4646/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4943/J - NR/1998 betreffend die Bestellung einer
Professur am Institut für zwischenmenschliche Kommunikation an der Naturwissenschaftlichen
Fakultät der Universität Innsbruck, die die Abgeordneten Dr. SCHMIDT und PartnerInnen am
29. September 1998 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Das Berufungsverfahren für Ordentliche Universitätsprofessoren ist in den § 26 ff UOG, BGBl.
Nr. 258/1975 in der geltenden Fassung geregelt. Dieser Aufgabenbereich fällt einerseits in den
autonomen Wirkungsbereich der betreffenden Universität bzw. Fakultät (§ 64 Abs. 3 lit. g
UOG), andererseits ab Einlangen des Besetzungsvorschlages im Bundesministerium für Wissen -
schaft und Verkehr, in den staatlichen Wirkungsbereich.
Gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. hat die Berufungskommission einen Bericht auszuarbeiten, der die
Beurteilung aller Kandidatinnen bzw. Kandidaten enthält, dieser Bericht ist mit allen Beilagen
wenigstens zwei Wochen zur Einsichtnahme für die Mitglieder des zuständigen Kollegialorgans
aufzulegen und sodann im Dienstweg dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung
(nunmehr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr) zu übermitteln. Mit Übermittlung des
Besetzungsvorschlages geht die Zuständigkeit im Berufungsverfahren vom autonomen Wir-
kungsbereich der Universität auf den
staatlichen Wirkungsbereich des Bundesministers für
Wissenschaft und Verkehr über. Eine Kompetenz der Berufungskommission, diesen Beset -
zungsvorschlag abzuändern, zu ergänzen oder zu verbessern, besteht ab Zeitpunkt des Ein -
langens des Besetzungsvorschlages beim zuständigen Bundesminister nicht mehr.
Sollte der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr zum Zwecke der Durchführung des
Ernennungsverfahrens weitere Unterlagen oder Auskünfte benötigen, so ist zur Erledigung dies -
bezüglicher Anfragen oder Aufträge die Berufungskommission zuständig (3. Durchführungserlaß
zum UOG, VBl. 1976/Nr. 51).
Treten in einem Berufungsverfahren Mängel auf, so können diese bis zum Übergang der Zu -
ständigkeit an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (durch Übermittlung des End -
beschlusses) im Rahmen des selbständigen Wirkungsbereiches der Universität bereinigt werden.
Nach Einlangen des Besetzungsvorschlages beim Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
und somit Übergang der Zuständigkeit im Berufungsverfahren an diesen kann der Bundesmini -
ster, bei Vorliegen von Mängeln im Berufungsverfahren, ein aufsichtsbehördliches Verfahren
gemäß § 5 UOG einleiten. Vermeint der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr nach
Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, daß einer der in § 5 Abs. 5 UOG taxativ aufgezähl -
ten Gründe vorliegt, so hat der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr die Beschlüsse
der Organe der Universität mittels aufsichtsbehördlichen Bescheides aufzuheben. Damit geht die
Zuständigkeit im Berufungsverfahren wieder auf die Berufungskommission an der Universität
über (und befindet sich sodann wiederum im autonomen Wirkungsbereich der Universität), die
in einem solchen Fall verpflichtet ist, der Rechtsanschauung des Bundesministers für Wissen -
schaft und Verkehr zu entsprechen.
1. Wie sieht der zeitliche Ablauf des gegenständlichen Berufungsverfahrens aus:
a) Zu welchem Zeitpunkt wurde die betreffende Stelle vakant?
b) Wann wurde die Berufungskommission eingesetzt?
c) Wann wurde ihr Ternavorschlag an das Wissenschaftsministerium übersandt?
d) Wann wurden mit Frau Bänninger - Huber Verhandlungen aufgenommen und wie
lange dauerten diese?
e) Wann wurde der Ernennungsvorschlag im Ministerrat beschlossen und wann wurde
der Ernennungsvorschlag an den Bundespräsidenten weitergeleitet?
a. Die Planstelle wurde mit Emeritierung des O. Univ. Prof. Dr. Pio Sbandi am 30. September
1995 vakant.
b. Die konstituierende Sitzung der Berufungskommission zur Besetzung des Ordinariates für
Kommunikationspsychologie und Psychotherapie an der Universität Innsbruck fand am
16. Jänner 1996 statt.
e. Der Endbeschluß der Berufungskommission in diesem Berufungsverfahren wurde am
19. Dezember 1996 gefaßt und langte am 19. Februar 1997 im Bundesministerium ein.
d. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr vom 15. Dezember
1997 wurde Frau Univ. Doz. Dr. Bänninger - Huber zu Berufungsverhandlungen eingeladen.
