4647/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4945/J - NR/1998 betreffend Berufungsverfahren
für das Institut für zwischenmenschliche Kommunikation an der Universität Innsbruck, die die
Abgeordneten Dipl. - Vw. Dr. LUKESCH und Kollegen am 1. Oktober 1998 an mich gerichtet
haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Das Berufungsverfahren für Ordentliche Universitätsprofessoren an der Universität Innsbruck ist
gemäß §§ 26 ff UOG, BGBl. Nr. 258/1975 in der geltenden Fassung, durchzuführen. Dieser
Aufgabenbereich fällt einerseits in den autonomen Wirkungsbereich der Universität bzw. Fakul -
tät (§ 64 Abs. 3 lit. g UOG), andererseits ab Einlangen des Besetzungsvorschlages im Bundes -
ministerium für Wissenschaft und Verkehr in den staatlichen Wirkungsbereich.
Gemäß § 28 Abs. 3 leg. cit. hat die Berufungskommission einen Bericht auszuarbeiten, der die
Beurteilung aller Kandidatinnen bzw. Kandidaten enthält. Dieser Bericht ist mit allen Beilagen
wenigstens zwei Wochen zur Einsichtnahme für die Mitglieder des zuständigen Kollegialorgan
aufzulegen und sodann im Dienstweg dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (nun -
mehr Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr) zu übermitteln. Mit Übermittlung des Beset -
zungsvorschlages geht sodann die
Zuständigkeit im Berufungsverfahren vom autonomen Wir -
kungsbereich der Universität auf den staatlichen Wirkungsbereich des Bundesministers für Wis -
senschaft und Verkehr über. Eine Kompetenz der Berufungskommission, diesen Besetzungsvor -
schlag abzuändern, zu ergänzen oder zu verbessern, besteht ab Zeitpunkt des Einlangens des
Besetzungsvorschlages beim zuständigen Bundesminister nicht mehr.
Treten in einem Berufungsverfahren Mängel auf, so können diese bis zum Übergang der Zu -
ständigkeit an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (durch Übermittlung des End -
beschlusses) im Rahmen des selbständigen Wirkungsbereiches der Universität bereinigt werden.
Nach Einlangen des Besetzungsvorschlages beim Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr
und somit Übergang der Zuständigkeit im Berufungsverfahren an diesen, kann der Bundesmini -
ster, bei Vorliegen von Mängeln im Berufungsverfahren, ein aufsichtsbehördliches Verfahren
gemäß § 5 UOG einleiten. Vermeint der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr nach
Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, daß einer der in § 5 Abs. 5 UOG taxativ aufgezählten
Gründe vorliegt, so hat der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr die Beschlüsse der
Organe der Universität mittels aufsichtsbehördlichen Bescheides aufzuheben. Lediglich nach
Inkrafttreten dieses aufsichtsbehördlichen Bescheides geht die Zuständigkeit im Berufungsverfah -
ren wieder auf die Berufungskommission an der Universität über.
Die in der Anfrage geäußerte Rechtsansicht kann somit nicht geteilt werden. Die Berufungs -
kommission hätte nämlich jederzeit von Amtswegen, solange ihre Zuständigkeit gegeben war, die
beiden übergangenen Bewerbungen berücksichtigen können und müssen. Nach Übergang der
Zuständigkeit auf den staatlichen Wirkungsbereich hat nicht mehr die Berufungskommission
darüber zu befinden, ob ein Besetzungsvorschlag “formal aufrecht zu erhalten” ist oder nicht,
sondern lediglich das Organ Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr. Erst nach Durch -
führung eines Ermittlungsverfahrens und Erlassung eines aufsichtsbehördlichen Bescheides wäre
die Kompetenz der Berufungskommission zur Erlassung eines neuerlichen Besetzungsvorschla -
ges in diesem Berufungsverfahren gegeben gewesen.
Daß die Zuständigkeit nach Auftauchen dieser Bewerbungen an der Universität Innsbruck ohne
weitere aufsichtsbehördliche
Maßnahme wieder an diese zurückfällt, ist rechtlich unhaltbar.
