4902/AB XX.GP
Beantwortung
der parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Dr. Leiner und Kollegen
betreffend die beabsichtigte Beauftragung von verdeckten Ermittlungen in
Salzburger Call - Centern durch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für
Salzburg
(Nr. 52357J)
Mein Ressort hat zur gegenständlichen Anfrage eine Stellungnahme der Kammer für
Arbeiter und Angestellte für Salzburg eingeholt, in der diese einerseits den Werde -
gang des angesprochenen Projekts schildert und andererseits auch zur Frage der
gewählten Forschungsmethode Stellung nimmt. Die Arbeiterkammer Salzburg ver -
weist in ihrer Stellungnahme darauf, daß nach einem zunächst einhelligen Vor -
standsbeschluß über die Durchführung einer Studie über die Arbeitsbedingungen in
Call - Centern, wobei der sozialempirische Teil der Untersuchung durch eine renom -
mierte Forschungseinrichtung mittels der Methode der verdeckten Ermittlung durch -
geführt werden sollte, in einer weiteren Sitzung des Vorstandes die Annahme des
Anbots dieser Forschungseinrichtung nunmehr mit Stimmenmehrheit erfolgte. Die
Vorstandsmitglieder der ÖAAB - Fraktion sprachen sich gegen das Anbot wegen des
darin gewählten methodischen Ansatzes aus. In weiterer Folge wurde dieses For -
schungsvorhaben in die Öffentlichkeit getragen, was schlußendlich dazu führte, daß
die gewählte Forschungsmethode nicht mehr einsetzbar war, sodaß das For -
schungsdesign schlußendlich abgeändert wurde.
Die Arbeiterkammer Salzburg verweist in ihrer Stellungnahme einerseits auf die un -
bestrittene fachliche Qualifikation der beauftragten Forschungseinrichtung sowie
unter Hinweis auf einschlägige wissenschaftliche Werke darauf, daß die Methode
der teilnehmenden Beobachtung ein bewährtes und anerkanntes Verfahren der So -
zialforschung darstellt.
Die Arbeiterkammer Salzburg betont weiters in ihrer Stellungnahme, daß das Ziel
der Studie die Erhebung von subjektiven Erfahrungen
von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern sowie die Erforschung von deren Arbeitsbedingungen gewesen sei,
nicht jedoch die Erhebung von Informationen über Geschäfts - und Betriebsverhält -
nisse, die geeignet gewesen wären, einem Unternehmen wirtschaftlichen Schaden
zuzufügen.
Sie verweist weiters auf den gesetzlichen Auftrag der Arbeiterkammer gemäß § 4
Abs. 2 Z 7 Arbeiterkammergesetz 1992, zu dessen Verwirklichung anerkannte For -
schungsmethoden eingesetzt wurden und auch in Zukunft werden, um Grundlagen -
wissen für die Interessenvertretung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu
erlangen.
Zu Frage 1:
Die teilnehmende Beobachtung ist eine anerkannte Methode der Sozialforschung.
Ob sie in verdeckter oder offener Form angewendet wird, ist grundsätzlich vom For -
schungsgegenstand abhängig. Es kann Fragestellungen geben, die eine verdeckte
teilnehmende Beobachtung rechtfertigen.
Zu Frage 2 und 3:
Zu der in dieser Frage angesprochenen aufsichtsbehördlichen Aufgabenstellung ist
auszuführen:
Die Aufsicht über die Arbeiterkammern und die Bundesarbeitskammer ist in § 91
Arbeiterkammergesetz 1992 (AKG) geregelt und bezieht sich auf die Gesetzmäßig -
keit und die Einhaltung bestimmter anderer Vorschriften (Verordnungen, Richtlinien).
Das AKG überläßt es hingegen den Arbeiterkammern und der Bundesarbeitskam -
mer, autonom zu entscheiden, wie sie ihre Interessenvertretungsaufgaben innerhalb
des gesetzlichen Rahmens wahrnehmen. Aus der Determinierung der Aufsicht als
Gesetzmäßigkeitskontrolle ergibt sich weiters, daß sich auch das parlamentarische
Fragerecht nach Art. 52 B - VG nur auf die Wahrnehmung dieser Aufsicht beziehen
kann, nicht jedoch auf sonstige Aspekte der Tätigkeit der Arbeiterkammern oder der
Bundesarbeitskammer.
Es steht außer Zweifel, daß gemäß § 4 Abs. 2 Z 7 AKG die Durchführung von wis -
senschaftlichen Untersuchungen über die Lage der Arbeitnehmer zu den gesetz -
lichen Aufgaben der Arbeiterkammer gehört. Welche - anerkannte und nicht ge -
setzwidrige - Forschungsmethode dabei angewendet wird, liegt im autonomen Ent -
scheidungsbereich der Arbeiterkammer und ist nicht von der Gesetzmäßigkeitskon -
trolle durch die Aufsichtsbehörde mitumfaßt.
Zu Frage 4:
Nein. Die Wahl der Forschungsmethode hängt von der Fragestellung vom For -
schungsgebiet und anderen Kriterien ab.
Zu Frage 5 bis 8.
Ich gehe davon aus, daß die Forschungsmethode der verdeckten teilnehmenden
Beobachtung entsprechend den
einschlägigen fachlichen Kriterien der empirischen
Sozialforschung eingesetzt wird, d.h. in jenen Fragestellungen, wo dies sachlich
gerechtfertigt und argumentierbar ist.
Grundsätzlich ist dies aber, wie bereits oben erläutert, keine Frage der Gesetzmä -
ßigkeit, sondern der inhaltlichen Zweckmäßigkeit der Gestaltung und Formulierung
der Interessenvertretungspolitik der Arbeiterkammern, die von dieser autonom wahr -
zunehmen ist. Für aufsichtsbehördliche Maßnahmen gibt es insoweit keinen Raum.