Mit Schreiben vom 16. April 1998 nahm die Berufungswerberin den Ruf an die Universität
Innsbruck an.
e. Im Ministerrat wurde der Ernennungsvorschlag am 19. Mai 1998 beschlossen und sodann
unverzüglich an den Herrn Bundespräsidenten weitergeleitet.
2. Laut Medienberichten soll einige Monate nach Einlangen des Ternavorschlags an
der Universität Innsbruck entdeckt worden sein, daß zwei Bewerbungen “überse-
hen” worden waren. Wann und von wem wurde dies ihrem Ministerium bekannt
gegeben und welche Schritte wurden daraufhin veranlaßt?
Der Vorsitzende der Berufungskommission teilte in einem Gespräch in meinem Ministerium am
21. März 1997 mit, daß zwei Bewerbungen, die rechtzeitig und richtig eingebracht wurden, in
diesem Berufungsverfahren aufgrund eines Kanzleiversehens nicht von der Berufungskommis -
sion behandelt wurden. In diesem Gespräch wurde sodann der Vorsitzende der Berufungs -
kommission ersucht, einerseits bekannt zu geben, warum es zu diesem Verfahrensmangel (näm -
lich Nichtberücksiehtigung zweier Bewerbungen) gekommen war, und ob die beiden Bewer -
bungen einerseits den formalrechtliehen Ernennungserfordernissen entsprechen und andererseits
derart qualifiziert wären, um in der
Entscheidungsfindung bzw. in der engeren Auswahl berück -
sichtigt zu werden. Keinesfalls kann aus diesem Ersuchen um diesbezügliche Stellungnahme
abgeleitet werden, daß die Zuständigkeit im Berufungsverfahren dadurch wieder an die Beru -
fungskommission und somit in den autonomen Wirkungsbereich der Universität zurückgefallen
wäre (siehe dazu obige Ausführungen).
3. Wurde versucht, den Verantwortlichen bzw. die Verantwortliche für das “Überse-
hen” von zwei Bewerbungen in diesem Berufungsverfahren ausfindig zu machen?
Wurde versucht, zu klären, wie - vom administrativen Ablauf gesehen - ein
“Übersehen” von Bewerbungen passieren konnte?
Die Nichtbeachtung dieser beiden Bewerbungen (bisher ist ein derartiger Verfahrensmangel nie
vorgelegen) ist wohl auf die Umorganisation des vormaligen Senatsinstituts für Zwischen -
menschliche Kommunikation zurückzuführen. Im Laufe des Berufungsverfahrens wurde nämlich
das Senatsinstitut aufgelöst und in die Naturwissenschaftliche Fakultät integriert.
4. Trifft es zu, daß ein Beamter oder eine Beamtin des Wissenschaftsministeriums
der “ersten Berufungskommission” telefonisch mitgeteilt hat, daß sie das Beru -
fungsverfahren wiederholen könne? Wenn .ia, wann und wem wurde dies mitge-
teilt?
In diesem Berufungsverfahren gibt es weder eine “erste Berufungskommission‘” noch eine ande -
re Berufungskommission, sondern lediglich eine zuständige Berufungskommission. Wie bereits
oben ausgeführt wurde, kann die Zuständigkeit in einem Berufungsverfahren sobald sie vom
autonomen Wirkungsbereich der Universität auf den staatlichen Wirkungsbereich des Bundes -
ministers für Wissenschaft und Verkehr übergegangen ist, nur durch Erlassung eines aufsichts -
behördlichen Bescheides gemäß § 5 Abs. 5 UOG wieder in den selbständigen Wirkungsbe -
reich der Universität übertragen werden. Eine telefonische Erlassung von Bescheiden ist jedoch
keineswegs zulässig ((siehe dazu VwSlgNF 7790A, auch VfSlg 7934). Eine telefonische Rück -
übertragung der Zuständigkeit im Berufungsverfahren vom staatlichen Wirkungsbereich auf den
autonomen Wirkungsbereich kann rechtlich
nicht erfolgen. Es konnte auch kein Bediensteter
des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr eruiert werden, der einen solchen "Be -
scheid” erlassen hätte. Telefonisch wurde lediglich einem Mitarbeiter des Parlamentklubs des
Liberalen Forum ausführlich und genau die gesamte Rechts - und Sachlage dargetan.
