4802/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald Stadler und Kollegen haben am

26. November 1998 unter der Zahl 5229 / J - NR / 1998 an mich eine schriftliche Anfrage be-

treffend Massaker an Christen in Indonesien gerichtet, welche folgenden Wortlaut hat:

 

1) “Wie beurteilen Sie die anhaltende und weiter eskalierende Verfolgung der christlichen

    Minderheit in Indonesien?

 

2) Haben Sie in Ihrer EU - Funktion, bzw. als österreichischer Außenminister und Vize-

     kanzler gegen die Christenverfolgung in Indonesien und in anderen Staaten Maßnah-

     men ergriffen?

-   wenn ja, wann und in welcher Form?

-   wenn nein, warum nicht?

 

3) Haben Sie den österreichischen Botschafter in Jakarta zur Berichterstattung nach Wien

    einberufen?

 

4) Haben Sie den indonesischen Botschafter in Wien in das Außenamt zitiert?

-   wenn nein, warum nicht?

-   wenn ja, wann?

 

5) Welche Maßnahmen gedenken Sie zu setzen um auf die Verfolgung christlicher Min-

     derheiten aufmerksam zu machen und zu deren Schutz allenfalls Sanktionsmaßnah-

     men gegen die betreffenden Staaten einzuleiten?”

 

 

Diese Fragen beehre ich mich, wie folgt zu beantworten:

Zu Frage 1:

 

Seit der Absetzung von Präsident Suharto im Mai d. J. ist es zu einer gewissen Liberalisie-

rung der innenpolitischen Situation gekommen. Präsident Habibie hat dringende politische

und wirtschaftliche Reformen in die Wege geleitet, ca. 60 neue politische Parteien wurden

zugelassen. Dies hat zur Schaffung kleinerer Machtzentralen geführt, die sich gegen die

gegenwärtige Regierung wenden und deren gemeinsames Interesse offenbar darin be-

steht, das Land vor den für Anfang Juni 1999 geplanten Wahlen zu destabilisieren. Die

kürzlichen Ausschreitungen gegen Christen und Kirchen in Indonesien entsprechen somit

nicht der Politik der indonesischen Regierung, sondern sind vielmehr gegen deren Re-

formpolitik gerichtet. Präsident Habibie hat diese Vorfälle verurteilt und zu religiöser und

ethnischer Toleranz aufgerufen.

 

Zwischenfälle sind auch in Zukunft zu befürchten, doch ist nicht zu erwarten, daß die tra-

ditionelle Toleranz verschwinden wird, die bisher das Zusammenleben der verschieden-

sten ethnischen und religiösen Gruppen in Indonesien ermöglicht hat.

 

 

Zu Frage 2:

 

Die EU hat sich wiederholt in Erklärungen zur Lage in Indonesien geäußert, zuletzt in der

Erklärung der österreichischen Präsidentschaft im Namen der Europäischen Union vom

20. 11. 1998, in der die gewalttätigen Ausschreitungen vom 13. 11. 1998 zutiefst bedauert

und die Besorgnis der EU über die exzessive Anwendung von Gewalt durch die Sicher-

heitskräfte gegen die Demonstranten zum Ausdruck gebracht wurde. Die EU hat auch

andere Demarchen gegenüber der indonesischen Regierung durchgeführt, zuletzt anläß-

lich einer Begegnung mit Außenminister Alatas und eines Gespräches mit Präsident Ha-

bibie, beide am 8. 12. d. J., und dabei u. a. dazu aufgefordert, den demokratischen Reform-

prozeß weiterzuführen und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Gewalttätigkeiten

zwischen ethnischen und religiösen Gruppen zu vermeiden. In ähnlichem Sinne wurden in

den letzten Monaten auch Demarchen in Pakistan, Indien, und gegenüber den Taliban in

Afghanistan durchgeführt.

Zu Frage 3:

 

Nein. Der Botschafter wurde zu laufender detaillierter Berichterstattung und zur Durchfüh-

rung von gemeinsam mit den EU - Partnern beschlossenen Demarchen beauftragt, was im

Falle seiner Rückberufung nicht im selben Maße möglich gewesen wäre.

 

 

Zu Frage 4:

 

Das Außenministerium war wiederholt mit dem indonesische Botschafter in Wien in Kon-

takt und hat in diesen Gesprächen seine Besorgnis über die Situation zum Ausdruck ge-

bracht und an die indonesische Regierung appelliert, alles in ihrer Macht Stehende zu tun,

um gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen religiösen Gruppen zu verhindern.

Die Probleme wurden von mir auch anläßlich des Abschiedsbesuches des indonesischen

Botschafters am 26. 11. 1998 erörtert, wobei dieser seine große Besorgnis über diese

Vorfälle zum Ausdruck brachte und erklärte, daß hinter diesen offenbar geplanten und

durchorganisierten Anschlägen gegen Christen und christliche Einrichtungen vermögende

Anhänger des alten Regimes und gegen die Reformpolitik eingenommene Militärkreise

stehen dürften.

 

 

Zu Frage 5:

 

Österreich wird auch in Zukunft mit seinen EU - Partnern die Situation in Indonesien einge-

hend beobachten und bei Bedarf geeignet erscheinende Maßnahmen setzen, um die

Wahrung der Menschenrechte religiöser Minderheiten sicherzustellen. Sanktionen schei-

nen in diesem Zusammenhang nicht zielführend.