5415/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Petrovic, Pollet - Kammerlander, Freundinnen und

Freunde haben am 11.2.1999 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 5720/J

betreffend „das Modellprojekt ‚Familienberatung bei Gericht' " gerichtet. Ich beehre

mich, diese wie folgt zu beantworten:

 

ad 1 und 3

 

Derzeit werden von meinem Ressort 28 Familienberatungsstellen an folgenden Be -

zirksgerichten gefördert (die jeweiligen Trägerorganisationen sind in klammer ange -

führt):

 

• BG Innere Stadt Wien (Institut für Ehe und Familie),

• BG Josefstadt (Familienbund Wien),

• BG Fünfhaus und BG Floridsdorf (beide Katholisches Familienwerk Wien),

• BG Döbling (Institut für Familien -, Partner -, Gruppen - und Einzelberatung),

• BG Donaustadt (Verein für systemische Familienberatung und Prävention - FBS

   Kagran),

• BG Baden und BG Gloggnitz (beide Katholisches Familienwerk Wien),

• BG Tulln (Diözese St. Pölten),

• BG Eisenstadt (Caritas),

• BG Innsbruck, BG Reutte, BG Schwaz und BG Hall i.T (alle vier vom Zentrum für

   Ehe - und Familienfragen Innsbruck),

• BG Bad Radkersburg, BG Gleisdorf, BG für ZRS Graz, BG Hartberg, BG Leoben,

   BG Bruck an der Mur und BG Mureck (alle sieben vom Institut für Familienbera -

   tung und Psychotherapie der Diözese Graz Seckau),

• BG Fürstenfeld (Steirischer Familienbund),

• BG Judenburg (Verein für psychische und soziale Lebensberatung Judenburg),

• BG Klagenfurt und BG Spittal an der Drau (beide vom Institut für Familienberatung

   und Psychotherapie des Caritasverbandes Kärnten),

• BG Villach (1998 bis März 1999 vom Institut für Familienberatung und Psychothe -

   rapie des Caritasverbandes Kärnten, danach für ein Jahr vom Verein Frauenbera -

   tung Villach),

• BG Linz (von einem Team aus vier Linzer Familienberatungsstellen mit den Trä -

  gerorganisationen Abteilung Ehe und Familie der Diözese Linz, Oberösterreichi -

  scher Familienbund, Kinderschutzzentrum Linz und Verein für prophylaktische

  Sozialarbeit),

• BG Salzburg (Amt der Salzburger Landesregierung).

  Ausgehend von den positiven Erfahrungen im Rahmen des Modellprojektes wird

  primär angestrebt, die Familienberatungsstellen an den Bezirksgerichten mit jeweils

  einerim Juristin und einerim Angehörigen eines Berufes aus dem psychosozialen

  Umfeld (SozialarbeiterIn, Ehe -  und FamilienberaterIn, Psychologin, Pädagogln) zu

  besetzen. In Gerichten, in denen seitens der Richterschaft der Einsatz von externen

  JuristInnen nicht gewünscht wird, ist es auch möglich, für die Beratung lediglich

  einem Mitarbeiterin aus dem psychosozialen Umfeld abzustellen.

 

ad 2

 

Zehn weitere Bezirksgerichte bzw. Familienberatungsstellen haben Interesse an der

Errichtung einer Beratungsstelle direkt am Gericht bekundet. Da im heurigen Jahr

die Förderungsmittel für die Familienberatung jedoch gegenüber 1998 unverändert

sind, wird eine Ausweitung der Beratungstätigkeit am Bezirksgericht frühestens im

nächsten Jahr mit den Mitteln, die im Rahmen der Regierungsklausur in Bad Aussee

zusätzlich für die Familienberatungsstellen beschlossen wurden, möglich sein.

