5099/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freun -

de haben am 23. Dezember 1998 unter der Nr. 5511/J an mich eine schriftliche

parlamentarische Anfrage betreffend "Überwachungsmaßnahmen gegen den Jour -

nalisten Karl Wendl” gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

 

Der "NEWS - Journalist” Karl Wendl wurde während seiner Recherchen in der Causa

Rieger bespitzelt. Per richterlichen Beschluss wurde Wendl‘s Handy über mehrere

Tage hinweg angepeilt und Rufdaten des Journalisten rückwirkend erfasst.

 

Laut News - Verlag wurden mit der rückwirkenden Rufdatenerfassung auch Informa -

tionen preisgegeben, die der Journalist Karl Wendl noch vor der Causa Rieger sam -

melte, wie z.B. Recherchen über den Geheimdienstakt von Helmut Zilk. So konnte die

Polizei eruieren, mit welchen Gesprächspartnern der Journalist Karl Wendl wann,

wie lange und wie oft telefoniert hat (siehe APA vom 17.12.1998).

 

Gemäß § 149e Abs. 2 StPO darf eine Überwachung von VerlegerInnen, Herausge -

berInnen, Journalistinnen und anderen ArbeitnehmerInnen eines Medienunterneh -

mens nur nach Ermächtigung des/der Rechtsschutzbeauftragten (§ 149o Abs. 2

StPO) bewilligt werden. Eine solche Ermächtigung soll nur erteilt werden, wenn be -

sonders schwerwiegende Gründe vorliegen und Gewähr dafür besteht, dass die Tat -

verdächtigen “BerufsgeheimnisträgerInnen” nur im geringstmöglichsten Ausmaß in

die Überwachung einbezogen werden (das heißt, möglichst nicht aufgenommen, ge -

schweige denn schriftlich übertragen werden).

 

Gemäß § 149a Abs. 2 StPO ist die Überwachung des Fernmeldeverkehrs von Anla -

gen eines Medienunternehmens nach § 149a Abs. 1 Z 2 StPO nur zulässig, wenn

dies zur Aufklärung einer vorsätzlich begangenen, mit lebenslanger Freiheitsstrafe

oder mit einer zeitlichen Freiheitsstrafe, deren Untergrenze nicht weniger als fünf

Jahre und deren Obergrenze mehr als zehn Jahre beträgt, dient. Der Tatbestand des

schweren gewerbsmäßigen Betruges ist mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu

zehn Jahren bedroht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende Anfrage:

 

1. Wurde von den Sicherheitsbehörden gegenüber der Justiz die Überwachung des

    “Handys” vom Journalisten Karl Wendl angeregt?

 

2. Wenn ja, mit welcher Begründung und aufgrund welcher gesetzlicher Grundlage?

 

3. Fallen die “Handys” und Privattelefone von Journalistinnen nicht unter die in §

    149a Abs. 2 StPO normierten Überwachungsbeschränkungen, obwohl § 31 Me -

    diengesetz auch die JournalistInnen und andere ArbeitnehmerInnen eines Me -

    dienunternehmens unter den Schutz des Redaktionsgeheimnisses stellt?

 

4. Wenn nein, bedeutet dies, dass nach Rechtsauffassung Ihres Ministeriums Han -

    dys und private Telefone von Journalistinnen zur Aufklärung einer vorsätzlich be -

    gangenen mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten strafbaren Handlung

    wie von anderen Personen ohne Rücksicht auf den Schutz des Redaktionsge -

    heimnisses abgehört werden können?

 

5. Halten Sie dies mit dem in § 31 Mediengesetz normierten Schutz des Redakti -

    onsgeheimnisses und des Art 10 EMRK vereinbar?

 

6. Ist es richtig, dass die Rufdaten des Journalisten Karl Wendl auch rückwirkend

    erfasst wurden und dadurch auch Rufdaten eruiert wurden, die vor der Causa

    Rieger angefallen sind?

