479/AB

 

 

 

der Anfrage der Abgeordneten Meisinger, Mag. Haupt , B1ünegger,

Madl und Kollegen betreffend Verbindungen zwischen Arbeiterkammer

und Gewerkschaften in Oberösterreich, Nr. 648/J.

 

 

Fragen 1 und 2 :

 

Ist es für Sie als Aufsichtsorgan vereinbar, wenn FSG-Vorstands-

mitgieder der Arbeiterkammern gleichzeitig führende Funktionen

bei den Gewerkschaften ausüben?

 

Wenn ja, warum?

 

 

Antwort :

 

Dazu ist zunächst zu bemerken, daß entsprechend einer von der Ar-

beiterkammer für Oberösterreich zur gegenständlichen Anfrage ein-

geholten Stelungnahme die in der Einleitung zur Anfrage behaup-

teten Angaben nicht richtig sind. Nicht sieben - wie in der An-

frage angegeben wird - sondern fünf der zehn der FSG-Vorstandsmit

glieder der Arbeiterkammer Oberösterreich sind Vorsitzende oder

stellvertretende Vorsitzende von Gewerkschaften.

 

Zur Frage der Vereinbarkeit von Funktionen bei der Arbeiterkammer

und bei den Gewerkschaften gibt sich aus meiner Sicht aus dem Ar-

beiterkammergesetz eindeutig, daß eine Unvereinbarkeit zwischen

diesen Funktionen nicht besteht. Dies gilt selbstverständlich un-

abhängig davon, welcher Fraktion in der Arbeiterkammer diese Per-

sonen angehören.

 

 

Frage 3 :

 

Sind Sie der Ansicht, daß sich Vorsitzende und stellvertretende

Vorsitzende einer Fachgewerkschaft bei einer Abstimmung über Sub-

ventionen an Fachgewerkschaften wegen Befangenheit der Stimme zu

enthalten haben?

 

 

Antwort:

 

Die Arbeiterkammer für Oberösterreich hat in ihrer Stellungnahme

zur Frage der Praxis der Entscheidungsfindung im Vorstand mitge-

teilt: ''Die Unterstützung der Gewerkschaften erfolgt in Wahrneh-

mung des gesetzlichen Auftrages (§ 6 AKG) . Ein Vorstandsmitgied

kann sich - weil seine Gewerkschaft gefördert wird - nach freiem

Ermessen der Stimme enthalten. Eine rechtliche Notwendigkeit dazu

besteht nicht, weder nach dem kammerrechtlichen Vorschriften, noch

aus dem Umstand einer "Befangenheit'' . Zieht man die Grenzen von

''Befangenheit'' derart weit, müßten sich bei einer Vielzahl von Be-

schlüssen der Vollversammlung und des Vorstandes Kammerräte der

Stimme enthalten "

 

Die Ausführungen der Arbeiterkammer für Oberösterreich sind

richtig. Weder das Arbeiterkammergesetz noch die einschlägigen Ge-

schäftsordnungsvorschriften sehen eine zwingende Stimmenthaltung

aus Gründen einer noch näher zu definierenden ''Befangenheit'' vor.

Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Organmitglieder der Ar-

beiterkammern aufgrund dieser ihrer Funktion an der Willensbildung

in einem Kollegialorgan der Arbeiterkammer mitwirken, sodaß ein

Ausschluß von der Teilnahme an dieser Willensbildung jedenfalls

nur dann in Frage käme, wenn er eindeutig gesetzlich und ge-

schäftsordnungsmäßig definiert und als solcher sachlich gerecht-

fertigt und notwendig ist.

Fragen 4 und 5 :

 

Halten Sie es für richtig, daß mit Geldern der Arbeiterkammern die

Gewerkschaften subventioniert werden?

 

Wenn ja, warum?

 

 

Antwort:

 

Das Arbeiterkammergesetz 1992 (AKG) sieht in § 6 vor, daß die Ar-

beiterkammern berufen sind, die kollektivvertragsfähigen frei-

willigen Berufsvereinigungen und die Organe der betrieblichen

Interessenvertretung zu beraten sowie zur Förderung der sozialen,

wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Interessen der Ar-

beitnehmer zu unterstützen und mit ihnen zusammenzuarbeiten.