 

ad 4 und 5

 

Die Auswahl des Trägers der Beratungsstelle an einem Gericht obliegt dem Vorste -

her des jeweiligen Bezirksgerichtes in Zusammenarbeit mit den dort tätigen Rich -

terlnnen. Es hat sich im Rahmen des Pilotprojektes als wesentlich herausgestellt,

dass die RichterInnen Vertrauen in die Arbeit der Familienberatung haben, weshalb

die Auswahl der Trägerorganisation und damit implizit auch die Auswahl der Berate -

rinnen sinnvollerweise in einem Hearing zwischen den im Rahmen des Projektes

zusammen arbeitenden Personen stattfindet. Wenn ein Gericht mit einer Beratungs -

stelle eine Zusammenarbeit vereinbart hat, wird bei meinem Ressort um Finanzie -

rung des Projektes im Rahmen der Familienberatungsförderung angesucht. Es gibt

aber auch Beratungsstellen, die ohne Finanzierung durch mein Ressort eine derar -

tige Zusammenarbeit mit Bezirksgerichten durchführen. Jene Stellen, die aus den

Mitteln der Familienberatungsförderung finanziert werden, erhalten eine Personalko -

stenrefundierung für ihre Beratungstätigkeit am Gericht nach den allgemeinen Krite -

rien der Familienberatungsförderung.

 

ad 6

 

Die Einrichtung von Familienberatungsstellen an Bezirksgerichten geht auf ein in den

Jahren 1994 bis 1996 durchgeführtes Modellprojekt an zwei Bezirksgerichten in

Österreich zurück. Dieses Modellprojekt wurde vom Institut für Kriminalsoziologie

wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Die Dokumentation dieses Modellprojektes

wurde im Verlag Österreich publiziert. Diese Publikation kann in meinem Ressort

(Abt. V14) angefordert werden. Die im Rahmen der Familienberatungsförderung

finanzierten Beratungsstellen an den Bezirksgerichten haben halbjährlich gemein -

sam mit den Abrechnungen der Förderungsmittel eine Aufstellung über die Anzahl

der Beratungsgespräche und der KlientInnen an mein Ressort zu übermitteln.

 

Im Jahr 1998 wurden in 25 Beratungsstellen an den Gerichten rd. 6000 Beratungs -

gespräche geführt, wobei zu berücksichtigen ist, dass ein Teil der Beratungsstellen

erst im Herbst 1998 den Betrieb aufgenommen hatte.

 

Zu der in der Einleitung der Anfrage geäußerten Befürchtung, dass die hohe Anzahl

von kirchlichen Beratungsstellen an den Gerichten hinsichtlich der überparteilichen

Beratung problematisch erscheint, darf zum einen auf den wissenschaftlichen Be -

richt zum Pilotprojekt, an dem ebenfalls eine kirchliche Beratungsstelle teilgenom -

men hatte, verwiesen werden, in dem keinerlei Hinweis zur Bestätigung dieser Be -

fürchtung vorkommt.

 

Darüber hinaus darf in diesem Zusammenhang auch auf die erläuternden Bemer -

kungen zum Familienberatungsförderungsgesetz verwiesen werden, wonach

„Beratung dem Ratsuchenden alle sich in seiner Angelegenheit bietenden Möglich -

keiten mit den damit verbundenen Vor - und Nachteilen sachlich und unter Hintan -

haltung der eigenen subjektiven Meinung des Beraters aufzeigen soll, um dem

Ratsuchenden eine eigene freie Entscheidung zu ermöglichen". Den MitarbeiterIn -

nen und Trägerorganisationen der Familienberatungsstellen ist zum einen auf Grund

ihres hohen Ausbildungsstandards und zum anderen aus dieser gesetzlichen Be -

stimmung heraus in hohem Maße bewusst, dass über die Familienberatungsförde -

rung nur eine überparteiliche non direktive Beratung unterstützt werden kann, wes -

halb aus meiner Sicht die von Ihnen geäußerten Bedenken unbegründet sind.