469/AB

 

 

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr.

430/J betreffend Verbot von PVC, we1che die Abgeordneten Lang-

thaler, Freundinnen und Freunde am 18. 4 . 1996 an mich richteten

und aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigelegt

ist , stelle ich fest :

 

Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage :

 

Über öffentliche Gebäude, die im Eigentum anderer Gebietskörper-

schaften stehen, liegen beim Wirtschaftsministerium keine Angaben

vor. Der Einsatz von Kunststoffen im Bundeshochbau ist in folgen-

den Bereichen üblich gewesen und teilweise noch heute üblich:

 

a ) Kanalrohre gemäß ÖNORM B 5184

Die Rohre weisen eine große Widerstandsfähigkeit gegen aggres-

sive Einwirkungen ( Humussäure ) und gegen Durchwurzelung auf.

Nach den Richtlinien für die Planung haustechnischer Anlagen

in Bundesgebäuden sind lotrechte Abfallrohre in Stahl

 

auszuführen, um eine Brandausbreitung von Stockwerk zu Stock-

werk über diese Leitungen zu verhindern.

 

b ) Bodenbeläge

Kunststoffbodenbeläge werden in stark beanspruchten Bereichen,

wo hohe Abriebfestigkeit und Brandwiderstand verlangt wird,

eingesetzt, was z .B. mit Linoleum in diesem Maße nicht er-

reicht werden kann. Für Räume mit geringerer Beanspruchung

( Büroräume ) finden auch andere Materialien, beispielsweise

Holzfußböden Verwendung.

 

c ) Fensterbau

Kunststoffenster werden derzeit wesentlich weniger als in der

Vergangenheit eingebaut . Der Anteil der Kunststoffenster bei

neuen Vorhaben des Bundes ist derzeit vernachlässigbar, wozu

auch die Festlegung des k-Wertes ( 1,9 W/M²K ) für Fenster gemäß

BGBl . Nr. 388/1995 beiträgt .

 

d ) Kabel

Es werden, nach den seit 1993 besonders verschärften elektro-

technischen Vorschriften ( ETV 1993 BGBl . Nr. 47/1994 ) , nur in

untergeordneten Bereichen PVC-Kabel eingesetzt , daher ist die

Verwendung von PVC-Kabeln zugunsten halogenfreier Kabel stark

eingeschränkt. Auf die Einhaltung der Vorschriften und auf die

Ausbildung von Brandabschnitten im staatlichen Hochbau wird

geachtet .

 

Bei den betrieblichen Hochbauten des Straßendienstes kann davon

ausgegangen werden, daß fallweise PVC-Produkte für Sanitärrohre,

Kabelführungen, Bodenbeläge, Fensterkonstruktionen, Wandpaneele

und Dachisolierungen verwendet wurden bzw. verwendet werden.

 

Obwohl es kein generelles PVC-Verbot für Bau- und Hilfsmateri-

alien gibt, bemüht sich die Verwaltung, so wenig PVC wie möglich

zum Einsatz zu bringen.

 

Der Anteil von PVC kann sowohl im Volumen , als auch in der Masse

mit weniger als 1 % von den insgesamt verwendeten Baumaterialien

angenommen werden.

 

Antwort zu Punkt 2a der Anfrage :

 

Die Zuständigkeit des Bundesministeriums für wirtschaftliche

Angelegenheiten besteht nur für den staatlichen Hochbau ( öffent-

liche Gebäude ) . Gemäß B-VG sind bau- und feuerpolizeiliche Ange-

legenheiten in der Gesetzgebung und in der Vollziehung grundsätz-

lich Landessache . Daher können über das Ausmaß der Verwendung von

PVC in Bauten und Bauvorhaben außerhalb des Zuständigkeitsbe-

reiches des staatlichen Hochbaues keine Angaben erfolgen.

 

Antwort zu den Punkten 3 bis 5 der Anfrage :

 

Nach derzeitigem Erkenntnisstand besteht kein Anlaß dafür , auf-

grund des Brandes am Flughafen Düsseldorf Maßnahmen im Bereich

PVC zu setzen bzw. anzuordnen.

 

Offizielle Untersuchungsberichte stehen noch aus . In den Erklä-

rungen der Stadt Düsseldorf und der Landesregierung Nordrhein-

Westfalen werden PVC-Produkte nicht namentlich erwähnt .

 

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat ihre anfängliche Erwähnung

von PVC-Kabeln mittlerweile als '' für jeden erkennbar ,, ,,vorläufig ,,

bezeichnet und erklärt , daß sie den Kunststoff PVC nicht in den

Mittelpunkt ihrer Erklärungen zur Brandursache und zum Brandver-

lauf gestellt habe .

 

Nach offizieller Darstellung ist der Brand dadurch entstanden,

daß heißes Bitumen in eine Zwischendecke tropfte , von wo er sich

im Flughafengebäude ausbreitete. Über die Art der Ausbreitung,

die Art der Kabel und der Kabelverlegung sind noch keine festen

Erkenntnisse bekannt . Außer Kabel sind bisher von keiner Seite

 

weitere PVC-Produkte genannt. Welche Stoffe maßgeblich zur Brand-

ausbreitung beigetragen haben, ist unbekannt.

Bisher liegt kein Anhaltspunkt dafür vor, daß PVC-Kabel und ande-

re PVC-Produkte anders zu bewerten wären als bisher bzw. daß die

zahlreichen Untersuchungen über das Brandverhalten von PVC-Kabeln

zu revidieren wären.