 

7. Wenn ja, wurde dies von den Sicherheitsbehörden gefordert?

 

8. Wenn ja, mit welcher Begründung?

 

9. Wieviele Rufdaten wurden über welchen Zeitraum erfasst?

 

10.Wieviele davon standen in direktem Zusammenhang mit der Causa Rieger?

 

11. Wieviele Telefongespräche des Journalisten Karl Wendl wurden in welchem Zeit -

      raum überwacht und wieviele davon standen in keinem Zusammenhang mit der

      Causa Rieger?

 

12.Was passiert mit den Daten, die im Zusammenhang mit den Überwachungsmaß -

      nahmen gegen den Journalisten Karl Wendl ermittelt wurden und in keinem Zu -

      sammenhang mit der Causa Rieger stehen?

 

13. Wurde auch eine Überwachung des Fernmeldeverkehrs und die Erfassung der

      Rufdaten des Herrn Rieger von den Sicherheitsbehörden angeregt?

 

14. Wenn ja, für welchen Zeitraum?

 

15. Gegen welche Personen wurden neben dem Journalisten Karl Wendl noch

      Überwachungsmaßnahmen des Fernmeldeverkehrs von den Sicherheitsbehör -

      den angeregt bzw. gefordert?

 

16.Wurde in der “Causa Rieger” auch ein automationsunterstützter Datenabgleich,

     der im Zuge der oben erwähnten Überwachungsmaßnahmen ermittelten und an -

     derer Daten durchgeführt?

 

17.Wenn ja, mit welcher Begründung und welche Daten welcher Personen wurden

      in diesem Abgleich einbezogen?

 

18.Was werden Sie unternehmen, um in Hinkunft zu verhindern, dass in derart

     großzügiger Weise Überwachungsmaßnahmen gegen Journalisten, die wegen

     strafbarer Delikte recherchieren, durchgeführt werden?

19. Können Sie garantieren, dass die in Zusammenhang mit den oben genannten

      Überwachungsmaßnahmen ermittelten Daten, die zur Aufklärung strafbarer

      Handlungen in der Causa Rieger nicht erforderlich waren bzw. sind, unverzüglich

      gelöscht werden?

 

20.Wenn nein, warum nicht?

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Punkt 1

Von der Bundespolizeidirektion Wien (Wirtschaftspolizei) wurde gegenüber der Ju -

stiz eine Peilung und eine Rufdatenerfassung hinsichtlich des Klax - Max -

Anschlusses des Journalisten Karl W. beantragt. Darüber hinaus wurde bezüglich

eines weiteren Klax - Max - Anschlusses (Wertkartenhandy) eine Rufdatenerfassung

sowie eine Überwachung der Mailbox angeregt.

 

Zu Punkt 2

Die Maßnahme war aus kriminalpolizeilicher Sicht erforderlich, da Karl W. in einem

Telefongespräch mit Maria R. am 31.10.1998 sich gegenüber dieser bereit erklärt

hatte, die gegenständliche Klax - Max - Nummer an den mit internationalem Haftbe -

fehl gefahndeten Wolfgang R. weiterzugeben.

Zum Zeitpunkt der Einholung des Beschlusses für die Überwachung der Mailbox

des Wertkartenhandys bestand aufgrund der Ermittlungslage der dringende Ver -

dacht, dass Karl W. den mit internationalem Haftbefehl gefahndeten und damals

noch flüchtigen Wolfgang R. getroffen hatte, weiter mit ihm in Kontakt stand und

Kontakt zur Gattin des Flüchtigen hatte. Karl W. telefonierte am 30. und 31.10.1998

insgesamt viermal mit Maria R. und bot ihr an, an ihren Ehemann eine Klax - Max -

Handynummer weiterzugeben. Weiters ersuchte er Maria R. mehrfach, ihn (Karl

W.) von einer Telefonzelle aus auf seinem Handy zurückzurufen.

