506/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Barmüller, Kier und Firlinger haben am 26. April 1996 unter der
Nr. 514/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Österreichisches
Statistisches Zentralamt gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
"1 . Wann wird Ihnen eine österreichische Außenhandelsstatistik für das Jahr 1995 vorliegen?
2. Welche anderen vom ÖSTAT zu erstellenden statistischen Parameter wurden Ihrem Haus bisher
nicht oder verspätet übermitteIt?
3. Welche Effekte hat das Fehlen bzw die verspätete Übermittlung von Daten seitens des ÖSTAT
in Ihrem Wirkungsbereich gezeitigt?
4. Wie beurteilen Sie die statistische Sieherheit der vom ÖSTAT erarbeiteten Bundesländer-
Energiebilanzen?
5. Ist Ihnen Kritik an den vom ÖSTAT erarbeiteten Bundesländer-Energiebilanzen bekannt
geworden?
6. Wie beurteilen Sie den Umstand, daß die Entschließung des Nationalrats vom 1. Dezember 1993
(E 127, 139. Sitzung XVIII. GP) nieht umgesetzt wurde?
7. Welche Gründe sind Ihnen dafür bekannt?
8. Wie beurteilen Sie die Leistungsfähigkeit des ÖSTAT, insbesondere innerhalb der letzten
Monate?
9. Halten Sie organisatorische Reformen des ÖSTAT für notwendig?
10. Werden Sie für Reformen des ÖSTAT eintreten?
11. Welche Reformvorschläge werden seitens Ihres Ressorts vorgelegt werden?"
Einleitend haIte ich folgendes fest:
Die amtliche Statistik in Österreich war bis zur EWR- bzw. EU-Mitgliedschaft nahezu
ausschließlich auf die gegenüber den Erfordernissen der EU wesentlich geringeren nationalen
Bedürfnisse Österreichs ausgerichtet und ausreichend. Trotz bester Vorbereitungen ist dieses
nationale System aber dem überproportionalen Mehraufwand vor allem von den Personalressourcen
her nicht völIig gewachsen. Neben den rund l40 österreichischen Rechtsgrundlagen waren
zusätzlich rund l70 EU-Rechtsgrundlagen zu vollziehen, eine Menge, für die es kaum ähnliche
Beispiele in der Bundesverwaltung gibt. Das Österreichische Statistische Zentralamt hat bereits
durch zahlreiche Maßnahmen erfolgreich versucht, den weitaus größten Teil dieses Mehraufwands
zu absorbieren und zu verkraften. Dennoch ist es zu Engpässen gekommen, die dazu geführt haben,
daß der Präsident des Österreichischen Statistischen Zentralamts vehement für eine
Personalaufstockung eingetreten ist. Da ich aber als der auch für den öffentlichen Dienst zuständige
Ressortminister, so wie in allen anderen Bereichen auch bei der Statistik, davon ausgehen muß, daß
die öffentliche Verwaltung die ihr obliegenden Aufgaben mit den vorhandenen Mitteln erledigen
muß, habe ich gemeinsam mit dem Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Herrn Mag. SCHLÖGL,
folgende Maßnahmen ergriffen:
1. Es wurde eine Task-force eingerichtet, die aus Mitarbeitern der Finanzierungsgarantie-
Gesellschaft, Experten des Bundeskanzleramts und den leitenden Mitarbeitern des Österreichischen
Statistischen Zentralamts besteht, um raschestmöglich eine Prioritätenliste der unumgänglich
notwendigen statistischen Erhebungen zu erstellen.
2. Durch kurzfristige Umschichtungen und flexiblen Personaleinsatz sowie durch dauerhafte
Transferierung von Mitarbeitern innerhalb des Hauses wird versucht, einige gravierende Engpässe
zu entschärfen.
3. Mittelfristig wird eine Aufgabenbereinigung durch Schwerpunktsetzung vorgenommen, sodaß die
klaglose ErsteIlung wichtiger Statistiken gesichert und weniger wichtige Statistiken nach
Vorhandensein von Kapazitäten erledigt werden.
Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:
Zu Frage1 :
Nach Angaben des Österreichischen Statistischen Zentralamts liegen derzeit die Außenhandelser-
gebnisse für die ersten drei Quartale des Berichtsjahrs 1995 vor, für den Handel zwischen den EU-
Staaten (INTRASTAT) in Form einer Hochrechnung, für den Handel mit Drittländern
(EXTRASTAT) mit vollständigen Ergebnissen.
Daten für das gesamte Jahr 1995 werden in der gleichen Form im Sommer 1996 - zunächst in einer
Gliederung nach Export- bzw Importländern - vorliegen. Die Veröffentlichung der Gütergliederung
wird ebenfalls im Sommer dieses Jahres mit den Monatsdaten für Jänner 1995 beginnen, die Folge-
monate werden in Abständen von jeweils etwa drei Wochen anschließen. Ich habe jedoch bereits
Herrn Staatssekretär Mag. SCHLÖGL beauftragt, mit dem Präsidenten des Österreichischen Stati-
stischen Zentralamts Maßnahmen zu vereinbaren, die eine frühere Vorlage der Außenhandelsstati-
stikergebnisse ermöglichen sollen.
