4968/AB XX.GP
Die Abgeordneten Kiss, Platter und Kollegen haben am 26. November 1998 unter der Nr.
5233/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend “Äußerung des
Bundesministers für Inneres im Zusammenhang mit der Erlassung der 2. WafV (II)”, die
folgenden Wortlaut hat:
1. Glauben Sie, daß durch den ÖVP - Vorschlag zur Durchführung des neuen
Waffengesetzes 1997 dem Ziel, unverläßliche Waffenbesitzer herauszufiltern, Rechnung
getragen werden kann?
2. Wenn durch einen konsequenten Vollzug des Waffengesetzes die anfälligen und
gefährlichen Waffenbesitzer herausgefiltert werden können, warum beharren Sie
weiterhin auf einer Totalentwaffnung der Österreicher?
3. Befürchten Sie nicht, daß durch ein Waffenverbot die Zahl der illegalen Waffen steigt,
dafür aber die Kontrollierbarkeit und damit verbunden die Sicherheit der Bevölkerung
und auch der Exekutivbeamten sinkt?
4. Wie sehen Sie diese Frage im Lichte der Äußerungen des Wiener Polizeipräsidenten der
offenbar selbst von einem Waffenverbot nichts hält, wenn er in einem Standard -
Interview am 25. September 1998 sagt: "Mit einem totalen Abschaffen der Schußwaffen
ist der Gewalt sicher nicht beizukommen. Wenn in einer Beziehung zwischen Menschen
erst einmal die Schwelle zur Tötungsabsicht überschritten ist, kann alles eine Waffe sein.
Ob Schraubenzieher, Mineralwasserflasche oder Aschenbecher - da kommt alles zum
Einsatz." und "Wenn das Parlament das Waffengesetz ändert, ist es mir recht, gibt es
keine Novelle, ist es mir auch recht. Ich glaube nicht, daß sich dadurch viel ändern
wird"?
5. Wie beurteilen Sie die Statistik über bewaffnete Raubüberfälle in Großbritannien, wonach
deren Anzahl seit Erlassung des Waffenverbots um nahezu 26 % gestiegen ist.
6. Teilen Sie die Auffassung der Anfragesteller, daß ein Waffenverbot kontraproduktiv ist?
7. Wenn, wie Sie ausführen, im Fall Aspang seit 1995 Informationen über eine mangelnde
Verläßlichkeit vorlagen, warum hat dann die Behörde nicht agiert, ein Waffenverbot
erlassen und die
Waffen eingezogen?
8. Wie können Sie weiterhin von Kosmetik sprechen, wenn nachgewiesen werden kann, daß
ein konsequenter Vollzug des Waffengesetzes im Sinn der auf der Grundlage eines VP -
Vorschlages erlassenen 2. WaffVO Aspang und auch andere tragische Vorfälle hätten
verhindert werden können?
9. Warum beharren Sie weiterhin auf einer Gesetzesänderung, wenn nachgewiesen werden
kann, daß ein konsequenter Vollzug des Waffengesetzes im Sinn der auf der Grundlage
eines VP - Vorschlages erlassenen 2. WaffVO Aspang und auch andere tragische
Vorfälle hätten verhindert werden können?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Wie ich bereits in Beantwortung der an mich gerichteten Anfrage 4841/J ausführte,
konnten mit der 2. Waffengesetz - Durchführungsverordnung nur Regelungen getroffen
werden, die entweder schon im Waffengesetz selbst grundgelegt waren oder die sich nur auf
den behördeninternen Bereich der Dienstaufsicht und Führung bezogen. Grundlegende
Neuerungen und Adaptierungen, wie ich sie für notwendig erachtet hätte, waren nicht
möglich, da Initiativen der Gesetzgebung nicht zur Disposition standen.
