4973/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5251/J - NR/ 1998, betreffend alarmierende
Beantwortung der Anfrage 4466/J (Verfall der Ghega - Bahn über den Semmering), die die
Abgeordnete Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde am 26. November 1998 an mich gerichtet
haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1:
Zunächst ist festzuhalten, daß an der Semmering - Bergstrecke laufend Erhaltungs- und Erneue -
rungsarbeiten durchgeführt werden. Deshalb hat auch der Rechnungshof festgestellt, daß infolge
dieser dauernden Erhaltungsarbeiten die volle Kapazität der Bergstrecke nur an 23 (!) Tagen im
Jahr (Vergleichsjahr 1996,1997) zur Verfügung steht.
Die Sicherheitsüberprüfungen (gemäß ÖBB - Dienstvorschrift B 20 - Bannaufsicht) fanden im
Streckenabschnitt Gloggnitz - Mürzzuschlag letztmalig in nachstehenden Zeiträumen statt:
- Oberbaumeßwagenfahrten: |
Juni und August 1998 |
- Weichenhauptrevisionen: |
September 1998 |
- Tunnel Gleis 2: |
September 1997 |
- Tunnel Gleis 1: |
Juli 1998 |
- Brücken und Viadukte: |
Oktober - November 1998 |
Zu Frage 2:
Aufgrund der langjährigen Erfahrung der diese Untersuchungen ständig durchführenden
Spezialisten kann ein Überprüfungszeitraum von vier Jahren als geeignet angesehen werden. Bei
speziellen Schadensbildern werden die Fristen für das jeweils betroffene Bauwerk entsprechend
gekürzt. Die Entscheidung darüber trifft der für das Gutachten verantwortliche Experte.
Zu den Fragen 3 bis 5:
Ergänzend zu den Überprüfungen gemäß Dienstvorschrift B 20, die von zuständigen
ÖBB - Fachleuten durchgeführt werden, wurden folgende Gutachtertätigkeiten an Zivilinge -
nieurbüros vergeben:
Ingenieurbauwerke |
Büro Prof. Dr. Pauser |
|
Büro Kirsch - Muchitsch |
Tunnel |
Büro IGT – Ingenieurgemeinschaft |
|
Geotechnik und Tunnelbau |
Geologie |
Büro Waibel |
|
Büro Intergeo |
|
Büro Prof. Dr. Weiss |
Material |
Österreichisches Bauinstitut |
Da die Endberichte dieser Gutachten nach den Angaben der Österreichischen Bundesbahnen
voraussichtlich erst Mitte 1999 vorliegen werden, konnten die Prüfberichte der Eisenbahn -
aufsichtsbehörde noch nicht vorgelegt bzw. angefordert werden. Nach Vorliegen dieser Berichte
wird über die weitere Vorgangsweise zu entscheiden sein. Diese Gutachten werden Grundlage
eines Sanierungskonzeptes sein. Die Erhaltungsmaßnahmen an den Bauwerken sind nur bei
eingleisigem Betrieb durchführbar und werden daher einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren in
Anspruch nehmen, in der auch der heutige Betrieb nicht in der bisherigen Qualität aufrecht
erhalten werden kann. Eine Vergrößerung der Kurvenradien und eine Aufweitung der Gleis -
abstände von 3,60 m auf 4m kann nur
mit beträchtlichen Eingriffen durchgeführt werden, die im
Lichte des Denkmalschutzes zumindest fragwürdig sind.
Eine frühere Schätzung von Basler und Partner geht von Sanierungskosten für die Bergstrecke
von etwa 2,4 Mrd. ATS aus, eine Tunnelaufweitung ist mit weiteren 300 Mio. ATS zu ver -
anschlagen. Würde die Bergstrecke nur mehr für den Regionalverkehr benötigt, würde sich der
Sanierungsaufwand auf etwa 800 Mio. ATS reduzieren.
Eine Untersuchung der Sanierung der Viadukte auf der Nordrampe der Semmering - Bergstrecke
wurde im Rahmen des externen Controllings des BMWV beauftragt und befaßt sich aus -
schließlich mit der Instandhaltung der Viadukte auf der Nordrampe der Semmeringstrecke. Es
wurden weder die Tunnels und deren Profile bzw. deren Ausweitung untersucht, noch die
dazwischen liegende Strecke und die sonstigen Streckenbauten und deren Sanierungsbedarf
erhoben. Auch die Frage der Ausweitung der Gleisbögen und die Investitionserfordernisse für
die durchgehende Ausweitung des Gleisabstandes auf 4m anstelle von 3,60 m wurden in dieser
Untersuchung nicht erhoben.
