462/AB
Die Abgeordnete zum Nationalrat HAIDLMAYR, Freundinnen und Freunde haben am 7. Mai
1996 unter der Nr. 572/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend ''behin-
dertengerechte Eintragungslokale für Volksbegehren'' gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
'' 1. Was werden Sie unternehmen, damit die Wahrnehmung des Grundrechtes von
behinderten Menschen, Volksbegehren zu unterschreiben, nicht durch bauliche
Barrieren verunmöglicht wird?
2. Ist bei Volksbegehren vorgesehen, daß die MitarbeiterInnen in den Eintragungs-
lokalen bei Unzugänglichkeit des Eintragungslokales zu gehbehinderten oder
gehunfähigen Personen nach Hause kommen, um die Unterschrift abzuholen?
3. Gibt es bei einem Volksbegehren Stimmkarten?
Wenn ja, wo und bis wann sind diese anzufordern?
4. Werden Sie dafür sorgen, daß behinderte Menschen von ihren demokratischen
Rechten Gebrauch machen können, indem Sie veranlassen, daß alle Eintragungs-
lokale bis 31.12.1996 adaptiert sind, daß sie für alle Menschen barrierefrei
erreichbar sind?
5. Werden Sie ein Antidiskriminierungsgesetz unterstützen, damit es generell zu
keinen Aussonderungen von behinderten Menschen mehr kommt und behinderte
Menschen ihr Recht auf selbstbestimmtes Leben auch gesetzlich einfordern
können?''
Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 4:
Gemäß § 7 Abs. l des Volksbegehrengesetzes 1973 sind ausschließlich die Gemeinden
im übertragenen Wirkungsbereich als Eintragungsbehörden für die Bestimmung der
Eintragungsorte, in denen sich die Stimmberechtigten in die Eintragungslisten eintragen
können, zuständig. Für behinderte Menschen besteht die Möglichkeit, beim Gemeinde-
amt nachzufragen, ob das für sie zuständige Eintragungslokal "behindertengerecht" ist
und, wenn nicht, ob ein anderes Eintragungslokal diese Voraussetzung erfüllt, sodaß sie
dort mittels Stimmkarte von ihrem Eintragungsrecht Gebrauch machen können.
Da es mir jedoch wichtig ist, daß alle interessierten Staatsbürger an Volksbegehren als
einem Instrument der direkten Demokratie teilnehmen können, werde ich im Rahmen
meiner Kompetenzen den Gemeinden nahelegen, bei der Bestimmung der Eintragungs-
lokale darauf zu achten. daß diese möglichst auch für behinderte Menschen erreichbar
sind.
Zu Frage 2:
Nein, das Volksbegehrengesetz 1973 sieht eine derartige Regelung nicht vor.
Zu Frage 3:
Ja, bei Volksbegehren gibt es die Möglichkeit, mittels Stimmkarte am Eintragungs-
verfahren teilzunehmen. Die Ausstellung einer Stimmkarte kann bei der Gemeinde, von
der der Stimmberechtigte in das Wählerverzeichnis (Stimmliste) eingetragen wurde,
mündlich (nicht jedoch telefonisch) oder schriftlich (auch mittels Telefax) beantragt
werden. Beim mündlichen Antrag ist die Identität durch ein Dokument nachzuweisen,
beim schriftlichen Antrag kann die Identität auch auf andere Weise glaubhaft gemacht
werden. Die Stimmkarten können beginnend mit dem Tag der Verlautbarung der Ent-
scheidung über die Einleitung eines Volksbegehrens im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung"
bis spätestens dem dritten Tag vor dem Ende der Eintragungsfrist beantragt werden.
Zu Frage 5 :
Die Gewährleistung eines selbstbestimmten Lebens für behinderte Menschen in unserer
Gesellschaft ist mir ein besonderes Anliegen. Die Einschätzung des Wertes einer Ge-
setzesinitiative hängt nicht primär von deren Bezeichnung sondern vor allem von deren
Inhalt ab; eine Stellungnahme zu einem "Antidiskriminierungsgesetz" kann ich daher erst
nach Durehsicht eines entsprechenden Vorschlages abgeben.