503/AB

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Firlinger, Dr. Kier und Partner/innen haben am 22.

April 1996 unter der Nr. 446/J an mich eine schriftliche parIamentarische Anfrage betreffend

''Einhebung einer Gebühr bei Unfällen mit Sachschäden'' gerichtet. Die aus Gründen der

besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1 :

 

Die mit Artikel 69 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 vorgenommene Änderung der StVO

wurde am 23. Februar l996 zur Begutachtung versandt. Die Parlamentsdirektion wurde am

selben Tag von diesem Umstand verständigt. Das Begutachtungsverfahren dauerte - wie bei

allen Entwürfen für die Regierungsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz 1996 - bis 4. März

1996.

 

Zu Frage 2:

 

Nach der Unfallstatistik für das Jahr 1994 gab es etwa 120.000 Meldungen über

Verkehrsunfälle mit Sachschaden. Ausgehend davon, daß in einem Drittel der Fälle die

Voraussetzungen des § 4 Abs 5a StVO nicht vorliegen, ergibt sich aus den verbliebenen

80.000 Unfallmeldungen ein geschätzter Einnahmenwert von 60 Mio, da damit zu rechnen ist,

daß im Durchschnitt pro Unfallsaufnahme mehr als ein Unfallsbeteiligter eine Gebühr

entrichten wird; bei der Schätzung wurde daher angenommen, daß bei einschlägigen

Meldungen durchschnittlich 3 Menschen eine Gebühr entrichten werden (80.000 x 500 x 1,5 =

60.000.000).

 

Zu Frage 3 :

 

Der größte Teil der Gebühren wird mittels Barzahlung oder Erlagschein eingehoben werden.

Dies kann im Rahmen der allgemeinen Verwaltungstätigkeit erledigt werden und bildet

aufgrund der einfachen und formlosen Vorgangsweise eine vernachlässigbare Aufwandsgröße,

da schon vor der Novellierung des § 4 StVO die Unfallsprotokolle einer Administration

zugeführt werden mußten. Unfallsbeteiligte, die erst gebührenpflichtig werden, weil sie nach

dem Unfall eine Ausfertigung des Unfallsprotokolles begehren, erhalten diese erst Zug um Zug

gegen Entrichtung der Gebühr; in diesen Fällen ist der Verwaltungsaufwand auf ein

Mindestmaß reduziert. Zusätzlicher Verwaltungsaufwand wird sich somit nur dort ergeben, wo

die Gebühr mittels Bescheid einzuheben ist.

 

Zu Frage 4:

 

Eine automatische Verpflichtung zur Verständigung der Rettung gibt es nach geltender

Straßenverkehrsordnung nicht. Nur bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden ist von

Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem

Zusammenhang stehen (§ 4 Abs 1 StVO) und von Zeugen eines Unfalles (§ 4 Abs 3 StVO) die

erforderliche Hilfe zu leisten. Die Rettung muß in solchen Fällen aber nur geholt werden, wenn

die verpflichteten Personen zur Leistung der erforderlichen Hilfe nicht fähig sind.

 

Das Bundesland Wien verlangt für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungs- oder

Krankenbeförderungsdienstes, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzwagens kommt, S 661,8 l für

einen Arzt und S 1.461,81 für eine Rettungsambulanz je Stunde; im Falle eines Schuldeintrittes

eines Sozialversicherungsträgers gibt es ermäßigte Gebührensätze (gemäß dem Wiener

Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz, LGBl. Nr 22/1965 idF LGBl. Nr. 47/1983 und der

Transportgebührenordnung 1985, LGBl. Nr. 17/1985 idF LGBl. Nr. 49/1993).

 

Die neue Regelung des § 4 Abs 5b StVO betrifft freilich nur Verkehrsunfälle mit Sachschaden.

Zu Frage 5 :

 

Bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden besteht nach § 4 Abs 2 StVO die Pflicht zur

Verständigung der nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle. Dies kann nicht durch die

Herbeiholung der Rettung ersetzt werden.

 

Die Gefahr der Vortäuschung eines Personenschadens bestand auch nach alter Rechtslage.

Sofern ein Unfallsbeteiligter eine solche Vorgangsweise trotz des Umstandes, daß er die

gerichtlich strafbare Handlung der Verleumdung (§ 297 StGB) begeht, riskiert, wird er dies in

der Regel nicht wegen der Gebühr von S 500, sondern wegen der weitaus beträchtlicheren

Einnahmen aus den Schadenersatzforderungen tun.

 

Zu Frage 6:

 

Die Straßenverkehrsordnung sah schon vor der Novelle durch das Strukturanpassungsgesetz

1996 in § 4 Abs 5 die Möglichkeit vor, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden nicht der

nächsten Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu melden, wenn die Unfallsbeteiligten oder

jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander Namen und Anschrift

nachgewiesen haben. Wenn der Gesetzgeber der StVO eine lückenlose Erfassung aller

Verkehrsunfälle mit Sachschaden gewollt hätte, hätte er nicht die zitierte Regelung geschaffen.