 

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es daher jedenfa1ls verfeh1t,

bezüglich PVC irgendwelche Konsequenzen aus dem Flughafenunglück

zu fordern.

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage :

 

Grundsätzlich ist festzustellen, daß Produktverbote, die einen

Eingriff in die Grundrechte auf Eigentum und Erwerbsfreiheit

darstellen, verfassungsrechtlich nicht zulässig sind, weil sie

dem vom Verfassungsgerichtshof bei Eingriffen in diese Grund-

rechte geforderten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspre-

chen.

 

Aufgrund der ''PVC-Resolution'' des Nationalrates vom 1.3 1990

wurde vom Wissenschaftsministerium bei der Gesellschaft Öster-

reichischer Chemiker eine Studie zum Themenkomplex ''Chlorchemie''

in Auftrag gegeben. Teil 5 dieser Studie befaßt sich mit dem

Kunststoff PVC. Die Analyse der im Zusammenhang mit PVC aufge-

worfenen umweltrelevanten Probleme ergab keine grundsätzlichen,

wohl aber eine Reihe von Detailproblemen, die jedenfalls keine

Notwendigkeit für ein generelles Verbot von PVC ergaben.

Mangels Notwendigkeit würde daher ein generelles PVC-Verbot nicht

dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und somit nicht

nur aus technisch-wirtschaftlichen, sondern auch aus verfassungs-

rechtlichen Erwägungen keinesfalls meine Zustimmung finden.

 

Aber auch im Hinblick auf die Verpflichtungen Österreichs als

Mitgliedsland der EU erscheinen Produktverbote oder

 

-beschränkungen bedenklich. Die EU kennt keine Produktverbote

oder -beschränkungen im Zusammenhang mit PVC und hat auch schon

klar zu erkennen gegeben, daß sie keine zwingende Erfordernisse

für einen Staat sieht, die Verbote und Beschränkungen von PVC im

Sinne der Cassis de Dijon Formel rechtfertigen könnten. Auch im

Hinblick auf den freien Warenverkehr erscheint daher ein generel-

les Verbot von PVC äußerst bedenklich und könnte daher nicht

meine Zustimmung erhalten.

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage :

 

Zum einen ist zu bemerken, daß es eine Entschließung des Natio-

nalrates zum Thema PVC aus dem Jahre 1989 nicht gibt - sollte die

schon im Zuge der Beantwortung der Frage 6 angesprochene Ent-

schließung aus 1990 gemeint sein, so erscheint es erforderlich,

deren Inhalt, soweit er auch kurzlebige Konsumgüter und Verpak-

kungsmaterial betrifft, in Erinnerung zu rufen. In Punkt 1 der

Entschließung wird die Bundesministerin für Umwelt, Jugend und

Familie ersucht, grundsätzlich für 1.1.1991 für das Inverkehr-

setzen, Herstellen und den Import von Verpackungsmaterial . . . . .

und jenen kurzlebigen Konsumgütern aus PVC ( Wegwerfartikel ) , die

nur für den einmaligen Gebrauch gedacht sind und bei denen die

Gefahr der unsachgemäßen Entsorgung besteht, mit der Wirtschaft

einen Rückzug zu vereinbaren. Eine Entschließung, die die Erlas-

sung von Verboten vorsieht, wurde nie gefaßt.

 

In Verfolgung der Entschließung aus 1990 wurde u. a. die bereits

erwähnte Studie zum Themenkomplex ',Chlorchemie" ausgearbeitet.

Die Ergebnisse der Studie faßt diese selbst in sieben Handlungse-

mpfehlungen zusammen, denen auch entsprochen wurde.

 

Im Verpackungsbereich erfolgte aufgrund einer freiwilligen Ver-

einbarung zwischen Wirtschaftsministerium und PVC-Industrie eine

schrittweise, deutliche Reduktion. Die jüngsten vorliegenden

Zahlen ( Studie ''Produktion und Einsatz von PVC für Verpackungs-

zwecke in Österreich'' , Österreichisches Institut für

 

Verpackungszwecke in Österreich'' , Österreichisches Institut für

Verpackungswesen an der Wirtschaftsuniversität Wien, 1994) schät-

zen die Menge des in Österreich für Verpackungen für den öster-

reichischen Markt verarbeiteten PVC auf lediglich ca. 2.700 t

(nach 3.400 t im Jahr 1992 bzw. 4.700 t im Jahr 1991) . Darüber

hinaus ist festzuhalten, daß PVC-Verpackungen selbstverständlich

der Verpackungsverordnung , BGBl. Nr. 645/1992, unterliegen und

gemäß dieser dem Hausmüll entzogen und der Wiederverwertung zuge-

führt werden müssen.

 

Als weitere abfallrechtliche Normen sind schließlich auch die

Verordnung über wiederbefüllbare Kunststoffe, BGBl. Nr. 513/1990,

sowie die Kunststoffkennzeichnungs-Verordnung, BGBl.

Nr. 137/1992, zu nennen.

 

Die stete Abwärtsentwicklung beim Einsatz von PVC im Verpackungs-

bereich und die bestehenden abfallrechtlichen Maßnahmen zeigen

jedenfalls, daß für Verpackungen keine Notwendigkeit für generel-

1e Verbotsmaßnahmen besteht.

 

Insgesamt ist daher festzuhalten, daß mit den Entwicklungen der

letzten Jahre der Entschließung des Nationalrates in ihrem Punkt

1 Rechnung getragen wurde.

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

 

Diese Frage betrifft keine Angelegenheit der Vollziehung des

Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten.