4773/AB XX.GP

 

Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Thomas Barmüller

und Partner an das BMI betreffend Umgang und Behandlung

von Akten in Bundesministerien.

 

(Nr. 5140/1998)

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Thomas BARMÜLLER, Volker KIER, haben am 5.

November 1998 unter der Zahl Nr. 5140 / J - NR / 1998, an mich eine schriftliche

parlamentarische Anfrage, betreffend “Umgang und Behandlung von Akten in

Bundesministerien” gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

 

“In allen Bundesministerien werden im Laufe der Jahre tausende Akten über Personen,

Sachverhalte oder Geldflüsse erstellt, die in den meisten Fällen nach Abschluß des Verfahrens

für niemanden mehr interessant sind. Einige Akten werden aber sicher über Jahre hinaus von

Interesse sein, wenn auch nicht ausschließlich nur für die den Akt anlegende Behörde.

 

Wie ein aktueller Anlaßfall belegt, haben manche Akten eine erstaunliche Lebensdauer und

kommen auch als Kopie oder Abschrift nach Jahren wieder ans Tageslicht. Nicht immer

erfolgt also eine “Wiedervorlage” auf legalem Weg.

 

Es stellen daher die unterfertigten Abgeordneten folgende

 

A N F R A G E:

 

 

1.)        Wie ist der Umgang mit Akten in Ihrem Ministerium geregelt?

 

2.)        Was regelt die Kanzleiordnung diesbezüglich?

 

3.)        Gibt es ministerielle Erlässe, die den Aktenlauf regeln?

            Wenn ja, wie lauten diese?

 

4.)        Durch welche Maßnahmen soll verhindert werden, daß nicht zuständige Personen in

            einen Akt Einsicht nehmen?

 

5.)        Wie wird verhindert, daß von einem Akt unbefugterweise Kopien angefertigt werden?

 

6.)        Wird in ihrem Ministerium für besonders sensible Akten Papier mit Kopierschutz

            verwendet? Wie sieht der aus?

 

7.)        Wann wird ein Akt zum Verschlußakt?

 

8.)        Nach welchen Kriterien wird ein Akt als “geheim” eingestuft?

 

9.)        Welche besonderen Vorkehrungen werden bezüglich dieser Akten getroffen?

 

10.)      Wie und wann erfolgt die Vernichtung von

            a.) Akten

            b.) Verschlußsachen

 

11.)      Wie wird überprüft, ob ein

            a.) Akt,

            b.) Verschlußakt

            Vollständig vernichtet wurde?

 

12.)      Können Sie ausschließen, daß aus Ihrem Verantwortungsbereich Akten verbracht

            werden?”

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

 

Zu Frage 1:

 

Die formale Aufgabenbewältigung in den jeweiligen Bundesministerien, also auch in meinem

Ressort, ist einerseits durch das Bundesministeriengesetz 1986, und anderseits durch die

Kanzleiordnung 1992 geregelt.

 

 

Zu Frage 2:

 

Die Kanzleiordnung regelt grundsätzlich die formelle Behandlung der von den

Bundesministerien zu besorgenden Geschäfte.

 

 

Zu Frage 3:

 

Da die derzeit gültige Kanzleiordnung den Aktenlauf ausreichend regelt, wurden für das

Bundesministerium für Inneres keine eigenen Durchführungsbestimmungen erlassen.

 

 

Zu Frage 4:

Einsichtnahmen oder Weiterleitungen von Geschäftsstücken an nicht zuständige

Organisationseinheiten oder Personen sind erst nach Rücksprache mit dem zuständigen

Organisationsleiter im Wege der Kanzleistelle unter Anbringung eines entsprechenden

Vermerkes im Geschäftsstücke - Index und / oder im Fremdzahlenregister möglich.

 

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit des verschlossenen Aktenlaufes und der Bestimmung

als “Verschluß” im Sinne der Verschlußsachenordnung.

 

 

Zu Frage 5:

 

Nach meiner Auffassung ist dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des

Dienstbetriebes nicht möglich.

 

In diesem Zusammenhang verweise ich auf § 11 der Verschlußsachenordnung (Beschluss der

Bundesregierung vom 1. 4. 1970), welcher eindeutig und ausreichend die Anfertigung und

Kennzeichnung von Kopien bei Verschlußsachen regelt.

