476/AB
Bevor ich auf die gestellten Fragen näher eingehe, möchte ich grundsätzlich an-
merken, daß durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 zwei neue Pflichtversiche-
rungstatbestände in das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eingefügt wur-
den, um die bestehende Flucht aus der Sozialversicherung zu verhindern. Diese beiden
Tatbestände umfassen Beschäftigungsverhältnisse, die in der Erbringung laufender
Dienstleistungen bestehen, und dienstnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse. Der in
der Anfrage mehrfach angeführte Begriff ''Werkvertrag'' wird vom Gesetz nicht verwendet.
lm ASVG ist für die Feststellung der Pflichtversicherung ein eigenes Verfahren vor-
gesehen, das in letzter Folge durch den Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshof über-
prüft werden kann. Die Beantwortung der nachstehenden Fragen ist daher unter dem
Aspekt zu sehen, daß diese - ohne ein Verwaltungsverfahren vorweg nehmen zu wollen -
die Rechtsansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales darstellt, wobei weiters
davon ausgegangen wurde, daß mit dem in der Anfrage mehrfach verwendeten Begriff
',Werkvertrag'' der Begriff ''dienstnehmerähnliches Beschäftigungsverhältnis'' gemeint
wurde.
Überdies wurde mit der Wirtschaftskammer Österreich und der Bundesarbeiter-
kammer sowie dem Bundesministerium für Finanzen vereinbart, im Wege der Erstellung
der Regierungsvorlage zum Entwurf einer 53. Novelle zum ASVG die beiden in Rede
stehenden Tatbestände zu vereinheitlichen und die Vollziehung zu vereinfachen. Aller-
dings bedarf es noch einer politischen Einigung in der Regierung. lch werde daher - wenn
notwendig - bei der Beantwortung der Fragen auf diese geplanten Änderungen Bezug
nehmen.
Zur Frage 1 :
Davon ausgehend, daß im Sozialversicherungsrecht nicht ein Vertrag der Pflicht-
versicherung unterliegt, sondern jeweils nur eine Person, fallen Personen, die Werkver-
träge erbringen, nach wie vor nicht unter die Pflichtversicherung.
Ein offenbar von den Antragstellern gemeintes dienstnehmerähnliches Beschäfti-
gungsverhältnis unterliegt dann nicht der Pflichtversicherung, wenn
- kein Auftraggeber im Sinne des ASVG vorliegt;
- ein oder mehrere Verträge mit ein und demselben Auftraggeber abgeschlossen werden,
für die das in einem Kalendermonat vereinbarte Entgelt S 5.400,-- (Wert am 1.7.1996)
nicht übersteigt;
- wenn die Kriterien der Dienstnehmerähnlichkeit nicht erfüllt werden.
Es ist aber in Aussicht genommen, eine Versicherungsgrenze mit S 3.600,-- (Wert
für 1996) einheitlich festzusetzen. Eindeutig definiert soll bei den dienstnehmerähnlichen
Beschäftigungen das Kriterium der Regelmäßigkeit werden; und zwar soll Regelmäßigkeit
dann vorliegen, wenn mehr als drei Vereinbarungen zu ein und demseIben Auftraggeber
in sechs aufeinanderfolgenden Kalendermonaten vorliegen, oder wenn sich die Tätigkeit
über mehr als zwei Monate erstreckt.
Zur Frage 2:
Ob Dienstnehmerähnlichkeit gegeben ist, entscheidet in erster lnstanz der jeweiIs
sachlich und örtlich zuständige Versicherungsträger. Gegen dessen Bescheid kann Ein-
spruch an den zuständigen Landeshauptmann erhoben werden, gegen dessen Entschei-
dung wiederum Berufung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Als außer-
ordentliche Rechtsmittel ist nach Erschöpfung des lnstanzenzuges Beschwerde an den
Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshof möglich.
Die genannten Rechtsmittel können sowohl vom Auftraggeber als auch vom Auf-
tragnehmer ergriffen werden.
Zur Frage 3:
Diesbezüglich soll eine neue Meldepflicht des Auftragnehmers gegenüber dem
Auftraggeber normiert werden.
Nach Ansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird anzunehmen
sein, daß die Anzahl der Kunden grundsätzlich als dann nicht mehr begrenzt gilt, wenn
diese mehr als fünf beträgt.
Zur Frage 4:
ln einem solchen Fall tritt ab Vorliegen der Voraussetzungen Pflichtversicherung
ein; ab diesem Zeitpunkt ist die Meldung zu erstatten.
Zur Frage 5 :
Kunstschaffende, deren Tätigkeit nicht den Hauptberuf und die Hauptquelle ihrer
Einnahmen bildet, sind von den neuen Pflichtversicherungstatbeständen ausgenommen.