Zu Frage 2:
Neben der Außenhandelsstatistik hat sich auch die Veröffentlichung des Verbraucherpreisindex für
die Monate Februar bis April l996 um etwa vier Wochen verspätet. Diese Verzögerung beruht auf
dem Umstand, daß neben der Bereehnung der laufenden Monatswerte (Verbraucherpreisindex l986)
parallele Preiserhebungen für den neuen "Verbraucherpreisindex 96" und Aufwertungen für den ab
Jänner l996 zur Vorbereitung der Europäischen Währungsunion berechneten "Harmonisierten
Europäischen Verbraucherpreisindex" vorzunehmen waren und die damit verbundene
DreifachbeIastung bei gleichem Personalstand zu Engpässen bei der Indexberechnung führte. Wie
mir der Präsident des Österreichischen Statistischen Zentralamts versichert, werden die zusätzlichen
Arbeiten so erledigt, daß ab dem Wert des Monats Mai wieder zum üblichen Rhythmus
zurückgekehrt werden kann.
Zu Frage 3 :
Fehlende rezente Außenhandelsstatistikdaten erschweren die Beurteilung bilateraler und
mulitilateraler Wirtschaftsbeziehungen sowohl auf Unternehmens- und Branchenebene als auch für
volkswirtschaftliche Analysen. Ein Fehlen der Daten des Außenwirtschaftsbereichs könnte bei der
Erstellung der Verwendungsrechnung innerhalb der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu uner-
wünschten Interpretationen AnIaß geben, da diese Daten dann durch Sehätzung aus anderen
Statistiken ersetzt werden müßten. Maßnahmen, die eine solche Situation verhindern sollten,
wurden, wie bereits oben ausgeführt, eingeleitet.
Zu Frage 4:
Die Beurteilung der Qualität von Bundesländer-Energiebilanzen hat durch den sachIich zuständigen
Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zu erfoIgen. Weiters obliegt es dem dafür ein-
gerichteten Fachbeirat für Energiestatistik, das zuständige Bundesministerium und das Österreichi-
sche Statistische Zentralamt in Einzelfragen zu beraten und somit auch die Arbeiten der letztgenann-
ten Einrichtung hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit als Entscheidungsgrundlage für die Verwaltung
zu beurteilen.
Zu Frage 5 :
Eine Kritik an den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt erarbeiteten Bundesländer-Ener-
giebilanzen ist mir bekannt. Ich weise jedoch darauf hin, daß diese Kritik hauptsächlich von einer
Arbeitsgemeinschaft an mich herangetragen wurde, die selbst ähnliehe Modelle anbietet und daher
wirtschaftliche Eigeninteressen verfolgt.
Zu den Fragen 6 und 7:
Aus meiner Sicht wurde der Entschließung des Nationalrats vom 1. Dezember 1993 durch die Be-
reitstellung der Bundesländer-Energiebilanzen des Österreichischen Statistischen Zentralamts Rech-
nung getragen.
Zu Frage 8 :
Ich habe bereits einleitend ausgeführt, daß mit dem Beitritt Österreichs zum Europäischen
Wirtschaftsraum und in Folge zur Europäischen Union für die österreichische Statistik durch die
qualitative und quantitative Zunahme der Aufgabenstellungen eine Phase besonderer Anforderungen
begonnen hat. Da die zusätzlichen Anforderungen aus Spargründen nicht mit einer Erweiterung des
Personalstands dotiert werden konnten, führte dies insbesondere beim AußenhandeI, vorübergehend
auch bei der Berechnung des Verbraucherpreisindex sowie bei den mit Jahresbeginn 1996
umgestellten Konjunkturerhebungen im produzierenden Bereich, trotz Vorbereitung zu
Verzögerungen. Die erwähnten Maßnahmen sollen diese Schwierigkeiten beheben.
Zu den Fragen 9 und 10:
Die aktuellen ProbIeme des Österreichischen Statistischen Zentralamts sind vorwiegend Folgen des
EU-Beitritts und des damit verbundenen Mehraufwands einerseits und der notwendigen Sparmaß-
nahmen andererseits. Es muß durch Ausschöpfung aIler Möglichkeiten danach getrachtet werden,
diese Probleme zu beseitigen. Die eingeleiteten Maßnahmen und die gewonnenen Erkenntnisse
werden eine auch organisatorisehe Reform des Österreiehischen Statistischen Zentralamts
ermögliehen.
Zu Frage 11 :
Wie dargestellt, ist geplant, zusammen mit der Leitung des Österreichischen Statistischen
Zentralamts zunächst eine Aufarbeitung der durch die eingetretenen Verzögerungen angefallenen
Rückstände vorzunehmen und zu einer gesicherten Mitarbeit bei noch ausstehenden EU-Projekten
zu kommen. Weiters ist an eine Anpassung der Personalressourcen und an eine Prioritätenreihung
der Aufgaben der Statistik gedacht, wobei Arbeiten mit geringerer Bewertung zu unterbrechen bzw
einzustellen sein werden. Dies erfordert allerdings die Aufhebung von gesetzlichen Grundlagen, die
mit dem jeweils sachlich zuständigen Minister akkordiert werden müßte.