 

In den Gesetzesmaterialien wird dazu unter anderem ausgeführt:

Die Mögichkeit der Zusammenarbeit mit freiwilligen Interessen-

vertretungen der Arbeitnehmer betrifft in erster Linie die Gewerk-

schaften. Unter anderem wird durch diese Bestimmung auch die enge

Zusammenarbeit im Bereich der gewerkschaftlichen Schulungstätig-

keit gesichert. Die Unterstützung und Zusammenarbeit kann auch

darin bestehen, daß gewerkschaftliche Veranstaltungen und Aktivi-

täten finanziell gefördert werden. '' (Ausschußbericht zum Initia-

tiv.antrag 229/A, 252 B1g. NR, XVIII. GP) . Daraus ergibt sich, daß

die - auch finanzielle - Förderung der Gewerkschaften zu den

gesetzichen Aufgaben der Arbeiterkammern gehört.

 

 

Frage 6 :

 

Ist es Ihrer Ansicht nach den Pflichtmitgliedern in wirtschaftlich

extrem schwierigen Zeiten zumutbar, wenn in der Arbeiterkammer

Oberösterreich jeder der vier Vizepräsidenten (drei FSG, ein ÖAAB)

zu den algemeinen Bildungszulagen zusätzlich jährlich

S 350.000, - - Bildungsgelder und monatlich S 33.090, - - Aufwandsent-

schädigung erhält?

 

Antwort:

 

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat dazu mitgeteilt: ''Die Auf-

wandsentschädigungen für die vier Vizepräsidenten entsprechen den

kammerrechtlichen Bestimmungen (§ 73 AKG; Funktionsgebührenricht-

linie der Bundesarbeitskammer) .Der Betrag von S 350.000, - - ist

Bestandteil der Unterstützung der wahlwerbenden Gruppen gemäß § 4

Abs. 2 Z 9 AKG. Er fließt nicht den Vizepräsidenten, sondern den

Fraktionen zu. ''

 

§ 4 Abs. 2 Z 9 sieht ausdrücklich vor, daß zur Aufgabe der Arbei-

terkammer auch gehört, die Tätigkeit der in der Vollversammlung

vertretenen wahlwerbenden Gruppen zu unterstützen.

 

In den bereits erwähnten Gesetzesmaterialien wird dazu ausgeführt:

"In Z 9 ist berücksichtigt, daß in einer demokratisch zusammenge-

setzten Interessenvertretung unterschiedliche politische Ausrich-

tungen repräsentiert sind, die ebenfalls die Möglichkeit haben

müssen, unabhängig vom Gesamtstandpunkt der Arbeiterkammer Tätig-

keiten zu entfalten. ie Unterstützung der in der Vollversammlung

vertretenen wahlwerbenden Gruppen umfaßt auch die Möglichkeit zur

finanziellen Unterstützung, vor allem der Schulungs- und Informa-

tionstätigkeiten "

 

Frage 7 :

 

Wäre Ihrer Meinung nach in Zeiten, in denen die Arbeiterkammern

dem Belastungspaket der Regierung zustimmen, nur ein Vizepräsident

ausreichend, weil auch der Kammerdirektor zur Stellvertretung des

Präsidenten befugt ist?

 

 

Antwort:

 

Die Zahl der Vizepräsidenten einer Arbeiterkammer ist im Arbeiter-

kammergesetz geregelt und unterliegt daher nicht der freien ispo-

sition einer Arbeiterkammer. Ergänzend ist zu betonen, daß der Di -

rektor einer Arbeiterkammer nicht zur Stellvertretung des Präsi-

denten befugt ist.

Frage 8:

 

Wäre eine Rechnungshofkontrolle mit anschließendem Bericht an die

Arbeiterkammervollversammlung dazu dienlich, diese mißbräuchliche

Verwendung von Geldern in der Arbeiterkammer künftig auszuschlie-

ßen?

 

 

Antwort:

 

Soweit mit der Verwendung des Begriffes ''diese mißbräuchliche Ver-

wendung'' die in den vorangehenden Fragen angesprochenen Leistungen

gemeint sind, ergibt schon aus der Beantwortung dieser Fragen, daß

diese rechtskonform sind, sodaß von einer ''mißbräuchlichen Verwen-

dung'' nicht die Rede sein kann.

 

Im übrigen ist zu bemerken, daß die gesetzlichen beruflichen Ver-

tretungen - also auch die Arbeiterkammern - mit Bundes-Verfas-

sungsgesetz-Nove1le 1994, BGBl. Nr. 1013, in die Rechnungshofkon-

tro1le einbezogen worden sind. ie dazu notwendigen Anpassungen

des Rechnungshofgesetzes 1948 erfolgten mit Bundesgesetz BGBl.

