470/AB

 

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr.

447/J betreffend einer Verordnung zu Inkassogebühren, welche die

Abgeordneten Mag. Maier, Mag. Kaufmann, Dr. Kräuter und Genossen

am 23.4.1996 an mich richteten und aus Gründen der besseren Über-

sichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich fest :

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage :

 

Aus der Sicht des Schuldners stehen Inkassoinstitute nicht in

Konkurrenz zueinander , sodaß den Schuldnern gegenüber eine markt-

wirtschaftliche Preisregelung nicht greifen kann. Weiters ist

darauf zu verweisen, daß hinsichtlich der Geltendmachung der

nützlichen vorprozessualen Kosten, die durch das Einschreiten

eines Inkassoinstituts anfallen, in der Literatur das Fehlen von

Tarifen bzw. Höchstgrenzen mehrfach moniert worden ist . Dieses

Problem hat sich durch den § 448a ZPO zuungunsten der Inkasso-

institute verstärkt. Die Einfügung dieser Bestimmung in die ZPO

durch die Exekutionsordnung-Novelle 1995 , BGBl . Nr. 519 , erfolgte

 

derart überfallsartig , daß im Langtitel der Exekutionsordnungs-

Novel1e 1995 nicht einmal erwähnt wird , daß neben anderen Bundes-

gesetzen auch die ZPO geändert wird.

 

Um die Existenz der Inkassoinstitute nicht zu gefährden, war es

notwendig, Abhilfe zu schaffen. Da im fraglichen Zeitraum kaum

gesetzgeberische Maßnahmen in Betracht kamen, bot sich die Ver-

ordnungsermächtigung des § 69 Abs . 2 Z 5 GewO 1994 an. Dem Wort-

laut dieser Bestimmung entsprechend wurde die Erlassung der in

Rede stehenden Verordnung bewirkt. In diesem Zusammenhang ist

auch zu bemerken, daß in das Kartellregister eingetragene Tarife

gegenüber den Inkassoinstituten nicht durchsetzbar sind , weil

nach der Judikatur zum Kartellgesetz ein rechtlicher oder wirt-

schaftlicher Druck im Interesse der Durchsetzung der Gebührensät-

ze nicht ausgeübt werden darf.

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage :

 

Da es auf dem Gebiet der konkreten Tätigkeit der Inkassoinstitute

natürlich auch - wie bei anderen Branchen - verschiedene Inter-

essen gegeben hat, die zum Teil unvertretbare Formen annahmen,

wurden von der gesetzlichen Berufsvertretung im Rahmen der Wirt-

schaftskammer Honorarsätze erarbeitet, die in langwierigen Ge-

sprächen auf Basis der Sozialpartnerschaft paritätisch stets

einstimmig abgehandelt wurden, und die eine richtungweisende

Verbandsempfehlung im Sinne des § 36 des Kartellgesetzes dar-

stellen. Die erstmalige Eintragung in das Kartellregister er-

folgte aufgrund der Anmeldung der Bundeskammer der gewerblichen

Wirtschaft, Sektion Gewerbe, Bundesinnung der Immobilien- und

Vermögenstreuhänder, nach vorheriger genehmigter Beschlußfassung

des Paritätischen Ausschusses für Kartellangelegenheiten gemäß

§ 37 des Kartellgesetzes mit Beschluß des Kartellgerichtes beim

Oberlandesgericht Wien am 29.5.1973 zu Zl . Kt. 514/73-2 . Es sei

hier festgehalten, daß die sozia1politischen Aspekte sehr wohl

berücksichtigt wurden, und zwar in Ausgewogenheit nach dem

 

Verursacherprinzip ebenso wie unter Berücksichtigung der enormen

Kostenbelastung zu Lasten beider Komponenten. Die in den vorge-

nannten Richtlinien angeführten Berechnungssätze stützten sich

auf die Kostensituation des Jahres 1970, während die allgemeinen

Regien eines Inkassoinstitutes im Laufe der Jahre natürlich ent-

sprechenden personal- und auslagenintensiven Kostensteigerungen

unterworfen waren.

