526/AB XX. GP
Eingelangt am
26.06.1996
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möglich.
Am 26.02.2015 erfolgte eine vertraulichkeits-/datenschutzkonforme Adaptierung.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Rudolf Anschober, Freundinnen und Freunde
haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend WEB-Affäre, gerichtet und fol-
gende Fragen gestelIt:
''1 . Wann hatte die Staatsanwaltschaft Kenntnis von den Großprüfungsverfahren
und den Ergebnissen erlangt und welche Konsequenzen zog sie daraus?
2. Welche Nachforschungen wurden in diesem Zusammenhang angestrengt? Vor
allem im Hinblick auf Aufwendungen der INMO für Parteispenden und Reprä-
sentationskosten?
3. Wurden im Zusammenhang mit dem gesamten WEB-Verfahren regelmäßige
Berichte der Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsbehörden urgiert? Wenn
ja, wann konkret erfolgten diese Berichte? Mit welchem konkreten lnhalt? Gab
es in diesem Zusammenhang Weisungen und wenn ja, wann, von wem und
mit welchem konkreten lnhalt?
4. Wurde seitens der Behörde überprüft, ob diese Parteispenden ordnungsge-
mäß verbucht wurden und welche Höhe sie konkret erreichten?
5. Wurde sichergestellt, daß durch die Auswahl der Staatsanwälte und Richter ei-
ne unvoreingenommene Prüfung dieser Parteispendenaffäre ohne Rücksicht
auf bestimmte Personen gewährleistet ist?
6. Bei einem Gründer dieses lmperiums handelt es sich um einen der höchsten
Parteifunktionäre, nämlich um Präsident Zyla. lst dadurch seitens des Ministe-
riums sichergestelIt, daß es in diesem Zusammenhang zu keiner BeeinfIus-
sung von Richtern und Staatsanwälten kommt? Würde es der Minister nicht als
angebrachter sehen, daß das Ministerium in diesem außerordentlichen Fall da-
für sorgt, daß nicht parteigebundene Richter oder Staatsanwälte mit dieser
Causa befaßt werden, wie dies z.B. in ltalien (Mailand) durch parteiunabhängi-
ge Richter und Staatsanwälte möglich ist?''
lch beantworte diese Fragen wie foIgt:
Zu 1 :
Die erste Sachverhaltsdarstellung der Großbetriebsprüfung Salzburg langte am
25.3.1993 im Wege des Finanzamtes SaIzburg-Stadt bei der Staatsanwaltschaft
Salzburg ein. Sie und fünf weitere solche Anzeigen wurden gemäß § 56 StPO in das
Strafverfahren gegen N.N. u.a. einbezogen.
Zu 2 und 4:
Allgemein ist zunächst darauf hinzuweisen, daß im Mittelpunkt des gegenständli-
chen Strafverfahrens, dessen Aufarbeitung angesichts seiner Dimensionen und sei-
ner Kompliziertheit höchste Anforderungen an die Staatsanwaltschaft Salzburg steIl-
te, der gegen die Angeklagten erhobene Vorwurf steht, Hausanteilscheinzeichner
um MiIliardenbeträge geschädigt zu haben. Der Prozeßstoff mußte einigermaßen
überschaubar zusammengefaßt werden, auch gaIt es zu vermeiden, DetaiIs am
Rande in der Anklageschrift zu inkriminieren, für die gesicherte Beweisergebnisse in
den Akten nicht vorliegen. Weiters durfte das schon seit mehreren Jahren anhängi-
ge Strafverfahren nicht noch durch weitere Aufklärungsschritte, die den Kern der
Vorwürfe nicht unmittelbar tangieren, verzögert werden.
ln einem internen Betriebsprüfungsbericht der Großbetriebsprüfung Wien für die
Jahre 1 984 bis 1986 findet sich ein bei der lMMO Bautreuhand GesmbH unter dem
Titel Parteispenden verbuchter Betrag für das Jahr 1984 in der Höhe von
S 168.350,--. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, daß Belege hiefür fehlen. Für
das Jahr 1985 wurden verschiedene Aufwandskosten von insgesamt S 488.047,86
verbucht, darunter auch Repräsentationsgeschenke ohne detaillierte Bezifferung.
ln den sonstigen der Staatsanwaltschaft Salzburg zugänglichen Unterlagen dieses
Strafverfahrens existieren keine Beweise oder Hinweise auf Parteispenden. Auch
wurde im Rahmen des Konkursverfahrens über das Vermögen der Firma lMMO
BautreuhandGesmbH keine Anzeige gemäß § 84 Abs. 1 StPO in diesem Zusam-
menhang erstattet.
Mangels näherer Details läßt sich für die Staatsanwaltschaft Salzburg im Rahmen
des - gemessen an prozeßökonomischen Gesichtspunkten (siehe § 34 Abs. 2 Z. 1
StPO) - zumutbaren Ermittlungsaufwandes der finanzielle Kausalbezug zur Schädi-
gung der Anleger nicht herstellen. ln Anbetracht der erforderIichen Konzentration
auf das zentrale Prozeßthema - es geht um den Nachweis von Milliardenverlusten
zu Lasten von Anlegern - hat die Staatsanwaltschaft die Frage einer allfälligen Par-
teienfinanzierung in der Anklageschrift nicht aufgegriffen.
Die sonstigen Festhaltungen in den Sachverhaltsdarstellungen der Großbetriebsprü
fung Salzburg fanden - entgegen den Ausführungen in der Einleitung der Anfrage -
in der Anklageschrift der StaatsanwaItschaft Salzburg sehr wohl Berücksichtigung.
Zu 3:
Im Hinblick auf die ordnungsgemäße Berichterstattung der staatsanwaltschaftlichen
Behörden waren Berichtsurgenzen nicht erforderlich. Desgleichen sind keine Wei-
sungen ergangen.
Zu 5 und 6:
Die Zuständigkeit des Staatsanwalts und der Untersuchungsrichterin für die gegen-
ständliche Strafsache gründet sich auf die im vorhinein - im Fall der Richterin vom
unabhängigen Personalsenat - festgelegten Geschäftsverteilung der Staatsanwalt-
schaft und des Gerichts.
lch habe keine Veranlassung zu einer Besorgnis, daß die mit der Strafsache befaß-
ten Richter oder Staatsanwälte einer parteipoIitischen Beeinflussung unterliegen
könnten.