4831/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Maria Fekter, Dr. Lukesch und Kollegen ha -

ben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Vorgehen der Justizbehörden in

der Causa Rieger - Bank, gerichtet und folgende Fragen gestellt:

 

"1. Wie viele Anzeigen haben die Staatsanwaltschaften in der Causa der Rieger -

      Bank erhalten?

 

  2. Von wem sind diese Anzeigen erstattet worden und wann sind sie der StA zu -

      gegangen?

 

  3. Was waren die jeweils angezeigten Sachverhalte und in welcher strafrechtli -

      chen Richtung wurde sie geprüft?

 

  4. Welche Entscheidungen hat die Staatsanwaltschaft zu den einzelnen Anzeigen

      getroffen?

 

  5. Wenn es zu einer Einstellung kam, wie wurde diese begründet?

 

  6. Wurde das Bundesministerium für Justiz von diesen Anzeigen informiert und

      wenn ja, welche Erlässe des Bundesministeriums für Justiz gibt es in diesem

      Zusammenhang?

 

  7. Ist es richtig, daß eine Anzeige zwei Monate im Bundesministerium für Justiz

      lag, ohne eine Entscheidung zu treffen?

 

  8. Wenn ja, was waren die Gründe für diese Verzögerung?

 

  9. Haben die Strafverfolgungsbehörden auch von weiteren Berichten der Banken -

      aufsicht die Rieger - Bank betreffend erfahren?

10.   Wenn ja, warum hat die Staatsanwaltschaft von sich aus ein Verfahren einge -

         leitet?"

 

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

 

Zu 1 bis 5:

a) Am 7. April 1988 erstattete die Österreichische Nationalbank an die Staatsan -

    waltschaft Wien Anzeige wegen angeblichen Handels mit Valuten ohne entspre -

    chende Konzession. Nach Durchführung einer gerichtlichen Voruntersuchung

    wurde dieses Verfahren am 19. September 1988 gemäß § 109 Abs. 1 StPO ein -

    gestellt, weil Valutenverkäufe in einem für die Gerichtszuständigkeit nach dem

    Devisengesetz maßgeblichen Betrag von 500.000 S nicht nachweisbar waren.

 

b) Am 6. September 1994 erfolgte eine Betrugsanzeige durch die Wirtschaftspolizei

    der Bundespolizeidirektion Wien wegen des Verdachtes überhöhter Provisionen

    beim Valutenankauf. Die Anzeige wurde am 27. Oktober 1994 gemäß § 90

    Abs. 1 StPO zurückgelegt, weil die höheren Provisionen sachlich durch die län -

    geren Öffnungszeiten, vor allem an Samstagen und Sonntagen, begründet wa -

    ren und einem internationalen Vergleich durchaus standhielten.

 

c) Am 27. März 1995 zeigte die Österreichische Nationalbank die angebliche Ver -

    fälschung einer in der Österreichischen Nationalbank ausgestellten Übernahms -

    bestätigung an. In diesem Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft Wien am

    3. Dezember 1996 die Einstellungserklärung gemäß § 90 Abs. 1 StPO abgege -

    ben, nachdem eine Fülle von aufgenommenen Beweisen den Tatvorwurf in Rich -

    tung der Urkundenfälschung nach §§ 223 und 224 StGB nicht erhärten konnte.

 

d) Ein portugiesisches Geldinstitut zeigte am 3. September 1997 die Nichtdurchfüh -

    rung einer angeordneten Überweisung von 2,6 Millionen US - Dollar an. Am

    8. September 1997 wurde die in Richtung Untreue nach § 153 StGB geprüfte An -

    zeige gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt, weil sich die Rieger - Bank aufgrund

    einer von der Bankenaufsicht am 27. Juli 1997 erteilten Information, wonach der

    Verdacht der Geldwäscherei bzw. eines kriminellen Verhaltens der Anzeigerin

    vorlag, hiezu veranlaßt sah. Ein strafbares Verhalten von Verantwortlichen der

    Rieger - Bank war nicht erkennbar.