 

Dem Rechnung tragend wurde beim Paritätischen Ausschuß im Jahr

1993 ein neuer Antrag gestellt mit dem Ziel, die mittlerweile

fast 20 Jahre gültigen Sätze auch im Rahmen der Richtlinien den

Indexerhöhungen anzupassen, um zumindest die Kostendeckung zu

erreichen. Die Kernfrage war auf die Tatsache ausgerichtet , daß

von 1970 bis 1993 sich der Lebenshaltungskostenindex um 179 %

geändert hat und daß die Indexanpassung unter Berücksichtigung

dieser Wertveränderungen dem Antrag zugrunde gelegt werden so11-

te.

 

Mit einstimmiger Genehmigung des Paritätischen Ausschusses für

Kartellangelegenheiten erfolgte daher zu Zl . 14b 534/93-5 die

Eintragung der angepaßten Sätze in das Kartellregister mit Be-

schluß des Kartellgerichtes beim Oberlandesgericht Wien am

17.8.1993 . Lediglich eine seinerzeit irrtümliche Anpassung der

Bemessungsgrundlagen wurde auf die alten Beträge rückgeführt.

Dies erscheint insoferne gerechtfertigt , als bedingt durch den

hohen Personalkostenanteil eine Kostensteigerung über dem VPI

anfällt, was letztlich in 25 Jahren eine Kostenschere bewirkt

hat. Daher erscheint es gerechtfertigt, die ursprünglichen Be-

messungsgrundlagen vorzusehen. Ansonsten ist die Verordnung aus-

schließlich auf paritätisch, also sozialpartnerschaftlich, abge-

handelte Richtlinien aufgebaut. Mit anderen Worten, die geltenden

Richtlinien gingen in die Verordnung ein.

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage :

 

Entsprechend der Verordnungsermächtigung des § 69 Abs . 2 Z 5 GewO

1994 wurde die Bundesinnung der Immobilien- und Vermögenstreu-

händer als die für die Inkassoinstitute zuständige Gliederung der

WKÖ angehört . Weitere Anhörungen sieht diese Verordnungsermächti-

gung nicht vor .

 

Antwort zu den Punkten 4 bis 7 der Anfrage :

 

Im Hinblick auf die Verordnungsermächtigung des § 69 Abs . 2 Z 5

GewO 1994 bestand keine zwingende Notwendigkeit , andere Stellen

vor der Erlassung der Verordnung anzuhören . Siehe hiezu auch die

Vorgangsweise betreffend § 448a ZPO , bei der weder das Bundes-

ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten noch die be-

troffene Branche befaßt waren.

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage :

 

Grundsätzlich sind Leistungen von Inkassoinstituten nicht der

Tätigkeit eines Rechtsanwaltes gleichzusetzen und daher auch

nicht vergleichbar. Der Berufsstand der Inkassoinstitute ein-

schließlich der Gläubigerschutzverbände hat sich im Laufe der

Jahrzehnte vom seinerzeitigen beruflichen Inkassanten niveau-

mäßig , den Erfordernissen der modernen Wirtschaft anpassend , zu

einer organisatorisch, insbesondere fachlich auf wirtschaftlicher

und juristischer Grundlage aufgebaute Institution entwickelt .

Neben der Tätigkeit des Anwaltes , welcher primär gerichts- und

prozeßorientiert ist , entstand im Rahmen der Inkassoinstitute ein

völlig anders gelagertes Qualitätsinstrumentarium mit in weiten

Kreisen der Wirtschaft anerkanntem Leistungsnachweis eben im

Interesse der Wirtschaftstreibenden. Inkassoinstitute setzen sich

vor allem für eine außergerichtliche, sicherlich mühevolle und

fundierte Einbringung und Abklärung der Forderungen ein, während

das Schwergewicht der rechtsanwaltlichen Tätigkeit bei Klagen,

 

Exekutionen und Prozeßführungen liegt. Die Bearbeitung durch

Inkassoinstitutionen geschieht oft nach intensiven Forderungs-

abklärungen und amikaler Bereinigung der - was nicht übersehen

werden darf - wirtschaftlich schwer einbringlichen Problemfälle.