Künstler, die ihre Tätigkeit als Hauptberuf ausüben, können zu einer Agentur sehr wohl in
einem dienstnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis stehen, wenn die Kriterien der
Dienstnehmerähnlichkeit erfüllt sind.
Zur Frage 6:
Aufwandsentschädigungen können unter bestimmten Umständen als Entgelt im
Sinne des ASVG qualifiziert werden. Eine generelle Aussage, daß Empfänger von Auf-
wandsentschädigungen der Pflichtversicherung unterliegen, kann ich nicht treffen. Es
muß vielmehr im Einzelfall geprüft werden, ob die ausgeübte Tätigkeit ein Dienstverhält-
nis, ein freies Dienstverhältnis oder eine dienstnehmerähnliche Beschäftigung darstellt.
Zur Frage 7:
Zunächst möchte ich auf die bestehende Ausnahmeregelung für Kunstschaffende
verweisen (siehe Frage 5).
von Künstlerlnnen zum lnhalt haben, sind nicht als dienstnehmerähnliche Beschäfti-
gungsverhältnisse zu qualifizieren, da es am Erfordernis der Regelmäßigkeit bzw. Lang-
fristigkeit mangelt.
Zur Frage 8 und 9:
Eine solche Ausnahme sieht das Strukturanpassungsgesetz 1996 nicht vor. Ich
beabsichtige auch nicht, eine solche vorzuschlagen.
Zur Frage 10:
Für beide neuen Tatbestände soll in Abänderung des Strukturanpassungsgesetzes
1996 aIs Beitragsgrundlage das Entgelt gemäß § 49 ASVG gelten. Das heißt, daß künftig
die in § 49 Abs.3 ASVG genannten Bezüge nicht als Entgelt zu qualifizieren sind.
Zur Frage 11 :
Wenn diese Tätigkeit nicht bereits einen Dienstvertrag darstellt, dann ist diese als
freier Dienstvertrag gemäß § 4 Abs.4 ASVG zu qualifizieren.
Zur Frage 12:
Die Beantwortung dieser Frage erübrigt sich, da das Vorliegen von Dienstneh-
merähnlichkeit keine Voraussetzung für ein freies Dienstverhältnis darstellt.
Zur Frage 13:
lm Zuge der Regierungsvorlage einer 53. Novelle zum ASVG beabsichtige ich fol-
gende Regelung vorzuschlagen:
Steht das Entgelt nicht von vorneherein fest, so ist eine Pflichtversicherung anzu-
nehmen. Die monatlichen Beiträge sind von einer vorläufigen Mindestbeitragsgrundlage
(im Jahr 1996: S 3.601 ,--) zu bemessen. Am Ende des Kalenderjahres wird das Vertrags-
verhältnis aufgerollt.
Zur Frage 14:
Entscheidend für den Beginn der Pflichtversicherung ist die Aufnahme der Tätigkeit
und für das Ende die Aufgabe der Tätigkeit. Die Qualität des ',Werkes,' (Gewährleistung)
ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.
Die Fälligkeit tritt nach den allgemeinen Regeln im jeweiligen Beitragszeitraum ein.
Die Zahlungsverpflichtung besteht jedoch erst zu dem Zeitpunkt, zu dem das Entgelt ver-
einbarungsgemäß zu leisten ist.
Zur Frage 15:
Auf die Beantwortung zur Frage 13 wird verwiesen.
Zur Frage 16:
Aufgrund der neuen Bestimmungen des ASVG tritt nur dann Pflichtversicherung
ein, wenn die betreffende Person nicht bereits auf Grund dieser Tätigkeit der Pflichtversi-
cherung nach dem ASVG oder einem anderen Bundesgesetz unterliegt oder unterliegen
könnte. Wird eine Tätigkeit ausgeübt, aufgrund derer nicht schon eine Pflichtversicherung
besteht, so sind dafür Sozialversicherungsbeiträge abzuführen.
Zur Frage 17:
Bei dieser Fragestellung ist offensichtlich die Höchstbeitragsgrundlage gemeint,
wobei derzeit bezüglich dieser zwischen den beiden Pflichtversicherungstatbeständen zu
unterscheiden ist.
Bei den freien Dienstverträgen ist als Höchstbeitragsgrundlage sowohl für den
Auftrag- bzw. Dienstnehmer als auch für den Auftrag- bzw. Dienstgeber ein Betrag von
S 45.500,-- (Wert für 1996) pro Monat vorgesehen, wobei im Entwurf zur 53. Novelle zum
ASVG eine legistische Klarstellung für den Fall getroffen wurde, daß der Auftragnehmer
Sonderzahlungen (wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, 13. und 14. Monatsgehalt) erhält
und zwar eine Höchstbeitragsgrundlage von S 39,000.-- (Wert für das Kalenderjahr
1996).