 

e) Ein Rechtsanwalt behauptete in einer Betrugsanzeige vom 20. Februar 1998, in

    Deutschland abgesondert verfolgte Personen hätten im Jahr 1993 betrügerisch

    herausgelockte Gelder bei der Rieger - Bank veranlagt. Die eingeleiteten Ermitt -

    lungen ergaben, daß die Rieger - Bank diese Transaktionen gemäß den Bestim -

    mungen des Bankwesengesetzes der Behörde mitgeteilt hat und in der Folge die

    Gelder aus Anlaß einer zivilgerichtlichen Entscheidung an die Erleger zurückzah-

    len mußte. Das Strafverfahren wurde am 2. Juni 1998 gemäß § 90 Abs. 1 StPO

    erledigt.

 

f) Am 16. März 1998 erstattete das Bundesministerium für Finanzen eine Anzeige

    wegen § 255 Aktiengesetz. Diese führte am 24. August 1998 zu einem Strafan -

    trag gegen Wolfgang Rieger und Siegmund M.. Seit 9. November 1998 liegt eine

    nicht rechtskräftige Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien

    vor.

 

g) Am 30. Juni 1998 erstattete die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der organisierten

    Kriminalität (EDOK) bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Anzeige wegen des

    Verdachtes der Untreue. Es seien ungeachtet einer vom Landesgericht Feldkirch

    gemäß § 144a StPO erlassenen einstweiligen Verfügung in der Rieger - Bank mit

    dem gesperrten Geld Rieger - Bank - Anleihen gezeichnet worden. Am 3. Septem -

    ber 1998 wurde das Strafverfahren gemäß § 90 Abs. 1 StPO eingestellt, weil die

    einstweilige Verfügung vom Landesgericht Feldkirch zwischenzeitig aufgehoben

    worden war und Wolfgang Rieger im Einverständnis mit dem Erleger gehandelt

    hatte, dieses Geld nicht unverzinst brachliegen zu lassen.

 

h) Am 13. Oktober 1998 zeigte die Wirtschaftspolizei der Bundespolizeidirektion

    Wien Wolfgang Rieger und andere Personen an, weil aus dem Tresor der Bank -

    zentrale Valuten von rund 100 Millionen Schilling entnommen und die gesamte

    Buchhaltung der Bank sowie Sicherungsdisketten des Zentralcomputers entfernt

    worden sind. Die Staatsanwaltschaft Wien hat diesbezüglich am 3. November

    1998 eine Anklageschrift wegen des Verbrechens der Veruntreuung verfaßt, die

    Hauptverhandlung ist für den 7. Jänner 1999 anberaumt. Die Vorwürfe, die im

    Zusammenhang mit der Insolvenz der Bank stehen, werden in einem gesonder -

    ten Strafverfahren geprüft.

 

Zu 6:

Dem Bundesministerium für Justiz wurde über die vorhin unter lit. c), f) und h) ge -

nannten Strafverfahren berichtet.

 

In dem unter lit. c) angeführten Fall hat das Bundesministerium für Justiz für

15. September 1995 eine Dienstbesprechung gemäß § 29 Abs. 2 StAG anberaumt,

in der einvernehmlich die erforderlichen Beweisaufnahmen festgelegt wurden.

In der unter lit. f) angeführten Strafsache nach § 255 des Aktiengesetz hat das Bun -

desministerium für Justiz am 22. Juli 1998 das Vorhaben auf Einbringung eines

Strafantrages zur Kenntnis genommen und der Oberstaatsanwaltschaft Wien aufge -

tragen, von einer beabsichtigten Umformulierung des Strafantragstenors Abstand zu

nehmen. Im übrigen verweise ich dazu auf die folgenden Ausführungen zu den Fra -

gen 7 und 8.