 

Weiters ist zu bemerken, daß die Gebühr für die Verkehrsunfallsmeldungen der Polizei und

Gendarmerie als Folgekosten des Unfalles auf die Haftpflichtversicherungen übergewälzt

werden können. Viele Unfallsbeteiligte erleiden daher keinen Nachteil durch diese Regelung,

weil ihnen die Gebühr ersetzt werden wird.

 

Im übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 5 verwiesen.

 

Zu Frage 7:

 

Niemand; in solchen Fällen erfolgt auch keine Aufnahme eines Unfallsprotokolles gemäß § 4

Abs 5a StVO.

Zu Frage 8:

 

Das Kraftfahrgesetz 1967 sieht als Grundsatz vor, daß der Lenker ein Kraftfahrzeug auf

Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwenden darf, wenn es in verkehrs- und betriebs-

sicherem Zustand ist. Die Entscheidung über die Verkehrs- und Betriebssicherheit eines Kraft-

fahrzeuges hat der Lenker in der Regel (zum Beispiel bei jedem Fahrtantritt oder nach jeder

Panne) nicht unter Anleitung eines Organes der Straßenaufsicht, sondern alleine zu treffen.

 

Insbesondere unter Beachtung der mit der Erteilung einer Lenkerberechtigung verbundenen

Eignungsanforderungen für das Lenken von Kraftfahrzeugen ist daher grundsätzlich davon

auszugehen, daß ein Großteil der Lenker auch nach Verkehrsunfällen mit Sachschäden eine

richtige, das heißt den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 entsprechende, Entscheidung

über die Zulässigkeit der Weiterfahrt treffen wird.

 

Zu Frage 9:

 

Ich gehe davon aus, daß sich - abgesehen von Schwankungen unmittelbar nach Einführung der

Gebührenpflicht - die Anzahl der Verkehrsunfallsmeldungen nicht wesentlich ändern wird und

daher auch künftig Daten für die Unfallursachenforschung zur Verfügung stehen. Ergänzend

weise ich nochmals darauf hin, daß auch schon vor der Novellierung des § 4 StVO für

Unfallsbeteiligte die Möglichkeit bestand, einen Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden ohne

Herbeiholung von Polizei oder Gendarmerie abzuwickeln (siehe die Beantwortung der Frage

6). Weiters möchte ich neuerlich betonen, daß die Gebühr in vielen Fällen von den

Haftpflichtversicherungen zu tragen sein wird.

 

Zu Frage 10:

 

Bei Verdacht, daß einer der Unfallsbeteiligten alkoholisiert ist, wird in der Regel von den

übrigen Unfallsbeteiligten die nächste Polizei oder Gendarmeriedienststelle verständigt. Es ist

nicht damit zu rechnen, daß sich die Zahl der Verständigungen und damit der Zahl der Alko-

Tests in solchen Fällen reduziert, weil die Unfallsbeteiligten in solchen Situationen besonderes

Augenmerk auf das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes legen.

 

Im übrigen wird auf die Beantwortung zu Frage 6 verwiesen.

 

Zu Frage 11 :

 

Die staatliche Leistung besteht in der Feststellung und Aufnahme des Unfallsachverhaltes,

bestehend aus den Identitätsdaten der Unfallsbeteiligten, den Fahrzeugdaten und Schäden an

den beteiligten Fahrzeugen, besonderen Verhältnissen am Unfallsort durch ein sachverständiges

und unvereingenommenes Organ sowie aus der Dokumentation der Aussagen der

Unfallsbeteiligten am Unfallsort.

 

 

Zu Frage 12:

 

In jenen Fällen, bei denen die Polizei oder Gendarmerie zum Unfallsort gerufen wird und

feststellt, daß die Unfallsbeteiligten entsprechend der Regelung des § 4 Abs 5 StVO einander

Namen und Anschrift nachweisen oder bereits nachgewiesen haben, wird dieser Umstand im

Protokoll der jeweiligen Dienststelle festgehalten, sofern sich kein weiterer Grund für ein

Emschreiten der Organe der Straßenaufsicht (zum Beispiel Verdacht der Alkoholisierung eines

Unfallsbeteiligten) ergibt.

 

Die Gebührenpflicht nach § 4 Abs 5b StVO betrifft aber Situationen am Unfallsort, bei denen

die Regelung des § 4 Abs 5 StVO nicht zur Anwendung kommt, weil die Beteiligten trotz des

Umstandes, daß sie einander Namen und Anschrift nachweisen konnten, die nächste Polizei-

oder Gendarmeriedienststelle für die Aufnahme eines Unfallprotokolles verständigt haben.