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Zu. 16.812/72 - III/B/7/98
Konferenz der Bildungsminister der Europäischen
Union. Baden bei Wien, 23./24 Oktober 1998
Mündlicher, schriftlich vorgelegter
Vortrag an den Ministerrat
Am 23./24. Oktober 1998 fand in Baden bei Wien unter meinem Vorsitz die Konferenz der
Bildungsminister der Europäischen Union statt.
Am ersten Sitzungstag waren neben den EU - Bildungsministern auch die EFTA/EWR - Staaten
Norwegen, Island und Liechtenstein, die amtsführenden Präsidenten der Landesschulräte, Mit -
glieder des Europäischen Parlaments sowie des österreichischen Nationalrats vertreten.
Auf der Grundlage eines Arbeitspapiers der österreichischen Präsidentschaft und von Thesen -
papieren, die von österreichischen Experten erstellt worden waren, fand eine Diskussion der
Bildungsminister zum Thema „Bildung ist mehr“ statt. Ziel der Beratung war es, Zukunfts -
perspektiven für die Entwicklung der Bildungslandschaften in den EU - Mitgliedstaaten und für
Europa herauszuarbeiten.
In meiner Einleitung führte ich aus, dass Europa auf Grund der Herausforderungen des 21. Jahr -
hunderts eine flexible Bildungspolitik benötige. Die gesamte Persönlichkeit des jungen Menschen
muss entwickelt und gebildet werden. Neben dem kognitiven Wissen und den Schlüsselqualifika -
tionen sind Kreativität, Kunst, Kultur und Wertevermittlung wichtige Bildungsfaktoren.
S. Em. DDr. Franz Kardinal König, Alterzbischof der Erzdiözese Wien, zeigte in seinem Eröff -
nungsreferat „Bildung - Ein Haus auf festem Grund“ auf, dass Bildung über Schule und Berufs -
bildung hinausgehe und die Aspekte der Wissensvermittlung, Berufsbildung und Persönlichkeits -
bildung umfasse und Orientierung und Hilfestellung für die jungen Menschen bieten müsse.
Frau Kommissarin Cresson stellte fest, dass Bildung transversale Kompetenzen, wie Kreativität
Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Lernfähigkeit und Problemlösungskompetenz umfasse Die
Schule sei ein „Ort des Lebens“; die Rolle der Lehrer gehe dabei über die reine Wissensvermittlung
hinaus. Die Frage der Werterziehung sei dabei eine zentrale Frage, die Grundausbildung solle auch
eine religiöse Bildung umfassen. Weiters müsse die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung vor -
dringlich
verwirklicht werden.
Frau Ministerin Baroness Blackstone (Vereinigtes Königreich) führte aus, dass Bildung zumindest
Beiträge liefern müsse:
- zur Beschäftigungsfähigkeit durch Vermittlung von Grundfertigkeiten; die Qualifikationen und
Fähigkeiten müssten an die neuen Anforderungen angepasst werden;
- zum Umgang mit Kunst und Kultur;
- zur Förderung einer aktiven und verantwortungsbewussten Bürgerschaft.
An der anschließenden Diskussion beteiligten sich alle Mitgliedstaaten sowie die EFTA/EWR -
Staaten.
Der zweite Sitzungstag fand im Kreis der EU - Bildungsminister sowie der Kommission und des
Generalsekretariats des Rates statt.
Zum Tagesordnungspunkt "Beratungen zur neuen Generation der europäischen Bildungs und
Berufsbildungsprogramme SOKRATES und LEONARDO“ kann die Diskussion wie folgt zu
sammengefasst werden:
Programmlaufzeit: Die Mitgliedstaaten begrüßten mehrheitlich eine Laufzeit von sieben Jahren.
Einige Mitgliedstaaten knüpften eine siebenjährige Laufzeit an die Bedingung einer proportionalen
Erhöhung der Programmbudgets und an eine Zwischenevaluation der Programme. Lediglich das
Vereinigte Königreich trat für eine Laufzeit von fünf Jahren ein.