Diese vom BMWV beauftragte Untersuchung des Ingenieurbüros Fritsch/Chian & Partner zeigt
darüber hinaus deutlich, daß die Sanierungskosten der Bergstrecke - ohne jedwede positive
Beeinflussung der äußerst schlechten bestehenden Betriebsqualität, also nur zur Aufrechter -
haltung des schlechten bestehenden Betriebszustandes - einen je nach den Betriebserforder -
nissen unverhältnismäßig hohen Mittelaufwand bzw. ein ungünstiges Mitteleinsatz - Nutzen -
Verhältnis aufweisen:
Die Kosten für die Sanierung der Viadukte und Brücken auf der Nordrampe - das ist der Bereich
zwischen den Bahnhöfen Gloggnitz und Semmering - betragen auf Preisbasis 1998, je nach
vorgesehener Nutzungsdauer, zwischen 566 Mio. und 1.143,6 Mio. öS (ohne MWST), wobei der
geringere Wert einer Nutzungsdauer von 10 - 20 Jahren, der höhere Wert einer Nutzungsdauer
von 30 - 40 Jahren entspricht.
In diesen Kosten sind lediglich die Mehraufwendungen für die Sanierungsarbeiten unter
Aufrechterhaltung eines (eingeschränkten) Verkehrs enthalten, nicht jedoch die ÖBB internen
Betriebserschwernisse. Es können auch
nach Fertigstellung der Sanierung der Brücken und
Viadukte die betrieblichen Einschränkungen und der hohe Erhaltungsaufwand der Strecke
aufgrund der vorhandenen Trasse (enge Radien) und Nivelette (hohe Steigung) nicht beseitigt
werden.
Des weiteren sind in den Kosten keine Aufwendungen für allfällige Bahnhofsausbauten,
Überleitstellen, Linienverbesserungen und eventuell erforderliche Tunnelaufweitungen etc.
enthalten. Selbstverständlich auch nicht enthalten sind eventuell erforderliche Erhaltungs -
arbeiten bzw. Reininvestitionen auf der freien Strecke zwischen den Kunstbauwerken.
Die höhere Summe ergibt sich aus dem Erfordernis, weiterhin den Gesamtverkehr über die
Bergstrecke zu führen, die niedere Summe ergäbe sich aus dem Erfordernis, nur mehr Regional -
verkehr über die Bergstrecke zu führen. Die Sanierungsmaßnahmen werden sehr unterschiedlich
ausfallen, je nachdem, ob sie für einen Lokal - und Touristenverkehr oder für einen Gesamt -
verkehr inkl. schwerer Güterzüge getroffen werden. Eine weitere Unwägbarkeit kommt durch
die Ernennung zum Weltkulturerbe und die damit verbundenen Kosten für die zuätzlichen
Auflagen des Denkmalschutzes hinzu.
Für den Bereich Absatz ergeben sich durch die erschwerten Betriebsbedingungen, zusätzliche
Traktion, zusätzlichen Verschub, zusätzlichen Personalbedarf etc. Mehrkosten in der Höhe von
150 Mio. ATS pro Jahr. Aber auch die Kosten für den Bereich Absatz der ÖBB sind sehr
unterschiedlich ob Gesamtverkehr ( mit Doppeltraktion, Verschub, Zugsförderungsleitung etc.)
oder nur mehr Regionalverkehr über die Bergstrecke geführt wird. Die kalkulierten Rationalisie -
rungseffekte würden sich jedenfalls bei Führung von Regionalverkehren großteils realisieren
lassen. Allein dieser Kostenunterschied, die jährlich anfallenden erhöhten Betriebskosten bei
Infrastruktur und Absatz so wie die noch nicht abschätzbaren Kosten für die Sanierung der
übrigen Streckenbestandteile zeigen sehr deutlich, daß der Semmering - Basistunnel über seine
Lebensdauer gerechnet auch betriebswirtschaftlich zu rechtfertigen ist.
