5416/AB XX.GP

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 5722/J - NR/1999 betreffend das Syndrom der

Hyperaktivität bei Schulkindern, die die Abgeordneten Maria Schaffenrath und PartnerInnen am

11. Februar 1999 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet..

 

Zur Beantwortung dieser Anfrage ist hilfreich, sich dabei eines international anerkannten

Klassifikationssystems zu bedienen, weil die Einschätzungen, Bewertungen bzw. Schlussfolgerun-

gen von der Definition abhängig sind.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die „Internationale Klassifikation psychischer

Störungen - ICD 10 Kapitel V (F), klinisch - diagnostische Leitlinien" (Verlag Hans Huber 1993)

herausgegeben

 

Hyperkinetische Störungen sind durch einen frühen Beginn (in den ersten fünf Lebensjahren), die

Kombination von überaktivem, wenig moduliertem Verhalten mit deutlicher Unaufmerksamkeit

und Mangel an Ausdauer bei Aufgabenstellungen, situationsunabhängig und zeitstabil

charakterisiert. Nach verbreiteter Überzeugung spielen konstitutionelle Faktoren eine entscheidende

Rolle, eine spezifische Ätiologie fehlt jedoch. Hauptmerkmale sind der Mangel an Ausdauer, eine

Tendenz, von einer Tätigkeit zur anderen zu wechseln, ohne etwas zu Ende zu bringen; hinzu

kommt eine desorganisierte, mangelhaft regulierte und überschießende Aktivität Verschiedene

andere Störungen können zusätzlich vorhanden sein: hyperkinetische Kinder sind oft achtlos und

impulsiv, neigen zu Unfällen und - eher aus Unachtsamkeit als vorsätzlich - zu Regelverletzungen

Ihre Beziehungen zu Erwachsenen sind oft von Distanzlosigkeit geprägt; bei anderen Kindern sind

sie unbeliebt und können isoliert werden Eine kognitive Beeinträchtigung ist häufig, spezifische

Verzögerungen der motorischen und sprachlichen Entwicklung sind überproportional häufig.

Lernstörungen und motorische Ungeschicklichkeit treten mit großer Häufigkeit auf. Die

Schwierigkeiten bleiben gewöhnlich durch die gesamte Schulzeit aufrecht (Anlage 1)

Die Schule als den Eltern nachfolgende Sozialisationsinstanz kann viele Defizite ausgleichen und

braucht die Mithilfe des familiären Systems. Es geht um ein Verständnis für die komplexen

Zusammenhänge der kindlichen Entwicklung und ihrer Störungsanfälligkeit Anlage und

Umweltfaktoren stehen in Wechselwirkung zueinander, Krankheitsverläufe können Dispositionen

stark verändern Aus diesen Erkenntnissen unter Beiziehung von Fachleuten unterschiedlichster

Disziplinen lassen sich kompensatorische und therapeutische Maßnahmen für Elternhaus und

Schule ableiten.

 

Den Erhebungen der Schulpsychologie - Bildungsberatung in den Bundesländern als Beratungsein -

richtung tür Eltern und Lehrer u.a. bei Lern - und Verhaltensauffälligkeiten liegt die Definition der

Ryperaktivität nach DSM IV bzw. ICD 10 zu Grunde. Dort wo es möglich ist, werden Zahlenanga -

ben bzw. Prozentangaben der Bundesländer verwendet. Die Daten beziehen sich auf das

Schuljahr 1997/98.

 

Anzumerken ist, dass Kinder mit einer Hyperaktivitätsstörung neben der Schulpsychologie -

Bildungsberatung auch anderen Diagnose - und Behandlungseinrichtungen vorgestellt werden z.B.

Kinderkliniken, Heilpädagogischen Stationen. Die Erhebungen ergeben einen Überblick über die

epidemiologische Dimension der Hyperaktivität aus dem Beobachtungsbereich der Schulpsycholo -

gie. Eine umfangreiche wissenschaftliche Aufbereitung der Thematik ist in der Kürze einer

parlamentarischen Anfragebeantwortung nicht möglich.

 

Ad 1.:

 

Aus den Tätigkeitsberichten des Schuljahres 1997/98 der Schulpsychologie - Bildungsberatung

wurde die Diagnose ,,Hyperaktivität" bei Volksschulkindern in den Bundesländern gestellt.

 

 

B

K

S

St

T

V

W

Gesamt

30

55

90

85

70

90

65

50

40

575

 

Ad 2.:

 

Von den im Bundesland Salzburg durch die Schulpsychologie diagnostizierten Schülern besuchten

a) 45 Schüler Regelklassen

b) 10 Schüler Integrationsklassen

c) 15 Schüler Sonderschul  - Klassen

In Kärnten besuchten 10 Schüler Integrationsklassen. In der Steiermark besuchte die Mehrzahl

dieser Schüler eine Integrationsklasse.

In den anderen Bundesländern wurden seitens der Schulpsychologen diese Daten nicht gesondert

erhoben.

Ad 3.:

 

Die einschlägige Fachliteratur stellt dazu fest:

„Die Angaben über die Häufigkeit dieser Störung bei Kindern schwanken zwischen ca. 13% und

1%, auch abhängig davon, ob die Diagnosen von Pädagogen oder Psychiatern gestellt wurden.“

(siehe Anlage 2).

Informationen über den Anteil von hyperaktiven Kindern an der Gesamtzahl der Kinder einer

Altersstufe liegen nicht vor.

 

Ad 4.:

 

Nach Mitteilung der Schulpsychologen ist die Auftretenshäufigkeit der enger umschriebenen

Hyperaktivitätsstörung in den letzten Jahren nahezu gleich geblieben.

 

Ad 5.:

 

Eine psychologisch - statistische Untersuchung könnte unerwünschte Stigmatisierungseffekte

auslösen. Es gibt daher keine diesbezügliche Untersuchung seitens meines Ressorts.

 

Ad 6.:

 

Die Information und Beratung der Lehrerinnen und Lehrer zur Hyperaktivitätsstörung wird durch

die Schulpsychologie - Bildungsberatung angeboten. In einigen Bundesländern bestehen interdiszi -

plinäre Teams (Kinderärzte, Schulpsychologen, Sonderpädagogen) zur Beratung der Lehrer/innen

und Eltern und Behandlung der Hyperaktivität bei Schulkindern. Schulpsychologen und Ärzte

referieren bei Elternabenden und Lehrerkonferenzen.

Die Pädagogischen Institute bieten regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zu den Themen verhal-

tensauffällige Kinder, hyperaktive Kinder, Kinder mit Teilleistungsschwächen an.

 

Ad 7.:

 

Das Institut für Heilpädagogik Salzburg veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Pädagogischen

Institut des Bundes in Salzburg vom 13. bis zum 15. Mai 1999 die Interdisziplinäre Konferenz „Die

Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (AD/HS 99)", die vom BMUK unterstützt und

empfohlen wird.

 

Es werden wichtige Impulse und Erkenntnisse für die Diagnostik und Behandlung dieser Störung

erwartet, die in die Lehreraus - und Lehrerfortbildung sowie in die Arbeit der Beratungs -

lehrer/innen, der Lehrer/innen in Integrationsklassen, der Sonderpädagog/innen und der Schul -

psychologie - Bildungsberatung Eingang finden werden.

 

 

Anlagen konnten nicht gescannt werden !!!