4521/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr 4758/J - NR/1998 betreffend den Verstoß gegen das
Staatsgrundgesetz, die Europäische Menschenrechtskonvention, das Bundesgesetz über die
äußeren Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirchen, das Konkordat sowie Falschauskunft an
das BM f. Landesverteidigung, die die Abgeordneten Dr. Martin Graf und Kollegen am
17 Juli l 998 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
1. Aus welchem Anlass und auf wessen Wunsch hin verfasste Ihr Ministerium eine
Stellnugnahme zum Status des Priesterseminars Herz Jesu - Zaitzkofen/Schierling?
Antwort
Mit Schreiben vom 8 April 1998, Zl. 2010 - 1.111/91/98, richtete das Militärkommando Wien,
Ergänzungsabteilung, an das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
betreffend das Internationale Priesterseminar Herz - Jesu - Zaitzkofen folgende Anfrage: “Das
Militärkommando Wien/Ergänzungsabteilung bittet um Auskunft, ob es sich bei dem
Internationalen Priesterseminar Herz - Jesu - Zaitzkofen (D - 84069 Schierling) um eine gesetzlich
anerkannte Kirche handelt. Die Information ist zur Weiterführung eines anhängigen
Verwaltungsverfahrens (Befreiung von der Stellungspflicht gemäß § 24 Abs 3 WG)
erforderlich
§ 24 Abs 3 des Wehrgesetzes lautet
(3) Von der Stellungspflicht sind, sofern sie einer gesetzlich anerkannten Kirche oder
Religionsgesellschaft angehören,
befreit:
1. ausgeweihte Priester,
2. Personen, die aufgrund absolvierter theologischer Studien im Seelsorgedienst oder in
einem geistigen Lehramt tätig sind,
3. Ordenspersonen, die die ewigen Gelübde abgelegt haben und
4. Studierende der Theologie, die sich aufgeistliches Amt vorbereiten.‘
In der Beilage befindet sich eine Abschrift der selnerzeitigen Antwort an das Militärkommando
Wien
2. Aufgrund welcher Quellen kamen Sie zur Erkenntnis, dass es sich dabei um “keine in
Österreich gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgesellschaft im Sinne des
§ 24 Abs. 3 WG 1990” handelt?
Antwort:
Dies ergibt sich aus der in Punkt 1 genannten Stellungnahme sowie aus dem Kanon der in
Osterreich anerkannten Religionen. In der Beilage befindet sich die eben erschienene Broschüre
..Religionen in Österreich”, die eine genaue Darstellung sämtlicher in Österreich anerkannten
Religionen bietet.
3. Ist Ihnen bekannt, dass durch Ihre Stellungnahme dem Bruch des Staatsgrundgesetzes‘
der Europäischen Menschenrechtskonvention, sowie eines völkerrechtlichen Vertrags
(siehe oben) Vorschub geleistet wurde?
- Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Da es sich in Hinblick auf die Fragestellung des Militärkommandos Wien betreffend die
Rechtsstellung des Internationalen Priesterseminars Herz - Jesu - Zaitzkofen nach Auffassung des
Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten um eine sogenannte innere
Angelegenheit einer gesetzlich anerkannten Kirche (Art. 15 StGG) handelt, wurde seitens des
Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom Generalvikariat des
Bistums Regensburg in Deutschland, in dessen Gebiet das obgenannte Priesterseminar liegt, eine
entsprechende kirchenbehördliche
Stellungnahme eingeholt. Aufgrund der Auskunftserteilung
des Generalvikariates des römisch - katholischen Bistums Regensburg besteht zwischen dem
Bistum Regensburg und dem Internationalen Priesterseminar Herz - Jesu - Zaitzkofen keine
Verbindung. Eine Anfrage an das Sekretariat der Österreichischen Bischofskonferenz, ob es sich
bei Studierenden des Internationalen Priesterseminars Herz -Jesu- Zaitzkofen um Studierende der
Theologie im Sinne des § 24 Abs 3 Z 4 des Wehrgesetzes handle, wurde ausdrücklich verneint.