Bezüglich der dienstnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisse sehen die neuen
Bestimmungen für den Auftragnehmer eine Höchstbeitragsgrundlage von S 45.500,-- pro
Monat und für den Auftraggeber eine Höchstbeitragsgrundlage von S 546.000,-- pro Jahr
vor. Die angeführten Werte beziehen sich ebenfalls auf das Kalenderjahr 1 996.
lm Zuge der Regierungsvorlage einer 53. Novelle zum ASVG beabsichtige ich eine
Vereinheitlichung der Höchstbeitragsgrundlage dahingehend vorzunehmen, daß diese
davon abhängig ist, ob Sonderzahlungen vereinbart wurden oder nicht. lm ersten Fall soll
als Höchstbeitragsgrundlage S 39.000,--, im zweiten Fall S 45.500,-- (Werte für 1996)
gelten.
Zur Frage 18:
Diese Möglichkeit besteht.
Zur Frage 19:
Die Anmeldung hat unverzüglich zu erfolgen.
Zur Frage 20:
Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz in der Fassung des Strukturanpas-
sungsgesetzes 1996 sieht vor, daß für die BeurteiIung von Sachverhalten nach diesem
Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und
nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend ist und daß durch den
Mißbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes
Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht
umgangen oder gemindert werden können. Aufgrund dieser Bestimmung ist es unter an-
derem auch möglich, die Zeitspanne, die für die Erfüllung des dienstnehmerähnlichen
Vertrages angegeben wird, zu überprüfen; dies wird aIlerdings gerade bei der Erbringung
eines künstlerischen Werkes von untergeordneter Bedeutung sein.
lm Rahmen der Regierungsvorlage der 53. Novelle zum ASVG soll folgende Rege-
lung aufgenommen werden:
Stehen das vereinbarte Honorar und der Tätigkeitszeitraum zweifelsfrei fest, so ist
der Auftragnehmer pflichtversichert, wenn das vereinbarte Honorar dividiert durch den
vereinbarten Tätigkeitszeitraum (Kalendermonate) die Versicherungsgrenze von S 3.600,-
- pro Kalendermonat übersteigt. Ist dies nicht der Fall, ist der Auftragnehmer nicht pflicht-
versichert.
Zur Frage 21 :
Der Begriff ''Kunstschaffender'' ist weit auszulegen, wobei darunter auch reprodu-
zierende Künstler zu verstehen sein werden. ''Hauptberuf'' ist der Beruf einer Person, der
für ihre Lebensstellung in wirtschaftlicher und sozialer Beziehung ausschlaggebend ist.
Zur Frage 22:
Es ist zu erheben, ob die betreffende Person neben Einnahmen aus der versiche-
rungspflichtigen Tätigkeit noch über andere Einnahmequellen verfügt. Diese Einnahmen
sind im Vergleichsweg gegenüberzustellen. Eine Erwerbstätigkeit stellt dann die Haupt-
einnahmequeIle dar, wenn sie im Verhältnis zu den einzelnen anderen Einnahmequellen
den relativ höchsten Ertrag abwirft, d.h., wenn sie in Gegenüberstellung zu jeder einzel-
nen anderen Einnahmequelle höhere Einnahmen erbracht hat als die betreffende andere
Einnahmequelle.
Zur Frage 23:
Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz ist nur auf Personen anzuwenden, die
im lnland beschäftigt werden, wobei für die neuen Pflichtversicherungstatbestände vorge-
sehen ist, daß auch Personen, die für einen ausländischen Betrieb, der im lnland keine
Betriebsstätte (Niederlassung, Geschäftsstelle, Niederlage) unterhält, tätig sind, nur dann
als im lnland beschäftigt geIten, wenn sie ihre Beschäftigung (Tätigkeit) von einem im ln-
land gelegenen Wohnsitz oder einer im lnland gelegenen Arbeitsstätte (KanzIei, Büro)
aus ausüben. Werden diese Voraussetzungen und die vom Allgemeinen Sozialversiche-
rungsgesetz sonst für dienstnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse erforderlichen
Tatbestandsmerkmale erfüllt, unterliegen diese der Pflichtversicherung.
Zur Frage 24:
Diese werden genauso behandelt wie Verträge, die österreichische Künstlerlnnen
mit österreichischen Kulturveranstaltern abschließen.
Zur Frage 25:
Für solche Fonds bin ich als Bundesminister für Arbeit und Soziales nicht zustän-
dig; hiefür sind der Bundesminister für Finanzen und der Bundesminister für Wissen-
schaft, Verkehr und Kunst ressortzuständig.
Zur Frage 26 und 27:
Solches Datenmaterial ist nicht verfügbar; für das Jahr 1996 wird in der Pensions-
versicherung ein Mehrerlös von 500 Millionen Schilling und für 1997 von 1500 Millionen
Schilling, in der Krankenversicherung 1996 von rund 130 Millionen Schilling und 1997 von
rund 400 Millionen Schilling erwartet.