4650/AB XX.GP

 

An den

Herrn Präsidenten des

Nationalrates

Parlament

A - 1017 Wien

 

 

 

Bezugnehmend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Partik - Pable,

Lafer, Scheibner und Kollegen an das Bundesministerium für

Inneres, betr. Verbreitung des ViCLAS - Datenbanksystems in den

EU - Mitgliedsstaaten vom 7.10.1998, Zl. 4964/J - NR/1998, erlaube

ich mir die nachstehenden Fragen wie folgt zu beantworten:

 

zu 1: Wie sieht dieses System im Konkreten aus?

 

Das ViCLAS - Datenbanksystem wurde im Jahr 1992 von der

kanadischen Bundespolizei RCMP unter hohem technischen und

finanziellen Aufwand entwickelt und zielte darauf ab, Exekutiv -

behörden ein zusätzliches Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen,

um geografisch weit entfernte Straftaten, insbesondere sexuell

motivierte Tötungsdelikte sowie alle anderen Formen von Sexual -

verbrechen anhand eines 262 Fragen umfassenden Fragenkataloges

zu erfassen, zu speichern und damit rascher und effizienter

Gemeinsamkeiten von Einzelstraftaten zu erkennen.

 

Primär zielt das System darauf ab, Tatortinformationen einzelner

Straftaten zu erfassen, welche wiederum auf bestimmtes Täterver -

halten hinweisen, um über diese Gemeinsamkeiten eventuell vor -

liegende Serienstraftaten rascher zu erkennen.

Es handelt sich dabei weder um ein Sexualstrafregister noch um

ein spezifisches Analysesystem, sondern beantwortet im Prinzip

lediglich die Frage "Gibt es in einem bestimmten geografischen

Gebiet (je nach Einspeicherung einzelner Straftaten) Delikte,

welche gleiches oder ähnliches Täterverhalten aufzeigen?”

 

Entspricht dieses System dem während der Konferenz “Zukunft der justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen in Europa” angekündigten TECS - Informationssystem?

 

Das TECS - Informationssystem ist ein “Personaldatensystem”, wobei,

bezogen auf eine konkrete namentliche Person, sämtliche

Informationen abgerufen werden können.

 

Das ViCLAS - Datenbanksystem aber zielt auf Verhaltensmerkmale von

unbekannten Personen ab und zwar auf jene, die sie bei der

eigentlichen Durchführung des Verbrechens gezeigt haben.

 

zu 2: Wie sehen die datenschutzrechtlichen Vorkehrungen aus?

 

Es handelt sich beim ViCLAS - Datenbanksystem um eine Verarbeitung

zum Zwecke der Strafrechtspflege im Sinne des § 4 Abs. 3 Ziff. 1

DSG, womit von einer Meldung an das DVR im § 8 DSG Abstand

genommen werden kann.

 

zu 3: Welche Erfolge kannten seit Einführung des Systems bei der Erkennung von

         Serienstraftaten in Österreich verzeichnet werden?

 

Das ViCLAS - Datenbanksystem befindet sich zur Zeit in der Test -

phase bzw. als Pilotprojekt beim Kriminalpsychologischen Dienst

meines Hauses. Der flächendeckende Vollbetrieb wird voraussicht-

lich mit 1.7.1999 aufgenommen, wobei ab diesem Zeitpunkt die

bundesweite Eingabe von allen ViCLAS relevanten Delikten

(Tötungsdelikte mit sexuellem Hintergrund, jene die scheinbar

motivlos ausgeführt wurden bzw. sämtliche Sexualverbrechen)

durchgeführt wird.

Nach Richtlinien der kanadischen Bundespolizei RCMP kann von

einer wahrscheinlichen Deliktszusammenführung aufgrund ihrer

eigenen Erfahrungswerte erst ab dem ca. 3000. eingegebenen

Einzelfall gesprochen werden. Diese Zahl muß jedoch unter den

geografischen Verhältnissen Kanadas gesehen werden, sodaß wir in

Österreich damit rechnen können, ab dem ca. 300. eingegebenen

Fall mit Hilfe des Systems Verhaltensparallelen aufzeigen zu

können.

 

Wohl aber wurden während der Pilot - bzw. Testphase sämtliche

sexuell relevanten Tötungsdelikte im Bundesgebiet von 1974 bis

dato eingegeben, sodaß auf Anfrage des LG Leoben in einem

nunmehr anstehenden zweiten Gerichtsverfahren gegen einen

bereits rechtskräftig verurteilten Mörder aufgezeigt werden

kann, daß es in den letzten 24 Jahren lediglich zwei

Tötungsdelikte mit ähnlichen Verhaltensentscheidungen gegeben

hat, nämlich in jenem Fall, für den der nunmehr Angeklagte

bereits rechtskräftig verurteilt wurde sowie in jenem Fall, der

nunmehr zur Anklage steht.

 

 

zu 4: Ist es richtig, daß die österreichische Präsidentschaft Initiativen gesetzt hat, um das

         ViCLAS - System unter Österreichs Vorsitz für alle Europol - Länder einzuführen?

 

Ja. Der Kriminalpsychologische Dienst meines Hauses hatte

bereits im Vorfeld in zahlreichen international besetzten

Vorträgen im In - und Ausland auf die Notwendigkeit einer

einheitlichen Datenbank hingewiesen, auf Antrag ausländischer

Behörden Schulungen durchgeführt und das ViCLAS - Datenbanksystem

bekanntgemacht. Zahlreiche ausländische Delegationen haben sich

in Wien das ViCLAS - Datenbanksystem in der Testphase angesehen,

sodaß nunmehr die Staaten Großbritannien, Belgien, die

Niederlande, Deutschland sowie Schweden im Begriff sind, das

ViCLAS - Datenbanksystem einzuführen und in den Vollbetrieb zu

nehmen.

Um die internationale Bedeutung des gleichen Datenbanksystems

nochmals zu unterstreichen, wird während der österreichischen

Präsidentschaft in der Zeit vom 23. - 27.ll.1998 die 1.

europäische ViCLAS - Konferenz von meinem Hause organisiert, zu

dem sämtliche EU - Staaten sowie die Schweiz und einige

osteuropäische Länder eingeladen wurden, interessierte Vertreter

zu entsenden.

 

zu 5: Einerseits ist Presseberichten zu entnehmen, daß dieses ViCLAS – Datenbanksystem, nach

         welchem unter anderem bei Sexualstrafdelikten eine Einspeisung aller wichtigen

         Tatorteinzelheiten automatisch vorgenommen werden soll, auf eine österreichische

         Initiative hin in allen EU - Mitgliedstaaten eingeführt werden soll. Andererseits jedoch

         erwähnt der österreichische EU - Vorsitz im Namen des Rates auf eine Anfrage nach

         Sexualstrafregistern (Frage Nr. 35 der September.Fragestunde von John Cushnahan, H-

         0811/98) diese Initiative nicht. Wie erklären Sie sich diesen Widerspruch?

 

Die Anfrage Nr. H - 0811/98 von John Cushnahan am 16.9.1998 “Would

the Council give consideration to drawing up an EU - wide register

of sex offenders?” bezog sich vom Inhalt her auf den Aufbau

einer Sexualstrafdatei eines personenbezogenen Sexualstraf -

registers.

 

Da das ViCLAS - Datenbanksystem jedoch primär darauf ausgelegt

ist, Verhalten unbekannter Personen zu identifizieren und als

ähnlich zu erkennen, besteht in der Beantwortung der Frage im

Rahmen des Rates auf diese Anfrage kein Widerspruch.