4662/AB XX.GP
Beantwortung
der Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und
Genossen betreffend die Gesundheitsbelastung der Seil -
und Bergbahnbediensteten, Nr. 4951/J.
Zur vorliegenden Anfrage führe ich folgendes aus:
Zur Frage 1:
Die Studie ist mir bekannt. Der Inhalt der Studie war eine Befragung von insgesamt
70 Wagenführern (Wagenbegleitern) und Maschinisten von Seil - und Bergbahnen
(42 Fragebögen wurden retourniert), nach subjektiv empfundenen typischen
Arbeitsbelastungen. Von den Befragten wurden am häufigsten psychomentale
Belastungen (hohe Verantwortung, Zeitdruck, Streß) genannt. Weiters wurden
Faktoren wie Klimaeinflüsse, Lärm, Vibrationen, schwere körperliche Arbeit, ständi -
ges Gehen und Stehen, Unfallgefahr sowie Probleme mit Fahrgästen als mäßig bis
stark belastend bewertet. Als Parameter für die Beurteilung der Beanspruchung
wurde die Herzfrequenz (Arbeitspuls und HRV = Heart Rate Variability) bei 11 frei -
willigen männlichen Versuchspersonen (Wagenbegleitern) gemessen, wobei 10
Datensätze zur Auswertung gelangten
.
In der Schlußfolgerung zur Studie wird festgestellt, daß eine erhöhte Aktivität des
vegetativen Nervensystems als Ausdruck einer Beanspruchung des Herz - Kreislauf -
systems während des Fahrbetriebes gezeigt werden konnte, welche aber in der
Ruhepause wieder rasch reversibel war. Der Verfasser der Studie kommt auch zu
dem Schluß, daß "eine Gesundheitsgefährdung bei gesunden Personen nicht anzu -
nehmen ist", daß aber bei einer "Vorschädigung des Herz - Kreislaufsystems ein
weiterer Einsatz im Fahrdienst vermieden werden sollte". Als Ursachen für diese
Beanspruchung werden der ständig wiederkehrende Wechsel der Höhenlage ver -
bunden mit ständigem Klimawechsel und
psychomentale Belastungen angeführt.
Wiewohl diese Studie sehr wichtig ist für die Beurteilung der möglichen Belastun -
gen, ist jedoch aufgrund der geringen Fallzahl (tatsächlich nur 10 Probanden) eine
seriöse wissenschaftliche Aussage hinsichtlich eines signifikanten Zusammenhan -
ges zwischen der Tätigkeit als Wagenbegleiter und des Auftretens von Herz - Kreis -
laufstörungen (vor allem von Arythmien) nicht möglich. Demgemäß kann auch der -
zeit nicht von "typischen" Erkrankungen der Seilbahner als Berufskrankheit gespro -
chen werden. Es bleibt aber festzuhalten, daß die in der Studie angeführten Bela -
stungen (ständiger Klimawechsel, psychomentale Belastungen) nach längerer
Expositionszeit zu gesundheitlichen Beschwerden führen können.
Zu den Fragen 2 und 3:
In Österreich gibt es in der Liste der Berufskrankheiten weder eine Berufskrankheit
"Herz - Kreislauferkrankung" noch "rheumatische Erkrankung" bei irgendwelchen
Berufen, also auch nicht bei "Seilbahnern". Auch wäre der Kausalzusammenhang
zwischen Erkrankung und beruflichen Belastungen bei diesen sogenannten
"Volksepidemien" in jedem Einzelfall sicher sehr schwer zu erbringen. In diesem
Zusammenhang sind jedoch die Nr. 23 "Chronische Erkrankung der Schleimbeutel
der Knie - oder Ellenbogengelenke durch ständigen Druck oder ständige Erschütte -
rung" oder die Nr. 20 "Erkrankung durch Erschütterung bei der Arbeit mit Preßluft -
werkzeugen und gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen" anzuführen.
Im übrigen ist an dieser Stelle ganz allgemein zum aktuellen Stand der Weiterent -
wicklung der Liste der Berufskrankheiten folgendes festzuhalten:
Ich wurde mit Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 1997 ersucht, die
Berufskrankheitenliste (Anlage 1 zum ASVG) entsprechend der Empfehlung der
Europäischen Kommission betreffend die Annahme einer Europäischen Liste der
Berufskrankheiten (90/326/EWG) unter Berücksichtigung der österreichischen
Erfordernisse anzupassen. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt ließ die Liste
der Berufskrankheiten von der klinischen Abteilung des arbeitsmedizinischen Insti -
tuts der Universität Wien (Univ. - Prof. Dr. Rüdiger) überprüfen. Das Ergebnis der
Prüfung wurde im Rahmen der 55. ASVG - Novelle, BGBl. I Nr.138/1998, vom
Gesetzgeber beschlossen, wodurch der Empfehlung der Europäischen Kommission
weitestgehend entsprochen wurde.
Auf Grund erheblicher Bedenken über die Sinnhaftigkeit der Anerkennung von
Sehnenscheidenerkrankungen als Berufskrankheiten ist deren Aufnahme in die
Berufskrankheitenliste zunächst nicht vorgesehen. Gleiches gilt für Erkrankungen
der Wirbelsäule, die zwar in der europäischen Berufskrankheitenliste nicht enthalten
sind, deren Aufnahme aber im Zuge der Begutachtung des Entwurfes der 55. ASVG -
Novelle mehrfach gefordert wurde. Auf Grund
dieser Sachlage habe ich die Allge -
meine Unfallversicherungsanstalt ersucht, bis Ende 1999 die Problematik der Auf -
nahme berufsbedingter Wirbelsäulenschäden und Sehnenscheidenerkrankungen in
die Liste der Berufskrankheiten einer fundierten Prüfung zu unterziehen.
Angesichts dieser jüngsten umfangreichen Reformmaßnahmen und des nunmehr
hergestellten Gleichklangs mit der Europäischen Liste der Berufskrankheiten stehen
darüber hinausgehende Änderungen der österreichischen Berufskrankheitenliste
derzeit nicht unmittelbar zur Diskussion. Jedoch sollten weitergehende Untersu -
chungen hinsichtlich der angesprochenen Berufsgruppe durchgeführt werden und
die Arbeitsbedingungen, besonders im Hinblick auf die ausgeprägten psychomenta -
len Belastungen und das Auftreten von Herzrhythmusstörungen, verbessert werden.