5390/AB XX.GP
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und
Genossen vom 2. Februar 1999, Nr. 5702/J, betreffend Absetzbarkeit von Schmier -
geldzahlungen, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Es liegt im Wesen des Steuerrechtes begründet, daß weder auf der Einnahmen - noch auf
der Ausgabenseite die Illegalität von Zahlungen zur steuerlichen Unbeachtlichkeit führt.
Daher sind die Einnahmen eines illegal tätigen „Pfuschers“ genauso steuerpflichtig wie jene
eines legal arbeitenden Gewerbetreibenden. Gleiches gilt dem Grunde nach auf der
Ausgabenseite. Aus betrieblicher Veranlassung getätigte illegale Aufwendungen sind nach
allgemeinem Steuerrecht ebenso Betriebsausgaben wie legale Aufwendungen. Aus diesem
Grund waren auch betrieblich veranlaßte Schmiergeldzahlungen bis einschließlich 1981 in
Österreich als Betriebsausgaben absetzbar.
Als Ergebnis der Beratungen der nach dem ehemaligen Präsidenten des Obersten
Gerichtshofes, Dr. Pallin, benannten „Pallin - Kommission“ zur Bekämpfung von Korruption
und Vergabemißbrauch wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 1981 (Wirksamkeit
1. Jänner 1982) ein Abzugsverbot für Zahlungen verfügt, deren Gewährung oder Annahme
mit gerichtlicher
Strafe bedroht ist:
Davon ausgenommen wurden allerdings die in unmittelbarem Zusammenhang mit Export -
geschäften stehenden Zahlungen, für deren steuerliche Behandlung erst mit dem
Abgabenänderungsgesetz 1998 Änderungen eingetreten sind.
Zu 2.:
Die dargelegte Konzeption des Einkommensteuersystems, nämlich einerseits illegale
Einnahmen beim Empfänger der Besteuerung zu unterwerfen und korrespondierend dazu
die Zahlung als steuerlichen Aufwand beim Zahlenden zuzulassen, war niemals Gegenstand
einer Diskussion in der OECD, die daher weder die Abstellung solcher Aspekte, noch die
generelle Abschaffung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Schmiergeldzahlungen im
Steuersystem ihrer Mitgliedstaaten verlangt hat.
Die steuerliche Abzugsfähigkeit sollte nur in den Fällen der ausländischen Beamten -
bestechung unterbunden werden. Ob allenfalls weitergehende Abzugsverbote empfohlen
werden sollen, wird seitens der OECD derzeit noch geprüft.
Bezüglich der historischen Entwicklung ist auf folgendes hinzuweisen:
Im Jahr 1990 beauftragte der Rat der OECD das Komitee für internationale Investitionen und
multinationale Unternehmen („CIME“) mit der Erstellung einer Zweckmäßigkeitsstudie
betreffend die Kooperation zwischen den OECD - Mitgliedstaaten zur Bekämpfung illegaler
Zahlungen auf nationaler und internationaler Ebene. Nach Abschluß dieser Studie im Jahr
1992 beschloß das CIME aufgrund einer Mandatserweiterung, auch die Frage der steuer -
lichen Behandlung von Bestechungszahlungen an ausländische Beamte in die Über -
legungen einzubeziehen. Im Jahr 1994 verabschiedete schließlich der Rat der OECD eine
Empfehlung zur Bekämpfung von Bestechungszahlungen in internationalen Transaktionen
(C(94)75/FINAL), in der die Mitgliedstaaten aufgerufen wurden, wirksame Maßnahmen zur
Abschreckung, Verhinderung und Bekämpfung von Bestechungen ausländischer Beamter
im Zusammenhang mit internationalen Geschäftstransaktionen zu ergreifen.
Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung derartiger Bestechungszahlungen verabschiedete
der Rat der OECD im Jahr 1996 die Empfehlung C(96)27/FINAL, in der - auf der Grundlage
von Vorschlägen des OECD - Fiskalkomitees - die Mitgliedstaaten, welche die steuerliche
Abzugsfähigkeit von Bestechungszahlungen nicht bereits verwehrten, aufgefordert wurden,
diese Haltung mit dem Ziel zu überprüfen, die steuerliche Abzugsfähigkeit abzuerkennen. Im
Mai 1997 wurde im Rahmen der Ministertagung eine revidierte Fassung der Empfehlung zur
Bekämpfung von Bestechungszahlungen in internationalen Transaktionen [C(97)123/FINAL]
genehmigt und dabei die Verpflichtung bekräftigt, Maßnahmen zur Kriminalisierung von
Bestechungszahlungen
an ausländische Beamte in effektiver und koordinierter Weise zu
ergreifen. Gleichzeitig wurde anläßlich dieser Ministertagung auf das Umsetzungserfordernis
der Empfehlung aus 1996 betreffend die steuerliche Abzugsfähigkeit von Bestechungs -
zahlungen hingewiesen.
Die diesbezügliche Empfehlung aus dem Jahr 1996 hat folgenden Wortlaut:
"... RECOMMENDS that those Member countries which do not disallow the deductibility of
bribes to foreign public officials re-examine such treatment with the intention of denying this
deductibility. Such action may be facilitated by the trend to treat bribes to foreign officials as
illegal.“
Ergänzend möchte ich noch anführen, daß die Antikorruptions - Konvention der OECD erst
am 15. Februar 1999 in Kraft getreten ist, Österreich aber sowohl dem strafrechtlichen als
auch dem steuerrechtlichen Teil des Übereinkommens bereits Rechnung getragen hat, wie
auch aus meinen Ausführungen zu Punkt 3 ersichtlich ist.
