511/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Doris Bures und Genossen haben an mich eine
schriftliche Anfrage, betreffend das fragwürdig großzügige Verhalten der Staatsan-
waltschaft gegenüber einem Amokläufer, gerichtet und folgende Fragen gestellt:
''1 . Aus welchen Gründen hat die zuständige Staatsanwaltschaft den Amokläufer
''nur auf freiem Fuß angezeigt?''
2. Muß es zu schwereren Straftaten in Schulen kommen, als dies mutmaßlich im
vorliegenden Fall bereits geschehen ist, um die Staatsanwaltschaft zu einem
entschiedeneren Vorgehen zu bewegen?
3. Welche Schritte haben Sie in der konkreten Causa unternommen bzw. beab-
sichtigen Sie, zu unternehmen?''
lch beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1 :
Die Staatsanwaltschaft Wien kam bei Würdigung des von den Sicherheitsbehörden
mitgeteilten Sachverhaltes zu dem Ergebnis, daß keiner der im § 175 Abs. 1 StPO
normierten Haftgründe gegeben war. Für die Annahme einer Flucht- oder Verabre-
dungsgefahr gab es keine Anhaltspunkte. Eine Ausführungsgefahr lag nach Ansicht
der Staatsanwaltschaft Wien deswegen nicht vor, weil kein unmittelbares Nahever-
hältnis des Täters zu der von ihm bedrohten Person gegeben und überdies das Mo-
tiv seines aggressiven Verhaltens, nämlich die Erlangung des von ihm geforderten
Spielzeugtelefons, durch dessen Aushändigung an ihn weggefallen war. Das in wei-
terer Folge offenbar unauffällige Verhalten des Beschuldigten bestätigte die Ein-
schätzung durch die Staatsanwaltschaft Wien.
Zu 2:
Die Entscheidung, ob beim Verdacht einer strafbaren Handlung ein Haftantrag ge-
stellt werden soll, hängt davon ab, ob hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für
das Vorliegen der in der Strafprozeßordnung normierten Haftgründe bestehen. Der
Untersuchungshaft kommt nicht - wie man der Fragestellung entnehmen könnte -
eine generaIpräventive Funktion zu. Sie ist vielmehr nach ihrer Konzeption - anders
als die Strafhaft - grundsätzlich ein prozessuales Zwangsmittel zur Sicherung der
Zwecke des Strafverfahrens.
Zu 3:
Die Staatsanwaltschaft Wien hat gegen den Verdächtigen wegen des hier in Rede
stehenden Verhaltens am 7. Mai 1996 einen Strafantrag eingebracht. Für dienstauf-
sichtsbehördliche Maßnahmen besteht bei der gegebenen SachIage kein Anlaß.