bürger der Union und

der Interessenvertretungen.

Die fortschreitende Globalisierung und die zunehmende Komplexität binnenmarktrelevanter

Vorschriften erfordern eine rasche und qualitativ hochwertige Anpassung des

Gemeinschaftsrechts an neue Herausforderungen. Eine bloße Beseitigung von

Handelsschranken greift hier zu kurz; es ist darüberhinaus unverzichtbar, allen Unternehmen im

Binnenmarkt vorhersehbare Rahmenbedingungen für ihre wirtschaftliche Tätigkeit und gleiche

Ausgangspositionen zu garantieren, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindert. Deswegen

muß die Straffung der Entscheidungsprozesse weiter vorangetrieben werden, um eine flexible

Gestaltung der wirtschaftsrelevanten Aspekte zu ermöglichen und auch einen kompetitiven

Nachteil gegenüber den erstarkten Mitbewerbern außerhalb der Union hintanzuhalten.

 

Die besondere Herausforderung bei diesem Reformvorhaben ist darin zu sehen, daß ein solcher

Re - engineering - Prozeß mitgliedstaatliche Mitbestimmungsbefugnisse - so auch die

Einflußmöglichkeiten der nationalen Parlamente nicht beschneiden darf und vor allem die

demokratische Legitimierung der Rechtsetzung in noch höherem Ausmaß als bisher

sicherstellen muß, da auch die Akzeptanz der Bürger und der Wirtschaft eine unabdingbare

Voraussetzungen für die Effizienz der legislativen Vorhaben darstellen. In diesem

Zusammenhang wird es darum gehen, dem Europäischen Parlament eine noch stärkere

Stellung im Entscheidungsprozeß zuzuerkennen, was besonders für den Binnenmarktbereich

von Bedeutung ist, da dieser sowohl für die Entwicklung der Union insgesamt, als auch für

eine umfassendere Beteiligung der europäischen Volksvertreter in der Vergangenheit immer

eine führende Rolle gespielt hat.

Ähnliches hat für die Einbindung der business community in das Rechtsetzungsverfahren zu

gelten. Die Ausweitung der Anhörungsrechte des Wirtschafts - und Sozialausschusses auf

mittelbar binnenmarktrelevante Bereiche ist hier ein erster Schritt, den es auszubauen gilt; auch

die durch den Amsterdamer Vertrag grundgelegten Ansätze einer engeren Kooperation mit

dem Europäischen Parlament stellen die Weichen für eine zukünftige intensivere Beteiligung

der Wirtschaft an der Erzeugung jener Normen, die der Stärkung ihrer Wettbewerbsposition

innerhalb des Gemeinsamen Marktes und gegenüber Konkurrenten von außerhalb dienen

sollen.

Somit besteht die großer Herausforderung einer Institutionenreform darin, rascher, effizienter,

bürger - und wirtschaftsnäher die gemeinschaftlichen Rahmenbedingungen für eine positive

ökonomische Entwicklung der Union zu definieren, die den Wirtschaftsstandort Europa und

damit den Wirtschaftsstandort Österreich auch an der Schwelle zum nächsten Jahrtausend fit

für einen zunehmend globalisierten Wettbewerb machen.

 

Antwort zu Punkt 36 der Anfrage:

 

Den Verbänden könnte ein generelles Begutachtungsrecht für alle Vorschläge der Kommission

zu sozial - und wirtschaftspolitischen Fragen eingeräumt werden, damit die KMU - Verbände

nicht länger als Lobbyisten sondern als Partner der europäischen Institutionen gesehen

werden.

 

Schließlich werden Überlegungen anzustellen sein, welchen Wert ein “gemeinsames beratendes

Gremium" der Kommission, des Rates und der Europäischen Sozialpartner (einschließlich der

KMU - Verbände) schaffen könnte, das der informellen Koordinierung vor bedeutsamen

Entscheidungen (Sitzungen des Europäischen Rates, Regierungskonferenzen) dient.

 

Antwort zu Punkt 37 der Anfrage:

 

Die Einbindung des Parlaments in Entscheidungsprozesse auf EU - Ebene wird gemäß Art. 23e

B -VG selbstverständlich gewährleistet.