Hieraus folgt mit hinreichender Klarheit, dass das Bundesministerium für Unterricht und
kulturelle Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf innere Angelegenheiten der katholischen
Kirche mit seiner Mitteilung an das Militärkommando Wien eben keinen verfassungswidrigen
bzw. völkerrechtswidrigen Eingriff in innere Angelegenheiten der katholischen Kirche
vorgenommen hat
4. Was gedenken Sie zu unternehmen, um hinkünftig Stellungnahmen Ihres Ministeriums,
welche die innere Autonomie der Kirche untergraben, zu unterlassen?
5. Gedenken Sie die inhaltlich falsche und völkerrechtlich bedenkliche Stellungnahme
Ihres Ministeriums zurückzuziehen?
Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Den Ausführungen zu Frage 3 entsprechend kann festgehalten werden, dass die innere
Autonomie der katholischen Kirche ausdrücklich beachtet worden ist Die Auskunftserteilung ist
daher inhaltlich richtig und völkerrechtlich vollkommen unbedenklich erfolgt. Aus diesem
Grund sind seitens des Ressorts keine weiteren Maßnahmen zu setzen.
Angeschlossene Broschüre konnte nicht
gescannt werden !!
"Internationales Priesterseminar Herz - Jesu -
Zaitzkofen" (D - 84069 Schierling)
zu Zl.2.010 -1111/91/98 vom 8. 4. 1998
Zu der mit Schreiben vom 8. April 1998, GZ. 2.010 - 1111/91/98 an das Bundesministerium für Un -
terricht und kulturelle Angelegenheiten gerichteten Anfrage des Militärkommandos Wien, Ergän -
zungsabteilung, ob es sich bei dem "Internationalen Priesterseminar Herz - Jesu - Zaitzkofen" (D -
84069 Schierling) um eine gesetzlich anerkannte Kirche handelt, beehrt sich das gefertigte Bundes-
ministerium mitzuteilen:
Das “Internationale Priesterseminar Herz - Jesu - Zaitzkofen" (D - 84069 Schierling) ist derBewegung
um den schismatischen Alt-Erzbischof Marcel Lefebvre zugehörig. Laut Auskunft des Generalvika
riates des römisch - katholischen Bistums Regensburg, Deutschland, besteht zwischen dem Bistum
Regensburg und dem “Internationalen Priesterseminar Herz - Jesu - Zaitzkofen” keine Verbindung,
weil dieses
Priesterseminar keine Einrichtung der römisch - katholischen Kirche ist.
Marcel Lefebvre, geboren 1905, trat als römisch - katholischer Priester in Frankreich 1931 der “Kon -
gregation der Väter vom Heiligen Geist” bei. Er wirkte zunächst als Ordenspriester in der Mission in
Afrika und wurde 1955 zum Erzbischof von Dakar (Senegal) ernannt. 1960 erhielt er die Berufung in
die Zentralkommission für die Vorbereitung des Zweiten Vatikanischen Konzils. Als Erzbischof und
Generaloberer seiner “Kongregation der Väter vom Heiligen Geist” nahm er 1962 - 1965 am Zweiten
Vatikanischen Konzil teil. Im Anschluss an das Konzil beschloss die Generalversammlung seiner
Kongregation weitreichende Reformen im Sinne des Konzils, denen Lefebvre nicht zustimmte und
trat 1968 als Generaloberer zurück. Er gründete 1969 in Fribourg (Schweiz) die Priesterbruderschaft
(Confraternitas) Pius X. und errichtete 1970 das Priesterseminar St.Pius X in Ecöne, einem Landgut
im schweizerischen Kanton Wallis, welches das Zentrum seiner Bewegung wurde. Diese Bewegung
breitete sich sehr bald über die Schweiz hinaus über Frankreich, Italien, Österreich und Deutschland
aus. Von seinen Funktionen suspendiert, weihte Lefebvre regelmäßig Diakone und Priester. 1988
vollzog Lefebvre das Schisma mit Rom durch die Weihe von vier Bischöfen ohne päpstliche
Zustimmung. Er starb unversöhnt mit Rom 1991 (vgl. dazu A Schifferle, Das Argernis Lefebvre,
Informationen und Dokumente zur neuen Kirchenspaltung, Freiburg 1989; Lexikon für Theologie
und Kirche, 3. Auflage, Lefebvre, Spalte 738).