Die gesetzliche Grundlage für die Überwachung der oben angeführten Klax - Max -

Anschlüsse bildet der § 149a Abs. 1 Z 2 lit b StPO. Die Durchführung wurde mit

Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien genehmigt.

 

Zu Punkt 3

Gemäß § 149a Abs. 2 Z 2 lit b StPO ist die Überwachung eines Fernmeldeverkehrs

einschließlich der Aufnahme und schriftlichen Aufzeichnung seines Inhaltes zuläs -

sig, wenn Gründe für die Annahme vorliegen, dass eine der Tat dringend verdäch -

tige Personen die Anlage benützen oder eine Verbindung mit ihr herstellen werde.

Die Privilegierung gemäß § 149a Abs. 2 StPO ist im gegenständlichen Fall nicht

anwendbar, da diese Ausnahmebestimmung nur auf “Anlagen eines Medienunter -

nehmens” Anwendung findet. § 149a Abs. 2 StPO verweist ausdrücklich auf § 1 Z 6

Mediengesetz, welches als Medienunternehmen ein Unternehmen bezeichnet, “in

dem die inhaltliche Gestaltung des Mediums besorgt wird und seine Herstellung

und Verbreitung besorgt oder veranlasst wird”. Bei den im konkreten Fall maßgebli -

chen Mobiltelefonen handelt es sich um keine Anlagen eines Medienunternehmens

(ein Medienunternehmen war nicht als Anschlussinhaber ausgewiesen).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es beim Betrieb eines

Wertkartenhandys gar keinen “Anschlußinhaber” gibt.

 

Zu Punkt 4

Zu dieser Frage verweise ich auf die Ausführung zu Punkt 3.

 

Zu Punkt 5

Auch zu dieser Frage verweise ich auf die Ausführungen zu Punkt 1 und 3.

 

Zu Punkt 6

Laut Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien hätte eine Rückerfassung

der Rufdaten ab 15.10.1998, 00.00 Uhr, erfolgen können. Im Hinblick auf die am

1.11.1998 erfolgte Festnahme des Wolfgang R. fiel die Notwendigkeit zur Durchfüh -

rung dieser Maßnahme weg und es wurden keine Rufdaten des Karl W. rückwirkend

erfasst.

 

Zu den Punkten 7, 8, 9, 10

Diesbezüglich verweise ich auf die Ausführungen zu den Punkten 1 ‚ 2, 3 und 6.

 

Zu Punkt 11

Im Zeitraum zwischen 27.10.1998 und 30.10.1998 wurden von der Mailbox des

Wertkartenhandys insgesamt 9 Mitteilungen abgehört, welche alle im Zusammen -

hang mit der ,,Causa Rieger” standen.

 

Zu Punkt 12

Zu dieser Frage verweise ich auf die Ausführungen zu Punkt 11.

 

Zu Punkt 13

Ja.

 

Zu Punkt 14

Die Bewilligung wurde vom Landesgericht für Strafsachen Wien für den Zeitraum

zwischen 16.10.1998 und 13.11.1998 festgelegt1 jedoch mit Beschluss des ange -

führten Gerichtes mit 2.11.1998 vorzeitig beendet.

 

Zu Punkt 15

Von der Bundespolizeidirektion Wien wurde die Überwachung des Fernmeldever -

kehrs hinsichtlich weiterer 6 Personen aus dem Umfeld des Wolfgang R. beantragt.

Mit dem Hinweis auf die Verpflichtung zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit, den

Datenschutz und das laufende Gerichtsverfahren kann ich dazu keine weiteren An -

gaben machen.

 

Zu Punkt 16

Nein.

 

Zu Punkt 17

Hier verweise ich auf die Antwort zu Punkt 16.

 

Zu Punkt 18

Die Maßnahmen und die Vorgangsweise der Bundespolizeidirektion Wien standen

im Einklang mit den maßgeblichen Rechtsnormen. Meinerseits besteht daher kein

Handlungsbedarf.

 

Zu den Punkten 19 und 20

Hier verweise ich auf die Ausführungen zu den Punkten 11 und 12.