4739/AB XX.GP
Bezugnehmend auf die Dringliche Anfrage der Abgeordneten Van der Bellen,
Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres betreffend Über -
wachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden habe ich im Hinblick auf die Fragen 21
bis 27 und 29 bis 34 um Verständnis gebeten, daß die Beantwortung dieser Fragen auf
schriftlichem Wege ergehen wird.
Nunmehr erlaube ich mir, die nachstehenden Fragen 21 bis 27 und 29 bis 34 wie folgt
zu beantworten:
Frage 21:
Wissen Sie von der Existenz eines multilateralen Telekommunikations -
überwachungssystems namens “ECHELON”, wie es vom Zwischenbericht des
wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments beschrieben wird?
Antwort:
Mir ist der
sogenannte STOA - Bericht über das ECHELON - System bekannt.
Frage 22:
Kennen Sie das “Transatlantische Abkommen” von Madrid vom 03.12.1995 und eine
dabei getroffene geheime Vereinbarung zwischen den EU und den USA, ein
internationales Netz zum Abhören von Telefongesprächen einzurichten, und zwar über
ein geheimes Netz von Ausschüssen, die im Rahmen des III. Pfeilers des Vertrages
von Maastricht für die Zusammenarbeit im Bereich der öffentlichen Ordnung gebildet
werden?
Antwort:
Nein. Eine derartige geheime Vereinbarung ist mir nicht bekannt. Am Gipfeltreffen der
Europäischen Union mit den Vereinigten Staaten am 03.12.1995 in Madrid wurde die
Neue Transatlantische Agenda und ein Gemeinsamer Aktionsplan unterzeichnet. In
diesen Dokumenten wird zwar von der Informationsgesellschaft und von der Förderung
neuer Telekommunikationstechnologien nicht aber über die Überwachung von
Telekommunikation gesprochen.
Frage 23:
Wenn ja, war Österreich an Vorbereitungen und/oder dem Abschluß der Vereinbarung
in irgendeiner Weise beteiligt?
Frage 24:
Wenn ja, ist Österreich an dieses Abkommen gebunden?
Antwort zu den Fragen 23 und 24::
Auf die Antwort zur Frage 22 darf verwiesen werden.
Frage 25:
Hat die österreichische Bundesregierung Kenntnis davon, daß bei der Überwachung
der österreichischen Telekommunikation eine technische Einrichtung der NSA in Bad
Aibling eingesetzt
wird?
Antwort:
Medienberichten zufolge existiert im bayerischen Bad Aibling eine Einrichtung der
NSA. Ob damit österreichische Telekommunikation überwacht werden kann, ist mir
nicht bekannt.
Frage 26:
Kennen Sie zu diesem Abkommen einen gemeinsamen Action - Plan zur Überwachung
des Telefonverkehrs?
Antwort:
Auf die Antwort zur Frage 22 darf verwiesen werden.
Frage 27:
Was ist der Inhalt des EU - Dokumentes ENFOPOL 112 Nr. 10.037/95?
Antwort:
Der Inhalt des EU - Dokumentes Nr. 10.037/95 ENFOPOL 112 war der Textentwurf
eines Memorandums of Understanding betreffend die gesetzmäßige Überwachung des
Telekommunikationsverkehrs. Kern des genannten Memorandums of Understanding
sind die technischen Anforderungen der - innerstaatlich gesetzlich ermächtigten -
Überwachungsbehörden an Netzbetreiber und Diensteanbieter bei der - innerstaatlich
gesetzlich geregelten - Überwachung des Telekommunikationsverkehrs sowie
Begriffsbestimmungen im sogenannten Glossar, wie sie textgleich in der Rats -
entschließung vom 17.01.1995 beschlossen und im Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaft Zahl: 96/C 329/01 veröffentlicht wurden. So wie in der Rats -
entschließung auch, stehen diese Anforderungen immer unter Vorbehalt des
nationalen Rechtes und beinhalten keineswegs eine systematische Überwachung der
gesamten Telekommunikation, sondern die aufgrund einer gesetzmäßig - in Österreich
gem. §§ 149 ff StPO - angeordneten Überwachung einer individuell geführten
Telekommunikationsverbindung.
Mit diesem Memorandum of Understanding sollten die Drittstaaten eingeladen werden,
die erwähnten Anforderungen der Ratsentschließung vom 17.1.1995 in ihren Staaten
umzusetzen sowie technische Neuerungen und die sich daraus ergebenden neuen
Anforderungen sowohl dem FBI als auch dem Ratssekretariat bekanntzugeben.
Das Memorandum of Understanding wurde zwar am 23.11.1995 von den
Mitgliedstaaten der EU und von Norwegen unterzeichnet, nicht aber von anderen
Drittstaaten. Von den USA, Australien und Kanada langten lediglich schriftliche
Informationen ein, daß sie die innerstaatliche Umsetzung in ihren Ländern in die Wege
leiten werden.