Zu Frage 6:
Über die Anzahl der von den erwähnten Zivilingenieurbüros eingesetzten Personen ist mir eine
Auskunft nicht möglich, die Kosten
werden mit ca. 10 Mio. S veranschlagt.
Zu Frage 7:
Die Beauftragung der externen Gutachter mit Ausnahme der Untersuchung durch das Büro
Fritsch, Chiari & Partner erfolgte durch die ÖBB unter Einhaltung der entsprechenden Normen
und Vorschriften.
Zu den Fragen 8 und 9:
Die unternehmensinternen Überprüfungen der ÖBB erfolgten gemäß den Bestimmungen der
behördlich genehmigten Dienstvorschrift B 20, den jeweiligen technischen Vorschriften des
Unternehmens (Dienstvorschriften B 51, B 52, B 45 etc.) sowie den einschlägigen
Ö - NORMEN.
Nach Angaben der ÖBB waren für die externen Überprüfungen nachstehende Leistungskataloge
maßgeblich:
Ingenieurbauwerke:
Erstellung einer umfassenden Dokumentation des Erhaltungszustandes aller Objekte unter
Einbeziehung aller vorhandenen Unterlagen, einer eingehenden Untersuchung vor Ort sowie
aller notwendigen Materialprüfungen und Messungen.
Beurteilung des Sicherheitszustandes der Objekte unter Berücksichtigung der aktuellen normge -
mäßen Lastbilder sowie der derzeitigen und zukünftig zu erwartenden Verkehrsbelastung.
Empfehlung von Instandsetzungs- und allfälligen Verstärkungsmaßnahmen in Abstimmung mit
den zuständigen Stellen der ÖBB, den bestehenden Normen und Vorschriften sowie dem
Bundesdenkmalamt.
Abschätzung des zukünftigen Erhaltungsaufwandes.
Tunnelbau:
Zustandsfeststellung bei allen Tunnelobjekten.
Ermittlung der erforderlichen Erhaltungsarbeiten für die Aufrechterhaltung des derzeitigen
Bestandes.
Darstellung des Istzustandes in Tunnelbändern.
Erarbeitung von Sanierungstypen.
Kostenschätzung des künftigen Sanierungsaufwandes.
Geotechnik:
Überprüfung des Untergrundes im Bereich der gesamten Bestandsstrecke.
Untersuchung der Fundierungen aller Objekte, Böschungen und Dämme in geologischer und
geometrischer Hinsicht.
Erhebung von vorhandenen Daten, Auswertung und geologische Kartierung.
Zusätzliche Bodenaufschlüsse zur Beurteilung der Situation.
Interpretation des Istzustandes und gutachterliche Prognosen in Hinblick auf die Bestands -
sicherheit der Semmeringstrecke.
Darüberhinaus gibt es laufende Überprüfungen durch Fachkräfte der ÖBB. Auch die zukünfti -
gen Überprüfungen werden von den zuständigen ÖBB - Stellen durchgeführt.
Zu den Fragen 10 und 11:
Der Bericht der vom BMWV und den Landeshauptleuten von Wien, Niederösterreich, Burgen -
land, Steiermark und Kärnten eingesetzten Expertenarbeitsgruppe hat sich keineswegs negativ
zum Semmering - Basistunnel ausgesprochen, sondern in Anbetracht der faktisch bestehenden
Unmöglichkeit des sofortigen Baus infolge der bevorstehenden Klärung der Rechtslage vor den
Höchstgerichten empfohlen, die Zeit nicht unnütz verstreichen zu lassen, sondern in der
Zwischenzeit bestimmte Untersuchungen vornehmen zu lassen.
Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Schienenpersonenverkehrs
versuchen weltweit Verkehrsunternehmen, durch den Einsatz von Neigetechnik auch abseits
von Neubaustrecken die Reisezeit zu verkürzen und den Fahrkomfort zu erhöhen.
Studien über einen möglichen Einsatz von Zügen mit Wagenkastenneigung (WKN) auf den
Strecken Graz - Innsbruck, Wien - Graz und Wien - Villach haben gezeigt, daß - optimaler Strek -
kenzustand vorausgesetzt - eine Fahrzeitreduktion von ca. 10 - 15% erzielbar ist. Dies setzt
voraus, daß alle schienengleichen
Eisenbahnkreuzungen, Brücken, Bogenweichen, Sicherungs -
systeme etc. für die höhere WKN - Geschwindigkeit ausgelegt werden, wodurch zusätzliche
Investitionskosten anfallen. Diese Erfahrungen wurden auch in den Ländern gemacht, die heute
bereits Neigezüge einsetzen.
