475/AB
Die Abgeordneten Inge Jäger, Genossinnen und Genossen haben am
25 . April 1996 unter Nr. 482/J eine schriftliche Anfrage be-
treffend professionele Wahlbeobachtung im Außenamt an mich
gerichtet, die folgendermaßen lautet :
1) Wer ist im Außenamt für Wahlen und Wahlbeobachtung
zuständig?
2 ) Wie regeln die einzelnen Abteilungen diese Agenden?
3 ) Welche Wahlbeobachtungen wurden im Jahr 1994 und 1995
durchgeführt?
4) Welche Wahlbeobachtungen im Ausland sind für 1996 geplant?
5) Werden für die kommenden Wahlen im Sommer 1996 in Uganda
österreichische Wahlbeobachter entsandt?
5a) Wenn ja, wen gedenken Sie zu entsenden?
6) Ist daran gedacht, im BM für Äußeres eine professionelle
Wahlbeobachtung zu etablieren?
6a) Wenn ja, in welcher Form?
6b) Wenn nein, warum nicht? ''
Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1)
Für Wahlen und Wahlbeobachtung ist in meinem Ressort die
Sektion II (Politische Sektion) zuständig.
Zu Frage 2 )
ie einzelnen mit Wahlbeobachtung befaßten Abteilungen stimmen
ihre Agenden im Rahmen der Sektionskoordination auf der Basis
der nachstehenden Grundsätze und Praktiken ab:
Wahlbeobachtung ist im Rahmen der Friedenskonsolidierung (post
conflict peace-building) Teil der zivilen Komponenten friedens-
erhaltender Operationen oder as Instrument der emokratieför-
derung ein Element der Präventivdiplomatie (preventive
diplomacy) . Die Teilnahme an friedenserhaltenden Operationen
und Aktionen zur emokratieförderung sind prioritäre Bereiche
der österreichischen Außenpoitik.
Alle dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
bekannten Interessenten für Wahlbeobachtungen werden in einer
Expertenliste erfaßt, um die Identifizierung geeigneter
Kandidaten für konkrete Einsätze zu erleichtern. Allerdings
kann der Bedarf manges Bereitschaft für gewisse Einsatzgebiete
oder Verfügbarkeit aufgrund beruflicher und anderer Unabkömm-
lichkeit nicht immer gedeckt werden. Auch Bedienstete des
Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten haben wieder-
holt an Wahlbeobachtungen teilgenommen.
ie Ausbildung von Experten für die zivilen Komponenten
friedenserhaltender Operationen einschließlich Wahlbeobachtung
erfolgt im Österreichischen Studienzentrum für Frieden und
Konfliktlösung in Stadtschlaining insbesonders im Rahmen der
IPT-Kurse (International Civilian Peace-keeping and Peace-
buiding Training Program) und des Fellowship Programme in
Peacemaking and Preventive iplomacy von UNITAR (United Nations
Institute for Training and Research) Diese Studienprogramme
werden durch das Bundesministerium für auswärtige Angelegen-
heiten organisatorisch und finanziell unterstützt. Auch andere
Ressorts leisten wichtige Beiträge : Bundeskanzleramt, Bundes-
ministerium für Inneres, Bundesministerium für Landesverteidi-
gung, Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angele-
genheiten und Bundesministerium für Wissenschaft , Verkehr und
Kunst.
Zu Frage 3)
Österreich hat an folgenden Wahlbeobachtungen teilgenommen:
a) im Jahr 1994 :
März/April El Salvador Parlaments- und Präsidentenwahlen
März/April Ukraine Parlamentswahlen
April/Mai Südafrika Parlaments- und Provinzwahlen
Okt. /Nov. Mosambik Parlaments- und Präsidentenwahlen
b) im Jahr 1995 :
Februar Kirgisistan Parlamentswahlen
März Estland Parlamentswahlen
Mai Belarus Parlamentswahlen
Juli Armenien Parlamentswahlen
Oktober Guatemala Parlaments- , Präsidenten- und
Kommunalwahlen
November Georgien Parlaments- und Präsidentenwahlen
November Aserbaidschan Parlamentswahlen
Dezember Rußland Parlamentswahlen
Zu Frage 4)
Die österreichische Teilnahme an Wahlbeobachtungen im Jahr 1995
zeigt folgendes Bild:
a) bereits durchgeführt wurden:
Jänner Guatemala Präsidentenwahlen (2 . Wahlgang)
Februar Palästina Parlamentswahlen
Mai/Juni Albanien Parlamentswahlen
Juni Rußland Präsidentenwahlen
Juni Bangladesch Parlamentswahlen
b) geplant sind:
Juni Mostar Kommunalwahlen
Oktober Nikaragua Parlaments- , Präsidenten- und
Kommunalwahlen
September Bosnien/ Parlaments- und Präsidentenwahlen
Herzegowina (auch auf Entitätsebene) sowie
Kommunalwahlen
Zu Frage 5) und 5a)
Im Rahmen der Entwickungszusammenarbeit (EZA) wird ein Wahl-
projekt in Uganda, das ein Schwerpunktland der österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit ist, im Ausmaß von US-$ 450.000, -
für die Aktivitäten von UNP (United Nations evelopment
Program) mitfinanziert. Es bestand auch die Absicht, zu den
Präsidenten- (9 .5 .1996) und Parlamentswahlen (27. 6 .1996) Wahl-
beobachter aus Österreich zu entsenden. a die Wahltermine bis
zuletzt unsicher waren, konnte dieses Vorhaben jedoch nicht
realisiert werden.
zu Frage 6) . 6a) und 6b)
Die Wahlbeobachtungen haben insbesonders im OSZE- und GASP-Be-
reich deutlich zugenommen. Im Hinblick auf ihre Finanzkrise
stützen sich die Vereinten Nationen bei der Durchführung von
Wahlbeobachtungsaufgaben zunehmend auf Regionalorganisationen.
ie UNO selbst konzentriert sich nunmehr auf die Entsendung
hauseigener technischer Missionen, die mehrere Monate im Ein-
satz sind und langfristige Zielsetzungen (Demokratieförderung)
verfolgen.
Im Lichte der bisherigen Erfahrungen, im Hinblick auf die vor-
handenen Strukturen und angesichts der notwendigen Sparsamkeit
in der öffentlichen Verwaltung ist nicht an die Schaffung einer
zusätzlichen Organisationseinheit für Wahlbeobachtung gedacht.