Entgegen der in der Anfrage vertretenen Ansicht, ich würde für eine
Totalentwaffnung der Österreicher eintreten, ist meines Erachtens nur eine Änderung im
Bereich der Waffenbesitzkarten notwendig, um den privaten Waffenbesitz einzuschränken,
dieser wird in erster Linie mit Selbstschutz gerechtfertigt, wobei diese Waffen den
Betroffenen nur ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln. Waffen in Händen Ungeübter
bergen mehr Gefahren in sich, als sie Schutz bieten.
Diesen Erfordernissen konnte jedoch mit der 2. WaffV nicht Rechnung getragen
werden und so bleibt die Norm - ungeachtet ihrer Bedeutung im Bereich der
Bewußtseinsbildung von Betroffenen und Behörden - bezogen auf das meiner Ansicht nach
tatsächlich Notwendige - hinter dem Erforderlichen zurück. Sie mußte sich darauf
beschränken, innerorganisatorische Anordnungen zu treffen, Anhaltspunkte für
Beurteilungen und Entscheidungen zu bieten und allgemein eine Sensibilisierung der
Behörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes herbeizuführen.
Zu den Fragen 1 und 2:
Die 2. Waffengesetz - Durchführungsverordnung trägt dadurch, dass sie sowohl bei
Waffenbesitzern, aber auch bei den Behörden eine Sensibilisierung für Gefahren, die aus
dem Waffenbesitz erwachsen können, sicher zu vermehrter Sicherheit in diesem Bereich bei.
Doch das Ziel einer wesentlichen Reduzierung der durch legal besessenen Schusswaffen,
zumeist in psychischen Ausnahmesituationen begangenen Straftaten, scheint mir nur
dadurch tatsächlich erreichbar, dass der Waffenbestand in Österreich insgesamt gesenkt
wird. Wenn in Österreich mehr als vier
von hundert Menschen im Besitz einer
waffenrechtlichen Urkunde sind, scheint dies in keinem Verhältnis zu der tatsächlichen
Gefährdung zu stehen, der ein Einwohner ausgesetzt ist, zumal in dieser Zahl die Besitzer
von Langwaffen, die bis 1. Juli 1997 in keinem Fall einer waffenrechtlichen Urkunde
bedurften, nicht berücksichtigt sind.
Dennoch will ich an dieser Stelle noch einmal betonen, dass ich nicht für eine
Totalentwaffnung Österreichs eintrete, sondern für eine Beschränkung des Zugangs zu
Waffen auf jene Menschen, die diese tatsächlich benötigen.
Zu den Fragen 3 und 6:
Die Ansicht, dass gesetzliche Beschränkung des Waffenbesitzes zu einer Zunahme
illegaler Waffen führt oder Waffenbesitzer sogar in die Illegalität gedrängt werden, teile ich
jedoch nicht. Um dennoch allfälligen Tendenzen in diese Richtung vorzubeugen, sollten
darauf abzielende waffenrechtliche Regelungen in erster Linie die Zugangserfordernisse
anheben und weniger in bestehenden Waffenbesitz eingreifen. Zur Reduzierung des
derzeitigen Bestandes an Waffen würde ich mich nämlich dafür aussprechen, Anreize zu
schaffen, die Waffen freiwillig abzugeben.
Darüber hinaus gehe ich unter Bedachtnahme auf zahlreiche persönliche Kontakte
davon aus, dass rechtstreue Bürger, wie die meisten Waffenbesitzer besonders auf
Einhaltung der Gesetze bedacht sind und bei einer maßvollen Änderung des Waffengesetzes,
wie ich sie mir vorstelle, großteils nicht in die Illegalität abgleiten.
