5136/AB XX.GP
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und
Genossen vom 16. Dezember 1998, Nr. 5355/J, betreffend Verschmelzungsverluste, beehre
ich mich folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Verschmelzungsverluste waren in keinem Jahr in irgendeiner Weise steuerlich anzu -
erkennen.
Im Jahr 1989, auf das in der Einleitung zur vorliegenden Anfrage hingewiesen wurde, war für
die steuerliche Behandlung von Verschmelzungen Art. 1 des Strukturverbesserungsgesetzes
(StruktVG) maßgeblich. Nach § 1 Abs. 3 dieses Gesetzes blieb ein bei der Verschmelzung
entstandener Buchgewinn oder Buchverlust bei der Ermittlung des steuerpflichtigen
Einkommens und des Gewerbeertrages der übernehmenden Gesellschaft außer Ansatz.
Bei den in der Anfrage angesprochenen Verluste handelt es sich um Umwandlungsverluste,
die auf Grund einer verschmelzenden Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz 1954
entstanden sind. Umwandlungen waren auf Grund des schon früher erfolgten
Außerkraftsetzens des Art. II StruktVG nach allgemeiner Auffassung nach den Vorschriften
des § 19 Körperschaftsteuergesetz (KStG) 1966 bzw. § 20 KStG 1988 zu beurteilen.
Mangels einer dem StruktVG entsprechenden Aussage im KStG 1966 hatte das
Bundesministerium für Finanzen in Übereinstimmung mit maßgeblichen Fachautoren
zunächst die Auffassung vertreten, daß verschmelzende Umwandlungen zu steuerpflichtigen
Buchgewinnen (wenn das Umwandlungskapital den Buchwert der Beteiligung des
Hauptgesellschafters
überstieg) bzw. zu steuerwirksamen Buchverlusten (wenn der
Beteiligungsbuchwert das Umwandlungskapital überstieg) führen. Da die Rechtslage nicht
eindeutig geklärt war, hat der Gesetzgeber im Jahre 1989 in § 20 KStG die Steuerneutralität
von Buchgewinnen und Buchverlusten bei nicht unter die Liquidationsbesteuerung fallenden
Umgründungen festgeschrieben.
Zu 2.:
Durch Verschmelzungen sind - wie bereits aus meinen Ausführungen zu Punkt 1 hervor -
geht - keine Steuerausfälle entstanden.
Über Umgründungen und deren steuerliche Folgen gibt es keine statistische Erfassung.
Unabhängig davon kann der steuerliche Ausfall bei verschmelzenden Umwandlungen auch
deshalb nicht exakt ermittelt werden, da die Abgabenbehörden die Umwandlungsfälle auf -
gegriffen und die Verluste entsprechend der gesetzlichen Klarstellung als steuerneutrale
Buchverluste behandelt haben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Steuerneutralität - allerdings in Abweichung von allen
Literaturmeinungen - inzwischen damit bestätigt, daß verschmelzende Umwandlungen nach
dem Umwandlungsgesetz wie eine Verschmelzung im Sinne des Art. 1 Strukturver -
besserungsgesetz zu behandeln wären. Eine derartige Interpretation war für das
Bundesministerium für Finanzen nicht absehbar. Es wurden daher bereits vor Ergehen des
Erkenntnisses gesetzliche Maßnahmen getroffen, mit denen eine Anerkennung von
Buchverlusten ausdrücklich untersagt wurde.
Zu 3.:
Wie bereits bei Punkt 1 dargelegt, war die steuerliche Beurteilung auf die Auslegung der
damaligen Rechtslage zurückzuführen. Das Bundesministerium für Finanzen hat die
Situation in Übereinstimmung mit maßgeblichen Fachautoren in der Weise interpretiert, daß
mangels einer Ausnahmebestimmung das allgemeine Steuerrecht anzuwenden sei.
Diese Interpretation ist allerdings weder eine Verordnung noch eine Weisung und vermag
daher, wie der Verwaltungsgerichtshof bestätigt hat, weder für den anfragenden Abgabe -
pflichtigen noch für die Behörde, die für die Besteuerung des Abgabepflichtigen zuständig
ist, eine Bindungswirkung zu erzeugen.
Zu 4.:
Steuerbegünstigungen im Sinne von Steuerbefreiungen und tariflichen Ermäßigungen
werden nur im
Rahmen der Abgabengesetze gewährt.
Zu 5.:
Die in der Einleitung zur vorliegenden Anfrage angeführte Darlegung von Univ. Prof.
Dr. Doralt entspricht in dieser Form nicht den Gegebenheiten, da Verschmelzungsverluste
- wie ich bereits ausgeführt habe - steuerlich niemals anzuerkennen waren.
Im übrigen wurde die Interpretation des Bundesministeriums für Finanzen über die
Steuerpflicht von Umwandlungsgewinnen und die Abzugsfähigkeit von
Umwandlungsverlusten allen Personen, die sich mittels Anfragen an das Bundesministerium
gewendet haben, mitgeteilt. Sie wurde auch in der allgemein zugänglichen Fachliteratur
erörtert.
Zu 6.:
Mangels der Steuerwirksamkeit von Verschmelzungsverlusten gab es keine diesbezüglichen
Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Finanzen.
Die Interpretation des Bundesministeriums für Finanzen über die Steuerpflicht von
Umwandlungsgewinnen und die Abzugsfähigkeit von Umwandlungsverlusten wurde nicht
veröffentlicht, da sie im Zusammenhang mit entsprechenden schriftlicher Anfragen stand,
bei deren Beantwortung sie dargelegt wurde. Wie bereits erwähnt hat sich aber die
allgemein zugängliche Fachliteratur befaßt.
Zu7.:
Wie schon unter Punkt 1 dargelegt, war nicht die Steuerwirksamkeit von Verschmelzungs -
gewinnen und - verlusten, sondern von Umwandlungsgewinnen und - verlusten zweifelhaft.
Nach der gesetzlichen Festlegung der steuerlichen Unwirksamkeit von Buchgewinnen und
Buchverlusten im KStG hat das im Jahr 1992 in Kraft getretene Umgründungssteuergesetz
(UmgrStG) insofern eine bis 1996 wirksame Ausnahmeregelung geschaffen, als durch § 2
Abs. 2 UmgrStG, analog zur Firmenwertabschreibung des § 8 Abs. 3 Einkommensteuer -
gesetz, die Abschreibbarkeit von Firmenwertanteilen ermöglicht wurde, die auf Anteils -
erwerbe vor der Umgründung zurückzuführen und nachweislich in verschmelzungs - und
umwandlungsbedingt entstandenen Buchverlusten enthalten waren. Damit sollte eine
beschränkte Gleichbehandlung in den steuerlichen Konsequenzen des Erwerbes eines
Betriebes (Asset - deal) einerseits und des Erwerbes einer Beteiligung (Share - deal)
andererseits erreicht werden.