Es ist auch zu berücksichtigen, daß Schuldner, die nach eingehen-

der Vorarbeit ein Ratenübereinkommen mit einem Inkassoinstitut

treffen, im Vortei1 gegenüber jenen sind, deren Forderungen so-

fort eingeklagt und dann mittels einer oder mehrerer Exekutionen

langfristig einbringlich gemacht werden. Die übliche Vorgangswei-

se bei Nichteinschaltung eines Inkassoinstitutes bedeutet näm-

lich: Eigene Mahnungen eines Gläubigers , Auftrag an Rechtsanwalt ,

Klage - und bei Rechtskraft des Urteils sofort Lohn- und Fahr-

nisexekutionen. Diese Prozedur ist darüber hinaus mit hohen Bela-

stungen der Gerichte verbunden. Diese Belastungen müssen, da nur

ein Teil durch die Gerichtsgebühren abgegolten wird, im wesentli-

chen von der Allgemeinheit getragen werden.

 

Insbesondere ist festzuhalten, daß das österreichische Rechts-

system darauf beruht , daß die Kosten aufgrund der Säumnis der

Schuldnerverpflichtung bzw. der Nichtbezahlung nach dem Verur-

sacherprinzip von Schuldnerseite zu tragen sind. Im Falle eines

Prozesses werden sämtliche Gerichts- , Klags- und Anwaltskosten

dem Schuldner angelastet. Diese Kosten steigen insbesondere dann

sehr rasch, wenn eine Forderung auf dem Gerichtswege nicht sofort

einbringlich gemacht werden kann, also z . B. mehrere Vollzüge bei

einer Exekution erforderlich sind. Diese bringen es nicht selten

mit sich, daß die Kosten die ursprüngliche Forderung sogar über-

schreiten.

 

Warum ist nun die Einschaltung eines Inkassoinstitutes auch für

den Schuldner von Vorteil? Auf der einen Seite verrechnet ihm das

Inkassoinstitut Gebühren gemäß den Richtlinien, die nunmehr auf-

grund der Verordnung einer strengeren Kontrolle als bisher unter-

liegen, auf der anderen Seite erreicht das Inkassoinstitut sehr

oft eine außergerichtliche Regelung und vermeidet dadurch die

 

viel unangenehmere gerichtliche Geltendmachung . Es ist üblich,

daß bei gerichtlicher Eink1agung einer Forderung sofort nach

Rechtskraft des Urteils ohne weitere Verständigung des Schuldners

sowohl Lohn- als auch Fahrnisexekution geführt wird . Für den

Privatschuldner bedeutet dies Unannehmlichkeiten am Arbeitsplatz

und auch die Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes .

 

Die Inkassoinstitutionen haben in den letzten 30 Jahren eine

Modernisierung und Weiterentwicklung durchgemacht , die es ihnen

ermöglicht , wie bereits erwähnt , mindestens 70 % der zur Betrei-

bung übergebenen Forderungen außergerichtlich zu erledigen. Die

unmittelbare Liquiditätszufuhr an die Wirtschaft - und das sind

in der Mehrzahl Klein- und Mittelbetriebe - durch österreichische

Inkassoinstitute einschließlich der Gläubigerschutzverbände be-

trägt jährlich netto zwischen fünf und sieben Milliarden Schil-

ling . Ginge man von der unrichtigen Überlegung aus , die Inkasso-

institute abzuschaffen bzw. ihnen die Lebensgrundlage und damit

ihr Wirkungsfeld zu unterbinden, so würde dies österreichweit

einen enormen Anstieg der gerichtlichen Betreibungen ( Klagen und

Exekutionen ) mit sich bringen. Eine enorme Mehrbelastung der

Gerichte ( statt der angestrebten Kostensenkung im Staat ) wäre die

Folge .

 

Genauso wie es für die gerichtliche Betreibung eine Regelung

bezüglich der Gerichts- , Klage- und Anwaltskosten gibt , so beab-

sichtigt die Verordnung eine bindende Regelung für Inkassoinsti-

tutionen, Schuldner und Auftraggeber , zumal aus den obigen Aus-

führungen die Wichtigkeit von Inkassoinstitutionen sowohl für die

Wirtschaft als auch für die betroffenen Schuldner klar zu erken-