Grundsätzlich ist zum WKN - System festzustellen, daß ein nennenswerter Fahrzeitgewinn nur
auf bogenreichen Strecken mit Bogenradien von 350 m und größer erreicht werden kann. Auf
Strecken mit Bogenradien unter 300 m sowie in Gegenbögen ohne Zwischengerade (z.B.
Semmering) ist die Nutzung des WKN - Systems nicht möglich.
Ebenso ist bei Strecken mit großem Anteil an Geraden bzw. Radien über 1500 m (z.B. West -
bahn) der Fahrzeitgewinn entsprechend gering, da hier auch herkömmliche Fahrzeuge mit einer
Geschwindigkeit von 160 km/h verkehren können.
WKN - Systeme werden auf bogenreichen Strecken in Spanien (TALGO PENDULAR, passives
System) seit 1980, in Italien (FIAT PENDOLINO, aktives System) bereits seit den 70er Jahren
in größerer Stückzahl eingesetzt und fanden in letzter Zeit auch in Schweden (X 2000, aktives
System der Firma ABB) und Finnland (FIAT PENDOLINO) Verwendung. Versuchsfahrten
fanden in Deutschland bereits 1965 statt, die Entwicklung wurde aber 1975 eingestellt und erst
1987 mit Testfährten von WKN - Fahrzeugen ausländischer Hersteller wieder aufgenommen.
Letztlich hat dies zur Serienreife eigener Fahrzeuge geführt. Auch in der Schweiz (Firma SIG)
sowie in Österreich (Firma Siemens - SGP) fanden Versuchsfahrten statt.
In Deutschland erfolgte der planmäßige Einsatz von Fahrzeugen mit Neigetechnik ab 1992 in
Oberbayern (vorerst 20 Dieseltriebwagen). Aufgrund deren guter - auch kommerzieller -
Bewährung wurden vor kurzem 200 modifizierte Triebwagen für den Regionalverkehr mehrerer
deutscher Bundesländer bestellt; ferner sind 43 elektrische Intercity - Triebwagenzüge (ICT) in
Neigetechnik bestellt. Im September des Vorjahres hat allerdings das Eisenbahnbundesamt den
weiteren Einsatz der VT 611 untersagt, weil die Laufsicherheit nicht gewährleistet war. Im
Jänner 1999 mußten einige VT 605 ebenfalls aus dem Verkehr gezogen werden. Laut Auskunft
des Bundesamtes für Verkehr ist die Kundenzufriedenheit mit dem Cisalpino auf den Berg -
strecken der Schweiz deutlich gesunken, weil mehreren Fahrgästen bei der Fahrt übel wurde.
Im Juni 1996 sind in Österreich Versuchsfahrten mit dem von Firma FIAT für die slowenischen
Staatsbahnen bestimmten elektrischen
Triebwagenzug des Typs ETR 470 durchgeführt worden.
Dieser im 15 kV 16 2/3 Hz Bahnstromsystem einsetzbare Triebwagenzug in Neigetechnik
verursachte allerdings auf der Versuchsstrecke für die Eisenbahhsicherungsanlagen unzumutbar
hohe Störströme und wurde damit als Kandidat für ein zukünftiges einzusetzendes Neige -
technik - Fahrzeug ausgeschieden.
Im selben Jahr fanden noch weitere Versuchsfahrten zur Erprobung von Neige -
technik - Komponenten (z.B.: Siemens - SGP Nei Tech - Drehgestelle) statt. Auch dabei waren die
Erfahrungen nicht zufriedenstellend.
Die Expertenarbeitsgruppe zum Ausbau des Systems Südbahn hat die Untersuchung des
Einsatzes von WKN - Systemzügen auf der Südbahn empfohlen, diese Untersuchungen werden
durchgeführt.