Zu 3.:
Österreich hat in dieser Angelegenheit als einer der ersten Staaten reagiert und war, wie bei
Gemeinschaftsaktionen der OECD im Bereich des Steuerrechtes üblich, im Zuge der
Diskussionen bereit, sich einer derartigen Aktion innerhalb der OECD - Staatengemeinschaft
unter der Voraussetzung anzuschließen, daß sich daraus keine Standortnachteile gegen -
über anderen OECD - Staaten ergeben. Dies setzt einerseits die Erfüllung der OECD -
Empfehlung durch die anderen Mitgliedstaaten voraus; andererseits muß aber auch die
administrative Vollziehbarkeit der Regelung gewährleistet sein, da nur der als Beamten-
bestechung zu wertende Teil der Provision dem zu schaffenden Abzugsverbot unterliegen
sollte, ein Exportunternehmen, das gewisse zusätzliche Provisionszahlungen an aus -
ländische Helfer tätigt, aber oft nicht weiß, ob der schließliche Empfänger solcher Zahlungen
etwa ein ausländischer Firmenangestellter oder eben ein ausländischer Beamter ist.
Um eine möglichst reibungslose Vollziehbarkeit des zu modifizierenden steuerlichen
Abzugsverbots von Bestechungszahlungen und damit auch die Rechtssicherheit in best -
möglicher Weise zu gewährleisten, erschien es zweckmäßig, die Verwehrung der steuer -
lichen Abzugsfähigkeit von Bestechungszahlungen - wie bereits im Geltungsbereich des
„alten“ § 20 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 (idF vor der Novelle des EStG durch das
Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 28/1999) - mit der Erfüllung des strafrechtlichen
Bestechungstatbestandes zu junktimieren.
In Verfolgung der Zielsetzungen der am 17. Dezember 1997 von 33 Staaten unterzeichneten
multilateralen
Antikorruptions - Konvention der QECD wurde somit zunächst durch eine
Änderung des österreichischen Strafgesetzbuches - StGB (Neufassung des § 307 StGB
durch BGBl. I Nr. 153/1998) auch die Bestechung ausländischer Beamter unter gerichtliche
Strafsanktion gestellt. In einem zweiten Schritt wurde sodann im Rahmen des bereits ange -
führten Abgabenänderungsgesetzes 1998 durch eine Erweiterung des § 20 EStG 1988 der
Verlust der steuerlichen Absetzbarkeit mit der Erfüllung des strafgerichtlichen Tatbestandes
verknüpft. Damit ist sichergestellt, daß mit der Aburteilung eines inländischen Unternehmens
in bezug auf ein einschlägiges Bestechungsdelikt hinsichtlich der in diesem Verfahren
aufgedeckten Bestechungsgelder die steuerliche Abzugsfähigkeit dieser Zahlungen verloren
geht.
Zu 4.:
Abgesehen von der bereits unter Punkt 2 angeführten Ratsempfehlung C(97)123/FINAL, in
der unter der Überschrift „Tax Deductibility“ mit folgenden Worten an die Ratsempfehlung
des Jahres 1996 erinnert wurde: „...urges the prompt implementation by Member countries
of the 1996 Recommendation •.„, sind nach den mir vorliegenden Informationen in meinem
Ressort keine weiteren besonderen Appelle in Bezug auf die steuerliche Seite des Problems
der internationalen Beamtenbestechung in Evidenz.
Zu 5.:
Für das Bundesministerium für Finanzen ist nicht erkennbar, wieso Österreich, das als eines
der ersten Länder auf die erst jüngst in Kraft getretene Konvention reagiert hat, „viele Jahre
hindurch ein Abstellen dieser Praxis verweigert“ haben soll. Wie bereits bei Punkt 3 der vor -
liegenden Anfragebeantwortung ausgeführt, hing die Vollziehbarkeit des Steuerabzugs -
verbotes von der strafgerichtlichen Verfolgung ab, die in Österreich im Jahr 1998 herbei -
geführt wurde.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, daß anläßlich der OECD -
Ministerkonferenz im Jahr 1997 hinsichtlich der Durchsetzung der gerichtlichen Strafbarkeit
von grenzüberschreitenden Bestechungszahlungen an ausländische Beamte für die Durch-
führung der diesbezüglichen legistischen Änderungen ein Zeitrahmen bis Ende 1998
vereinbart wurde. Da in Österreich die legistischen Maßnahmen im Bereich des Strafrechts
- und damit auch die synchron gesetzten steuerlichen Folgemaßnahmen - am 1. Oktober
1998 in Kraft getreten sind, liegen sie in dem von der OECD vorgegebenen Zeitrahmen und
sind offenbar wesentlich rascher als in den anderen OECD - Mitgliedsstaaten umgesetzt
worden.
Zu 6.:
Aktenvermerke mit dem Ziel einer Verzögerung der Einführung des Abzugsverbotes liegen
im Bundesministerium für Finanzen nicht vor.
Zu 7. bis 10.:
Wie bereits bei Punkt 1 dargelegt, ist die Finanzverwaltung nicht dazu berufen, die Abzugs -
fähigkeit von Schmiergeldzahlungen zu bewilligen, denn diese ist dann, wenn die betrieb -
liche Veranlassung der Aufwendungen nachweisbar ist, wie bei allen anderen Betriebsaus -
gaben ex lege solange gewährleistet, als nicht ein besonderes Abzugsverbot eingreift.
Dieses Abzugsverbot wurde, wie bereits dargelegt, mit dem Abgabenänderungsgesetz 1998,
BGBl. I Nr. 28/1999, erlassen.
Derartige Ansuchen sind daher schon begrifflich nicht möglich und wurden in dieser Form
auch nicht gestellt.