 

In der unter lit. h) angeführten Strafsache berichtete die Staatsanwaltschaft Wien

über das Einlangen der Anzeige und über die erfolgte Einbringung der Anklage -

schrift. Erlässe des Bundesministeriums für Justiz sind hiezu nicht ergangen.

 

Zu 7 und 8:

Hiebei handelt es sich um die unter lit. f) angeführte Strafsache nach § 255 des Akti -

engesetz.

 

Am 17. Juni 1998 richtete ein Rechtsanwalt an den Leiter der Sektion für Straf - und

Gnadensachen im Bundesministerium für Justiz ein Rechtsschutzgesuch und setzte

ihn davon in Kenntnis, daß die Staatsanwaltschaft Wien gegen seinen Mandanten

Wolfgang Rieger einen Strafantrag wegen § 255 Aktiengesetz gestellt hätte, ohne

daß wichtige Vorerhebungen wie die Einvernahme der Wirtschaftsprüfer, die seinem

Mandanten die inkriminierte Vorgangsweise nahegelegt hätten, durchgeführt wor -

den seien. Hierauf wurde der Staatsanwaltschaft Wien noch am selben Tag ein Be -

richtsauftrag erteilt. Diese legte sodann den bereits konzipierten Strafantrag gegen

Wolfgang Rieger und Siegmund M. der Oberstaatsanwaltschaft Wien vor. Die Ober -

staatsanwaltschaft teilte mit Bericht vom 25. Juni 1998 mit, sie wolle den Strafantrag

grundsätzlich genehmigen, jedoch textliche Änderungen zur subjektiven Tatseite im

Tenor des Strafantrages auftragen. Der Bericht der Oberstaatsanwaltschaft Wien

langte am 29. Juni 1998 im Bundesministerium für Justiz ein. Die zuständige

Fachabteilung hat das Vorhaben der staatsanwaltschaftlichen Behörden geprüft und

den Bericht der Oberstaatsanwaltschaft Wien am 22. Juli 1998 mit der bereits er -

wähnten Maßgabe zur Kenntnis genommen. Kurz darauf wurde von einem weiteren

Rechtsanwalt ein Privatgutachten eines an der Universität Wien tätigen Ordinarius

für Strafrecht überreicht, das die Tatbestandsmäßigkeit in Frage zu stellen versuch -

te, jedoch zu keiner Änderung der Einschätzung führte. Nach einem Gespräch mit

dem intervenierenden Rechtsanwalt am 13. August 1998 wurde der Erlaß, mit dem

die Einbringung des Strafantrages genehmigt wurde, im Bundesministerium für Ju -

stiz abgefertigt.

Zu 9 und 10:

Am 24. Juli 1998 fand bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Besprechung statt, an

der Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, der Wirtschaftspolizei und der

Staatsanwaltschaft Wien teilnahmen. Zweck der Besprechung war es zu klären, ob

im Zusammenhang mit der Emission einer Rieger - Bank - Anleihe Anhaltspunkte für

die Zahlungsunfähigkeit der Rieger - Bank gegeben seien. Seitens der Bankaufsicht

wurde deponiert, daß nach dem damaligen Erhebungsstand kein konkreter Ver -

dacht einer gerichtlich strafbaren Handlung vorläge. Es wurde vereinbart, zunächst

im Rahmen bloß bankenaufsichtsbehördlicher Maßnahmen den Bestand der nach

dem Bankwesengesetz notwendigen Eigenmittel bei der Rieger - Bank durch eine

gleichzeitige Kassenkontrolle in allen Wechselstuben zu überprüfen und für den Fall,

daß eine freiwillige Nachschau nicht gestattet würde, die Einschaltung der Wirt -

schaftspolizei zu veranlassen. Zur Einleitung eines förmlichen Strafverfahrens ge -

gen Organe der Rieger - Bank boten die damaligen Hinweise der Bankenaufsicht kei -

nen Anlaß.