Zu den Fragen 12 und 19:
In der Beantwortung zur Anfrage 4466/J wird zu Frage 17 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß
die Ghegabahn von den ÖBB jederzeit in betriebssicherem Zustand erhalten wird. Es wurde
gleichzeitig darauf hingewiesen, daß die betriebssichere Erhaltung der Strecke jedoch zuneh -
mend schwieriger und kostenaufwendiger wird und eine zeitgemäße Modernisierung unwirt -
schaftlicher als die Errichtung des Basistunnels wäre.
Punkt 1 des Übereinkommens zwischen dem Land Niederösterreich und dem Bund lautet:
“Der Bund wird dafür Sorge tragen, daß bei Verkehrsaufnahmen auf der neuen Basistunnel -
strecke auf der Semmering - Scheitel strecke vor allem
- der notwendige Schüler- und Berufsverkehr und
- ein im Interesse des regionalen Fremdenverkehrs gelegener Touristenverkehr geführt
werden.
Die näheren Festlegungen über die Fahrplangestaltung für diese Verkehre werden rechtzeitig
unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Erfordernisse im Einvernehmen mit dem Land Nieder -
österreich getroffen.”
Es ist somit nicht beabsichtigt, die Ghega - Bahn nach der Errichtung des Basistunnels als bloße
Museumsbahn zu führen. Die Scheitelstrecke muß vielmehr auch nach der Errichtung des
Basistunnels - unter Berücksichtigung
der dann gegebenen Verkehrsbelastung - erhalten werden,
wobei die Fahrplangestaltung im Sinne des Übereinkommens zu treffen sein wird. Das auf der
Bergstrecke geführte Angebot im Regionalverkehr wird daher von den Verkehrsdienstleistungs-
bestellungen der regionalen Gebietskörperschaften abhängen, wie das die einschlägigen EU -
Richtlinien vorsehen. Daher kann aus jetziger Sicht keine Aussage über die Qualität und
Quantität dieses Angebotes gemacht werden. Derzeit jedoch ist die Inanspruchnahme des
bestehenden Angebotes äußerst gering, wie auch der Rechnungshof in seinem Bericht fest -
gestellt hat.
Der Rechnungshof kritisiert daher die Aufrechterhaltung der Bergstrecke für den Regional -
verkehr als extrem unwirtschaftlich. Dazu ist anzumerken, daß das Land NÖ die Aufrechter -
haltung der Bergstrecke verlangt und zur Bedingung für den Bau des Basistunnels gemacht hat,
was sich auch im Abkommen aus 1991 niederschlägt. Die Führung des Regional Verkehrs auf
der Bergstrecke geht somit auf einen ausdrücklichen Wunsch des Landes Niederösterreich
zurück. So wie bei allen Nebenbahnen vertritt der Bund auch hier die Ansicht, daß die In -
frastruktur einer Strecke so lange aufrecht erhalten wird, so lange Verkehrsdienstleistungen auf
Basis der einschlägigen EU - Verordnung bzw. aufgrund des Bundesbahngesetzes 92 für diese
Strecke bestellt werden. Nachdem die Aufrechterhaltung der Bergstrecke auf einen vehementen
Wunsch des Landes Niederösterreich zurückgeht, geht der Bund auch davon aus, daß das Land
Niederösterreich eine entsprechende Verkehrsbedienung im Regionalverkehr bestellen wird. Es
ist generell Aufgabe der regionalen Gebietskörperschaften, Verkehrsdienstleistungen im
Regionalverkehr zu bestellen. Dabei muß es sich auch nicht unbedingt um Schienenverkehrs -
dienste handeln, sondern die Bestellung kann auch Busdienste beinhalten, sodaß ein Angebot im
öffentlichen Verkehr vorhanden ist und die Bevölkerung am Semmering nicht ausschließlich auf
ihren eigenen PKW angewiesen ist. Erreichbarkeitsberechnungen haben im übrigen ergeben,
daß für den Bezirk Mürzzuschlag und die Region Gloggnitz ein Busangebot heute schon eine
deutliche Erreichbarkeitsverbesserung gegenüber der Semmering - Bergstrecke auf der Bahn
bewirken würde.
Darüber hinaus darf ich anmerken, daß der Vertrag zwischen dem Bund und dem Land Nieder -
österreich aus zwei Vertragsteilen besteht, der erste Vertragsteil bezieht sich auf die Ver -
pflichtung des Bundes zur Aufrechterhaltung
der Bergstrecke, der zweite Vertragsteil bezieht
sich jedoch auf die Errichtung des Semmering - Basistunnels, dem vom Land Niederösterreich in
diesem Vertrag zugestimmt wurde. Ich gehe davon aus, daß beide Vertragspartner gewillt sind,
diesen Vertrag einzuhalten.