Budget: Sieben Mitgliedstaaten (Belgien, Luxemburg, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland
Irland) stimmten dem von der Kommission vorgelegten Haushalt von 1.400 MECU für
SOKRATES II und 1.000 MECU für LEONARDO DA VINCI II (bei fünfjähriger Laufzeit) zu. Bei einer Laufzeitverlängerung müsse eine proportionale Mittelaufstockung erfolgen. Drei Mitglied -
Staaten (Deutschland, Frankreich, Finnland) konnten noch keine Position beziehen. Die anderen
Mitgliedstaaten unterstrichen in ihren Wortmeldungen die Wichtigkeit der Budgetdisziplin und tra -
ten für einen Ausgleich im Rahmen des Gesamthaushalts ein.
Budgetverteilung auf die einzelnen Maßnahmen in SOKRATES II: Mit einer Ausnahme (Por -
Tugal) traten alle Mitgliedstaaten für eine indikative Budgetaufteilung ein.
Dezentralisierung im Antrags- und Auswahlverfahren von SOKRATES II: Alle Mitgliedstaa -
ten forderten eine stärkere Dezentralisierung; auch das Konzept eines zweistufigen Antrags -
verfahrens fand breite Zustimmung.
LEONARDO DA VINCI II: Das Konzept des „Europas des Wissens" wurde einstimmig begrüßt"
einige Mitgliedstaaten nahmen ihre diesbezüglichen Vorbehalte zurück. Dem Konzept des „euro -
päischen Bildungsraumes" stehen jedoch nach wie vor einzelne Mitgliedstaaten (insbesondere das
Vereinigte Königreich) kritisch gegenüber und schlagen statt dessen vor, von einem „europäischen
Raum der Zusammenarbeit" zu sprechen.
Frau Kommissarin Cresson begrüßte die Abstimmung der Abstimmung der Programmdiskussion
unter der österreichischen Präsidentschaft, die einem integrativen Ansatz entspreche. Das „Europa
des Wissens" werde durch die Programme gefördert. Sie sprach sich für eine fünfjährige Laufzeit
aus. Dezentralisierung, Komplementarität und Vereinfachung der Verfahren seien auch für die
Kommission wichtige Anliegen.
Die Rubrik 3 solle
auch aus Sicht der Kommission nicht überschritten werden.
Zum Tagesordnungspunkt "Die Harmonisierung der Architektur der europäischen Hochschul -
bildung (Sorbonn - Erklärung)" leitete Italien die Diskussion ein: Die Sorbonne - Erklärung leiste
einen Beitrag zum Abbau von Hindernissen und zur Förderung von Zusammenarbeit und Mobilität
in Europa. Mobilität müsse durch die Schaffung eines europäischen Bildungsraumes erleichtert und
gefordert werden. Dafür benötige man eine Transparenz der Abschlüsse. Italien richtete einen Ap -
pell an alle Mitgliedstaaten zur gemeinsamen Umsetzung der Erklärung und sprach eine Einladung
für eine Ministerkonferenz in Bologna im April 1999 aus.
In der anschließenden Diskussion bedankten sich die Mitgliedstaaten für die von Italien präsentierte
Hintergrundinformation, merkten allerdings auch kritisch an, dass die Vorgangsweise bei der Ab -
fassung der Erklärung lediglich durch vier große Mitgliedstaaten Frankreich, Vereinigtes König -
reich, Italien, Deutschland) nicht ihre Zustimmung finden könne. Dennoch sei man an einer künfti -
gen Zusammenarbeit sehr interessiert. Portugal gab zu verstehen, dass jegliche Harmonisierung der
Hochschulsysteme ausgeschlossen sei.
Österreich wies darauf hin, dass dieses Thema unter österreichischem Vorsitz im Rahmen der Ta -
gung der Generaldirektoren und der Vorsitzenden der Rektorenkonferenzen vertieft werden wird.
Frau Kommissarin Cresson begrüßte die Initiative und betonte dass die Umstrukturierung der
Hochschulsysteme ein aktuelles Thema in allen Mitgliedstaaten sei.
Ich stelle daher im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr den
Antrag,
die Bundesregierung wolle die Information über die Konferenz der Bildungsminister der Europäi -
schen Union vom 23./24. Oktober 1998 zur Kenntnis nehmen.
Anlage konnte nicht gescannt werden !!