538/AB

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 533/J-NR/1996, betreffend mein Vorwort zum Kunstbericht 1994, die die Abgeordneten Mag. STADLER und Kollegen am 30. April 1996 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

1. Können Sie präzisieren, was genau unter einem "in letzter Zeit besonders virulent

gewordenen Neokonservativismus" in der kulturpolitischen Diskussion, den Sie als problematisch erachten, zu verstehen ist?

Antwort:

Der in der letzten Zeit besonders virulent gewordene Neokonservativismus in der kulturpolitischen Diskussion zeichnet sich aus durch Polemiken gegen Kunstler, die eine experimentelle, von tradierten Werten und Denkmustern abweichende Kunstrichtung vertreten.

2. Was und wen sprechen Sie konkret an, wenn in ihrem Vorwort davon die Rede ist,

daß "...diese Art von Kunst nichts anderes als ein gefälliger ästhetischer Aufputz einer sich national-traditionalistisch gebärdenden Ideologie" ist?

Antwort:

Der gefällige ästhetische Aufputz einer national-traditionalistischen Ideologie ist ein künstlerisches Werk, das in überholten Stilformen Wertvorstellungen, undemokratische Ideologien verherrlicht oder implizit weitergibt.

3. Wer sind die von ihnen angesprochenen Exponenten, die Ihrer Ansicht nach die

" Existenzberechtigung der Kunst daraus al)leiten, in welchem Ausmaß sie diesen in die Vergangenheit gerichteten Wertvorstellungen entspricht"?

Antwort:

Die Exponenten einer solchen Einstellung sind jedem aufmerksamen Leser der Printmedien oder Kenner der politischen Diskussion bekannt.

4. Würden Sie auch Picasso als einen sich national-traditionalistisch gebärdenden ldeologen bezeichnen und der Intellektuellenschelte bezichtigen, wenn dieser einmal kritisch gemeint hat: "Alle Wege stehen der intellektuellen Scharlatanerie offen. (... ) Ich hin nur ein Clown, der seine Zeit verstanden und alles herausgeholt hat aus der Dummheit, der Lüsternheit und Eitelkeit seiner Zeitgenossen"?

Antwort:

Nein. Ein Universalgenie - nicht nur Picasso - kann immer wieder mit inkonsistenten Äußerungen zitiert werden.

5. Ist für Sie jede Art der Tabuverletzung durch künstlerische Agitation vertretbar?

Antwort:

Soweit sie nicht gegen die bestehenden Gesetze verstößt - ja.

5a. Wenn.ja, mit weicher Begründung?

Antwort:

Das Fortschreiten der Kunst versteht sich seit jeher als Überwindung und Verletzung bestehender Denkmuster, Schablonen und Tabus.