Zu Frage 13a:
Der Bau der Semmering - Schnellstraße ist im geltenden Bundesstraßengesetz festgeschrieben
und wurde im Rahmen eines Maßnahmenpaketes zur Fertigstellung des hochrangigen Straßen -
netzes im April 1996 von der Bundesregierung beschlossen.
Zu Frage 13b:
Unter Bedachtnahme auf die mir vorliegenden Expertenmeinungen halte ich die Realisierung
einer leistungsfähigen Schieneninfrastruktur für prioritär.
Zu Frage 13c:
Ich habe als Verkehrsminister immer die verkehrspolitischen Aspekte für den Fall der Realisie -
rung dieses Projektes dargestellt. Die Kompetenz für die Planung und den Bau von Bundes -
straßen liegt aber letztlich beim Bundesminister für wirtschafiliche Angelegenheiten. Ich habe
daher keine rechtlichen Möglichkeiten die Realisierung dieses Projektes entsprechend mit -
zugestalten.
Zu Frage 14:
Mir sind die ökologischen Bedenken gegen den Ausbau der Semmering - Schnellstraße bewußt.
Einerseits geht es dabei um die ökologische Gefährdung des unmittelbaren Umfelds dieser
Trassen, andererseits - und diese Gefährdung scheint mir aus einer gesamtheitlichen, auf
Nachhaltigkeit bedachten Sicht sogar noch gravierender - es geht auch um verkehrspolitisch
falsche Weichenstellungen, zumal dann, wenn der Semmering - Eisenbahntunnel nicht realisiert
werden sollte. Ich habe mich daher immer gegen den frühzeitigen Bau der Scheitelstrecke der
S6 ausgesprochen.
Zu Frage 15:
Im Rahmen des Kontaktkomitees zum
Bundesverkehrswegeplan, in dem neben den Bundeslän -
dern und einigen anderen Ministerien auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Angele -
genheiten vertreten ist, hat sich mein Ressort sehr bemüht, anstatt des Baus der vierstreifigen S6
im Scheitelabschnitt einen bestandsnahen zweistreifigen Ausbau mit kleinen örtlichen Ortsum -
fahrungen durchzusetzen.
Da der Bau der S6 im geltenden Bundesstraßengesetz verankert ist, die betroffenen Bundeslän -
der Niederösterreich und Steiermark in diesem Fall für eine Modifikation des Projektes nicht
gesprächsbereit waren hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten das Projekt
entsprechend in Angriff genommen.
Zu Frage 16a:
Im Rahmen der Modellrechnungen des Bundesverkehrswegeplanes wurden für die S 6 Scheitel -
strecke unter den Rahmenbedingungen des Plannullfalles (autobannmäßiger Lückenabschluß
der S 6, Errichtung des Semmeringbasistunnels, Fortschreibung der bisherigen Verkehrspolitik
ohne starke ökologische Eingriffe) eine Zunahme des gesamten Straßengüterverkehrs (nicht nur
Transitverkehr) um ca. 150 % im Zeitraum zwischen 1995 und 2015 ermittelt. Dies entspricht
rechnerisch einer Zunahme um etwa 4,7 %jährlich. Tatsächlich ergibt sich ein wesentlicher Teil
der zusätzlichen Belastung aus der Verlagerung von Straßengüterverkehr von der parallelen A2
(Südautobahn) zur S 6 (Semmering - Schnellstraße).
Zu Frage 16b:
Die oben genannte Zahl wurde im “Arbeitspaket R2” (Modellrechnung Güterverkehr) des
Österreichischen Bundesverkehrswegeplanes ermittelt. In diesem Arbeitspaket wurde eine
Verkehrsprognose für das Jahr 2015 für das gesamte österreichische Bundesstraßen-,
Schnellstraßen- und Autobahnnetz erstellt.