Nr. 119/1996.

 

 

Frage 9 :

 

Halten Sie die Einführung eines ständigen Finanz- und Personalaus-

schusses auch in der Arbeiterkammer Oberösterreich für sinnvoll?

 

 

Antwort:

 

ie Einrichtung von Ausschüssen gemäß § 57 AKG bzw. von Vorstands-

ausschüssen gemäß § 54 Abs. 5 AKG obliegt dem Vorstand, der die

Zweckmäßigkeit der Einrichtung solcher Ausschüsse je nach sachli-

cher Notwendigkeit zu beurteilen und zu entscheiden hat.

 

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat dazu mitgeteilt, daß sie ge-

mäß § 60 iVm § 79 AKG eine Personalkommission eingesetzt hat. er

Vorstand der Arbeiterkammer Oberösterreich hat weiters - zeitlich

befristet - einen Finanzausschuß als Vorstandsausschuß eingerich-

tet.

 

Frage 10 :

 

Finden Sie es gegenüber allen Pflichtmitgliedern der Arbeiterkam-

mer (auch Nicht-ÖGB-Mitgliedern) korrekt, wenn die in der AK-Voll-

versammlung stimmberechtigten Gewerkschafter vorwiegend ihre In-

teressen und nicht die Interessen aller Arbeitnehmer vertreten?

 

 

Antwort:

 

Die Behauptung, daß die in der AK-Vollversammlung stimmberechtig-

ten Gewerkschafter vorwiegend ihre Interessen und nicht die Inter-

essen aller Arbeitnehmer vertreten, ist durch nichts substanti-

iert, sodaß sich ein Eingehen auf diese Frage erübrigt.

 

 

Frage 11:

 

Halten Sie es dem Arbeitnehmer gegenüber für richtig, wenn die Ar-

beitnehmer die Vertragsgrundlage ihres Arbeitsverhältnisses, den

Kollektivvertrag, nicht käuflich erwerben können, obwohl dies dem

Arbeitgeber sehr wohl über die Wirtschaftskammer möglich gemacht

wird?

 

 

Antwort:

 

Kollektivverträge werden in Österreich von den zuständigen ko1lek-

tivvertragsfähigen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und der

Arbeitgeber abgeschlossen, wobei auf Arbeitnehmerseite in der

Regel der Österreichische Gewerkschaftsbund bzw. seine Fachgewerk-

schaften als Abschlußpartner auftreten, während auf Arbeitgeber-

seite regelmäßig die gesetzlichen Interessenvertretungen und ihre

Fachgliederungen als Verhandlungs- und Vertragspartner agieren.

Kollektivverträge sind gemäß § 15 Arbeitsverfassungsgesetz im Be-

trieb in einem für alle Arbeitnehmer zugäng1ichen Raum aufzulegen,

wobei diese Auflage entsprechend kundzumachen ist. Gemäß § 149

Arbeitsverfassungsgesetz können die beim Bundesministerium für

Arbeit und Soziales hinterlegten Kollektivverträge während der

Amtsstunden von jedermann eingesehen werden; gemäß § 43 Abs. 2

Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz haben die Landes (Kreis) gerichte

 

als Arbeits- und Sozialgerichte jedermann in die ihnen übermittel

ten kolektivrechtlichen Normen Einsicht zu gewähren. Aufgrund

dieser Bestimmungen ist es einem Arbeitnehmer bzw. einer Arbeit-

nehmerin mögich, Kenntnis vom Kollektivvertrag zu erhalten.Dazu

kommt noch ergänzend die Auskunfts- und Beratungstätigkeit der

Interessenvertretungen, vor allem der Arbeiterkammern.

 

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat dazu wie folgt Stellung ge-

nommen: "Die Rechtsberatung der Arbeiterkammer unterstützt ohne

Unterschied jedes Mitglied mit bester fachlicher Qualität unter

Heranziehung aller erforderlichen Rechtsquellen. ie entgeltliche

Veräußerung von Kollektivverträgen ist dabei nicht vorgesehen und

für die ratsuchenden Arbeitnehmer auch nicht erforderlich. Die Ar

beiterkammer schließt - anders als die Wirtschaftskammer - keine

Kollektivverträge ab, sodaß sie auch aus diesem Grund nicht ver-

kauft werden können. "