4821/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Partik - Pable und Kollegen haben am 4. November
1998 unter der Nr. 5123/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend
"erkennungsdienstliche Maßnahmen bei der Verbrechensbekämpfung" gerichtet, die folgenden
Wortlaut hat:
"1) Stimmen die o.a. Informationen?
2) Ist Ihrer Meinung nach die Erfassung von bereits verurteilten Personen in der DNA -
Datenbank geeignet, Verbrechen aufzuklären?
Wenn ja, an welche strafbaren Handlungen soll hierbei gedacht sein?
3) Gibt es diesbezüglich bereits ein Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Justiz?
Wenn ja, welche Ergebnisse liegen konkret vor?
Wenn nein, werden diesbezüglich bereits Gespräche mit dem Justizministerium geführt?
4) Wäre die Ausweitung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen gesetzlich gedeckt und wenn
ja, wo genau, oder wurde es einer Gesetzesänderung bedürfen?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Das Bundesministerium für Inneres führt seit 1. Oktober 1997 ein Pilotprojekt "DNA -
Datenbanken" durch, in dessen Rahmen einerseits aus biologischen Tatortspuren und
andererseits aus erkennungsdienstlichem Material, das durch Mundhöhlenabstriche gewonnen
wurde, DNA - Profile erstellt werden.
Der sicherheitspolizeiliche Erkennungsdienst, wie er in den §§ 64 ff SPG geregelt ist, dient als
Präventivmaßnahme der Gefahrenabwehr. Eine erkennungsdienstliche Behandlung hat eine
spezialpräventive Wirkung gegenüber dem Betroffenen. Ein Mensch, der weiß, daß von ihm
Papillarlinienabdrücke
oder DNA - Profile bestimmt wurden, muß damit rechnen, bei neuerlicher
Begehung einer einschlägigen, mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, relativ leicht als
Täter überführt zu werden. Dies bedeutet, daß es grundsätzlich keine Rolle spielt, wann nach
der Tat die erkennungsdienstliche Maßnahme gesetzt wird, sofern zu diesem Zeitpunkt nicht
(bereits) auszuschließen ist, der Betroffene werde weitere gefährliche Angriffe (§ 16 Abs. 2
SPG) begehen. Dementsprechend sind im Einzelfall im Rahmen der erkennungsdienstlichen
Behandlung nur solche erkennungsdienstlichen Maßnahmen anzuwenden, die in Bezug auf den
konkreten Täter und die Tat, der er verdächtig ist oder wegen der er verurteilt wurde,
erfolgversprechend sind.
Im Rahmen des Pilotprojektes "DNA - Datenbanken" wurde verfügt, daß ein
Mundhöhlenabstrich ausnahmslos dann vorzunehmen ist, wenn es sich bei der strafbaren
Handlung um ein Sittlichkeitsdelikt, ein vorsätzliches Tötungsdelikt oder um ein Delikt eines
Suchtgiftabhängigen im Rahmen der Beschaffungskriminalität handelt. Darüber hinaus soll auf
den Mundhöhlenabstrich bei Delikten zurückgegriffen werden, bei denen Täter erfahrungs -
gemäß am Tatort oder am Opfer biologische Spuren hinterlassen.
Die erkennungsdienstliche Behandlung Tatverdächtiger ist in § 64 Abs. 1 SPG vorgesehen:
Sie erlaubt es den Sicherheitsbehörden bereits zu einem Zeitpunkt, in dem noch nicht feststeht,
ob ein bestimmter Mensch der Straftäter war, eine erkennungsdienstliche Behandlung
vorzunehmen und damit so früh wie möglich die Zielsetzung der Spezialprävention zu
verwirklichen. Diese auf die Verdachtsituation abgestellte Rechtslage erhält ihre -
systemimanente - Erweiterung für den Fall der Verurteilung: § 64 Abs. 6 SPG ermächtigt zu
einer erkennungsdienstlichen Behandlung auch bei Verurteilten und zwar unabhängig davon,
ob die Strafe bereits vollzogen wurde oder nicht. Der sicherheitspolizeiliche Zweck der
Spezialprävention bleibt in der Regel auch nach der Verurteilung eines Menschen bestehen.
Das Bundesministerium für Inneres ist - im Einvernehmen mit dem Datenschutzrat und dem
Bundesministerium für Justiz - davon ausgegangen, daß für die Durchführung des Pilotpro -
jektes die geltende Regelung für den Erkennungsdienst ausreicht. Nunmehr soll eine
spezifische Regelung durch Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes geschaffen werden.
Die Vorschläge hiefür finden sich in Artikel 1 Z 18 und 19 (§ 64 Abs 2 und 7) der
Regierungsvorlage
einer SPG - Novelle 1998 (1479 der Beilagen zu den StenProt NR XX.GP).
Da die erkennungsdienstliche Maßnahme der Vornahme von Mundhöhlenabstrichen erst seit
Oktober 1997 zur Verfügung steht, stellt sich die Frage einer "Rückwärtsdatenerfassung", also
des Einsatzes dieser Methode bei Tätern, bei denen sie - wäre sie schon früher zur Verfügung
gestanden - schon zum Zeitpunkt erfolgt wäre, als die Ermittlungen geführt wurden. Da von
dieser "Rückwärtsdatenerfassung" vor allem die besonders gefährlichen Täter betroffen sein
werden, wird dies auch Menschen betreffen, die sich zum fraglichen Zeitpunkt in Strafhaft
befinden. Die Vorgangsweise in diesen Fällen wird - was die Abwicklung im Einzelfall betrifft -
selbstverständlich mit dem Bundesministerium für Justiz abgesprochen werden.