464/AB

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Maria Schaffenrath, Helmut Peter, Partnerinnen

und Partner haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend geplante Sektorkon-

solidierung und Autonomieverlust im Bereich der Primärbanken, gerichtet und fol-

gende Fragen gestellt:

 

''1 . Planen Sie in einer Novelle zum Bankwesengesetz, zum Genossenschaftsge-

setz und zum genossenschaftlichen Revisionsgesetz die Möglichkeit für eine

Sektorkonsolidierung und damit eine Konzernierung der Primärbanken?

 

2. Welche Weisungs- und Durchgriffsrechte für Rechnungskreisführer werden

Sie vorsehen?

 

3. Welche Vorteile erblicken Sie in der Autonomie der Primärbanken?

 

4. Welche Bedeutung messen Sie dem genossenschaftlichen Prinzip der Subsi-

diarität bei?

 

5. Welche Bedeutung messen Sie dem genossenschaftlichen Prinzip der Frei-

willigkeit der Zusammenarbeit bei?

6. Wie stellen Sie sicher, daß das Wesen der Genossenschaft, die Förderung

der Wirtschaft des einzelnen Mitglieds der Primärgenossenschaft, garantiert

bleibt?

 

7. Auf welche Art wird gewährleistet, daß sich die Genossenschaften, wie alle

anderen Unternehmen auch, dem Markt und dem Wettbewerb stellen?

 

8. Wie wird sichergestellt, daß jedes Mitglied frei entscheiden kann, wo es seine

Leistungen bezieht, und mit wem es Geschäfte abwickelt?

 

9. Wie wird sichergesteIlt, daß nicht durch Ämterverflechtungen und Mehrfach-

funktionen Abhängigkeiten entstehen, die den freien Wettbewerb ausschalten

oder behindern?

 

10. HaIten Sie das Relikt ehrenamtlicher Vorstandsfunktionäre als genossen-

schaftliche Vertreter der Primärbanken für zeitgemäß? Wenn nicht, wie wer-

den Sie dies ändern?

 

11 . Wird auch im Genossenschaftsbereich (wie bei Aktiengesellschaften) ein

fachlich versiertes, eigenverantwortliches Management vorgeschrieben; d.h.

Entscheidungskompetenz beim hauptamtlichen Vorstand und Kontrollkompe-

tenz beim ehrenamtIichen bzw. nebenamtlichen Aufsichtsrat?

 

12. Wird die Aufgabenstellung und Verantwortung des Aufsichtsrates klarer als

bisher geregelt, und wird auch bei den Befugnissen der Generalversammlung

den Erfordernissen des Wettbewerbs verstärkt Rechnung getragen?

 

13. Welche Schlüsse werden aus dem Konsum-Desaster gezogen?

 

14. Werden diese Erkenntnisse bei den Überlegungen zur Neufassung des Bank-

wesengesetzes, des Genossenschaftsgesetzes und des genossenschaftli-

chen Revisionsgesetzes berücksichtigt?

 

15. Mit welcher Begründung schließen Sie aus, daß unüberschaubare genossen-

schaftliche Konzerne entstehen, mit aIlen negativen Konsequenzen, wie sie

beim Konsum aufgetreten sind?

 

16. Halten Sie die Rechtsform der Genossenschaft für Konzerne für geeignet?

Wenn ja, wie begründen Sie dies?''

 

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

 

Zu 1 :

Ich plane keine Novelle zum Bankwesengesetz, zum Genossenschaftsgesetz und

zum genossenschaftlichen Revisionsgesetz, mit der ermöglicht werden sollte, auto-

nome Banken in einem Rechnungskreis (Bundesland-Landesbank) rechnerisch zu-

sammenzufassen. Zur Vorbereitung einer NovelIe dieses Inhalts wäre im übrigen

nicht der Bundesminister für Justiz, sondern der Bundesminister für Finanzen zu-

ständig.

 

Zu 2 bis 16:

Da sich aus den einleitenden Ausführungen zur Anfrage ergibt, daß die weiteren

Fragen nur aus dem Zusammenhang mit der Annahme einer beabsichtigten Novelle

des beschriebenen lnhalts gestelIt werden, gehe ich davon aus, daß mit der Vernei-

nung der ersten Frage sich eine detaillierte Beantwortung der weiteren Fragen erüb-

rigt.

 

Generell sei zur Thematik erwähnt, daß das Bundesministerium für Justiz vor weni-

gen Wochen einen Rohentwurf für ein Genossenschaftsrevisionsrechts-

änderungsgesetz fertiggestellt und darüber bereits Beratungen in einer ministeriel-

len Arbeitsgruppe aufgenommen hat, der auch Vertreter der betroffenen Verkehrs-

kreise angehören. Dieser Rohentwurf schlägt eine umfassende Bereinigung und Zu-

sammenfassung des genossenschaftlichen Revisionsrechts vor, das auch inhaltlich

an moderne Standards angepaßt werden solI. Zum anderen bezweckt der Entwurf

die Einbeziehung der Genossenschaften in die erweiterten Rechnungslegungsbe-

stimmungen des Handelsgesetzbuchs für KapitalgeseIlschaften. Die Schwerpunkte

 

des GesetzesvorschIags liegen im Hinblick auf die Erfahrungen aus jüngster Zeit in

der Stärkung der Unabhängigkeit der Revision, in der Steigerung der Effizienz der

Revision insbesondere durch verbesserte Information der GenossenschaftsmitgIie-

der und der Gläubiger, in der Anpassung der Rechtsschutzstandards für die geprüf-

ten Genossenschaften an vergleichbare Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs, in

der Erleichterung des Zugangs zur Rechtsform ''Genossenschaft'' durch eine klare

und verständliche RegeIung der Verbandspflicht und deren Ausnahmen sowie in der

Absicherung der Rechtsstellung von Genossenschaften gegenüber den Revisions-

verbänden, die ihrerseits in Zukunft der Prüfung durch die sie anerkennende Behör-

de unterworfen werden sollen.

 

Das Bundesministerium für Justiz wird in seinen Bemühungen um die Reform der

genossenschaftlichen Revision und Rechnungslegung die bewährte Praxis fo rtset-

zen, in das Reformprojekt alle Beteiligten einzubinden und auf Lösungen hinzuwir-

ken, die vom Konsens aller Seiten getragen sind.

 

Fragen der Neuformulierung genossenschaftlicher Prinzipien, Fragen der genossen-

schaftlichen Organe, des genossenschaftlichen Verbunds (''Konzerns'') und über-

haupt der Modernisierung und Anpassung des Genossenschaftsrechts an das übri-

ge GeselIschafts- und Handelsrecht, die unter möglichster Wahrung der Besonder-

heiten der Rechtsform Genossenschaft erfolgen solIte, werden Gegenstand ei ner

Gesamtreform des Genossenschaftsrechts sein, für die es schon Vorarbeiten gibt

und die im Anschluß an das oben angeführte Reformprojekt vorgetrieben werden

wird.