 

 

Zu Frage 6:

 

Ein spezielles Papier, welches ein unbefugtes Kopieren verhindern soll, wird im Hinblick auf

das Postulat der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit der Verwaltung im

Bundesministerium für Inneres aus Kostengründen nicht verwendet

 

 

Zu Frage 7:

 

Gemäß § 1 der Verschlußsachenordnung sind Geschäftsstücke als Verschlußsachen zu

behandeln, die auf Grund ihres Inhaltes im Interesse einer Gebietskörperschaft oder einer

Partei einer besonderen Geheimhaltung bedürfen und die daher nur einem begrenzten

Personenkreis zugänglich gemacht werden sollen. Abgesehen von dieser Generalklausel und

den in der zitierten Norm demonstrativ angeführten Interessenlagen, können gemäß § 21 der

Verschlußsachenordnung für bestimmte Aktenkategorien durch den “zuständigen Sektions -

bzw. Gruppenleiter bzw. Abteilungsleiter besondere Anordnungen, insbesondere hinsichtlich

der Verwahrung und des zur Aktenanforderung berechtigten Personenkreises” getroffen

werden.

 

Welche Geschäftsstücke als Verschlußsachen zu behandeln sind, resultiert somit im

wesentlichen aus dem konkret zu behandelnden Geschäftsfall.

 

 

Zu Frage 8:

 

Da weder die Kanzleiordnung für die Bundesministerien noch die Verschlußsachenordnung

eine Kategorisierung von Geschäftsstücken als “geheim” beinhalten, erfolgt grundsätzlich

auch keine Einstufung von Akten nach diesem Kriterium.

 

 

Zu Frage 9:

Gemäß § 3 der Verschlußsachenordnung sind Verschlußsachen als solche mit dem Vermerk

“Verschluß” zu bezeichnen. Verschlußstücke dürfen grundsätzlich nur in verschlossenen

Briefumschlägen weitergegeben werden. Die Beförderung eines Verschlußaktes im Einsichts -

und Genehmigungsverkehr innerhalb des Hauses hat unter Verwendung eines

Verschlußumschlages zu erfolgen. Verschlußakten, die außerhalb des Hauses versendet

werden, sind grundsätzlich unter ,,Doppelverschluß” - kuvertiertes Geschäftsstück in

neutralem Kuvert - zu versenden.

 

Die Bearbeitung der Verschlußsachen ist einem eng umgrenzten, besonders geschulten Kreis

von Bediensteten, welche auch hinsichtlich ihrer Verschwiegenheitspflicht gesondert zu

belehren sind, vorbehalten.

 

Die Protokollierung der Verschlußsachen erfolgt in einem gesondert geführten und in einem

sicheren Behältnis aufbewahrten Geschäftsbuch. Der Verschlußakt selbst wird in einem

verschlossenen Umschlag samt dem Verfügungsbogen, getrennt vom Geschäftsbuch, in

gesicherten Aktenschränken unter Sperre aufbewahrt.

 

 

Zu Frage 10:

a.) Akten

 

Gemäß § 80 der Kanzleiordnung ist jeder Akt mit einem Skartierungsvermerk zu versehen;

die Skartierung hat grundsätzlich nach sieben Jahren nach dem letzten Bearbeitungsvorgang

zu erfolgen. Ein Überschreiten oder Unterschreiten dieser Frist ist - in Abhängigkeit von dem

zu bearbeitenden Geschäftsfall - möglich.

 

 

b.) Verschlußsachen

 

Zusätzlich zu den Vorschriften über die Skartierung von Akten hat gemäß § 19 der

Verschlußsachenordnung beim “Ausscheiden” von Verschlußstücken eine Vernichtung des

Aktes in der Form zu erfolgen, daß “keine auswertbaren Reste übrig bleiben”. Die

Vernichtung hat durch einen eigens hierzu berufenen Bediensteten zu erfolgen; über

Verschlußstücke, die vernichtet werden, ist ein Verzeichnis anzulegen, das fünf Jahre

aufzubewahren ist

 

 

Zu Frage 11:

 

In Entsprechung der Kanzleiordnung für die Bundesministerien werden sämtliche Akte des

Bundesministeriums für Inneres, die für die Skartierung vorgesehen sind, dem

Österreichischen Staatsarchiv zur Übernahme angeboten; da seit dem Jahre 1982 sämtliche zu

skartierende Akte übernommen wurden, ist im Bundesministerium für Inneres in der Praxis

keine Vernichtung von Akten mehr notwendig.

 

Zur entsprechenden Vernichtung von sonstigen Dokumenten und Schriftstücken, welche nicht

der Kanzleiordnung unterliegen, an deren Inhalt jedoch ein ähnliches

Geheimhaltungsinteresse besteht, stehen die erforderlichen Aktenvernichter zur Verfügung.

Zu Frage 12:

 

Aufgrund der enormen Anzahl an Aktenstücken sowie der umfangreichen Aufgaben des

Bundesministeriums für Inneres, kann ich nicht vollständig ausschließen, daß - entgegen den

zahlreichen und differenzierten Bestimmungen über die Wahrung der Amtsverschwiegenheit

- Akten unzulässigerweise verbracht wurden.