Zu Frage 17:
Die Entwicklung des Verkehrs ist zumindest innerhalb von Grenzen durch das Verkehrsangebot
lenkbar. Die Szenarien, die für den Österreichischen Bundesverkehrswegeplan untersucht
wurden, stützen sich darauf ab und zeigen vor allem Steuerungsmöglichkeit über die Kosten auf
Es ist deshalb das erklärte Ziel der
österreichischen Verkehrspolitik, über eine Internalisierung
der externen Kosten schrittweise die Kostenwahrheit im Verkehr und damit bessere Wett -
bewerbsbedingungen für die umweltfreundlichen Verkehrsträger einzuführen.
Die Investitionen in die Infrastruktur werden darauf abgestimmt, einerseits um die verkehrs -
politischen Maßnahmen in ihrer Wirkung zu verstärken, andererseits um die bei einer Verkehrs -
verlagerung erforderlich werdenden Kapazitäten vorzuhalten. Die Planungen des Österreich -
ischen Bundesverkehrswegeplans haben zum Ziel, die Konsistenz zwischen allgemeiner
Verkehrspolitik und dem Ausbau der hochrangigen Verkehrsinfrastruktur herzustellen.
Die Notwendigkeit, in diesem Sinne gegebenenfalls auch Tunnel zu bauen, ergibt sich aus dem
jeweiligen geographischen Umfeld.
Zu Frage 18:
Durch die Internalisierung der externen Kosten und die Vorhaltung der erforderlichen Kapazitä -
ten auf der Schiene könnte in Österreich bis 2015 die jährliche Güterverkehrsleistung auf der
Straße statt um 88 um nur 59 %, auf der Schiene hingegen statt um 75 um 100 % zunehmen. Bei
reduziertem Ausbau der Schiene könnte die Schiene nicht einmal die im Trend zu erwartenden
Zuwächse aufnehmen; die Folge wäre noch mehr Güterverkehr auf der Straße.
Zu Frage 20:
Die Baugenehmigungen für den Semmering - Basistunnel und den Umbau des Bahnhofes
Gloggnitz wurden in zwei getrennten Verfahren erteilt. Für den Umbau des Bahnhofes
Gloggnitz selbst liegen sämtliche behördlichen Bewilligungen vor, sodaß unabhängig vom
Semmering - Basistunnel die Bauarbeiten am Bannhof Gloggnitz begonnen werden können.
Im übrigen verweise ich auf meine Beantwortung der schriftlichen parlamentarische Anfrage Nr.
3798/J - NR/1998, betreffend Lärmschutz- und Sicherungsmaßnahmen im Bereich des Bahnho -
fes Gloggnitz, der Abgeordneten Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde vom 3. März 1998.
Die Kundmachung der Bauverhandlung war am Amtsbrett der Stadtgemeinde Gloggnitz in der
Zeit vom 12. Juli 1994 bis 22. August 1994 öffentlich angeschlagen. Die öffentliche Bau -
verhandlung wurde am 22. August 1994 in Gloggnitz durchgeführt. Die eisenbahnrechtliche
Baugenehmigung wurde den Österreichischen Bundesbahnen mit Bescheid vom 7. November
1995 erteilt.
Nach Angaben der ÖBB wurde am 14.
September 1998 die Gemeinde Gloggnitz (anwesend
waren der Bürgermeister sowie die Stadt- und Gemeinderäte) über die weitere Vorgangsweise
betreffend den Umbau des Bahnhofes Gloggnitz durch die ÖBB informiert. In Abstimmung mit
der Stadtgemeinde Gloggnitz fand weiters am 13. November 1998 in der örtlichen Hauptschule
eine öffentliche Informationsveranstaltung der ÖBB statt, die auch von den lokalen Medien
entsprechend angekündigt wurde. Bei dieser Veranstaltung wurde die Bevölkerung und die
Grundeigentümer in Gloggnitz eingehend von der weiteren Vorgangsweise informiert. Daher ist
es offensichtlich völlig unzutreffend, von einem Informationsdefizit zu sprechen. Auch besteht
keinerlei Veranlassung, Varianten zu diesem Projekt zu erstellen.
Zu Frage 21:
Die Trassenführung des Neubauabschnittes Gloggnitz - Mürzzuschlag wurde nach dem positiven
Abschluß des Anhörungsverfahrens per Trassenverordnung im August 1991 - basierend auf den
Ergebnissen des Anhörungsverfahrens und den von den beiden betroffenen Bundesländern und
allen betroffenen Gemeinden sowie den gesetzlichen Interessensvertretungen abgegebenen
positiven Stellungnahmen - festgelegt. Der eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsbescheid
wurde im Dezember 1994 erteilt.
