5167/AB XX.GP
zur Zahl 5415/J - NR/1998
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dipl. - Ing. Maximilian Hofmann, Mag. Hubert
Haupt und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend „die skan -
dalöse Schändung des Andenkens an Dr. Karl Renner durch die Staatsanwaltschaft
Wien“, gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 8:
Die Staatsanwaltschaft Wien erhob wegen der Wiedergabe der in der schriftlichen
Anfrage angeführten Zitate von Dr. Karl Renner - neben der Veröffentlichung weite -
rer teils selbst verfasster Beiträge - in mehreren Ausgaben eines periodischen
Druckwerks gegen dessen Schriftleiter Anklage wegen des Verbrechens nach § 3g
Verbotsgesetz, weil der Verdacht bestand, dass deren Verwertung im Rahmen ei -
nes als nationalsozialistische Wiederbetätigung einzustufenden Gesamtverhaltens
der Propagierung des Anschlussgedankens dienen sollte.
Im Sinne der Judikatur des Obersten Gerichtshofs ging die Anklagebehörde davon
aus, dass nicht nur Äußerungen oder Darstellungen, die bereits bei isolierter Be -
trachtung als typischer Ausdruck nationalsozialistischen Gedankenguts anzusehen
sind, den Tatbestand des Verbrechens nach § 3g Verbotsgesetz verwirklichen, son -
dern auch ein Handlungskomplex, der bei einer wertenden Gesamtbeurteilung als
typisch nationalsozialistisch einzustufen ist, selbst wenn einzelne Teilakte des be -
treffenden Gesamtverhaltens isoliert betrachtet noch nicht Ausdruck typisch
nationalsozialistischen Gedankengutes sein
mögen.
Nach stimmeneinhelliger Bejahung der insgesamt sieben Anklagepunkte durch die
Geschworenen wurde der Angeklagte mit Urteil des Geschworenengerichtes des
Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 4. Oktober 1996 anklagekonform des
Verbrechens nach § 3g Verbotsgesetz schuldig erkannt. Die gegen dieses Urteil er -
hobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten hat der Oberste Gerichtshof mit
Beschluss vom 29. Juli 1998 zurückgewiesen.
Ich ersuche um Verständnis, dass ich von einer Beurteilung dieser im Rahmen der
unabhängigen Rechtsprechung ergangenen Entscheidungen absehe. Im Sinne der
obigen Ausführungen ist jedoch zusammenfassend darauf hinzuweisen, dass Ge -
genstand des vorliegenden Strafverfahrens nicht die historischen Äußerungen von
Dr. Renner, sondern ausschließlich deren propagandistische Verwendung im
nationalsozialistischen Sinn durch den Angeklagten war.
Mit einer Menschenrechtsbeschwerde des Verurteilten wurde die Republik Öster -
reich bisher nicht befasst.