Frage 29:
Ist ein Joint Action "out of area” - Überwachungsplan als sogenannter A - Punkt im Rat für
Fischereifragen beschlossen worden, und wenn ja, wann?
Antwort:
Ein Joint Action "out of area" Überwachungsplan ist mir nicht bekannt. Der bereits in
der Frage 22 erwähnte Aktionsplan, der nicht die Überwachung von Tele -
kommunikation beinhaltet, wurde bekanntlich am 03.12.1995 in Madrid unterzeichnet.
Der in der Einleitung zur vorliegenden Anfrage angesprochene Rat für Fischereifragen
vom 20.12.1996 behandelte keinen Tagesordnungspunkt betreffend Überwachung von
Tele - kommunikation.
Frage 30:
Hat Österreich diesem Plan zugestimmt?
Antwort:
Auf die Beantwortung
der Frage 29 darf verwiesen werden.
Frage 31:
Entspricht es den Tatsachen, daß unter österreichischer Ratspräsidentschaft eine
Entschließung zur “Überwachung des Telekommunikationsverkehrs in Bezug auf neue
Technologien” erarbeitet wird?
Antwort:
Ja.
Frage32:
Entspricht es den Tatsachen, daß sich darin die Mitgliedsländer verpflichten, allen
Telekommunikationsbetreibern auf ihrem Staatsgebiet alle technischen Vorkehrungen
aufzuerlegen, die eine umfassende Überwachung aller Telefongespräche, E - Mails,
INTERNET - Aktivitäten, TeilnehmerInnendaten, Standortbestimmung von Handy -
TeilnehmerInnen und des Kommunikationsinhaltes ermöglichen sollen?
Antwort:
Nein.
Mit diesem Entwurf vertritt der Rat in der Bestärkung der Erwägungen der
Ratsentschließung vom 17.01.1995, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaft, Zahl: 96/C 329/01, nämlich die Beachtung des Privatlebens der
Menschen, der Achtung der Menschenrechte und der Grundsätze des Datenschutzes -
die Ansicht, daß die technischen Anforderungen der innerstaatlich gesetzlich
ermächtigten Überwachungsbehörden an die Netzbetreiber und Diensteanbieter bei
der innerstaatlich gesetzlich geregelten Überwachung des Telekommunikations -
verkehrs des Jahres 1995 auch auf neue (z.B. Satellitenkommunikation, INTERNET)
und zukünftige Telekommunikationstechnologien angewendet werden können, indem
die bisher verwendeten termini technici sinngemäß auf neue Technologien zu
interpretieren sind
(z.B. Telefonnummer Kennung im INTERNET). Sowie in der
Ratsentschließung vom 17.01.1995 stehen auch die interpretierten Anforderungen im
jetzigen Entwurf unter Vorbehalt des nationalen Rechtes, das in Österreich - wie in den
anderen demokratischen Rechtsstaaten auch - keinesfalls die umfassende
Überwachung der gesamten Telekommunikation beinhaltet, sondern lediglich die
Überwachung von individueller Telekommunikation von Menschen zum Zwecke einer
konkreten Strafverfolgung im Auftrag judizieller Strafverfolgungsbehörden (Gerichte)
vorsieht.
Frage 33:
Entspricht es den Tatsachen, daß unter österreichischem EU - Vorsitz ein
Rechtshilfeübereinkommen vorbereitet wird, das die grenzüberschreitende
Überwachung des gesamten Telekommunikationsverkehrs erleichtern soll?
Antwort:
Es wird damit nicht die Frage der Überwachung des gesamten Telekommunikations -
verkehrs erörtert. Es wurden für das erforderliche internationale Verfahren einer
innerstaatlich angeordneten Überwachung eines individuell geführten Tele -
kommunikationsverkehrs die Arbeiten an einem Entwurf eines entsprechenden
judiziellen Rechtshilfeabkommens fortgesetzt und unter österreichischem Vorsitz
weitgehend zum Abschluß gebracht.
Frage 34:
Ist es richtig, daß im Zusammenhang mit der im Amsterdamer - Vertrag vorgesehenen
Erweiterung der operativen Kompetenzen von EUROPOL eine Situation eintreten
könnte, in der EUROPOL eine zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs
legitimierte Behörde wird, ohne der Kontrolle des EuGH und ohne der Kontrolle des
Europäischen Parlaments zu unterliegen?
Antwort:
Keineswegs. Die Befugnisse von EUROPOL sind in der EUROPOL - Konvention
geregelt und ist
darin eine entsprechende Befugnis nicht vorgesehen. Die Erlassung
gesetzlicher Bestimmungen betreffend die Überwachung von Telekommunikation ist
nach wie vor ausschließlich den Parlamenten der Mitgliedstaaten vorbehalten.