5281/AB XX.GP

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer

und Genossen vom 19. Jänner 1999, Nr. 5525/J, betreffend BH - Skandal in Bregenz, beehre

ich mich folgendes mitzuteilen:

 

Zunächst möchte ich festhalten, daß die Finanzverwaltung entgegen der Ansicht der

Landesvolksanwaltschaft nicht ein umfassendes Prüfungsrecht für alle Aktivitäten eines

Steuerbürgers hat. Sie darf vielmehr nur jene Umstände prüfen, die abgabenrechtlich

bedeutsam sind. Darüber hinausgehende Prüfungshandlungen wären gesetzlich nicht

gedeckt und würden mit Recht als Amtsanmaßung angesehen werden. Es ist auch nicht so,

daß jeder „kleine Häuselbauer“ penibel genau dem Finanzamt seine Mittel offenlegen muß.

Will der „kleine Häuselbauer“ allerdings seine Hausbaukosten als Sonderausgaben geltend

machen, dann muß er diese selbstverständlich gegenüber dem Finanzamt bekanntgeben.

 

Zu 1. und 2.:

 

Die Finanzbehörde hat selbstverständlich von den fraglichen Grunderwerben Kenntnis

erlangt. Sie hat darüber hinaus in dem konkreten Fall auch Ermittlungen über die

Finanzierung der Kaufpreise vorgenommen. Aus Gründen der abgabenrechtlichen

Geheimhaltungspflicht gemäß § 48a BAO darf ich das Ergebnis dieser Ermittlungen nicht

bekanntgeben. Im übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 3.

Zu 3.:

 

Grundsätzlich ist es so, daß die Finanzbehörde nur jene Umstände prüfen darf, die

abgabenrechtlich bedeutsam sind. Die Intensität der Prüfung hängt von den Verhältnissen

des konkreten Einzelfalls ab. Die Finanzbehörde überprüft jeweils bei Bedarf, ob steuerlich

relevante Vorgänge vorliegen. Dabei könnte es sich etwa um eine nicht angezeigte

Ehegattenschenkung oder um andere abgabenrechtlich relevante Vermögenstransaktionen

handeln. Es muß allerdings darauf verwiesen werden, daß die diesbezüglichen

Kontrollmöglichkeiten seit der Abschaffung der Vermögensteuer geringer geworden sind.

Die fraglichen Vorgänge lagen allerdings zum Teil vor der Abschaffung der Vermögensteuer

und das Finanzamt hat daher, wie bereits zu den Fragen 1 und 2 ausgeführt, Überprüfungen

der Finanzierung vorgenommen.

 

Zu 4. und 5.:

 

Ich gehe davon aus, daß mit der in der Frage erwähnten „Verpflichtung zur Offenbarung“ die

Erstattung einer Anzeige an die Strafbehörden gemeint ist. Sollte ein Finanzbeamter bzw.

eine Abgabenbehörde von einer Veruntreuung erfahren, so besteht keine gesetzliche

Verpflichtung zur Anzeige. § 84 Strafprozeßordnung (StPO) in der Fassung

BGBl. Nr. 526/1993 hat nämlich die Anzeigepflicht auf strafbare Handlungen beschränkt, die

den gesetzmäßigen Wirkungsbereich der Behörde betreffen. Veruntreuungen und

Diebstähle betreffen beispielsweise nicht primär die sachliche Zuständigkeit von

Abgabenbehörden. Derartige Delikte dürfen jedoch nach § 86 StPO angezeigt werden. Die

Anzeige gemäß § 86 StPO liegt im Ermessen. Bei der Ermessensübung ist nicht nur das

öffentliche Interesse an der Aufklärung gerichtlich strafbarer Handlungen, sondern etwa

auch - hinsichtlich offengelegter Umstände - das aus Art. 90 B - VG abgeleitete Verbot des

Zwanges zu einer Selbstbeschuldigung sowie wirtschaftliche Interessen der Republik

Österreich, etwa auch Interessen an der Abgabenerhebung oder an der Verhinderung der

Veruntreuung öffentlicher Gelder, zu berücksichtigen. Wären die Umstände des konkreten

Einzelfalles bereits damals erkennbar gewesen, wäre es aber wohl zur Erstattung einer

Anzeige gekommen.

 

Zu 6:.

 

Legistische Änderungen der Anzeigepflicht gemäß § 84 StPO bzw. des Anzeigerechtes nach

§ 86 StPO fallen nicht in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen. Die in der

Anfrage erwähnte Interessensabwägung halte ich jedoch für sachlich gerechtfertigt, wiewohl

die Anzeigepflicht des § 84 StPO nur noch wenige Vergehen betrifft und sich die zitierte

Kommentarmeinung offenbar auf eine frühere Fassung des § 84 StPO bezieht.

Zu 7. 9. und 10.:

 

Selbstverständlich haben die Finanzbeamten bei der Entscheidung, in welchen Fällen

„abgabenrechtliche Tatsachen" offenbart werden dürfen, alle entscheidungsrelevanten

Bestimmungen, so etwa Art. 20 Abs. 3 B - VG (Amtsverschwiegenheit), § 48a BAO

(Steuergeheimnis), §§84 86 StPO sowie datenschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten.

Eine detaillierte Regelung, bei welchem Delikt und bei welcher Konstellation ein Finanzamt

der Anzeigepflicht des § 84 StPO ausnahmsweise nicht nachzukommen hat bzw. wann es

vom Anzeigerecht des § 86 StPO Gebrauch zu machen hat, scheint aus der Sicht des

Bundesministeriums für Finanzen nicht sinnhaft. Extrem kasuistische Regelungen werfen

oftmals mehr Fragen auf, als sie beantworten können. Außerdem sollten die primären Auf -

gaben der Finanzverwaltung, wie die Erhebung von Abgaben, nicht ganz außer Acht ge -

lassen werden.

 

Zu 8.:

 

Die Frage, welche Interessen überwiegen, läßt sich nicht getrennt von den Umständen eines

Einzelfalles beantworten.