Nach meiner Auffassung berührt die derzeitige politische Diskussion keineswegs den Raum
Pottschach - Gloggnitz. Eine Diskussion über die Trassenführung in diesem Bereich, wie sie in
der Anfrage” dem Vernehmen nach” angedeutet wird, ist meinem Ressort nicht bekannt.
Zu Frage 22:
Zu dieser Frage darf ich zunächst auf den Rechnungshofbericht verweisen, der den jährlichen
Reinvestitionsaulwand für die Semmering - Bergstrecke als 4mal so hoch beziffert, wie auf einer
vergleichbaren Strecke im Mürztal. Für die Reinvestition wurde in den Jahren 1980 - 1997
durchschnittlich ca. 25 Mio. S (exklusive Tunnel und Viadukte) bereitgestellt. Konkret wurden
in den Jahren ab 1991 folgende Mittel aufgewendet:
1991 |
18,6 Mio. S |
1992 |
21,2 Mio. S |
1993 |
31,2 Mio. S |
1994 |
57,2 Mio. S |
1995 |
69,4 Mio. S |
1996 |
62,8 Mio. S |
1997 |
98,1 Mio. S |
Für Tunnels und Brücken wurden aufgewendet:
1991 |
4,5 Mio. S |
1992 |
8,6 Mio. S |
1993 |
19,9 Mio. S |
1994 |
23,0 Mio. S |
1995 |
24,3 Mio. S |
1996 |
22,4 Mio. S |
1997 |
25,2 Mio. S |
Zahlen vor 1991 sind nicht verfügbar, da die Aufbewahrungsfrist für Rechnungen 7 Jahre
beträgt.
Zu Frage 23:
Dies waren insbesondere folgende Projekte:
Sanierung des Polleroswandtunnels (1994 - 1996)
Sanierung des Gamperlviaduktes (1992 - 1993)
Sanierung des Steinhauserviaduktes (1994 - 1997)
Sanierung des Krauseiklauseviaduktes (1997 - 1999)
Zu Frage 24:
In der zitierten Anfragebeantwortung vom 23. Juli 1998 (Parl. Anfrage Nr.4466/1998)
habe ich unter Punkt 1 nicht nur erwähnt, daß "aufgrund der schweren Verkehrsbelastung und
des Alters der Viadukte......in den nächsten Jahren hiefür durchschnittlich ca. 50 Mio. S pro Jahr
zusätzlich zu veranschlagen sind”, sondern auch angeführt, daß “für die Erneuerung bestehender
Anlagen(exklusive Tunnels und Viadukte) im Durchschnitt ca. 25 Mio. S pro Jahr auf -
zuwenden waren” und daß “der jährliche Aufwand für die Erhaltung der Semmeringbahn im
Streckenabschnitt Gloggnitz - Mürzzuschlag im Jahresdurchschnitt rund 90 Mio. S beträgt”.
Somit errechnet sich der von mir angeführte jährliche Gesamtaufwand auf 165 Mio. S.
Die Begründung des von mir in der Anfragebeantwortung vom 23. Juli 1998 angeführten
jährlichen Mehraufwandes von 50 Mio. S
in den nächsten Jahren zur Erneuerung von Viadukten
liegt in einem längerfristig geplanten Erneuerungszyklus und ist abhängig von der künftigen
Verkehrsbelastung.
Die Finanzierung der Erhaltungsaufwendungen auf der Semmeringbahn erfolgt aus dem
Infrastrukturbudget des Kapitels 65 (Ansatz 1/65148) sowie aus Mitteln der Schieneninfra -
struktur - Finanzierungsgesellschaft. Ein Vergleich dieser laufenden Aufwendungen für die
Erhaltung der Semmering - Scheitelstrecke mit dem "jährlichen Mehraufwand von 500 Mio.
Schilling für die Kostentilgung des Semmering - Basistunnels" ist falsch und unzulässig, da die
behaupteten 500 Mio. S jährlich nicht nachvollziehbar sind und außerdem einem allfälligen
jährlichen Mehraufwand ein entsprechender betriebs- und volkswirtschaftlicher Mehrertrag
gegenübersteht.