Zu Frage 4:
Zu dieser Frage scheint es mir notwendig, auf die jedenfalls gebotene
Unterscheidung von Waffen im Sinne des Waffengesetzes und andere Gegenstände
hinzuweisen, die auch als Waffen eingesetzt werden. Selbstverständlich werden Morde und
andere Gewalttaten nicht nur mit Waffen begangen, sondern auch mit Gegenständen des
täglichen Gebrauchs. Dennoch ist es sinnvoll, für Waffen Besonderes vorzusehen. Zum
einen ist, außer bei der Jagd und der Ausübung des Schießsports, eine Waffe
definitionsgemäß dazu bestimmt, gegen Menschen eingesetzt zu werden und zwar so, dass
die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit unmittelbar herabgesetzt oder beseitigt wird. Auch wenn
durch entsprechende Verwendung von Werkzeug, etwa eines Hammers oder eines
Stromkabels, dieselbe Wirkung erzielt werden kann, so sind diese Gegenstände regelmäßig
nicht dazu bestimmt, gegen Menschen eingesetzt zu werden. Zum anderen unterscheidet
sich Waffengewalt und hier insbesondere der Einsatz von Schußwaffen, von der
Verwendung anderer Gegenstände als Waffen dadurch, als eine Einwirkung auf das
Gegenüber unter Wahrung eines Abstandes ermöglicht wird; der Täter kann auf Distanz
bleiben. Bei anderen Gegenständen muss der Aggressor mit dem Opfer in körperlichen
Kontakt treten, was - wie auch Fachärzte bestätigen - die Überwindung einer zusätzlichen
psychologischen Barriere erforderlich
macht.
Zu Frage 5:
Da das gänzliche Verbot von Handfeuerwaffen, also einschließlich der mit einem
Kaliber unter 0.22, erst am 1. Februar 1998 in Kraft getreten ist, mir offizielle Statistiken
aber nur für den Zeitraum bis einschließlich März 1998 vorliegen, fällt es schwer, diese Zahl
als aussagekräftig zu kommentieren.
Darüber hinaus weise ich darauf hin, dass der Regelungszweck waffenrechtlicher
Bestimmungen nicht darauf abzielt, allgemein Kriminalität zu bekämpfen, dies ist Aufgabe
der Sicherheits- und Kriminalpolizei, sondern darauf, die Sicherheit im Bereich des
Umgangs mit und des Besitzes von Waffen zu erhöhen.
Zu den Fragen 7 bis 9:
Wie ich bereits in Beantwortung der Anfrage Nr. 4843/J der Abgeordneten Kiss,
Platter und Kollegen ausgeführt habe, führte die im Jahr 1995 erstattete Anzeige gegen
Siegfried SCHABAUER zum Entzug seiner Waffenbesitzkarte. Darüber hinaus gingen bis
zum 29. Juli 1998 keine konkreten Anzeigen gegen Siegfried SCHABAUER ein.
Auf Grund der Mitteilung des Gendarmeriepostens im Jahre 1995 ergab sich für die
Behörde, dass das Verhalten zwar rechtfertigte, die waffenrechtliche Verläßlichkeit
abzusprechen, doch fanden sich noch nicht genügend Anhaltspunkte für die Erlassung eines
Waffenverbotes.
Die Behörde hat somit Maßnahmen ergriffen, auch wenn im Wissen um sein späteres
Verhalten deutlich wird, dass sie von den gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten in
weiterem Umfang Gebrauch machen hätte sollen.
Insgesamt hat die Vorgangsweise der Waffenbehörde und der Beamten in diesem
Fall zwei Aspekte deutlich gemacht: Einerseits bedarf es einer verstärkten Sensibilisierung
im Hinblick auf die Gewaltbereitschaft von Waffenbesitzern und andererseits müssen die
Handlungsanleitungen auf gesetzlicher Ebene deutlicher gefaßt werden. Zum ersten Punkt
wurde mit der 2. WaffV sicher ein wichtiger Schritt in Richtung erhöhter Aufmerksamkeit
für gewaltgeneigte Verhaltensweisen gesetzt. Demnach ist zur Schaffung eindeutiger
Normen auf diesem Gebiet der Gesetzgeber ebenso aufgerufen wie zu einer - schon in der
Einleitung umrissenen - deutlichen Verringerung des privaten Schußwaffenbesitzes.