4664/AB XX.GP
Beantwortung
der Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Trinkl und Kollegen
betreffend aushangpflichtige Gesetze, Nr. 4978/J.
Zur vorliegenden Anfrage führe ich folgendes aus:
Zu Frage 1:
Aus meiner Sicht ist die Darstellung des durch die Aushangpflicht bei den Unter -
nehmen hervorgerufenen Aufwandes in der gegenständlichen Anfrage stark über -
trieben und entspricht so nicht den Tatsachen. Es werden nämlich von verschiede -
nen Verlagen Sammlungen der "aushangpflichtigen Gesetze" herausgegeben, wobei
die gängigsten dieser Ausgaben - beispielsweise seien nur jene des Österreichi -
schen Gewerbeverlages, des Wirtschaftsverlages, des Herold Verlages oder der
Kodex des Linde Verlages angeführt - handliche Broschüren sind, die keineswegs
2.085 Seiten, sondern ca. 300 Seiten umfassen, knapp über S 200,-- kosten und
jährlich in aktualisierter Fassung erscheinen. Es erscheint mir in keiner Weise
gerechtfertigt, hier von einem "enormen bürokratischen Aufwand" zu sprechen.
In Relation zu dem mit der Aushangpflicht verbundenen Recht der Arbeitnehmer,
jederzeit Einsicht in die arbeitsrechtlichen Vorschriften zu nehmen, scheint mir
jedenfalls ein Aufwand von rund S 200,-- jährlich nicht unangemessen. Auch wenn
nicht jeder einzelne Arbeitnehmer über das notwendige Fachwissen verfügen sollte,
um jedes Detail der aushangpflichtigen Vorschriften zu verstehen, halte ich doch
die grundsätzliche Möglichkeit aller Arbeitnehmer, sich jederzeit generell über die
Existenz und den Inhalt der für sie geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften zu
informieren, für unverzichtbar.
Zu der von den Abgeordneten angesprochenen Evaluierung nach dem Arbeitneh -
merInnenschutzgesetz möchte ich bemerken, daß es dabei um eine systematische
Ermittlung und Beurteilung von konkreten, in einem Betrieb bestehenden Sicher -
heits - und Gesundheitsgefahren geht, die
nichts an der Verpflichtung zur Einhaltung
der generellen Rechtsvorschriften ändert. Die Evaluierung steht mit der Aushang -
pflicht dieser Rechtsvorschriften nicht in Zusammenhang und könnte diese daher
auch in keiner Weise ersetzen.
Zu Frage 2:
Eine schnelle und verständliche Information der Arbeitnehmer halte ich selbstver -
ständlich für begrüßenswert, allerdings könnte eine "Checkliste", die die Arbeitneh -
mer lediglich über die wichtigsten Bestimmungen informiert, eine umfassende Infor -
mation durch den Aushang von Gesetzen keinesfalls ersetzen. Da die Arbeitnehmer
kaum mehr eine Möglichkeit des Zuganges zum Gesetzestext und damit zu einer
vollständigen Information hätten, würden die mit der Aushangpflicht verbundenen
Schutz - und Informationszwecke nicht mehr im vollen Umfang gewährleistet sein und
letztlich auch die Gefahr von Rechtsschutzdefiziten steigen.
Falls Arbeitnehmern das Fachwissen zum Verständnis von Gesetzestexten fehlt
bzw. sie nähere Informationen brauchen, wird ihnen in der Regel die Möglichkeit
offenstehen, sich von ihrer betrieblichen oder überbetrieblichen Interessenvertretung
beraten zu lassen bzw. allenfalls in dem betreffenden Gesetz selbst vorgesehene
staatliche Rechtsschutzeinrichtungen - z.B. im Fall des aushangpflichtigen Gleich -
behandlungsgesetzes die Anwältin für Gleichbehandlungsfragen oder die Gleichbe -
handlungskommission - in Anspruch zu nehmen. Dazu ist aber zunächst eine
umfassende Information über die ihnen zur Verfügung stehenden gesetzlichen
Möglichkeiten erforderlich.
Zu Frage 3:
Im Zusammenhang mit der angeregten Schaffung eines eigenen Legislativdienstes
zur Erstellung und Prüfung solcher "Checklisten" stellt sich - abgesehen von dem
dafür notwendigen Personal - und Verwaltungsaufwand - insbesondere das Problem,
welche rechtliche Qualität solcherart erstellten oder überprüften Checklisten zu -
kommen soll. Da im Fall eines allfälligen Widerspruchs der Checkliste im Verhältnis
zum Gesetz ebenso wie im Fall einer allfälligen Unvollständigkeit der Checkliste
doch nur dem Gesetz selbst Verbindlichkeit (insbesondere auch hinsichtlich der
verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung der Arbeitgeber) zukommen kann, muß
wie bisher eine Überprüfung des Gesetzestextes auf Verständlichkeit, Notwendigkeit
und Anwendbarkeit im Rahmen des jeweiligen Gesetzgebungsprozesses selbst
erfolgen.
Zu Frage 4:
Aus den oben dargelegten Gründen sollte kein Abgehen von der Aushangpflicht
erfolgen.
Überlegenswert könnte aber die gleichzeitige innerbetriebliche Zurverfügungstellung
weiterer Systeme zur Information der Arbeitnehmer über diese Gesetze sein; dies
insbesondere unter Ausnützung neuer technischer Möglichkeiten (z.B. betriebsinter -
ne Computersysteme, Internet). Diesfalls müßte aber jedenfalls die Zugänglichkeit
der Gesetzestexte für alle Arbeitnehmer gewährleistet sein.