5. Wann und in welcher Form ist die Universität Innsbruck von der Unrichtigkeit der
telefonischen Mitteilung verständigt worden? Wer trägt die Verantwortung dafür,
daß dennoch ein - gesetzlich nicht gedecktes - zweites Berufungsverfahren statt -
gefunden hat?
Die Berufungskommission hätte lediglich eine Stellungnahme darüber abgeben sollen, wie es zu
diesem Verfahrensmangel kam, und ob die beiden übergangenen Bewerber derart qualifiziert
sind, sodaß dadurch eine inhaltlich andere Entscheidung der Berufungskommission hätte zu -
stande kommen können. Es wurde jedoch keine derartige Stellungnahme abgegeben sondern
ein inhaltlich neuer Ternavorschlag seitens der Berufungskommission beschlossen, wobei sie
allerdings zu diesem Zeitpunkt des Verfahrens keinerlei Zuständigkeit mehr besaß.
6. Wurden Sie von der Abhaltung eines zweiten Berufungsverfahren bzw. von der
Erstellung eines zweiten Ternavorschlages in Kenntnis gesetzt? Wenn ja, von
wem? Welche Maßnahmen haben Sie darauf ergriffen?
Die Berufungskommission hat am 12. Juni 1997 den “zweiten Ternavorschlag" beschlossen und
sodann an das Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr übermittelt. Da zum Zeitpunkt
der Beschlußfassung durch die Berufungskommission keinerlei Zuständigkeit derselben gege -
ben war, blieb dieses Papier unbeachtet.
7. Welche Rechte und Pflichten kommen aus Ihrer Sicht dem Bundespräsidenten bei
der Ernennung von UniversitätsprofessorInnen zu? Ist der Bundespräsident Ihrer
Meinung nach berechtigt, eigenständig aus einem Ternavorschlag einer Universi -
tät bzw.
Fakultät auszuwählen?
Gemäß Art. 65 Abs. 2 lit. a B - VG ist zur Ernennung von Bundesbeamten und damit auch von
Universitätsprofessoren im öffentlich - rechtlichen Dienstverhältnis der Bundespräsident auf Vor -
schlag der Bundesregierung zuständig. Er hat seine diesbezügliche Befugnis (zur Ernennung von
Universitätsprofessoren) nicht nach Art. 66 Abs. 1 B - VG an die Bundesregierung oder an den
Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr delegiert (siehe dazu Delegationsverordnung
BGBl. Nr. 54/1995). Der Bundespräsident bedarf grundsätzlich zur Ausübung dieser Kompe -
tenzen eines Vorschlages der Bundesregierung und ist dabei insofern an den Vorschlag gebun -
den als er nur vorschlagsgemäß handeln darf. Eine Auswahl aus dem Ternavorschlag hat der
zuständige Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (gemäß UOG 93 geht diese Zustän -
digkeit auf den Rektor der betreffenden Universität über) vorzunehmen, keinesfalls jedoch der
Bundespräsident (siehe dazu auch Norbert Wimmer, Berufungsverfahren, Seite 15 in Grund -
fragen der Universitätsorganisation 3, herausgegeben von O. Univ. Prof. Dr. Rudolf Strasser,
Manz Wien).
8. Laut Medienberichten hat sich Bundespräsident Klestil deshalb so lange mit der
Behandlung der gegenständlichen Ernennung Zeit gelassen, nämlich von Mai bis
Ende August 1998, da er in der Zwischenzeit mit dem Wissenschaftsminister “dar -
über verhandelt” habe. Worüber wurde mit Ihnen verhandelt?
Mit dem Herrn Bundespräsidenten wurde keineswegs "verhandelt", sondern es wurden die
Rechtsanschauungen in diesem Berufungsverfahren dargelegt.
9. Ist es üblich, daß der Bundespräsident mit dem Minister über die Ernennung von
HochschulprofessorInnen “verhandelt”? Welche Entscheidungsspielräume hat
nach einem von der Universität abgeschlossenen Berufungsverfahren aus Ihrer
Sicht
1. der Wissenschaftsminister
2. der
Bundespräsident?
Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr "verhandelt” keineswegs mit dem Bundes -
präsidenten über die Ernennung von Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren,
sondern diese werden, wie bereits oben ausgeführt, dem Bundespräsidenten auf Beschluß der
Bundesregierung zur Ernennung vorgeschlagen.
10. Welche Rechtsauffassung vertreten Sie bezüglich der Rechtmäßigkeit des gegen -
ständlichen Berufungsverfahrens unter Einbeziehung der Tatsache, daß zwei Be -
werbungen nicht berücksichtigt wurden?
Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat gemäß UOG, BGBl. 1975/258 in der
geltenden Fassung, im Berufungsverfahren einerseits eine aufsichtsbehördliche Funktion gemäß
§ 5 des genannten Gesetzes, andererseits besteht die Wahlfreiheit des Bundesministers zur
Auswahl eines Kandidaten oder einer Kandidatin, der bzw. die auf dem Besetzungsvorschlag
aufscheint.
Wie bereits dargelegt, ist allein der erste Besetzungsvorschlag maßgeblich und gehört dem
Rechtsbestand an. Eine Abänderung dieses Besetzungsvorschlages hätte lediglich nach Erlas -
sung eines aufsichtsbehördlichen Bescheides erfolgen können. Das Übergehen von zwei Bewer -
bern im Berufungsverfahren bedeutet, daß dieses Verfahren mangelhaft durchgeführt wurde. Ein
Ermittlungsverfahren des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr konnte nicht durch -
geführt werden, da die Berufungskommission statt der gewünschten Stellungnahme einen “modi -
fizierten Besetzungsvorschlag” übermittelte, wofür ihr die Zuständigkeit fehlte. Auf dringenden
Wunsch einzelner Organe der Universität Innsbruck wurde das Berufungsverfahren aufgrund
des ursprünglichen Besetzungsvorschlages durchgeführt, da die Angelegenheit keinen Aufschub
mehr duldete.
11. Welche Rechtsauffassung wurde Ihnen vom Bundespräsidenten zur Kenntnis ge-
bracht? Mit welcher Begründung verweigert der Bundespräsident die Unterschrift
unter die Ernennung von Frau Bänninger - Huber?
Nach Kenntnis des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr wurde die Ernennung
von Frau Univ. Doz. Dr. Bänninger - Huber durch den Herrn Bundespräsidenten deshalb nicht
vorgenommen, da das Verfahren aufgrund des Übergehens zweier Bewerber nach Ansicht des
Herrn Bundespräsidenten, mangelhaft gewesen sei.
12. Welcher rechtliche Status kommt dem sog. zweiten Ternavorschlag der Universi -
tät Innsbruck Ihrer Meinung nach zu? Gibt es eine rechtliche Grundlage für die
Erstellung einer zweiten Liste? Wenn ja, welche?
Da zur Erstellung eines zweiten Ternavorschlages" keinerlei Zuständigkeit der Berufungskom -
mission zum Zeitpunkt der Beschlußfassung gegeben war, ist der Beschluß unbeachtlich.
13. Trifft es zu, daß Frau Bänninger - Huber durch die Entwicklung im gegenständli -
chen Verfahren bzw. durch das Verhalten des Bundespräsidenten schwere berufli -
che und persönliche Nachteile erfahren hat, da sie bei ihrem bisherigen Arbeit -
geber bereits gekündigt hatte, nun aber die Professur nicht antreten kann? Wel -
che Maßnahmen werden Sie setzen, um Frau Bänninger - Huber diesbezüglich zu
unterstützen?
Um berufliche und persönliche Nachteile so weit wie möglich zu vermeiden, wurde Univ.Doz.
Dr. Eva Bänninger - Huber inzwischen zur Gastprofessorin an der Universität Innsbruck bestellt.
14. Durch welche Maßnahmen werden Sie sicherstellen, daß sich ein derartiger Fall
nicht wiederholen kann?
Ein derartiger Fall bzw. ein derartiges Berufungsverfahren, in dem zwei Bewerber übergangen
wurden, ist bisher im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr
nicht aufgetreten.
Auf Grund der bisherigen Erfahrungen kann angenommen werden, daß es sich um einen singu -
lären Fall handelte und daher auch keine Vorkehrungen für die Zukunft zu treffen sind.