Somit kann keine Rede davon sein, daß der zweite Besetzungsvorschlag" rechtsgültig ist, da zu
dessen Erstellung keinerlei Zuständigkeit der Berufungskommission zum Zeitpunkt des Beschlus -
scs gegeben war. Ein aufsichtsbehördlicher Bescheid kann nach eindeutiger Lehre und Recht -
sprechung (siehe dazu VwSlgNF 7790 A, auch VfSlg 7934) keinesfalls telefonisch erlassen
werden. Die Berufungskommission wurde lediglich ersucht, eine Stellungnahme darüber ab -
zugeben, weshalb ein derartiges Versehen (im Wirkungsbereich des Bundesministeriums für
Wissenschaft und Verkehr ist bisher kein derartiger Verfalirensmangel aufgetreten) geschehen
konnte, und ob die beiden übergangenen Bewerber formalrechtlich und inhaltlich entsprechend
qualifiziert sind. Dadurch ist allerdings keineswegs die Zuständigkeit wieder auf die Berufungs -
kommission übergegangen, die keine Stellungnahme abgab, sondern rechtswidrigerweise einen
neuen “Ternavorschlag” erstellte.
Der übermittelte Leserbrief aus einer Zeitung gibt nicht die Meinung der Universität Innsbruck
wieder, sondern lediglich einzelner Angehöriger und ist rechtlich keineswegs haltbar (siehe dazu
obige Ausführungen).
1. Vertreten Sie die Auffassung, daß - wenn zwei Bewerbungen beim Berufungsver -
fahren in Verstoß geraten und somit bei der Erstellung des Besetzungsvorschlages
nicht berücksichtigt werden konnten - dies einen schweren Verfahrensmangel dar-
stellt und dieses Verfahren daher rechtswidrig war und sofort unterbrochen hätte
werden müssen?
2. Wenn nein, warum nicht?
3. Wenn ja, warum haben Sie dennoch einen, auf rechtswidrige Art und Weise zustan -
degekommenen, Besetzungsvorschlag an den Bundespräsidenten weitergeleitet?
Das Übergehen zweier rechtzeitig und richtig eingebrachten Bewerbungen in einem Berufungs -
verfahren stellt zweifelsfrei einen Verfahrensmangel dar. Die Berufungskommission hätte, solange
sie zuständig war, jederzeit das
Verfahren entsprechend unterbrechen und unter Berücksichti -
gung der beiden Bewerbungen weiterführen müssen. Nach Einlangen des Besetzungsvorschlages
im Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr und somit Übergang der Zuständigkeit in
den staatlichen Wirkungsbereich kann der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr, da die
Berufungsverhandlung in den autonomen Wirkungsbereich der Universität fällt, keineswegs mit
Weisung vorgehen, sondern müßte ein aufsichtsbehördliches Verfahren im Sinne des § 5 UOG
durchführen. Erst nach Beendigung des Ermittlungsverfahrens und Feststellung des konkreten
Sachverhalts hätte ein aufsichtsbehördlicher Bescheid im Sinne des § 5 Abs. 5 UOG erlassen
werden können. Die Berufungskommission hat jedoch eine Mitwirkung am Ermittlungsverfahren
unterlassen und die vom BMWV verlangte Stellungnahme zum Verfahrensverlauf und zu den
übergangenen Kandidaten nicht abgegeben. Da die Nachbesetzung der Planstelle keinen Auf -
schub mehr duldete, wurde Frau Doz. Dr. Bänninger - Huber, deren Qualifikation außer Frage
steht, zur Besetzung vorgeschlagen.
Der sogenannte "2. Besetzungsvorschlag", der von der Berufungskommission statt der verlang -
ten Stellungnahme übermittelt wurde, hatte keine rechtliche Basis, da die Berufungskommission
diesen Vorschlag erst nach Übergang der Zuständigkeit zur Fortsetzung des Ernennungsverfah -
rens auf den staatlichen Wirkungsbereich des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr -
und somit unzuständigerweise - beschlossen hat. Dieser “Vorschlag” konnte daher keine taugli -
che Grundlage für eine Kandidatenauswahl und eine Fortsetzung des Ernennungsverfahrens auf
der staatlichen Ebene darstellen.
4. Wie beurteilen Sie die Äußerung von LIF - Chefin Heide Schmidt, die den Bundes -
präsidenten dafür rügt, daß dieser darauf achtet, daß die österreichische Bundes -
verfassung eingehalten wird?
5. Wie beurteilen Sie die Äußerungen von Grün - KIubobfrau Madeleine Petrovic, die
die Sicherstellung der Einhaltung der österreichischen Bundesverfassung durch den
österreichischen
Bundespräsidenten als ,,Paragraphenreiterei” bezeichnete?
Äußerungen von Abgeordneten sind von diesen zu verantworten. Ich ersuche um Verständnis,
daß ich derartige Äußerungen in einer Anfragebeantwortung nicht kommentieren will. In diesem
Zusammenhang darf ich auch auf § 90 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates ver -
weisen, wonach die Bundesregierung bzw. ein Regierungsmitglied nur zur Auskunft über Akte
der Vollziehung verpflichtet ist.